Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-720335/17/BP/WU

Linz, 20.09.2013

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, geb X, StA von Deutschland, vertreten durch X, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 11. Februar 2013, AZ: 1066869/FRB, mit dem über den Berufungswerber ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot verhängt wurde, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 19. September 2013, im zweiten Rechtsgang zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird mit der Maßgabe stattgegeben, als das gegen den Berufungswerber erlassene, auf fünf Jahre befristete Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich auf eine Befristung von einem Jahr herabgesetzt wird; im Übrigen wird der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 iVm. § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

§ 65 iVm § 67 Abs. 1 und 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl I 2005/100 idF BGBl I 2013/114.

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1.1. Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 11. Februar 2013, AZ: 1066869/FRB, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden Bw) ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen und von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat erteilt. Als Rechtsgrundlagen werden § 67 Abs. 1 und 2 sowie § 70 Abs. 3 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF. genannt.

 

1.1.2. Begründend führt die belangte Behörde zum Sachverhalt ua. aus, dass der Bw am 20. November 2012 festgenommen und in die Justizanstalt X eingeliefert worden sei.

 

Der Bw sei während seines Aufenthalts in Österreich wie folgt verurteilt worden:

(01)LG LINZ 21 HV 205/2009V vom 08.02.2010 RK 12.02.2010

§ 15/1 105/1 StGB § 107/1 StGB § 83/1 StGB

Datum der (letzten) Tat 26.10.2009

Freiheitsstrafe 4 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

 

zu LG LINZ 21 HV205/2009V 12.02.2010

Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre

BG LINZ 018 U 80/2012f vom 13.11.2012

 

zu LG LINZ 21 HV205/2009V 12.02.2010

Bedingte Nachsicht der Strafe wird widerrufen

LG ST.POELTEN 015 HV71/2012m vom 07.12.2012

 

02)BG LINZ 018 U 80/2012f vom 13.11.2012 RK 17.11.2012 §83 (1)StGB

Datum der (letzten) Tat 19.11.2011

Geldstrafe von 240 Tags zu je 7,00 EUR (1.680,00 EUR) im NEF 120 Tage Ersatzfreiheitsstrafe

 

03)LG ST.PÖLTEN 015 HV 71/2012m vom 07.12.2012 RK 07.12.2012 §107(1) StGB

§15 StGB §105 (1)StGB

Datum der (letzten) Tat 05.11.2012

Freiheitsstrafe 6 Monate

Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf LG LINZ 21 HV 205/2009V RK 12.02.2010

 

Die Tatbestände stellen sich im den Urteilen wie folgt dar: Ad 01)

I.) Schuldspruch X ist schuldig, er hat jeweils am 26.10.2009,

I.) nachfolgende Personen durch gefährliche Drohung mit einer Verletzung am Körper zu Handlungen zu nötigen versucht, und zwar

1.) X durch die Äußerung, er werde sie sonst Umbringen, zum Verlassen des Aufenthaltsraumes und Aufsuchen der Wohnung;

2.) X durch indem er äußerte: Wo ist sie, wo ist sie hingegangen - ich schwör dir, ich leg dich um - sag mir, wo sie ist", wobei er die Faust drohend gegen X erhob, zur Bekanntgabe des Aufenthaltsortes der X;

II.) X durch die mehrmalige Äußerung, er werde sie umbringen gefährlich mit

einer Körperverletzung bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen;

III.) X am 26.10.2009 durch Schleudern eines Porzellankruges gegen ihren Kopf sowie Reißen an den Haaren in Form einer Kopfprellung mit Hämatomen im Bereich der linken Scheitelgegend am Körper verletzt.

 

(...)

 

Strafbemessungsgründe:

mildernd: Geständnis, Versuch hins, Pkt I.)

erschwerend: Zusammentreffen von 4 Vergehen,, zahlreiche einschlägige, allerdings über­wiegend bereits länger zurückliegende Vorstrafen in Deutschland

Ad 02)

X ist schuldig; er hat am 19. November 2011 in X im Lokal "X" X durch einen Faustschlag in das Gesicht in Form einer Subluxation des Zahnes 21 sowie einer Lippenschwellung am Körper verletzt.

 

(...)

 

Strafbemessungsgründe:

mildernd: Geständnis

erschwerend: 11 einschlägige Vorstrafen, rascher Rückfall, tatfolgen nahe der schweren Körperverletzung.

 

Ad 03)

X ist schuldig, er hat in X

I) X durch gefährliche Drohung mit zumindest einer Verletzung am Körper zu nachgenannten Handlungen zu veranlassen gesucht, und zwar

1)   am 30.10.2012 durch die gegenüber X in ihrer Anwesenheit getätigte Äußerung, er werde sie umbringen, sollte sie nicht sein Umfeld verlassen;

2)   am 5.11.2012 durch die ihr gegenüber getätigte Äußerung, er werde ihren Imbissstand anzünden und sie umbringen, sollte sie nicht die Türe des Imbissstandes öffnen;

II) Nachgenannte gefährlich mit zumindest einer Verletzung am Körper bedroht, um diese in Furcht und Unruhe zu versetzen, und zwar

1)    am 27.10.2012 X durch die ihm gegenüber getätigte Äußerung, er werde ihm den Schädel runterhauen, wobei er seiner Äußerung insoweit Nachdruck verlieh, als er X an den Haaren packte.

 

(...)

 

Strafbemessungsgründe:

mildernd dass es teilweise beim Versuch geblieben ist

erschwerend: 8 einschlägige Vorstrafen, die Tatbegehung innerhalb der Probezeit, das Zusammentreffen von zwei Vergehen

 

Es werde auf die Ausführungen der schriftlichen Urteilsausfertigungen verwiesen, die, um Wiederholungen zu vermeiden, zu integrierten Bestandteilen des Bescheides erhoben wurden.

 

Mit Schreiben vom 21. Jänner 2013 sei dem Bw mitgeteilt worden, dass beabsichtigt sei, aufgrund genannter Verurteilungen gegen ihn ein Aufenthaltsverbot zu erlassen und sei ihm die Gelegenheit gegeben worden, dazu Stellung zu nehmen. Der RSa Brief sei am 22. Jänner 2013 persönlich vom Bw übernommen worden. Da keine entsprechende Stellungnahme binnen der eingeräumten Frist übermittelt worden sei, habe aufgrund der Aktenlage entschieden werden müssen.

 

1.1.2. In rechtlicher Hinsicht führt die belangte Behörde ua. aus, dass der Bw wie oben angeführt, rechtskräftig verurteilt worden sei. Der Bw habe diese Straftaten lt. schriftlicher Urteilsausfertigung größtenteils eingestanden.

 

Die Art und Weise der vom Bw begangenen strafbaren Handlungen lasse seinen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet als eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit erscheinen.

 

Im Rahmen der Strafbemessung sei erschwerend gewertet worden:

Ad1): Zusammentreffen von 4 Vergehen, zahlreiche einschlägige, allerdings überwiegend bereits länger zurückliegende Vorstrafen in Deutschland

Ad2); 11 einschlägige Vorstrafen, rascher Rückfall, tatfolgen nahe der schweren Körperver­letzung.

Ad3): 8 einschlägige Vorstrafen, die Tatbegehung innerhalb der Probezeit, das Zusammen­treffen von zwei Vergehen

 

Aufgrund dieser Ausführungen könne es keinem Zweifel unterliegen, dass sein bisheriges per­sönliches (strafbares) Fehlverhalten in Österreich zum jetzigen bzw. zukünftigen Zeitpunkt eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefährdung wesentlicher Grundinteressen der Gesellschaft, nämlich an der Aufrechterhaltung der Öffentlichen Ordnung und Sicherheit, der Verhinderung von Straftaten, insbesondere gegen die Integrität Dritter und der Rechte Dritter, in einem nicht unbedeutenden Maß bilde und somit die Erlassung des gegenständli­chen Aufenthaltsverbotes nach den Bestimmungen des § 67 Abs. 1 FPG zulässig scheine.

 

Der Bw scheine erst seit 14. August 2009 als in Österreich gemeldet auf; dabei habe es sich bei den Meldeadressen bis 14. Dezember 2010 um gewerbliche Beherbergungsbetriebe gehandelt.

 

Aus dem Akteninhalt ergebe sich, dass sich viele der strafbaren Handlungen des Bw gegen seine damalige Lebensgefährtin, eine in Österreich lebende deutsche Staatsbürgerin, gerichtet hätten.

 

Ein Versicherungsdatenauszug der österreichischen Sozialversicherung ergebe vom 3. August 2009 bis 11. Juni 2010 lediglich kurzzeitige Beschäftigungsverhältnisse bei wechselnden Arbeitgebern.

 

Der Bw habe zu Österreich nur geringen Bezug und mit der Erlassung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes werde ein minimaler Eingriff in sein Privat- und Familienleben verbunden sein.

 

All dies rechtfertige die Annahme, dass aufgrund des bisherigen Verhaltens des Bw – im Hinblick auf die für seinen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet zu stellende negative Zukunftsprognose – die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes wesentlich schwerer wögen, als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf seine Lebenssituation.

 

Das gegenständliche Aufenthaltsverbot sei daher auch iSd. Art. 8 Abs. 2 EMRK – unter besonderer Berücksichtigung des § 61 Abs. 2 und 3 FPG – erforderlich um das hohe Schutzinteresse des Staates an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung, zur Verhinderung weitere strafbarer Handlungen und zum Schutz der Rechte Dritter zu wahren.

 

Unter Beachtung aller bereits oben ausführlich erläuterten Umstände insbesondere der Tatsache, dass der Bw nur geringen Bezug zu Österreich habe, erachte es die BPD Linz als angemessen die Dauer des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes auf 5 Jahre festzusetzen, da erst nach Ablauf dieses Zeitraums erwartet werden könne, dass der Bw sich wiederum an die im Bundesgebiet geltenden Normen halten werde.

 

Die Einräumung des Durchsetzungsaufschubes von einem Monat diene der Vorbereitung und Organisation der Ausreise und erscheine ausreichend, da der Bw nur geringen Bezug zu Österreich habe und seine Ausreise nur geringfügiger Vorbereitungen bedürfe.

Vordringlicher Zweck der genannten Entscheidungen der Behörde sei es somit, weitere gravierende strafbare Handlungen durch den Bw zu verhindern, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.

 

1.2. Gegen den angefochtenen Bescheid, nachweislich zugestellt am 14. Februar 2013, erhob der Bw rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung, zur Post gegeben am 21. Februar 2013.

 

In der Berufung führt der Bw ua. aus, dass die Beziehung zu seiner Lebensgefährtin seit über 4 Jahren bestehe. Sie hätten sich wieder versöhnt, seien in Kontakt und träfen sich regelmäßig. Es bestehe ein gemeinsamer Wohnsitz in X. Seine Lebensgefährtin werde sich mit der Fremdenbehörde in Verbindung setzen und persönlich Auskunft erteilen.

X sei ein entfernter Bekannter von ihm, die Sache sei mit ihm ausgesprochen.

 

Zu X bestehe kein Kontakt, der Bw werde Geldstrafe und Schmerzensgeld bezahlen, sobald er wieder im Arbeitsverhältnis stehe.

X habe dem Bw und seiner Lebensgefährtin seinen Würstelstand verkaufen wollen, das Geschäft sei nicht zustande gekommen, das sei die Ursache der Probleme gewesen.

 

Er bedaure die strafrechtlichen Verurteilungen und seine Haftstrafe und werde in Hinkunft diese Probleme vermeiden.

 

Auf das Schreiben der Behörde vom 21. Jänner 2013 habe er nicht fristgerecht reagiert, weil er in der JA keinen Zugang zur Rechtsberatung gehabt habe und ihm gesagt worden sei, dass die fremdenpolizeiliche Entscheidung bereits positiv ausgefallen gewesen sei, wobei lediglich die Entscheidung über eine Schubhaftverhängung bereits dahingehend getroffen gewesen sei, dass keine Anordnung erfolgen würde.

 

Die Erteilung eines Aufenthaltsverbotes sei für den Bw und seine Familie ein unzumutbarer Eingriff in sein Privat- und Familienleben.

 

Der Bw lebe seit etwa 3 1/2 Jahren in Österreich, vorerst als Leasingarbeiter für eine Salzburger Firma, deshalb schienen unterschiedliche Arbeitgeber auf. Seit 2 1/2 Jahren sei er bei der Fa. X in X als Fliesenleger fest angestellt. Diese werde ihn auch weiterbeschäftigen, Rückfragen dort seien jederzeit möglich.

Sein Sohn sei im November 2012 als Lehrling in derselben Firma aufgenommen worden, seither habe dieser seinen festen Wohnsitz ebenfalls in X.

 

Die Lebensgefährtin des Bw sei deutsche Staatsbürgerin und betreibe selbstständig einen Imbiss in X.

In Deutschland gebe es seit Jahren keinen Wohnsitz mehr und keine familiären Bindungen.

 

Seine Familienangehörigen und seine Arbeitsstelle seien hier in Österreich, deshalb ersuche der Bw von einem Aufenthaltsverbot abzusehen und beantrage die weitere Aufenthaltsgenehmigung in Österreich.

 

1.3.1. Mit Schreiben vom 25. Februar 2013, eingelangt am 26. Februar 2013, wurde der gegenständliche Verwaltungsakt von der Landespolizeidirektion Oberösterreich dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt.

 

1.3.2. Erhebungen des UVS Oö. ergaben, dass der Sohn des Bw, X geb. X, wh. X bei der vom Bw angegebenen Fa. seit einigen Monaten als Lehrling beschäftigt ist.

 

Aus einem Telefonat mit der JA X konnte in Erfahrung gebracht werden, dass der voraussichtliche Entlassungstermin aus der JA mit 20. März 2013 festgesetzt ist.  

 

1.3.3. Mit Erkenntnis des UVS des Landes Oberösterreich vom 4. März 2013, zu VwSen-720335/3/BP/WU, wurde im Ergebnis der Berufung hinsichtlich der Dauer des Aufenthaltsverbotes stattgegeben, diese auf zwei Jahre herabgesetzt und im Übrigen der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

1.4. Aufgrund einer dagegen erhobenen Beschwerde hob der Verwaltungsgerichtshof das oa. Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf.

 

 

2.1. Zusätzlich zu den schon erhobenen Beweisen führte der UVS des Landes Oberösterreich am 19. September 2013 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch.

 

2.2.1. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung zunächst von dem unter den Punkten 1.1.2. und 1.2 dieses Erkenntnisses dargestellten Sachverhalt aus.

 

2.2.2. Aus der öffentlichen mündlichen Verhandlung ergab sich zudem, dass der Sohn des Bw zur Pflege seiner kranken Mutter für längere Zeit nach Deutschland verzog und in Österreich nicht mehr aufhältig ist.

 

Der Bw arbeitet seit 11. Juni 2013 wieder als Fliesenleger bei seiner „alten“ Firma. Zu Verwandten in Deutschland pflegt er keinen Kontakt und hat seinen Freundeskreis hier in Österreich. Seine Lebensgefährtin, zu der er seit der Haftentlassung eine gute Beziehung hat, würde ihn nicht nach Deutschland begleiten, da sie hier ihren Würstelstand betreibt.

 

Das in der Verhandlung gewonnene Bild des Bw zeigt zwar einen Besserungswillen und auch Besserungsansätze; der nachhaltige und gänzliche Wegfall von Aggressionspotential konnte aber nicht überzeugend vermittelt werden.

 

2.3.1. Im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vermittelte der Bw zwar glaubhaft, dass er um einen Gesinnungswandel bemüht sei, was im Übrigen auch von der Bewährungshilfe in deren Stellungnahme vom 17. September 2013 wie auch von der als Zeugin einvernommenen Lebensgefährtin bestätigt wurde, die angab, dass der Bw nach Haftentlassung viel ruhiger geworden sei und sie ihm gegenüber jetzt nicht mehr Angst verspüre, wie früher; alleine entstand beim erkennenden Mitglied des UVS des Landes Oberösterreich nicht der Eindruck, dass von einem gänzlichen Wegfall des Aggressionspotentials nachhaltig ausgegangen werden kann. Allzu bereit versicherte der Bw, dass derlei Vorkommnisse sich nicht wiederholen würden. Auch gab er an, dass die früheren Delikte im Zusammenhang mit Alkoholkonsum gestanden hätten, dass er nun aber keine Probleme mehr damit habe. Einen allfälligen Entzug oder dergleichen, der dem überdurchschnittlichen Alkoholkonsum entgegenstehen würde, erwähnte der Bw jedoch nicht.

 

Übereinstimmend gaben der Bw und seine Lebensgefährtin an, dass im Falle der Rückkehr des Bw nach Deutschland ihn letztere nicht begleiten werde, zumal sie hier ihren Würstelstand betreibe.

 

Der Bw teilte auf Nachfrage mit, dass sich sein Sohn nicht mehr in Österreich aufhalte, da seine Mutter längerfristig erkrankt sei und er sie pflege.

 

Der Bw ist seit 11. Juni 2013 wiederum als Fliesenleger bei seiner alten Firma beschäftigt, verdient dort einen monatlichen Nettolohn von rund 1.700 Euro, was sich aus der beigebrachten Bestätigung des Arbeitgebers ersehen lässt.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1.1. Gemäß § 67 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes – 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 114/2013, ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

 

Gemäß § 67 Abs. 2 FPG kann ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

 

3.1.2. Beim Bw handelt es sich um einen deutschen Staatsangehörigen, der von seiner unionsrechtlich eingeräumten Freizügigkeit Gebrauch machte, indem er nach Österreich einreiste, also grundsätzlich um eine Person des in den § 65 in Verbindung mit § 67 Abs. 1 FPG erster Satz angesprochenen Adressatenkreises. Nachdem sich der Bw nicht schon seit zehn Jahren im Bundesgebiet aufhält bzw. aufgehalten hat (er hält sich gegenwärtig seit rund 4 Jahren hier auf), kommt § 67 Abs. 1 vorletzter Satz FPG nicht zur Anwendung.

 

3.2.1. Es ist – im Hinblick auf die oa Bestimmung - nun zu prüfen, ob das Verhalten des Bw auch aus derzeitiger Sicht geeignet erscheint, die öffentliche Ordnung oder Sicherheit tatsächlich, gegenwärtig und erheblich zu gefährden.

 

Bei Interpretation des unbestimmten Gesetzesbegriffs "tatsächlich" ist festzuhalten, dass darunter sowohl eine nach Intensität als auch Konkretheit vorliegende Wirksamkeit angesprochen wird. Als Synonym bzw. Deskription von tatsächlich könnte demnach auch "wirksam feststellbar", im Umkehrschluss: nicht fiktiv oder potentiell, verstanden werden.

 

Zum Vorliegen des Tatbestandselements der Gegenwärtigkeit bedarf es eines Sachverhalts, dessen Wirkungen nicht schon in der Vergangenheit erschöpft, sondern auch zumindest in die Gegenwart reichend anzusehen sind. Dies impliziert jedoch auch die Beurteilung einer aus Sicht des gegenwärtigen Augenblicks erstellten Zukunftsprognose.

 

"Erheblich" wiederum bedeutet in etymologischer Herleitung: "Schwer genug, um die Waagschale zu heben". Ursprünglich aus dem Rechtsbegriff Relevanz abgeleitet, übersteigt "erheblich" in der Gemeinsprache den Ursprungsbegriff der Intensität nach.

 

Die eben dargestellten Tatbestandselemente müssen zur Rechtfertigung eines Aufenthaltsverbotes kumulativ gegeben sein.

 

3.2.2.1. Der Bw wurde in Österreich bislang wie folgt verurteilt:

(01) LG LINZ 21 HV 205/2009V vom 08.02.2010 RK 12.02.2010

§ 15/1 105/1 StGB § 107/1 StGB § 83/1 StGB

Datum der (letzten) Tat 26.10.2009

Freiheitsstrafe 4 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

 

zu LG LINZ 21 HV205/2009V 12.02.2010; Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre, BG LINZ 018 U 80/2012f vom 13.11.2012

zu LG LINZ 21 HV205/2009V 12.02.2010; Bedingte Nachsicht der Strafe wird widerrufen; LG ST.POELTEN 015 HV71/2012m vom 07.12.2012

 

02) BG LINZ 018 U 80/2012f vom 13.11.2012 RK 17.11.2012 §83 (1)StGB

Datum der (letzten) Tat 19.11.2011

Geldstrafe von 240 Tags zu je 7,00 EUR (1.680,00 EUR) im NEF 120 Tage Ersatzfreiheitsstrafe

 

03) LG ST.POELTEN 015 HV 71/2012m vom 07.12.2012 RK 07.12.2012 §107(1) StGB

§15 StGB §105 (1)StGB

Datum der (letzten) Tat 05.11.2012

Freiheitsstrafe 6 Monate

Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf LG LINZ 21 HV 205/2009V RK 12.02.2010

 

3.2.2.2. Maßgeblich ist dabei aber nicht primär, dass eine strafgerichtliche Verurteilung ausgesprochen wurde, sondern dass im Sinne einer Prognoseentscheidung das gegenwärtige und zukünftige Verhalten einer Person im Lichte einer strafgerichtlichen Verurteilung rechtlich zu würdigen ist. Es ist also im konkreten Einzelfall zu analysieren, ob davon ausgegangen werden kann, dass sich der Bw hinkünftig rechtskonform verhalten wird bzw., ob die oa. Tatbestandselemente gegeben sind.  

Die Tatbestände stellen sich in den Urteilen wie folgt dar:

Ad 01)

I.) Schuldspruch X ist schuldig, er hat jeweils am 26.10.2009,

I.) nachfolgende Personen durch gefährliche Drohung mit einer Verletzung am Körper zu Handlungen zu nötigen versucht, und zwar

1.) X durch die Äußerung, er werde sie sonst Umbringen, zum Verlassen des Aufenthaltsraumes und Aufsuchen der Wohnung;

2.) X durch indem er äußerte: „Wo ist sie, wo ist sie hingegangen - ich schwör dir, ich leg dich um - sag mir, wo sie ist", wobei er die Faust drohend gegen X erhob, zur Bekanntgabe des Aufenthaltsortes der X;

II.) X durch die mehrmalige Äußerung, er werde sie umbringen gefährlich mit einer Körperverletzung bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen;

III.) X am 26.10.2009 durch Schleudern eines Porzellankruges gegen ihren Kopf sowie Reißen an den Haaren in Form einer Kopfprellung mit Hämatomen im Bereich der linken Scheitelgegend am Körper verletzt.

Strafbare Handlungen:

zu I.) die Vergehen der versuchten Nötigung nach §§ 15 Abs. 1,105 Abs. 1 StGB; zu II.) Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB;

zu III.) Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB Strafe:

 

Strafbemessungsgründe:

mildernd: Geständnis, Versuch hins. Pkt. I.)

erschwerend: Zusammentreffen von 4 Vergehen, zahlreiche einschlägige, allerdings über­wiegend bereits länger zurückliegende Vorstrafen in Deutschland

 

Ad 02)

X ist schuldig; er hat am 19. November 2011 in Linz im Lokal "X" X durch einen Faustschlag in das Gesicht in Form einer Subluxation des Zahnes 21 sowie einer Lippenschwellung am Körper verletzt. Strafbare Handlung:

Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB,

Strafe: Nach §83 Abs. 1 StGB;

 

Strafbemessungsgründe:

mildernd: Geständnis

erschwerend: 11 einschlägige Vorstrafen, rascher Rückfall, Tatfolgen nahe der schweren Körperverletzung.

 

Ad 03)

X ist schuldig, er hat in X

I) X durch gefährliche Drohung mit zumindest einer Verletzung am Körper zu nachgenannten Handlungen zu veranlassen gesucht, und zwar

1.) am 30.10.2012 durch die gegenüber X in ihrer Anwesenheit getätigte Äußerung, er werde sie umbringen, sollte sie nicht sein Umfeld verlassen;

2.) am 5.11.2012 durch die ihr gegenüber getätigte Äußerung, er werde ihren Imbissstand anzünden und sie umbringen, sollte sie nicht die Türe des Imbissstandes öffnen;

II) Nachgenannte gefährlich mit zumindest einer Verletzung am Körper bedroht, um diese in Furcht und Unruhe zu versetzen, und zwar

1) am 27.10.2012 X durch die ihm gegenüber getätigte Äußerung, er werde ihm den Schädel runterhauen, wobei er seiner Äußerung insoweit Nachdruck verlieh, als er X an den Haaren packte. Strafbare Handlungen:

zu I) das Vergehen der versuchten Nötigung nach den §§ 15, 105 Abs. 1 StGB;

zu II) 1) das Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB.

 

Strafbemessungsgründe:

mildernd: dass es teilweise beim Versuch geblieben ist

erschwerend: 8 einschlägige Vorstrafen, die Tatbegehung innerhalb der Probezeit, das Zusammentreffen von zwei Vergehen.

 

3.2.3.1. Es erfordert zweifelsfrei ein hohes Maß an krimineller Energie vielfach durch Nötigung, gefährliche Drohung und auch tatsächliche Körperverletzungen andere Personen zu beeinträchtigen. Besonders auffällig sind hier zum Einen das regelmäßige Auftreten der Ausbrüche des Bw und zum anderen, die als relativ unbedeutend einzustufenden Anlässe, bei denen sich die Aggressivität des Bw Bahn brach. Auch einschlägige Verurteilungen konnten den Bw nicht dazu bewegen, seine Beherrschung zu behalten. Wie sich aus den Urteilen ergibt, zeigte sich der Bw regelmäßig geständig, unterhält zu der von ihm tangierten Lebensgefährtin wiederum eine versöhnte Beziehung; allein, dies kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Bw offenbar nicht in der Lage ist, seine Aggressivität entsprechend nachhaltig unter Kontrolle zu bringen.

 

Dass in dem vom Bw an den Tag gelegten Verhalten eine tatsächliche und erhebliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit – insbesondere im Hinblick auf den Schutz der Integrität und der Gesundheit anderer Personen – zu sehen ist, bedarf wohl keiner weiteren Bemerkungen.

 

Aber auch die Gegenwärtigkeit ist gegeben, da die letzten Vorkommnisse erst knapp ein Jahr zurückliegen, der Bw sich bis Ende März in Strafhaft befand, nur auf einen halbjährigen Zeitraum des nachträglichen Wohlverhaltens verweisen kann und er auf einen offensichtlich langen Zeitraum seiner aggressiven Ausbrüche zurückblicken muss, in dem es ihm nicht gelang eine Verbesserung herbeizuführen. Gerade in seinem privaten Umfeld ereigneten sich viele der Delikte, weshalb auch nicht davon ausgegangen werden kann, dass ein Zusammenleben mit seiner Lebensgefährtin ihn von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen wird abhalten können.

 

Es ist aber auch zu konstatieren und wird sowohl von der Lebensgefährtin als auch der Bewährungshilfe bestätigt, dass der Bw nunmehr Schritte zu einem Gesinnungswandel unternommen hat; alleine wird es eines gewissen Zeitraums bedürfen, um die Nachhaltigkeit der Besserungsabsichten annehmen zu können. Zu erwähnen ist auch, das der Bw selbst die aggressiven Ausbrüche mit überdurchschnittlichem Alkoholkonsum in Verbindung bringt, den er angibt jetzt unter Kontrolle zu haben, wobei hier aber auf die Gefahr eines Rückfalls verwiesen werden muss. So ist auch erklärbar, weshalb der Bw auch schon in der Vergangenheit im Rahmen der Gerichtsverfahren sich geständig und besserungswillig zeigte, es aber dennoch in gewissen zeitlichen Abständen zu neuerlichen Aggressionsausbrüchen kam.

 

Dass der Bw nunmehr wieder beruflich voll integriert ist, spielt bei der Beurteilung nur eine untergeordnete Rolle, da dieser Umstand auch in der Vergangenheit nicht geeignet war, ihn charakterlich zu festigen.  

 

Es ist sohin dem Bw derzeit noch keine günstige Zukunftsprognose auszustellen. Allerdings wird der beschrittene Gesinnungswandel im Rahmen der Festlegung der Gültigkeitsdauer des in Rede stehenden Aufenthaltsverbotes zu berücksichtigen sein.

 

3.2.3.2. Grundsätzlich werden somit vom Bw die in § 67 Abs. 1 FPG normierten Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes erfüllt. Es gilt in diesem Zusammenhang jedoch immer auch, im Sinne einer Interessensabwägung auf das durch eine aufenthaltsbeendende Maßnahme betroffene Privat- und Familienleben des Fremden in Österreich Bedacht zu nehmen.

 

3.3.1.1. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts gemäß Abs. 1 (nur) statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

3.3.1.2. Gemäß § 61 Abs. 1 FPG ist, sofern durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 2 FPG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war;

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4. der Grad der Integration;

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl- Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltstatus bewusst waren;

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 3 FPG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein  aufgrund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51ff. NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

3.3.2. Im Sinne der zitierten Normen ist eine Interessensabwägung – basierend auf einer einzelfallbezogenen  Gesamtbetrachtung – vorzunehmen.

 

Es ist festzuhalten, dass es gestützt auf die ständige Rechtsprechung der Höchstgerichte grundsätzlich zulässig und erforderlich ist, Maßnahmen zu ergreifen, um der Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit effektiv zu begegnen. Daraus folgt, dass das diesbezügliche öffentliche Interesse äußerst hoch anzusetzen ist und ein Aufenthaltsverbot grundsätzlich ein nicht inadäquates Mittel darstellt, um einen rechtskonformen Zustand wiederherzustellen. Dies gilt jedoch nur insofern, als die privaten bzw. familiären Interessen im jeweils konkreten Einzelfall nicht als höherrangig anzusehen sind.

 

3.3.3. Im gegenständlichen Fall ist hinsichtlich eines schützenswerten Privat- und Familienlebens des Bw in Österreich festzuhalten, dass er mit seiner Lebensgefährtin (einer deutschen Staatsangehörigen) nach seiner Entlassung aus der Strafhaft Ende März 2013 wieder in gemeinsamem Haushalt lebt, weshalb das Familienleben des Bw betroffen ist. Die Interessen der Lebensgefährtin sind gemäß § 61 Abs. 3 FPG per se auch zu erwägen.

 

Sein Sohn, der im November 2012 nach Österreich kam, lebt nicht in gemeinsamen Haushalt mit dem Bw und ist überdies zur Pflege seiner Mutter wieder nach Deutschland verzogen.

 

3.3.4.1. Der Bw hält sich seit rund 4 Jahren im Bundesgebiet auf; dies auch rechtmäßig.

 

3.3.4.2. Er kann durchaus als beruflich integriert angesehen werden, zumal er auch nach seiner Entlassung im März 2013 eine Beschäftigung bei seinem bisherigen Arbeitgeber am 11. Juni 2013 antrat. Somit ist grundsätzlich auch die Selbsterhaltungsfähigkeit gegeben. Gemessen an der Aufenthaltsdauer und den nicht vorhandenen sprachlichen Barrieren, wird von einer durchschnittlichen sozialen Integrationsverfestigung auszugehen sein.

 

3.3.4.3. Der Bw hat den überwiegenden Teil seines Lebens in Deutschland verbracht, weshalb er dort naturgemäß in jeglicher Hinsicht sozialisiert gelten kann. Zudem liegen keine Gründe vor, weshalb dem Bw eine berufliche Reintegration z. B. in seiner Heimat nicht gelingen könnte.

 

Gegen eine Rückführung sprächen zum Einen die in Österreich nunmehr wieder aufrechte Beziehung zu seiner Lebensgefährtin, einer deutschen Staatsangehörigen (deren Interessen nach § 61 Abs. 3 FPG zu berücksichtigen sind), und zum Anderen der Umstand, dass er nach Deutschland keine familiären Kontakte pflegt.

 

Letzterer Umstand kann in die Erörterung nur schwach einfließen, da dem Bw kulturell und sprachlich weder Grenzen zur Aufrechterhaltung seines bisherigen Freundeskreises in Österreich gesetzt noch Barrieren entgegenstehen, in Deutschland soziale Kontakte neu zu knüpfen.

 

Weiters erscheint es der Lebensgefährtin wie auch dem Bw zumutbar, die Beziehung zeitweilig über eine entsprechende Entfernung bzw. mittels Besuche der Lebensgefährtin in Deutschland (ihrem Heimatland) aufrechtzuerhalten. Zudem darf auf die Möglichkeiten der modernen Kommunikationsmittel verwiesen werden. Dass beide Beteiligten ausschließen, dass die Lebensgefährtin - aus nachvollziehbaren Gründen - den Bw nach Deutschland begleitet ist daher nicht erheblich zu berücksichtigen.

 

Die Rückkehr des Bw nach Deutschland (oder in einen anderen EU-Staat) scheint insgesamt gesehen also ihm selbst als auch seiner Lebensgefährtin zumutbar. Nicht zuletzt ist anzumerken, dass sich der Sohn des Bw ja jetzt wieder in Deutschland befindet.

 

Das Familien- und Privatleben des Bw scheint zudem nicht überdurchschnittlich schutzwürdig.

 

3.3.4.4. Zu den verschiedenen strafrechtlichen Verurteilungen darf auf das Vorgesagte verwiesen werden. Diese wiegen jedenfalls in der Gesamtbeurteilung erheblich.

 

3.3.4.5. Das Familien- und Privatleben des Bw entstand nicht erst während unsicheren Aufenthalts. Besondere Verzögerungen bei Verfahren von Seiten der Behörden sind nicht feststellbar.

 

3.3.4.6. Zusammenfassend ist also festzuhalten, dass ein Überwiegen der öffentlichen Interessen an der Verhängung der Maßnahme gegenüber den persönlichen Interessen des Bw (wie auch seiner Lebensgefährtin) am Verbleib im Bundesgebiet konstatiert werden muss, wobei beide Interessenssphären als durchaus ausgeprägt erkannt werden.

 

Da somit auch aus Sicht des Art. 8 EMRK bzw. des § 61 FPG nichts gegen die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen den Bw spricht, ist abschließend die fünfjährige Befristung des von der belangten Behörde erlassenen Aufenthaltsverbotes zu prüfen.

 

3.5.1. Hinsichtlich der Dauer des Aufenthaltsverbotes sind als maximaler Rahmen nach § 67 Abs. 2 FPG zehn Jahre vorgesehen.

 

Aus immanent zu berücksichtigenden gemeinschaftsrechtlichen Überlegungen und der Beachtung des Verhältnismäßigkeitsprinzips ist eine Beschränkung der Grundfreiheiten von Unionsbürgern oder begünstigten Drittstaatsangehörigen jedenfalls möglichst maß- und zurückhaltend vorzunehmen.

 

3.5.2. Der im gegenständlichen Fall vom Fremdenpolizeigesetzgeber in § 67 Abs. 2 FPG vorgesehene Rahmen für eine Befristung eines zu erlassenden Aufenthaltsverbotes auf maximal zehn Jahre schließt unter anderem Straftaten mit ein, für deren Begehung ein Fremder mit einer unbedingten Freiheitsstrafe bis einschließlich fünf Jahren verurteilt wurde (§ 67 Abs. 3 Z 1 FPG e contrario).

 

Der Bw wurde zuletzt "lediglich" zu 6 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Wenn auch nicht verkannt wird, dass er schon über eine Reihe von einschlägigen Vorstrafen verfügt, ist dennoch festzustellen, dass diese zu keinen unbedingten längeren Haftstrafen führten. In diesem Sinn hält das erkennende Mitglied des UVS des Landes Oberösterreich einen Zeitraum von 1 Jahr für angemessen, um dem Bw die Möglichkeit zu geben, den von ihm beteuerten Gesinnungswandel entsprechend unter Beweis zu stellen.

 

In diesem Punkt war also zugunsten des Bw vom angefochtenen Bescheid abzuweichen.

 

3.6. Hinsichtlich des erteilten Durchsetzungsaufschubes bedarf es keiner weiteren Erörterungen, zumal sich dieser schon aus dem Gesetz ergibt und der Bw diesen Punkt auch nicht beeinsprucht.

 

3.7. Es war daher im Ergebnis der Berufung hinsichtlich der Dauer des Aufenthaltsverbotes stattzugeben, diese auf ein Jahr herabzusetzen und im Übrigen der angefochtene Bescheid zu bestätigen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

Bernhard Pree

 

Beachte:

 

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

 

VwGH vom 20. Dezember 2013, Zl.: 2013/21/0210-4

 

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