Linz, 27.09.2013
E r k e n n t n i s
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 26. September 2013 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des I D, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. N N, R, G, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 4. März 2013, Zl. BZ-BauR-111190-2012, wegen Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:
I. Der (Straf-)Berufung wird Folge gegeben, die Geldstrafe auf 150 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 17 Stunden herabgesetzt.
II. Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich auf 15 Euro. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.
Rechtsgrundlagen:
Zu I: §§ 16 Abs.2, 19, 20, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG;
zu II: §§ 64ff VStG.
Entscheidungsgründe:
1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 300 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 30 Stunden verhängt, weil ihm Folgendes vorgeworfen wurde:
"Sie haben am 06.06.2012 gegen 13:59 Uhr das Kfz mit dem Intern. Kennzeichen D, Kennzeichen X, im Gemeindegebiet Wels, Bezirk Wels auf der A 25, Fahrtrichtung Knoten Haid, bis zu km 14.580, gelenkt, ohne dass die für die Benützung vorgeschriebene Maut ordnungsgemäß entrichtet wurde und am Kraftfahrzeug die für die Benützung von Autobahnen vorgeschriebene Vignette ordnungsgemäß angebracht war.
Diese Verwaltungsübertretung wurde von den automatischen Kontrolleinrichtungen des Mautsystems Österreich erkannt und im System unter der Deliktsnummer 770152012060613595118 registriert.
(Am Fahrzeug war keine gültige Mautvignette angebracht.)
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§§ 10, 11 und 20 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Mauteinhebung auf Bundesstraßen (Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 - BStMG) BGBl.Nr. 109/2002"
In der Begründung führt das angefochtene Straferkenntnis aus:
2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht:
"In umseits bezeichneter Verwaltungsstrafsache erhebe ich durch meinen ausgewiesenen Rechtsfreund gegen das da. Straferkenntnis Zahl BZ-BauR-111190-2012 - wohl richtig BZ-BauR-11190-2012 - vom 04.03.2013 an den Unabhängigen Verwaltungssenat OÖ das Rechtemittel der
BERUFUNG
und führe diese aus wie folgt:
Das Straferkenntnis wird seinem gesamten Umfange und Inhalte nach wegen Rechtswidrigkeit/Mangelhaftigkeit bekämpft und im einzelnen ausgeführt wie folgt:
Ausdrücklich wird eingewendet, dass das angefochtene Straferkenntnis nicht sämtliche Bescheidvoraussetzungen erfüllt. Konkret weist der Bescheid insofern eine Mangelhaftigkeit auf, als nicht die konkrete / korrekte Bezeichnung der bescheiderlassenden Behörde gemäß § 58 Abs. 3 iVm § 18 Abs. 4 AVG enthält. Die Bezeichnung 'Stadt Wels' ist nicht ausreichend. Ausdrücklich bestritten wird, dass der Bürgermeister der Stadt Wels als Behörde 1. Instanz im übertragenden Wirkungsbereich der Stadt Wels bescheiderlassende Behörde ist. Dabei müsste es sich korrekterweise um den Magistrat der Stadt Wels handeln. Ist die bescheiderlassende Behörde nicht erkennbar, so liegt laut Rechtslage / Judikatur kein Bescheid vor, womit das Straferkenntnis mangels Bescheidqualität als rechtswidrig zu beheben ist.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wird mir angelastet wie folgt:
Sie haben am 06.06.2012 gegen 13:59 Uhr das Kfz mit dem Intern-Kennzeichen D, Kennzeichen X, im Gemeindegebiet Weis, Bezirk Wels auf der A 25, Fahrtrichtung Knoten Haid, bis zu km 14,580, gelenkt, ohne dass die für die Benutzung vorgeschriebene Maut ordnungsgemäß entrichtet wurde und am Kraftfahrzeug die für die Benutzung von Autobahnen vorgeschriebene Vignette ordnungsgemäß angebracht war.
Diese Verwaltungsübertretung wurde von den automatischen Kontrolleinrichtungen des Mautsystems Österreich erkannt und im System unter der Deliktsnummer 770152012060613595118 registriert.
(Am Fahrzeug war keine gültige Mautvignette angebracht.)
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§§ 10, 11 und 20 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Mauteinhebung auf Bundesstraßen (Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 - BStMG) BGBl.Nr. 109/2002
Es wurde deshalb über mich eine Gesamtgeldstrafe von € 330,- (inkl. Verfahrenskosten) verhängt.
Das Verfahren blieb deshalb mangelhaft, da den von mir bzw. meinem ausgewiesenen Rechtsfreund gestellten Beweisanträgen nicht entsprochen wurde und wird daher nochmals ausgeführt wie folgt:
Diese angebliche Verwaltungsübertretung wird ausdrücklich bestritten.
Wie aus der vorliegenden Lichtbildauswertung ersichtlich war an der Windschutzscheibeninnenseite eine gültig für 06.06.2012 gelochte Vignette angebracht.
Das aus dem Lichtbild ersichtliche 'Ungültigkeitskreuz' im unteren Drittel der Vignette lässt eindeutig erkennen, dass die Trägerfolie sehr wohl abgelöst wurde, aber ein Rest der Trägerfolie für die leichtere Entfernung der Vignette verblieb.
Aufgrund des objektivierten Sachverhaltes / Tatbestandes kann sohin nicht von einer 'Mautprellerei' gesprochen werden. Vielmehr war lediglich nur ein 'Formalverstoß' gegeben.
Es wird sohin gestellt der
ANTRAG
- sowie Einvernahme Meldungsleger zum vorgefallenen Sachverhalt.
Im Hinblick auf die gegebene Sach- und Rechtslage (ordnungsgemäß gelochte für den Tatzeitpunkt gültige Vignette) ausdrücklich beantragt wird die 'Halbstrafe' gemäß § 20 VStG im Betrag von € 150,-- zu verhängen.
Über all diese Punkte liegen keinerlei Beweisergebnisse vor, weshalb das Verfahren noch nicht spruchreif war und die angefochtene Entscheidung sohin rechtswidrig ist.
Unter Berücksichtigung der vorliegenden Milderungsgründe ist die verhängte Geldstrafe überdies als überhöht anzusehen. Im konkreten Fall liegen nachfolgende Milderungsgründe vor:
- der bisher ordentliche Lebenswandel und die Tatsache, dass die Tat mit dem sonstigen Verhalten in Widerspruch steht;
- die Tat lediglich aus Fahrlässigkeit begangen wurde;
- die Tat nur aus Unbesonnenheit (Unachtsamkeit) begangen wurde;
- die Tat mehr durch besonders verlockende Gelegenheit, als mit vorgefasster Absicht begangen wurde;
- die Tat unter Umständen begangen wurde, die einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahe kommen;
- es trotz Vollendung der Tat zu keinen Schäden Dritter gekommen ist;
- sich von der Zufügung eines größeren Schadens, obwohl dazu die Gelegenheit offengestanden wäre, freiwillig Abstand genommen wurde;
- die Tat schon vor längerer Zeit begangen wurde und seither ein Wohlverhalten vorliegt.
Abschließend werden gestellt nachfolgende
ANTRÄGE:
der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes OÖ möge das angefochtene Straferkenntnis der Stadt Wels/Baurecht GZ. BZ-BauR-111190-2012 vom 04.03.2013 ersatzlos beheben und das anhängige Verwaltungsstrafverfahren einstellen;
dies nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung;
Abführung der bisher unerledigt gebliebenen Beweisanträge;
in eventu Aussprache einer Ermahnung im Sinne des § 21 VStG;
in eventu Herabsetzung der Geldstrafe auf ein gesetzeskonformes mildes Maß im
Sinne des § 20 VStG."
3. Der Akt enthält die im angefochtenen Straferkenntnis bezogenen Aktenstücke.
4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung legte der Vertreter des Bw dar, auf den Kontrollfotos sei ersichtlich, dass die Vignette zum Teil unter Verwendung des Originalklebers (also unter Ablösung der Trägerfolie) an der Windschutzscheibe befestigt worden sei. Zum anderen Teil sei eine solche Befestigung nicht erfolgt. Das Herabhängen des abgelösten Teils der Trägerfolie lasse zwar das "schwarze X" sichtbar sein, jedoch nicht an der "richtigen" Stelle. Letzteres lege die Richtigkeit des Vorbringens nahe.
Der Amtssachverständige hielt diese Sachverhaltsdarstellung aufgrund des Fotos für plausibel. Insoweit die Vignette direkt an der Windschutzscheibe befestigt gewesen sei, sei auch der Zerstörungseffekt beim Ablösen der Vignette gewährleistet gewesen.
Der Vertreter des Bw beschränkte daraufhin die Berufung auf die Anwendung und Ausschöpfung des § 20 VStG.
5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:
Im Hinblick auf den unstrittigen Kauf der Vignette und die bei 10-Tages-Vignetten an sich schon geminderte Missbrauchsgefahr, wozu kommt, dass der Zerstörungseffekt bei Ablösen der Vignette zum Teil gewährleistet war, erscheint es angemessen, dem Antrag des Bw stattzugeben und spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.
Dr. Ewald Langeder