Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401333/7/SR/Wu

Linz, 25.09.2013

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Beschwerde des X, geboren am X, Staatsangehöriger von Georgien, derzeit aufhältig im PAZ X, vertreten durch die X, wegen Verhängung und Anhaltung in Schubhaft ab 10. September 2013 durch die Landespolizeidirektion Oberösterreich wie folgt erkannt:

 

 

I.        Der Schubhaftbescheid und die Anhaltung vom 10. September 2013 bis zur Erlassung dieses Bescheides werden als rechtswidrig festgestellt.

 

II.     Zum Zeitpunkt der Erlassung dieses Bescheides liegen die maßgeblichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vor (§ 76 Abs. 2 Z 2 und 3 FPG).

 

III.   Die Anträge auf Aufwandersatz werden als unbegründet abgewiesen.

 

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 Abs. 1 und 83 Abs. 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 144/2013) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und der UVS-Aufwandsersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2008.

 

 

 

 

 Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 9. September 2013, GZ: 1076187/FRB (GZ 1048636/FRB), wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) auf Basis des § 76 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG zur Sicherung der Abschiebung (§ 46 FPG) die Schubhaft angeordnet und wird diese im X vollzogen.

 

Die belangte Behörde führte in der Begründung wie folgt aus:

 

Gem. § 76 Abs. 1 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern.

Laut Aktenlage reisten Sie am 08.03.2004 nach Österreich ein und stellten hier einen Asylantrag. Dieses Asylverfahren wurde mit Wirkung vom 16.04.2010 gem. §§ 7 und 8 Asylgesetz 1997 rechtskräftig negativ abgeschlossen.

Seither halten Sie sich insofern rechtswidrig im Bundesgebiet der Republik Österreich auf, als Ihnen seit diesem Zeitpunkt weder ein Einreisetitel nach dem FPG noch ein Aufenthaltstitel nach dem NAG erteilt wurde. Auch kommt Ihnen nach der Aktenlage kein Aufenthaltsrecht aufgrund einer anderen gesetzlichen Bestimmung zu.

 

Während Ihres Aufenthaltes in Österreich wurden Sie wie folgt rechtskräftig gerichtlich verurteilt:

1.) Bezirksgericht Linz vom 02.11.2005 (rk: 08.11.2005), Zahl: 19 U 116/2005x, wegen des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB sowie des Vergehens des versuchten Diebstahles nach den §§ 15 und 127 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 2 Monaten, bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren;

 

2.) Bezirksgericht Linz vom 06.11.2006 (10.11.2006), Zahl: 19 U 167/2006y, wegen des Vergehens des versuchten Diebstahles nach den §§ 15 und 127 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 2 Wochen, bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren;

 

3.) Landesgericht Steyr vom 28.05.2008 (28.05.2008), Zahl: 11 Hv 6072008s, wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahles nach §§ 127 und 130 erster Satz erste Alternative StGB zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten, davon 8 Monate bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren;

 

4.) Bezirksgericht Linz vom 08.09.2009 (15.03.2010), Zahl: 319/2009y, wegen des Vergehens des versuchten Diebstahles nach den §§ 15 und 127 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 1 Woche. Der dagegen eingebrachten Berufung wurde vom Landesgericht Linz (Zl: 33 BL 2/10x) keine Folge gegeben;

 

5.) Bezirksgericht Linz vom 09.07.2010 (13.07.2010), Zahl: 18 U 419/2009d, wegen des Vergehens des versuchten Diebstahles nach den §§ 15 und 127 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 3 Wochen – Zusatzstrafe gem. §§ 31 und 40 StGB unter Bedachtnahme auf BG Linz 18 U 319/09y.

 

Am 21.12.2011 wurden Sie von Polizeibeamten des SPK Linz nach den Bestimmungen der Strafprozessordnung festgenommen und am 23.12.2011 in die Justizanstalt X eingeliefert.

Danach kam es, trotz bestehenden Aufenthaltsverbotes, zu einer weiteren, nachfolgend angeführten gerichtlichen Verurteilung:

 

6.)LG LINZ 023 HV 8/2012t vom 06.03.2012 RK 06.03.2012

§§ 127, 129 Z 1 und Z 2, 130 4. Fall StGB

§§ 223 (2), 224 StGB

Datum der (letzten) Tat 21.12.2011

Freiheitsstrafe 16 Monate

Vollzugsdatum 11.05.2013

 

 zu LG LINZ 023 HV 8/2012t  06.03.2012

zu BG LINZ 18 U 419/2009D  13.07.2010

zu LG STEYR 11 HV 60/2008S  28.05.2008

Aus der Freiheitsstrafe entlassen am 10.09.2103, bedingt, Probezeit  3

Jahre

LG LINZ 021 BE 170/2013y vom 24.07.2013

 

Dieser Verurteilung liegt der folgende Sachverhalt zugrunde:

 

1): X hat in Linz

I.) X im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einem bislang unbekannten Mittäter nachgenannten Geschädigten fremde bewegliche Sachen durch Einbruch mit dem Vorsitz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei sie die Diebstähle durch Einbruch in der Absicht begingen, sich durch ihre wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar

1.) am 6.6.2011 X eine Armbanduhr im Wert von ca. EUR 50,- sowie einen Ehering im Wert von ca. EUR 30,-, indem sie auf den Balkon des Hauses des X kletterten und in der Folge die Balkontüre aufzwängten;

2.) am 21.12.2011 X diverse Schmuckstücke laut Liste AS 57 in ON 9 sowie eine silberfarbene Taschenlampe im Gesamtwert von zumindest EUR 4.000,-, indem sie ein Fenster zu seiner Wohnung aushebelten, einstiegen und einen in der Wohnung befindlichen Möbeltresor aufbrachen;

II.) X allein zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt im Jahr 2011 einen total gefälschten tschechischen Reisepass, sohin eine falsche ausländische öffentliche Urkunde, die durch Gesetz (§ 2 Abs. 4 Z 4 FPG) inländischen öffentlichen Urkunden gleichgestellt ist, im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache, nämlich zum Beweis seiner Identität gebraucht, indem er ihn anlässlich der Mietvertragsunterzeichnung mit X vorwies.

 

X hat hierdurch begangen

zu I.) das Verbrechen des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Z 1 und Z 2, 1304. Fall StGB;

zu II.) das Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs. 2, 224 StGB

Anwendung weiterer gesetzlicher Bestimmungen: § 28 Abs. 1 StGB nach dem zweiten Strafsatz des § 130 StGB

Strafe:

Freiheitsstrafe in der Dauer von 16 (sechzehn) Monaten

 

Strafbemessungsgründe:

mildernd: umfassendes Geständnis; überwiegende Schadensgutmachung

erschwerend: einschlägige Vorstrafen; Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen;

 

Auf Grund eines von der Fremdenpolizei Linz am 10.09.2013 erlassenen Festnahmeauftrages gem. § 74 Abs.2 Zi 1 FPG 2005 wurden Sie nach Ihrer Entlassung aus der Justizhaft von Polizeibeamten festgenommen und in das Polizeianhaltezentrum X eingeliefert.

 

Im Zuge Ihrer fremdenpolizeilichen Einvernahme am 07.03.2012 wurde Ihnen mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, Sein in Ihr Heimatland abzuschieben und fremdenpolizeiliche Maßnahmen zu ergreifen. Gleichzeitig wurde Ihnen Gelegenheit gegeben dazu Stellung zu nehmen und Ihre Privat- und Familienverhältnisse darzulegen.

Sie führten dazu wie folgt aus:

Ich bin am 08.03.2004 zu Fuß von Tschechien illegal über die grüne Grenze nach Österreich gekommen, Noch am gleichen Tag habe ich in Salzburg einen Asylantrag gestellt.

Mir wird zur Kenntnis gebracht, dass mein Asylverfahren seit 16.04.2010 rechtskräftig negativ entschieden ist. Die damit verbundene Ausweisung ist ebenfalls mit 25.10.2010 rechtskräftig.

Weiters wird mir gesagt, dass die BPD Linz mit Bescheid vom 14.09.2010 wegen rechtskräftigen Verurteilungen gegen mich ein auf 5 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen hat. Der Bescheid ist rechtskräftig und durchsetzbar.

Ich gebe an, dass ich am 21.12.2011 in Linz festgenommen wurde. Am 23.12.2011 wurde ich in die JA X eingeliefert.

Weiters gebe ich an, dass ich am 06.03.2012 vom LG Linz wegen räuberischem Diebstahl zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt wurde. Das Urteil wurde auch gleich rechtskräftig.

Zu meinen persönlichen Verhältnissen befragt, gebe ich an, dass ich eine Lebensgefährtin habe. Sie heißt X, X geb. in Tbilissi. Wir lernten uns 2007 in Linz kennen. Sie war davon mit einem Österreicher verheiratet. Unserer Beziehung entstammen unsere beiden Söhne X und X, X und X in X geboren. Zudem ist meine Lebensgefährtin dzt. wieder schwanger. Meine Familie ist legal in Österreich. Ich bin russischer Staatsbürger, habe aber kein Reisedokument. Ich habe auch keine fremdenrechtliche Bewilligung zum Aufenthalt in Österreich.

Dazu wird mir gesagt, dass ich mich völlig illegal, trotz einem gegen mich bestehenden Aufenthaltsverbot in Österreich, aufhalte.

Mir wird zur Kenntnis gebracht, dass beabsichtigt ist, mich auf Grund dieses Aufenthaltsverbotes in mein Heimat abzuschieben. Dazu wird auch bei meiner Botschaft der russischen Föderation um die Ausstellung eines Heimreisezertifikates angesucht.

Derzeit bin ich völlig mittellos. Ich konnte in der Haft noch nicht arbeiten, weil ich ja bis gestern in U-Haft war. Aber ich werde mich wegen Arbeit bewerben. In Österreich bin ich nicht gemeldet. Ich wohne aber mit meiner Familie zusammen in X.

Ich werde auf die Möglichkeit der freiwilligen Rückkehr hingewiesen. Ich will das ganz sicher nicht.

Laut Aktenlage sind Sie in Österreich nicht mehr gemeldet und sind somit unstet. Zurückliegend waren Sie, wie sich aus dem Tonbandprotokoll des UVS vom 12.12.2011 ergibt, von 7.10.2010 bis 3.11 2010 in X wohnhaft, haben vorher und danach unangemeldet bei Ihrer Lebensgefährtin gewohnt, seit März 2011 besteht kein gemeinsamer Haushalt mit dieser und auch kein sonstiger, gemeldeter Wohnsitz mehr. Mit dieser, einer derzeit in Österreich lebenden georgischen Staatsbürgerin haben Sie zwischenzeitig drei gemeinsame Kinder, sonstigen verwandtschaftlichen Beziehungen sind der Aktenlage zu entnehmen und wurden Rahmen der o. a. Niederschrift dargelegt. Ebenso wenig sind Sie in Österreich jemals einer legalen Beschäftigung nachgegangen.

In Österreich haben Sie, wie oben dargelegt zahlreiche Straftaten begangen, wobei Sie aktuell vor Verhängung der Schubhaft, eine Freiheitstrafe von 16 Monaten verbüßt haben.

Wegen illegaler Einreise und unerlaubtem Aufenthalt im Bundesgebiet hat die BPD Linz ein auf mit Bescheid vom 14.09.2010 ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot, bestätigt mit Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 11.01.2012 im Instanzenzug unter dem Geschäftszeichen VwSen-730285/15/Wg/Jo, erlassen.

 

Aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes sind sowohl die gesetzlichen Formalvoraussetzungen für eine Schubhaftverhängung gem. § 76 Abs. 1 FPG, als auch die subjektiven Haftbedingungen als gegeben zu betrachten (Gegenteiliges wurde von Ihnen auch nicht behauptet).

 

Für das – sowohl gelindere Mittel als auch eine Schubhaftverhängung in gleicher Weise determinierende – Sicherungsbedürfnis waren wie folgt zu berücksichtigen:

- Mittellosigkeit; Sie verfügen über keine Barmittel, die als angemessene finanzielle Sicherheit, zur Hinterlegung bei der Behörde i, s. eines gelinderen Mittels deswegen als nicht ausreichend zu betrachten sind, da auch für die Durchführung eines Verwaltungsstrafverfahrens eine Sicherheitsleistung erforderlich ist.

- keine soziale oder berufliche Integration;

- weder ein gemeldeter Wohnsitz noch tatsächlich durch längere Zeit hindurch an einer bestimmten Unterkunft aufhältig;

-Eine offenkundige Ausreiseunwilligkeit und eine fehlende Wahrscheinlichkeit einer freiwilligen Ausreise direkt zurück in Ihr Heimatland ist deswegen anzunehmen, da Sie sich zurückliegend trotz Kenntnis Ihres illegalen Status, beharrlich geweigert haben, das Bundesgebiet zu verlassen.

- Die Möglichkeit einer freiwilligen Rückkehr in der Niederschrift vom 7.3.2012 abgelehnt.

 

Anhand dieser konkreten Umstände konnte aufgezeigt werden, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit darauf geschlossen werden kann, dass Sie sich – in voller Kenntnis über die bevorstehenden Abschiebung – der Vollstreckung fremdenpolizeilicher Maßnahmen durch Untertauchen in die Anonymität zu entziehen versuchen werden (oder sie zumindest wesentlich zu erschweren versuchen).

 

Die grundsätzliche Notwendigkeit  konkrete Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen, um einen ordnungsgemäßen Fortgang des fremdenpolizeilichen Verfahrens zu gewährleisten, liegt daher auf der Hand.

 

Diese Auffassung entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des VwGH (vgl. VwGH vom 08.09.2005, Zahl 2005/21/0301). Des Weiteren argumentierte der VwGH in seinem Erkenntnis vom 25.03.2010, Zl. 2009/21/0276, dass die Zulässigkeit der Schubhaft eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung der Außerlandesbringung (Aufenthaltsbeendigung) und dem privaten Interesse an einer Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen bedarf. Bei dieser Prüfung ist unter dem Gesichtspunkt des öffentlichen Interesses vor allem der Frage nachzugehen, ob im jeweils vorliegenden Einzelfall ein Sicherungsbedürfnis gegeben ist. Das setzt die gerechtfertigte Annahme voraus, der Fremde werde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bzw. nach deren Vorliegen der Abschiebung (insbesondere) durch Untertauchen entziehen oder sie zumindest wesentlich erschweren. Neben der Ausreiseunwilligkeit muss der Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein. Dabei kommt es für die Bejahung des Sicherungsbedarfes im Anwendungsbereich des § 76 Abs. 1 FPG insbesondere auf das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet an, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens des Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes freilich auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen.

Das Sicherungserfordernis des § 76 Abs.1 FPG muss daher in konkreten Umständen begründet sein, wofür etwa mangelnde berufliche oder soziale Verankerung im Inland in Betracht kommen, und vor allem Ihr bisheriges Verhalten in Österreich.

Nur bei einer derartigen Konstellation  kann die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens, als schlüssig angesehen werden.

 

Genau diese Konstellation liegt jedoch  - wie bereits oben ausführlich angeführt - bei Ihnen im konkreten Fall vor.

 

Vom Bestehen einer Sicherungsnotwendigkeit ausgehend sei schließlich im Lichte des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu untersuchen gewesen, ob der mit der fremdenpolizeilichen Maßnahme konkret verfolgte Zweck nicht auch durch gelindere Sicherungsmittel zu erreichen gewesen wäre. Dabei ist eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und/oder der Außerlandesschaffung (Aufenthaltsbeendigung) und dem privaten Interesse an einer Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen ist (vgl. VwGH vom 25.03.2010, Zl. 2009/21/0276).

Die Anordnung gelinderer Mittel bedinge das grundsätzliche Vertrauen, dass Sie sich der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und/oder Sie sich zum Zeitpunkt der Durchführung der Abschiebung der Behörde zur Verfügung halten, dh. für diese auch faktisch greifbar sind. In diesem  Zusammenhang gehe die Rechtsordnung davon aus, dass ein derartiges Vertrauen a priori zunächst vorauszusetzen ist. Daraus folgt, dass – wie im vorliegenden Fall – es der Behörde obliegt, jene Gründe vorzubringen und entsprechend zu belegen, die im jeweiligen Fall für ein konkretes Nichtbestehens eines derartigen Vertrauensverhältnisses sprechen. Einer derartigen Prognoseentscheidung seien somit v.a. jene Hinweise in Bezug auf das bisherige Verhalten zu Grunde zu legen, die gegen bzw. für eine Freiheitsentziehung sprechen.

In Ihrem Fall ist nunmehr dringend davon auszugehen, dass Sie sich selbst mit erhöhten Auflagen von Sicherungsmaßnahmen wie einer tägliche Meldeverpflichtung bei einer Polizeiinspektion nicht daran gehindert sehen, eine zugewiesene Unterkunft aufzugeben und sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahmen und/oder der unmittelbar bevorstehenden Abschiebung durch Untertauchen zu entziehen, gaben Sie doch selbst an,   mehrmals von Spanien kommend in Österreich eingereist zu sein. Eine Abwägung einer weiteren erhöhten Sicherungsmaßnahme im Rahmen des gelinderen Mittels, wie eine gesetzlich vorgesehen Einhebung einer finanziellen Sicherheitsleistung, konnte überdies nicht in Betracht gezogen werden, da Sie, wie oben dargelegt, mittellos sind.  Es konnten daher – und zwar bezogen auf Ihren Einzelfall – keine geeigneten Sicherungsmaßnahmen gefunden werden, die Ihre Hemmschwelle so weit nach oben setzen würden, dass Sie nicht die Vollstreckung fremdenpolizeilicher Maßnahmen gegen Ihre Person verhindern, weshalb die erkennende Behörde Ihnen kein Vertrauen gegenüber bringen kann, dass Sie sich der Behörde zur Verfügung halten, dh. für diese auch faktisch greifbar sind.

Vollständigkeitshalber sei erwähnt, dass auch sonstige gelindere Mittel, die im Verein mit einer periodischen Meldeverpflichtung insgesamt dazu geeignet wären, einigermaßen verlässlich zu gewährleisten, dass Sie zwecks Durchführung des Verfahrens und/oder ihrer zwangsweisen Abschiebung tatsächlich für die Behörde greifbar sind, objektiv nicht erkennbar sind.

Anhand dieser konkreten, individuell-fallbezogenen Subsumtion ist ersichtlich, dass aufgrund zwingender Gründe davon ausgegangen werden kann, dass die effektive Umsetzung der beabsichtigten fremdenpolizeilichen Maßnahme nicht anders als durch einen Entzug der persönlichen Freiheit zu gewährleisten ist, weshalb sich die Anordnung der Schubhaft auch unter dem Aspekt des Verhältnismäßigkeitsprinzipes als gerechtfertigt erweist.

Die Behörde kann daher keine Gewähr dafür sehen, dass Sie – unter Gesamtbetrachtung Ihres bisherigen Verhaltens – den Anordnungen in einem gelinderen Mittel Folge leisten werden.

 

Auf Grund Vorgesagtem war spruchgemäß zu entscheiden.

 

2. Gegen die Verhängung und Anhaltung in Schubhaft erhob der Bf durch seine Vertreterin mit Telefax vom 20. September 2013 (FAX Kennung 20/09/2013 16:18 Uhr), eingelangt beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich am 23. September 2013, „Schubhaftbeschwerde“.

 

Begründend führte die Vertreterin wie folgt aus:

 

Gegen die Verhängung der Schubhaft mit Bescheid vom 09.08.2012 (gemeint wohl: 9. September 2013), GZ; 1076187/FRB, und die andauernde Anhaltung in Schubhaft durch die LPD Oberösterreich erhebt der Beschwerdeführer (BF) fristgerecht nachstehende Beschwerde gemäß § 82 FPG an den unabhängigen Verwaltungssenat:

 

 

Sachverhalt:

 

Der BF ist reiste erstmals am 8.3.2004 in das Bundesgebiet ein und stellte am einen Antrag auf internationalen Schutz. Das Asylverfahren wurde am 16.04.2010 rechtskräftig negativ abgeschlossen.

Am 07.03.2012 wurde der BF von der belangten Behörde einvernommen und es wurde ihm zur Kenntnis gebracht, dass beabsichtigt ist ihn er nach der Entlassung aus der Strafhaft in sein Heimatland abzuschieben. Der BF wurde am 10.09.2013 aus der Strafhaft entlassen. Über den BF wurde mit Bescheid vom 9.8.2013 (gemeint wohl: 9. September 2013) der Erstbehörde gemäß § 76 Abs. 1 FPG die Schubhaft verhängt. Er wurde am 10.9.2013 aus der Justizanstalt in die Schubhaft überstellt.

 

Dagegen richtet sich die eingebrachte Beschwerde.

 

Am 12.9.2013 hat der BF einen Asylantrag gestellt.

 

Sowohl die Schubhaftverhängung als auch die Anhaltung in Schubhaft sind rechtswidrig.

 

Begründung:

 

  1. Zur Verletzung des Parteiengehörs

 

Gem. § 76 Abs. 3 FPG ist die Schubhaft mit Bescheid anzuordnen. Dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

 

Der BF befand sich längere Zeit in Strafhaft. Der Schubhaftbescheid wurde daher von der belangten Behörde nicht im Mandatsverfahren gem. § 57 Abs. 1 AVG erlassen.

 

Für die Beurteilung, ob ein Mandatsbescheid vorliegt, kommt es nicht darauf an, ob die Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 AVG vorlagen und sich die Beh. daher mit Recht auf diese Gesetzesstelle stützen durfte. Maßgebend ist allein, ob der Bescheid sich unmißverständlich auf diese Gesetzesstelle gestützt hat (VwGH 20.03.2001, 99/11/0226).

 

Vorerst ist daher festzuhalten, dass der Schubhaftbescheid nicht im Mandatsverfahren erlassen wurde, da dies gem. § 76 Abs. 3 FPG nicht zulässig war.

 

Es ist [...] in den Fällen, in denen ein Fremder bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung eines die Schubhaft anordnenden Bescheides nicht bloß kurzfristig in Haft angehalten wird, geboten, im Fall der beabsichtigten Erlassung eines die Schubhaft anordnenden Bescheides ein Ermittlungsverfahren durchzuführen. Das Ergebnis dieses Verfahrens ist dem Fremden im Rahmen des ihm zustehenden Parteiengehörs zur Kenntnis zu bringen, um die rechtzeitige Wahrnehmung seiner Rechtsschutzbehelfe, die ihm nach Erfassung des Bescheides zustehen (§ 76 Abs 7 iVm § 82 Abs 1 Z 3 FrPolG 2005), nicht zu vereiteln (VwGH 27.01.2010, 2009/21/0009).

 

§ 45 Abs. 3 AVG normiert, dass den Parteien das Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kenntnis gebracht werden muss, und ihnen die Gelegenheit eingeräumt werden muss dazu Stellung zu nehmen. Mit dem verankerten Verfahrensgrundsatz des Parteiengehörs ist nicht nur (aber auch) gemeint, dass den Parteien iSd § 45 Abs 3 AVG Gelegenheit gegeben wird, vom "Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen", sondern, dass ihnen ganz allgemein (und nicht nur im Beweisverfahren selbst) iSd § 37 AVG ermöglicht wird, ihre Rechte und rechtlichen Interessen geltend zu machen, dh Vorbringen auch zu gegnerischen Behauptungen zu erstatten, Beweisanträge zu stellen und überhaupt die Streitsache zu erörtern. Das Parteiengehör iSd § 45 Abs 3 AVG ist ausdrücklich, in förmlicher Weise ungeschmälert und amtswegig, unter Einräumung einer angemessenen Frist und unter Beachtung des § 13a AVG zu gewähren (VwGH 05.09.1995, 95/08/0002). Die bloße Vernehmung eines Beteiligten zu Beweiszwecken nach § 51 AVG reicht nicht aus um das Parteiengehör zu wahren (vergl. VwSfg 6714 A/1965).

 

Der BF wurde niemals förmlich vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt. Ihm wurde zwar bei der fremdenpolizeilichen Einvernahme am 7.3.2012 mitgeteilt, dass beabsichtigt sei ihn in sein Heimatland abzuschieben und Gelegenheit geboten dazu Stellung zu nehmen, jedoch wurde er vom Ergebnis der Beweisaufnahme zur Schubhaftverhängung nicht verständigt. Bei der Einvernahme am 7.3.2012 wurde dem BF mitgeteilt, dass bei der Botschaft der Russischen Föderation um Ausstellung eines Heimreisezertifikats angesucht wird. Und nun sollte der BF nach Georgien abgeschoben werden.

Die belangte Behörde verletzte daher das Parteiengehör.

 

Nach st Rsp des VwGH wird (jedoch) [...] eine in erster Instanz tatsächlich unterlaufene Verletzung des Parteiengehörs durch die Gewährung des Parteiengehörs im Berufungsverfahren    geheilt    (VwGH    15.12.2004, 2001/18/0230). Da der UVS gem. § 83 Abs. 2 Z 2 FPG binnen einer Woche zu entscheiden hat, ist die Gewährung des Parteiengehörs unter Einräumung einer angemessenen Frist nicht möglich. Außerdem ist eine Heilung des Parteiengehörs nur in Verfahren möglich in denen die Rechtswirkungen des mangelhaften erstinstanzlichen Bescheides noch nicht eingetreten sind. Dies bedeutet, die Verletzung des Parteiengehörs kann nur in Verwaltungsverfahren heilen in denen einer Berufung die aufschiebende Wirkung zukommt. Der Schubhaftbescheid entfaltet seine Rechtswirkungen jedoch sofort und es ist somit kein adäquater Rechtsschutz durch die Einräumung des Parteiengehörs in der Beschwerdeinstanz möglich. Weiters kann der UVS nur kassatorisch entscheiden und daher ein Vorbringen des BF im Rechtsmittelverfahren nicht ausreichend berücksichtigen und etwa das Gelindere Mittel gem. § 77 FPG anordnen. Die Verletzung des Parteiengehörs kann daher im Beschwerdeverfahren nicht heilen.

 

Die Schubhaftverhängung und die weitere Anhaltung in Schubhaft sind daher rechtswidrig.

 

  1. Unverhältnismäßigkeit der Haft

 

Art. 1 BVG zum Schutz der persönlichen Freiheit lautet:

 

„(1) Jedermann hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit).

(2) Niemand darf aus anderen als den in diesem Bundesverfassungsgesetz genannten Gründen oder auf eine andere als die gesetzlich vorgeschriebene Weise festgenommen oder angehalten werden.

(3) Der Entzug der persönlichen Freiheit darf nur gesetzlich vorgesehen werden, wenn dies nach dem Zweck der Maßnahme notwendig ist; die persönliche Freiheit darf jeweils nur entzogen werden, wenn und soweit dies nicht zum Zweck der Maßnahme außer Verhältnis steht

(4) Wer festgenommen oder angehalten wird, ist unter Achtung der Menschenwürde und mit möglichster Schonung der Person zu behandeln und darf nur solchen Beschränkungen unterworfen werden, die dem Zweck der Anhaltung angemessen oder zur Wahrung von Sicherheit und Ordnung am Oi1 seiner Anhaltung notwendig sind."

 

Art 1 Abs. 3 BVG zum Schutz der persönlichen Freiheit sieht demnach vor, dass jede Haftverhängung unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit zu prüfen ist. Im konkreten Fall stützt sich die Schubhaft auf §76 Abs. 1 FPG.

 

§ 76 Abs. 1 FPG spricht von „kann“, dies bedeutet, dass nicht automatisch bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 76 Abs. 1 FPG, Schubhaft zu verhängen ist, sondern eine individuelle Prüfung stattzufinden hat. Dies wurde Fall des BF unterlassen.

 

Bereits in seinem Erkenntnis vom 24.06.2006, B 362/06, hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass die gesamte Bestimmung des § 76 FPG im Lichte des aus dem Bundesverfassungsgesetz vom 29.11.1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit erfließenden unmittelbar anwendbaren Gebots der Verhältnismäßigkeit auszulegen ist. Mit Erkenntnis vom 26.08.2010, 2010/21/0234 hat der VwGH bestätigt, dass sich auch im Anwendungsbereich des § 76 FPG die Anordnung von Schubhaft nur dann als zulässig erweist, wenn sie notwendig und verhältnismäßig im Sinne einer ultima ratio ist.

 

Von der Behörde ist daher auch bei der Anwendung des § 76 Abs. 1 FPG zu prüfen, ob die Schubhaft notwendig ist, um eines der oben genannten Verfahren oder die Abschiebung, Zurückschiebung oder Durchbeförderung eines Fremden zu sichern.

 

Genau dies trifft auch im Fall des BF zu; über ihn wurde ohne ausreichende Begründung die Schubhaft angeordnet. Mit der konkreten Situation des BF hat sich die Erstbehörde im angefochtenen Bescheid nicht hinreichend auseinander gesetzt. Der angefochtene Bescheid lässt daher auch eine nachvollziehbare Begründung dahingehend vermissen, weshalb anzunehmen sei, dass die Schubhaft notwendig sei.

 

Bloß allgemeine Annahmen oder Erfahrungswerte, wie die von der Erstbehörde herangezogenen, können nicht genügen, um die Notwendigkeit und die Verhältnismäßigkeit eines Freiheitsentzuges im Einzelfall zu begründen (VfGH 28.09.2004, B 292/04 unter Hinweis auf VfSlg.14.981/1997).

 

Zur Prüfung des Sicherungserfordernisses ist auf alle Umstände des konkreten Falls Bedacht zu nehmen, um die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens, als schlüssig anzusehen. Dabei kommt dem bisherigen Verhalten des Fremden Bedeutung zu (VwGH 27.02.2007, 2006/21/0311), jedoch muss die konkrete Situation des Betroffenen geprüft werden - sogar wenn der Fremde vorher in einem sicheren Drittstaat einen Asylantrag gestellt hat (VfGH 29.09.2004, B 292/04).

 

Aus Gründen des Verhältnismäßigkeitsgebots und wegen der Formulierung des Art 2 Abs 1 Z 7 PersFrG  („um  zu   sichern") kann auch die Ausweisungsabsicht zur Rechtfertigung eines Freiheitsentzuges nur dann hinreichen, wenn die Verhängung der bzw. Anhaltung in Schubhaft tatsächlich notwendig ist, um die Außerlandesschaffung zu sichern.

 

Das erforderliche Sicherungsbedürfnis, weiches die Anordnung von Schubhaft rechtfertigen könnte, liegt beim BF nicht vor.

 

Die Schubhaftverhängung und die weitere Anhaltung in Schubhaft sind daher rechtswidrig.

 

  1. Nichtanwendung des gelinderen Mittels

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 18.05,2001, ZI. 2001/02/0048 ausgesprochen und in ständiger Judikatur bekräftig hat, hat die schubhaftverhängende Behörde die Anwendung des gelinderen Mittels zu prüfen. Dies wurde im konkreten Fall unterlassen.

 

Nunmehr wurde auch die Rechtslage an die Entscheidungspraxis des VwGH angepasst. Das gelindere Mittel hat nach der neuen Regelung des § 77 Abs 1 FPG an die Stelle der Schubhaft zu treten, wenn die Gründe des § 76 vorliegen.

 

Gemäß § 77 Abs 1 FPG hat die Behörde bei Vorliegen der in § 76 FPG genannten Gründe, gelindere Mittel anzuordnen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann.

 

Mangels ausreichender Auseinandersetzung mit der tatsächlichen Situation des BF hat die Erstbehörde auch nicht hinreichend begründet, weswegen in seinem Fall der nach Ansicht der Erstbehörde gegebene Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels nicht erreicht werden könnte.

 

Die Schubhaft ist daher rechtswidrig.

 

Abschließend stellte der Bf folgende Anträge:

 

1.   die Verhängung der Schubhaft und die Anhaltung des BF in Schubhaft für rechtswidrig zu erklären

2.   Kostenersatz im Umfang der anzuwendenden Pauschalersatzverordnung zuzuerkennen sowie

3.   die Eingabegebühr zu ersetzen.

 

3.1. Mit Boten vom 24. September 2013 übermittelte die belangte Behörde den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich und erstattete folgende Gegenschrift:

 

X , Nat. i. A., brachte direkt beim UVS O.Ö. per FAX am 20.09.2013, um 16:27 Uhr – somit außerhalb der Amtsstunden des UVS OÖ - eine  Schubhaftbeschwerde ein.

Die Beschwerde wird somit an den UVS O.Ö. unter Anschluß des Original - Fremdenaktes  per Boten übermittelt.

 

Das erste mit dem Beschwerdeführer (Bf) geführte Asylverfahren (Zl: EDV – 04 03.953) wurde mit Erkenntnis des AGH vom 09.04.2010 rechtskräftig negativ abgeschlossen, wobei die Entscheidung sich auf AsylG 1997 i.d.F. BGBl I 126/2002 stützte, weshalb keine asylrechtliche Ausweisung unter einem verfügt wurde.

 

Nach Abschluß des Asylverfahrens erließ die vormalige BPD Linz gegen den Bf auf Grund mehrerer gerichtlicher Verurteilungen gem. § 60 Abs.1 und 2 FPG 2005 (i.d.damals.g.F.) ein auf 5 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot (Bescheid vom 14.09.2010).

 

Eine Berufung gegen diese Entscheidung wurde vom UVS mit Erkenntnis vom 11.01.2012 als unbegründet abgewiesen und der bekämpfte Bescheid bestätigt.

 

Mit Urteil des LG Linz vom 06.03.2012, Zl.: 23 Hv 8/12t wurde der Bf neuerlich u.a.wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahles durch Einbruch zu einer Freiheitsstrafe von 16 Monaten (unbedingt) r.k. verurteilt.

 

Während der Verbüßung dieser Freiheitsstrafe (incl. 8 Monate Freiheitsstrafe aus Widerruf einer bedingten Strafnachsicht) wurde der Bf fremdenpolizeilich niederschriftlich einvernommen, wobei er behauptete russischer Staatsbürger zu sein und sicher nicht rückkehrwillig zu sein.

 

Letztendlich konnte jedoch die wahre Identität des Bf als georgischer Staatsbürger über die georgische Botschaft geklärt werden, was zur Folge hatte, dass seitens der georgischen Vertretungsbehörde ein HRZ ausgestellt wurde.

 

Am 03.09.2013 wurde der Bf neuerlich in der JA X fremdenpolizeilich einvernommen, wobei er angab, seine jetzige Lebensgefährtin (georgische Staatsangehörige) seit 2007 zu kennen und mit ihr drei gemeinsame Kinder zu haben.

 

Im Sommer 2011 habe er sich für etwa 1 ½ Monate unangemeldet in Italien aufgehalten.

Nach der Rückkehr aus Italien hätte er in einer Wohnung in X unangemeldet gewohnt.

In dieser Zeit hätte er lediglich telef. Kontakt mit seiner Lebensgefährtin gehabt und diese hin und wieder getroffen.

Bei einer Befragung der Lebensgefährtin des Bf am 02.09.2013 gab diese an, von diesem keine Alimente zu erhalten, da dieser nicht gearbeitet hätte.

Vor der Inhaftierung hätte der Bf nicht bei ihr gewohnt, da er untergetaucht gewesen sei.

Erhebungen vor der Festnahme des Bf gem. StPO (am 21.12.2011), ergaben am 27.08.2011 ebenfalls, dass lt. der Lebensgefährtin des Bf, diese mit ihm schon seit ca. 4 Monaten keinen Kontakt mehr gehabt hätte.

Am Tage der Entlassung des Bf aus der Strafhaft aus der JA X ( 10.09.2013 ) wurde über ihn nun die Schubhaft ( Bescheid der belangten Behörde zugestellt am 10.09.2013 ) verhängt ( Bescheid wurde auch an RA zugestellt ).

Dieser Schubhaftbescheid, bezw. die weitere Anhaltung in Schubhaft wurde nun in Beschwerde gezogen. 

 

Zur Schubhaft:

 

Der verfahrensgegenständliche Schubhaftbescheid wurde auf § 76 Abs.1 FPG gestützt, um den zum Zeitpunkt der Inschubhaftnahme, rechtskräftigen und durchsetzbaren Aufenthaltsverbotsbescheid durch die Abschiebung des Bf nach Georgien zu effektuieren. 

Als Abschiebetermin konnte bereits der 15.09.2013 festgelegt und organisiert werden.

Am 12.09.2013 stellte der Bf nun vor Polizeibeamten des PAZ X, in welches er als Schubhäftling eingeliefert worden war, einen (Folge - ) Antrag auf internationalen Schutz.

Noch in Strafhaft befindlich wurde dem Bf durch die belangte Behörde die Mitteilung gem. § 58 Abs.2 FPG nachweislich bereits am 06.09.2013 zugestellt - dies im Sinne des § 12 a Abs.3 AsylG.

 

Da nun seitens des BAA /EAST WEST mit E-mail vom 12.09.2013 anher mitgeteilt wurde, dass vorliegender Folgeantrag kein Fall des § 12a Abs.3 AsylG sei, wurde seitens der Behörde die bereits vorbereitete Abschiebung storniert.

 

Da nach ha. Ansicht sich nun der SH – Tatbestand des § 76 Abs.2  FPG ergab, wurde dies im Akt festgehalten und die LPD Wien ( Fremdenpolizei ) ersucht, den „neuen“ SH – Tatbestand dem Bf ns. zur Kenntnis zu bringen,  was am 13.09.2013 erfolgte – siehe Niederschrift.

Die asylrechtliche Einvernahme des Bf erfolgt am 24.09.2013.

 

Das Ergebnis dieser Einvernahme wird noch am selben Tage vom BAA angefordert werden und an den UVS übermittelt werden.

Zu diesem Zeitpunkt müßte die beabsichtigte weitere Vorgangsweise des BAA bereits bekannt sein – auch dies wird dem UVS umgehend mitgeteilt werden.

 

Nach Ansicht der Behörde hat sich nun der im gegenständlichen, in Beschwerde gezogenen SH – Bescheid, festgestellte hohe Sicherungsbedarf seit der Inschubhaftnahme des Bf in keinster Weise geändert.

 

Es ist weiterhin in hohem Maße begründet davon auszugehen, dass sich der Bf dem anhängigen Asylverfahren, bzw. seiner allfälligen Abschiebung in dessen Heimatland in weiterer Folge entziehen wird, wenn er in Freiheit belassen werden würde.

 

Hat er doch bereits zurückliegend eindeutig gezeigt, dass er keinesfalls gewillt ist, fremdenrechtliche Entscheidungen zu akzeptieren, bezw. diese zu befolgen.

 

Auf Grund aller vorgenannten Umstände und des bisherigen Verhaltens des Beschwerdeführers ergab sich für die Behörde ein derartiger Sicherungsbedarf, der die Verhängung der Schubhaft zwingend rechtfertigte - hier wird  auf die ausführliche Begründung des verfahrensgegenständlichen Schubhaftbescheides verwiesen.

 

Wenn nun der Bf vermeint, dass im Verfahren zur Erlassung des SH – Bescheides das Parteiengehör verletzt worden sei, so wird darauf hingewiesen, dass dem Bf auf Grund der zwei mit ihm durchgeführten fremdenpolizeilichen Einvernahmen während seiner Strafhaft klar sein mußte, dass er nach Haftentlassung in Schubhaft genommen wird , um ihn in sein Heimatland abzuschieben.

Die letzte Einvernahme am 03.09.2013 diente der letzten Überprüfung hinsichtlich Art. 8 EMRK – eine  Rücksprache mit den einvernehmenden Bediensteten der Fremdenpolizei ergab, dass anläßlich dieser Einvernahme kein Parteiengehör hinsichtlich Verhängung der Schubhaft erfolgte.

 

Zur behaupteten Unverhältnismäßigkeit der Haft wird auf die ausführliche Begründung des SH - Bescheides verwiesen, in welcher sich die Behörde ausführlich mit der Nichtanwendung des gelinderen Mittels auseinandergesetzt hat.

 

Dass die Verhängung der Schubhaft und vor allem die weitere Anhaltung in dieser verhältnismäßig ist, zeigt sich auch darin, dass die Behörde den Stand des Asylverfahrens täglich abfragt, um sofort auf Umstände reagieren zu können, welche die Aufhebung der Schubhaft rechtfertigen würden.

 

Hinter dem SH – Tatbestand des § 76 Abs.2 FPG steht nach ha. Ansicht die eindeutige Intention – bei Vorliegen eines entsprechenden erhöhten Sicherungsbedarfes – das Verfahren zur Erlassung einer asylrechtlichen Ausweisungsentscheidung zu sichern, bezw. die daraus resultierende Abschiebung.

 

Gerade Abs.2 Zi 2 leg.cit zeigt deutlich, dass in den Fällen, in denen bereits ex lege das Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde, der Gesetzgeber davon ausgeht, dass hier bereits eine Vorprüfung der Asylbehörde vorliegen muß, welche die Erlassung einer Ausweisung als sehr wahrscheinlich erscheinen läßt - im konkreten Fall wurde seitens der Asylbehörde bereits unverzüglich nach Stellung des (Folge - ) Antrages das Ausweisungsverfahren eingeleitet.

 

Wie sich aus der Begründung des SH – Bescheides ersehen läßt, wurde detailliert ausgeführt, dass die Anordnung eines gelinderen Mittels das grundsätzliche Vertrauen bedingt, dass sich der Betroffene zum Zeitpunkt seiner ( hier in Kürze absehbaren ) Abschiebung der Behörde zur Verfügung halten wird, d.h. auch faktisch greifbar ist.

 

Die Rechtsprechung geht davon aus, dass ein derartiges Vertrauen a priori zunächst vorauszusetzen ist.

 

Die Behörde setzte sich im konkreten Fall nun damit auseinander, warum dem Bf dieses Vertrauen nun eben nicht entgegengebracht werden kann und setzte sich damit auseinander, warum eben beim Bf die Anordnung gelinderer Mittel den von der Behörde festgestellten hohen Sicherungsbedarf nicht abdeckt.

 

Die Zulässigkeit der Maßnahme (Schubhaft)verlangt die Prüfung ihrer Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit, was bedeutet, dass zu deren Beurteilung eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung der Außerlandesschaffung (Aufenthaltsbeendigung) und dem privaten Interesse an der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen ist.

 

Genau diese einzelfallbezogene Abwägung hat die Behörde durchgeführt.

 

In der Begründung des SH – Bescheides wurden bewusst praxis- und realitätsnahe Ansatzpunkte gewählt, um eben theoretische, unrealistische Prognoseentscheidungen zu vermeiden.

Nach ha. Ansicht ergibt sich automatisch aus dem Sinn des Gesetzes, dass, je höher der Sicherungsbedarf ist, desto eher mit Verhängung der Schubhaft vorzugehen ist.

 

Es werden daher die

 

Anträge

 

 

gestellt, der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge

1.       die Beschwerde als unbegründet abweisen, allenfalls zurückweisen;

2.       feststellen, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung des Bf in Schubhaft weiterhin vorliegen

3.       den Beschwerdeführer zum Ersatz der unten angeführten Kosten verpflichten.

 

Ersatz für den Vorlageaufwand der belangten Behörde (Pauschalbeträge)

Ersatz für den Schriftsatzaufwand der belangten Behörde (Pauschalbeträge)

in eventu Ersatz für Verhandlungsaufwand (Pauschalbeträge)

 

Der Beschwerdeführer ist in Schubhaft.

 

3.2. Mit E-Mail vom 24. September 2013, 15.50 Uhr, übermittelte die belangte Behörde die mit dem Bf im Asylverfahren aufgenommene Niederschrift zu AI 13 13.186. Auszugsweise werden folgende Passagen wiedergegeben:

 

V: Sie haben am 08.03.2004 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, der rechtskräftig abgewiesen wurde.

F: Warum stellen Sie einen neuerlichen Antrag?

A: Weil ich dafür einige Gründe habe, die ich nennen möchte. Erstens: Meine Familie und meine Kinder sind hier. Das ist das Wichtigste für mich. Ich habe Fotos mit.

 

[.......]

 

F: Haben Sie seit der ersten Antragstellung Österreich verlassen?

A: Ja, vor kurzem. Vor 1,5 Monaten. Das habe ich aber gesagt, ich war in Italien.

 

F: Warum sind Sie mehrmals von Österreich nach Italien gereist?

A: Mehrmals nach Italien? Ich war dort nur ein Mal. Das müsste 2006 oder 2007 gewesen sein. Da bin ich auch aus Versehen nach Italien gereist und nach 2 oder 3 Stunden war ich wieder hier. Dann saß ich auch in Schubhaft. Ich habe mich damals verfahren.

 

F: Warum reisten Sie nach Italien?

A: Ich hatte Angst, dass ich abgeschoben werde. Ich fuhr nach Italien und etwas Geld zu verdienen. Ich habe dort ein wenig Schwarzarbeit gemacht. Mit diesem Geld wollte ich meine Familie ernähren. Und ich kehrte wieder zurück. Das war es.

 

[......]

 

F: Warum stellten Sie den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz erst, nachdem Sie von der Strafhaft in Schubhaft genommen wurden und Ihnen mitgeteilt wurde, dass Ihre Abschiebung am 15.09.2013 stattfinden wird?

A: Am 10.09.2013 hätte ich entlassen werden sollen. Und erst am letzten Tag der Entlassung wurde mir die Abschiebung mitgeteilt. Ich hatte 5 Tage Zeit, was hätte ich denn machen sollen.

 

F: Bereits am 06.03.2012 gaben Sie gegenüber dem Richter des Landesgerichts Linz bei der Verhandlung, Zahl: 23 Hv 8/121, an, dass Sie sofort einen Antrag auf internationalen Schutz wieder stellen werden. Was sagen Sie dazu?

A: Daran kann ich mich nicht erinnern. Was ist daran schon schlimm einen Antrag zu stellen.

 

F: Wie konnten Sie sich den Lebensunterhalt in Österreich seit rechtskräftigem Abschluss Ihres Erstasylverfahrens finanzieren?

A: Meine Frau hat mich unterstützt, sie hat gearbeitet.

 

F: Haben Sie Ihre Lebensgefährtin bereits unterstützt?

A: Ich helfe im Haushalt.

 

F: Bezahlen Sie Alimente?

A: Nein, von welchem Mittel denn.

 

Mit E-Mail vom 24. September 2013, 15.56 Uhr, übermittelte die belangte Behörde einen Aktenvermerk. Darin ist festgehalten, dass das Bundesasylamt die Erlassung eines Zurückweisungsbescheides gemäß § 68 AVG beabsichtigt.

 

3.3. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass der Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt ist, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 83 Abs. 2 FPG abgesehen werden konnte.

 

3.4. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem – im Übrigen vom Bf nicht substantiell widersprochenen - unter den Punkten 1., 2., 3.1. und 3.2. dieses Erkenntnisses dargestellten entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus.

 

3.4.1. Ergänzend sind folgende Feststellungen zu treffen:

 

3.4.1.1. Am 2. September 2013 sagte die „Lebensgefährtin“ des Bf gegenüber einem Beamten der belangten Behörde aus, dass sie den Bf ein- bis zweimal in der Woche in der JA besucht habe. Alimente bekomme sie keine, da der Bf nicht arbeite. Vor der Haft habe er nicht bei ihr gewohnt, da er untergetaucht war. Nach der Haftentlassung wolle er bei ihr wohnen.

 

3.4.1.2. In der Hauptverhandlung am 6. März 2012, Zl. 23 Hv 8/12t, hat der Bf vor dem Landesgericht Linz zu den persönlichen Verhältnissen befragt wie folgt ausgeführt:

 

Ich war zur Zeit meiner Festnahme illegal in Österreich aufhältig und hatte keinen festen Wohnsitz und nirgends gemeldet.

 

Auf die Frage, ob ich einen Aufenthaltstitel durch das Bundesasylamt habe:

Im Jahr 2009 habe ich vom Bundesasylamt Bescheid bekommen, und seither habe ich keine Sozialversicherung.

Ich bin im Jahr 2004 nach Österreich gekommen. Seit dieser Zeit war ich immer in Österreich, nur einmal für 2 Monate in Italien. Das war im Jahr 2011, und zwar im April oder Mai. In habe dort von Schwarzarbeit gelebt. In Österreich habe ich nie gearbeitet.

 

Auf die Frage, ob ich einmal Geld von der öffentlichen Hand bekommen habe:

Nein. Meine Lebensgefährtin hat mich unterstützt, und zwar ist dies X, geb. X in Georgien, wohnhaft in X, sie befindet sich im Verhandlungssaal.

 

Auf die Frage, ob ich vor meiner Verhaftung illegal, und zwar in der zweiten Hälfte des Jahres 2011 bei meiner Lebensgefährtin gewohnt habe:

Nein, ich habe auf der Straße gelebt.

 

Auf die Frage, seit wann X meine Lebensgefährtin ist:

Seit 2007.

 

Auf Vorhalt, dass sie mich dann auf der Straße leben lässt:

Seit 2007 hatte ich eine eigene Adresse. Wir waren zusammen, ich habe aber nicht bei ihr gewohnt.

 

Auf Vorhalt, dass es naheliegend wäre, dass ich bei meiner Lebensgefährtin gewohnt hätte und die Frage, wie das dann eine Lebensgemeinschaft sein kann:

Bis 2009 hatte ich eine Adresse in der X, und zwar bei meiner Lebensgefährtin. 2009 wurde das Asylverfahren abgeschlossen.

 

Auf die Frage, was das Ergebnis des Asylverfahrens war:

Seit 2009 bin ich illegal in Österreich und unsteten Aufenthaltes. Die Schule habe ich in Georgien besucht, und zwar 11 Jahre Grundschule. Berufsausbildung habe ich keine. In meiner Heimat habe ich ein Haus in dem meine Mutter wohnt.

Ich habe zwei Kinder und meine Lebensgefährtin ist gerade schwanger.

 

Auf Vorhalt, wieso ich dann bei der Polizei angegeben habe, dass ich keine Sorgepflichten habe:

Weil ich keine Sozialhilfe habe. Die Kinder leben bei der Mutter in der X, bei meiner Lebensgefährtin. Die Kinder sind 2 und 1 Jahr alt und heißen X und X.

 

Auf die Frage, wieso ich dann nicht in Österreich gemeldet bin, wenn ich eine Lebensgefährtin und zwei Kinder habe:

Bei meiner Lebensgefährtin war die Fremdenpolizei. Was sie besprochen haben, weiß ich nicht. Das kann ihnen meine Lebensgefährtin sagen.

 

3.4.1.3. Während der Strafhaft klärte die belangte Behörde die Identität des Bf und beantragte die Neuausstellung eines Heimreisezertifikates (ONr 99; 27. August 2013). Am 3. September 2013 wurde der belangten Behörde das Heimreisezertifikat in Form einer Kopie übermittelt und die Flugrückführung für den 15. September 2013 in die Wege geleitet (ONr 113 und 114).

Die nachweisliche Verständigung von der bevorstehenden Abschiebung erfolgte am 6. September 2013. Der Bf hat sich geweigert, die Übernahme zu bestätigen (ONr 120).

 

3.4.1.4. Auszug aus der Erstbefragung „Folgeantrag“ nach dem AsylG durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 12. September 2013:

 

5. Sie haben in Österreich bereits unter der Zahl 0403.953 einen Asylantrag gestellt, welcher bereits entschieden wurde. Haben Sie sei dieser Entscheidung Österreich verlassen?

Ja.

 

Aus welchem Grund?

Weil ich mich vor einer Abschiebung von der österreichischen Behörde nach Georgien fürchtete, habe ich im Jahr 2011 Österreich verlassen.

 

Wo haben Sie sich in dieser Zeit aufgehalten?

Ich bin im Jahre 2011 mit dem Zug nach Italien gereist. Ich habe anschließend eineinhalb Monate in Venedig gelebt. Danach kehrte ich glaublich im Mai 2011, mit dem Zug nach Österreich zurück. Seit dieser Einreise bin ich ständig in Österreich aufhältig und habe in X gewohnt. Zuletzt wohnte ich an der Adresse X. Seit 21.12.2011 befinde ich mich durchgehend in Haft.

 

Warum sind Sie nach Österreich zurückgekehrt?

Ich bin wegen meiner Frau und unseren 3 Kindern nach Österreich zurückgekehrt.

[Anmerkung: das 3. Kind wurde erst am 24. Juli 2012 geboren]

 

Warum stellen Sie erst jetzt einen (neuerlichen) Asylantrag?

Auf Anraten meines Anwaltes, der mir vor ca 1 bis 2 Monaten sagte, dass ich meine Aufenthaltserlaubnis verliefen würde, suchte ich heut um Asyl an.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1.1. Gemäß § 83 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. Nr. 68/2013, ist zur Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 82 Abs. 1 Z. 2 oder 3 der Unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel die Behörde ihren Sitz hat, welche die Anhaltung oder die Schubhaft angeordnet hat. In den Fällen des § 82 Abs. 1 Z. 1 richtet sich die Zuständigkeit nach dem Ort der Festnahme.  

 

Gemäß § 82 Abs. 1 FPG hat der Fremde das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

1.   wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.   wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde, oder

3.   wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs. 4 FPG hat der Unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

4.1.2. Es ist unbestritten, dass der Bf auf Grund des in Rede stehenden Bescheides der belangten Behörde vom 10. September 2013 bis dato in Schubhaft angehalten wird, weshalb der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung berufen ist.

 

Nachdem sich der Bf zur Zeit der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates noch in Schubhaft befindet, war gemäß § 83 Abs. 4 FPG eine umfassende Prüfung der Anhaltung vorzunehmen.

 

4.2. Gemäß § 76 Abs. 1 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Gemäß § 76 Abs 2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zweck der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

  1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;
  2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;
  3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§ 53 oder 54) oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§ 60) verhängt worden ist oder
  4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Die Schubhaft ist nach § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

 

Stellt ein Fremder während der Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf Internationalen Schutz, so kann gemäß § 76 Abs. 6 FPG diese aufrechterhalten werden. Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 vor, gilt die Schubhaft als nach Abs. 2 verhängt. Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anordnung der Schubhaft gemäß Abs. 2 ist mit Aktenvermerk festzuhalten.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat die Behörde bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z. 1.

 

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung,

1. in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2. sich in periodischen Abständen bei einem Polizeikommando zu melden oder

3. eine angemessene finanzielle Sicherheit bei der Behörde zu hinterlegen.

 

4.3. Im vorliegenden Fall ist völlig unbestritten, dass der Bf vor der Schubhaftverhängung seit Dezember 2011 in Strafhaft angehalten wurde.

 

Zu Recht ist die belangte Behörde davon ausgegangen, dass zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung Gefahr im Verzug nicht vorgelegen ist und der Schubhaftbescheid daher nicht auf § 57 AVG gestützt werden kann.

 

Die belangte Behörde hat zwar in vorbildlicher Weise die Zeit in der Strafhaft genutzt und die erforderlichen Dokumente besorgt, damit die nachfolgende Schubhaft so kurz als möglich gehalten werden kann. Darüber hinaus wäre sie aber verpflichtet gewesen im Vorfeld der Erlassung des Schubhaftbescheides ein rechtskonformes Ermittlungsverfahren zu führen. Dies beinhaltet, dass das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens dem Bf im Rahmen des ihm zustehenden Parteiengehörs zur Kenntnis zu bringen ist, um die rechtzeitige Wahrnehmung seiner Rechtsschutzbehelfe, die ihm nach Erlassung des Bescheides zustehen, nicht zu vereiteln.

 

Dass dies der belangten Behörde nicht möglich gewesen wäre oder dass sich die Notwendigkeit der Schubhaft erst mit der Erlassung aus der Strafhaft ergeben hätte, lässt sich weder dem bekämpften Bescheid noch den Verwaltungsakten entnehmen. Die belangte Behörde hat den Bf zweimal niederschriftlich befragt (7. März 2012 und am 3. September 2013); bei der letzten Befragung wurde ausschließlich eine Überprüfung nach Art. 8 EMRK vorgenommen, Parteiengehör wurde dem Bf dabei – wie in der Gegenschrift dargelegt - nicht gewährt.

 

Zutreffend ist der Bf davon ausgegangen, dass die belangte Behörde das Parteiengehör verletzt hat und dieser wesentliche Verfahrensmangel im „Schubhaftverfahren“ nicht geheilt werden kann.

 

Aus diesem Grund war der Schubhaftbescheid für rechtswidrig zu erklären. Dieser Abspruch bedingt, dass auch die weitere Anhaltung des Bf (bis zur Erlassung eines neuen Titelbescheides) mit Rechtswidrigkeit belastet ist.

 

4.4. Da die Anhaltung noch andauert, hat der Oö. Verwaltungssenat festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

 

4.4.1. Die Berufung gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 14. September 2010 (auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot) wies der Oö. Verwaltungssenat mit Erkenntnis vom 11. Jänner 2012 als unbegründet ab (Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot).

 

Am 12. September 2013 hat der Bf neuerlich einen Asylantrag gestellt (AI 13 13.1896). Seit 12. September 2013 gilt das Ausweisungsverfahren als ex lege eingeleitet (AI/DGA Eintragung vom 12. September 2013).

 

Es liegen somit grundsätzlich die Voraussetzungen des § 76 Abs. 2 Z 2 und Z 3 FPG vor.

 

4.4.2. Aus der "Kann-Bestimmung" des § 76 Abs. 2 FPG wird deutlich, dass es sich bei der Verhängung der Schubhaft um eine Ermessensentscheidung handelt. Es müssen daher im konkreten Fall Umstände in der Person des Bf gelegen sein, die erwarten lassen, dass er sich dem Verfahren gemäß § 76 Abs. 2 FPG entziehen wird. Dabei sind diese Umstände nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs – wie wiederum in der Beschwerde mit zahlreichen Belegstellen zu Recht ausgeführt wird – nicht isoliert voneinander, sondern in Zusammenschau und unter Erstellung einer Einzelfallprüfung zu betrachten.

 

4.4.3. Unstrittig wurde gegen den Bf vor der Stellung des Asylantrages eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung erlassen. Ebenso ist unbestritten, dass gegen den Bf am 12. September 2013 ein Ausweisungsverfahren nach den Bestimmungen des AsylG eingeleitet worden ist.

 

Die maßgeblichen Voraussetzungen für weitere Anhaltung in Schubhaft liegen vor und diese kann auf § 76 Abs. 2 Z 2 und Z 3 FPG gestützt werden.

 

Ursprünglich hat die belangte Behörde die Schubhaft ausschließlich zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

 

Auf „Anraten seines Anwaltes“ (ONr 148) hat der Bf am 12. September 2013 einen Asylfolgeantrag gestellt und die belangte Behörde konnte die für 15. September 2013 vorgesehene Abschiebung in den Herkunftsstaat nicht mehr durchführen.

 

Bedingt durch diese vom Bf herbeigeführte wesentliche Sachverhaltsänderung gilt es nun neben der Sicherung der Abschiebung auch das Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG zu sichern.

 

4.4.4.1. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs verlangt die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit einer Schubhaft nach § 76 Abs. 2 FPG eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Außerlandesschaffung und dem privaten Interesse an der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen. Dabei ist der Frage nach dem Sicherungsbedürfnis nachzugehen, was die gerechtfertigte Annahme voraussetzt, der Fremde werde sich dem Verfahren oder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen oder diese Maßnahmen zumindest wesentlich erschweren.

 

In der neueren Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs vermag die fehlende Ausreisewilligkeit eines Fremden für sich allein die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung nicht zu rechtfertigen. Deshalb kann auch die Nichtbefolgung eines Ausreisebefehls die Schubhaft noch nicht rechtfertigen. Es ist nämlich in einem zweiten Schritt die Frage des Bestehens eines Sicherungsbedarfes zu prüfen, der insbesondere im Fall mangelnder sozialer Verankerung im Inland in Betracht kommt. Dabei hat der Verwaltungsgerichtshof auch schon mehrfach betont, dass in Bezug auf die Annahme eines Sicherungsbedarfes aus Überlegungen zu einem strafgerichtlichen Verurteilungen zugrundeliegenden Fehlverhalten alleine nichts zu gewinnen sei.

 

Überdies ist nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs beim Sicherungserfordernis die konkrete Situation des Beschwerdeführers (Einzelfallprüfung) zu prüfen. Deswegen verbietet sich auch ein Abstellen auf allgemeine Erfahrungen im Umgang mit Asylwerbern oder aus anderen Fällen.   

 

So hat der Verwaltungsgerichtshof zunächst wiederholt ausgesprochen, dass die bloße Nichtbefolgung eines Ausreisebefehls die Schubhaft nicht zu rechtfertigen vermag, sondern der Sicherungsbedarf müsse in weiteren Umständen begründet sein, wofür etwa eine mangelnde soziale Verankerung in Österreich in Betracht komme (Hinweis auf VwGH vom 28.05.2008, Zl. 2007/21/0246). Für die Bejahung des Sicherungsbedarfs im Anwendungsbereich des § 76 Abs. 1 FPG komme daher insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, welche das befürchtete Risiko des Untertauchens rechtfertigen können. Abgesehen von der Integration des Fremden sei bei Prüfung des Sicherungsbedarfs auch das bisherige Verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen (Hinweis auf VwGH 27.02.2007, Zl. 2006/21/0311; VwGH je vom 28.06.2007, Zl. 2006/21/0091 und Zl. 2006/21/0051). Auch wenn Gründe der öffentlichen Ordnung und Sicherheit nach dem Gesetz keinen tauglichen Schubhaftzweck darstellen (vgl etwa VwGH 31.08.2006, Zl. 2006/21/0087; VwGH 27.02.2007, Zl. 2006/21/311) kann der Verurteilung eines Fremden im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung Bedeutung zukommen. Eine erhebliche Delinquenz des Fremden kann das Gewicht des öffentlichen Interesses an der Effektivität seiner baldigen Abschiebung - in Abhängigkeit von der Schwere der Straftaten - maßgeblich vergrößern.

 

4.4.4.2. Unstrittig hält sich der Bf seit der Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (verbunden mit dem Einreiseverbot) im Jänner 2012 nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf.

 

Wie sich aus der Aktenlage – und in der Beschwerdeschrift unwidersprochen geblieben – ergibt, hat der Bf bereits Anfang 2011 gefürchtet, von der Fremdenpolizei nach Georgien abgeschoben zu werden (ONr 148) und sich deshalb vorübergehend nach Italien (Venedig) abgesetzt. Zur Rückkehr nach Österreich will sich der Bf entschlossen haben, da ihm die Lebensgefährtin und seine 3 Kinder gefehlt hätten. Dazu ist anzumerken, dass das dritte Kind 2012 geboren ist. Dieses Vorbringen ist auch aus einem weiteren Grund wenig glaubhaft, da der Bf nach der Rückkehr bis zur Verhaftung im Dezember 2011 nicht bei „seiner Familie“ gewohnt sondern sich im X Raum im Untergrund aufgehalten hat. In der Hauptverhandlung im März 2012 hat der Bf ausgesagt, dass er zur Zeit der Festnahme keinen festen Wohnsitz in Österreich gehabt habe und nirgends gemeldet gewesen sei. Er habe auf der Straße gelebt und sei von seiner Lebensgefährtin unterstützt worden. Abgesehen davon, dass der Bf mit der „Lebensgefährtin“ mittlerweile drei gemeinsame Kinder hat, konnte er vor Gericht und auch in der Folge nicht einmal ansatzweise darlegen, dass es sich bei dieser Beziehung um eine „Lebensgemeinschaft“ handelt. Dass es sich bei dieser Beziehung um eine äußerst lose handelt, kommt auch in der niederschriftlichen Befragung am 3. September 2013 (ONr 109) zum Ausdruck. Demnach hatte der Bf nach seiner Rückkehr nur fallweise außerhalb der Wohnung Kontakt (Telefon; hin und wieder ein Treffen).

 

Aus diesem Verhalten ist eindeutig abzuleiten, dass der Bf alles denkmögliche unternommen hat, um fremdenpolizeiliche Maßnahmen zu unterlaufen.

 

Bedingt durch die Strafhaft war dem Bf ein Untertauchen nicht möglich. Wie der weitere Ablauf zeigt, konnte der Bf die unmittelbar bevorstehende Abschiebung auf Anraten seines Rechtsanwaltes nur mittels einer weiteren Asylantragsstellung verhindern. Begründet wurde der Asylfolgeantrag mit den alten Asylgründen (ONr 148). Obwohl die Asylantragsstellung bereits kurz nach der Verhaftung in Aussicht gestellt worden war, hat der Bf aus verfahrenstaktischen Gründen bis kurz vor die bevorstehende Abschiebung zugewartet. Wie der Niederschrift im Asylverfahren und dem Aktenvermerk der belangten Behörde vom 24. September 2013 zu entnehmen ist, beabsichtigt das Bundesasylamt die Zurückweisung des Asylantrages wegen entschiedener Sache. Daraus ist zu ersehen, dass der Bf an einem inhaltlich geführten Asylverfahren kein Interesse zeigt und nur an einem Weiterverbleib in Österreich interessiert ist.

 

Trotz der zahlreichen rechtskräftigen Verurteilungen zeigt der Bf keine nennenswerte Einsicht. Begründet werden die Vergehen und Verbrechen damit, dass er über keine Arbeitserlaubnis verfügt und eben Fehler gemacht habe. Jetzt habe er eine Familie. Die mangelnde Glaubhaftigkeit dieser Aussage zeigt sich schon darin, dass jene Taten, die zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 16 Monaten geführt haben, im Jahr 2011, also zu einem Zeitpunkt vom Bf gesetzt wurden, als er schon den Großteil der „Familie“ hatte.

 

Selbst wenn man vom Vorliegen „familiärer“ Anknüpfungspunkte im Inland ausgehen würde, lassen diese nicht den Schluss zu, dass sich der Bf den Fremdenbehörden zur Verfügung halten werde. Gerade sein Verhalten in der Vergangenheit hat erkennen lassen, dass er dann, wenn er subjektiv der Ansicht ist, dass eine Abschiebung unmittelbar bevorsteht, alles unternimmt (auch die kurzfristige Ausreise in einen anderen Staat), um die fremdenbehördlichen Maßnahmen zu unterlaufen. Schon das bekannte Vorgehen begründet eindeutig einen sehr hohen Sicherheitsbedarf. Die relevanten Umstände haben sich nicht geändert. Trotz des frühen Stadiums des Asylverfahrens ist zeitnah mit einer Außerlandesschaffung des Bf - und daher in Freiheit belassen mit seinem Untertauchen in der Illegalität - zu rechnen. Verstärkt wird dieser Sicherungsbedarf durch die erhebliche Delinquenz des Bf, die besonders intensiv zu Tage trat, als sich der Bf im Untergrund aufgehalten hat.

 

Da das vorliegende Sicherungsbedürfnis als derart hoch zu bewerten ist, ist die Anwendung gelinderer Mittel ausgeschlossen. Der Bf wird voraussichtlich weiterhin alles unternehmen, um die Abschiebung zu vereiteln. Durch das schon bisher unkooperative Verhalten des Bf ist nicht damit zu rechnen, dass er sich freiwillig zur Verfügung halten werde.

 

Die Wahrscheinlichkeit des Untertauchens rechtfertigt eine Ermessensübung dahin, die Schubhaft anstelle gelinderer Mittel zu verhängen.

 

4.4.4.3. Die Verhängung der Schubhaft ist demnach zweifellos auch verhältnismäßig, denn dem Recht des Bf auf Schutz der persönlichen Freiheit steht das dieses im vorliegenden Fall fraglos überwiegende Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen und damit am Schutz und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gegenüber. Um diese Ziele zu gewährleisten, war der Eingriff in das Recht des Bf auf den Schutz der persönlichen Freiheit notwendig.

 

Der Schutz des Privat- und Familienlebens gemäß Art 8 EMRK kann im vorliegenden Fall ebenfalls nicht schlagend in Anwendung gebracht werden. Abgesehen davon, dass dieses nicht einmal in der Beschwerde angesprochen wurde, haben die Aussagen des Bf vor Gericht und der belangten Behörde aufgezeigt, dass - abgesehen von der Vaterschaft des Bf - ein Familienleben nicht einmal ansatzweise besteht. Wie oben ausgeführt, haben sich die Kontakte auf Telefonate und zufällige Treffen beschränkt. Beziehungen zu den Kindern wurden vom Bf nicht angesprochen.

 

Abgesehen vom vorliegenden konkreten und hohen Sicherungsbedürfnis ist die Anhaltung in Schubhaft auch verhältnismäßig und das Ziel erreichbar.

 

4.4.4.4. Gemäß § 80 Abs. 1 FPG ist die Behörde verpflichtet darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf solange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

 

Gemäß § 80 Abs. 2 FPG darf die Schubhaftdauer grundsätzlich

1. zwei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen verhängt wird;

2. vier Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, verhängt wird und kein Fall der Abs 3 und 4 vorliegt.

 

Wie aus den getroffenen Feststellungen hervorgeht, hat die belangte Behörde darauf hingewirkt, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert.

 

Im vorliegenden Fall wird die Schubhaft etwas mehr als zwei Wochen aufrechterhalten. Weder aus dem Vorbringen des Bf noch aus der Aktenlage ist zu ersehen, dass die belangte Behörde ihrer Verpflichtung, die Schubhaft so kurz wie möglich zu gestalten, nicht nachgekommen wäre.

 

Der Oö. Verwaltungssenat kann keine aktenkundigen Anhaltspunkte erkennen, wonach es auf Grund fremdenpolizeilicher Versäumnisse zu unangebrachten Verzögerungen gekommen wäre.

 

Die hervorgekommenen Verzögerungen hat ausschließlich der Bf zu vertreten. Mit der Asylantragstellung hat der Bf ein rechtliches Hindernis geschaffen, das es der belangten Behörde vorerst nicht ermöglicht, die Abschiebung des Bf durchzusetzen. Dass der Bf damit nur Zeit gewinnen wollte, ergibt sich klar aus den im Asylverfahren angefertigten Protokollen. Anschaulich sind die Begründung des Asylfolgeantrages und dessen Motivation.

 

Der aus der Sicht des Bf geschickt gewählte Zeitpunkt der Asylantragstellung ändert nichts an der Zulässigkeit der Maßnahme.

 

Vor der Stellung des Asylfolgeantrages lag eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung vor. Die Anhaltung des Bf ist weiterhin notwendig und verhältnismäßig um zumindest das Verfahren zur Erlassung einer asylrechtlichen Ausweisung zu sichern, da aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes nach wie vor zu befürchten ist, dass sich der Bf den fremdenpolizeilichen Maßnahmen entziehen werde, sollte er sich in Freiheit befinden. Da in der gegebenen Situation von einem hohen Sicherungsbedarf auszugehen ist, kommt beim Bf auch ein gelinderes Mittel nach § 77 FPG nicht in Betracht, zumal der Zweck der Schubhaft damit nicht erreichbar ist.

 

Im Ergebnis ist festzustellen, dass die maßgeblichen Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Entscheidungszeitpunkt vorliegen.

 

 

5. Nach § 79a Abs. 1 AVG 1991 iVm § 83 Abs. 2 FPG hat die im Verfahren nach  § 67c AVG obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wird die Beschwerde zurückgewiesen oder zurückgezogen oder abgewiesen, dann ist die belangte Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei (§ 79a Abs. 3 AVG).

 

Der Beschwerdeführer hat nur teilweise obsiegt.

 

Ein Kostenersatz findet in diesem Fall nicht statt, weil eine analoge Anwendung des § 50 VwGG nicht in Betracht kommt (vgl.  Erkenntnisse des VwGH vom 31. Jänner 2013, Zl. 2008/04/0216 und vom 28. Februar 1997, Zl. 96/02/0481) und § 79a Abs. 2 AVG nur bei gänzlichem Obsiegen anzuwenden ist (vgl. das  Erkenntnis des VwGH vom 5. September 2002, Zl. 2001/02/0209).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in der Höhe von 18,20 Euro (Eingabe- gebühr) angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Mag. Stierschneider

 

 

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