Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150991/8/Re/CG

Linz, 03.10.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung des Herrn x, vertreten durch Rechtsanwalt x, vom 2. Oktober 2012 gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 12. September 2012, GZ 0045031/2011,  wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24, 44 a, 45 Abs. 1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 VStG i.V.m. §§ 66 Abs. 4 allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG

zu II: §§ 64 Abs. 1 und 2 und 65 VStG

 

Entscheidungsgründe:

1.           Der Bürgermeister des Landeshauptstadt Linz hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis über den Berufungswerber (in Folge: Bw) eine Geldstrafe in der Höhe von 300 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit derselben eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 34 Stunden verhängt, weil er als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen x (A) am 6. August 2011 um 06:45 Uhr die A7, Mautabschnitt Linz Wiener Straße – Linz VOEST, km 7,807 (mautpflichtige Bundesstraße A, Bundesautobahn) benützt hat, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben.

Der Spruch zitiert weiters die Bestimmung des Bundesstraßen-Mautgesetzes, wonach die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t beträgt, einer fahrleistungsabhängigen Maut unterliegt. Als verletzte Verwaltungsvorschriften werden §§ 6, 7 Abs.1 und 20 Abs.2 Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 (BStMG) zitiert. Begründend wird auf die zuvor mit gleichem Tatvorwurf ergangene Strafverfügung vom 2. November 2011 verwiesen sowie weiters das Vorbringen des Beschuldigten im dagegen eingebrachten Einspruch sowie die Äußerung der ASFINAG lt. Schreiben vom 18. April 2012 im Wesentlichen wiedergegeben. Nach Zitierung der anzuwendenden Rechtsvorschriften kommt die belangte Behörde zur objektiven Erfüllung des Tatbestandes sowie auch zur subjektiven Zurechenbarkeit. Strafmildernd wurde die Unbescholtenheit gewertet, straferschwerend kein Umstand.

 

2.           Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bestrafte innerhalb offener Frist Berufung eingebracht. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, die im Straferkenntnis angeführte umfassende Stellungnahme der ASFINAG vom 18. April 2012 welche in der Begründung des bekämpften Straferkenntnisses herangezogen wird, wurde ihm vor Erlassung des Straferkenntnisses nicht zur Kenntnis gebracht. Im Übrigen wurde der der Zulassungsbesitzerin des Fahrzeuges zugekommenen Aufforderung zum altersbedingten Austauschen der GO-Box Folge geleistet und zwar am 6. August 2011, 13.42 Uhr. Wissend, dass dies der Tag sei, an dem die Gültigkeitsdauer der GO-Box bereits abgelaufen war, seien allenfalls nicht abgebuchte Mauten nachbezahlt worden. Bei der Bezahlung sei nicht mitgeteilt worden, dass weitere nichtbezahlte Mautabschnitte nicht nachbezahlt werden könnten. Es gäbe keinen Anlass, lediglich Mautabschnitte ab 08.18 Uhr nachzubezahlen und die anderen hingegen nicht, dies vor dem Hintergrund, dass die Mautabschnitte vom Arbeitgeber zu bezahlen waren. Lt. vorgelegter sei wurde die Nachzahlung um 13.42 Uhr vorgenommen worden. Er weise keine Vorstrafen auf, weshalb die Verhängung einer hohen Geldstrafe nicht erforderlich sei. Dies auch vor dem Hintergrund, dass er am 6. August 2011 in Folge des Austausches der GO-Box auch zur Bezahlung aller der an diesem Tag nicht bezahlten Mautabschnitte bereit gewesen sei. Beantragt werde die Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung, das Aufheben des Straferkenntnisses, die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu das Aussprechen einer Ermahnung, in eventu die Herabsetzung der Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe auf die Hälfte der Mindeststrafe.

 

3. Das Magistrat Linz hat diese Berufung samt bezughabendem Verwaltungsakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser aufgrund der Tatsache, dass keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung entfällt gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG, weil bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist. 

 

4. Erwägungen der Berufungsbehörde:

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensstrafakt der belangten Behörde. Demnach wurde das Verfahren mit einer Anzeige der ASFINAG Maut Service GmbH vom 11.10.2011 mit der Geschäftszahl x und unter Hinweis auf das Kennzeichen x, bezogen auf den 6. August 2011 um 06.45 Uhr und die mautpflichtige Bundesstraße A7, Mautabschnitt Linz, Wiener Straße – Linz VOEST, km 7,807, eingeleitet wurde. Demnach wurde die Verwaltungsübertretung von der automatischen Kontrolleinrichtung des Mautsystems Österreich erkannt und im System unter der Deliktnummer x registriert. Kennzeichen- und Überblicksbilder aus der automatischen Überwachung können abgerufen werden. Der Zulassungsbesitzer wurde zunächst schriftlich zur Zahlung der Ersatzmaut aufgefordert, dieser Aufforderung wurde jedoch nicht entsprochen, weshalb die Anzeige an die tatortzuständige Bezirksverwaltungsbehörde erfolgte. Die Lenkererhebung im Wege des Zulassungsbesitzers ergab den Berufungswerber als Lenker zur Tatzeit. Bereits die in der Folge ergangene Strafverfügung vom 02.11.2011 wirft dem Berufungswerber vor, als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen x die mautpflichtige Bundesstraße A, Bundesautobahn, A7, Mautabschnitt Linz – Wiener Straße – Linz VOEST, am 06.08.2011 um 06.45 Uhr bei km 7,807 benützt, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben. Nach Einbringung eines Einspruches durch die Rechtsvertretung des Berufungswerbers und Einholung einer ergänzenden Äußerung der ASFINAG AG erging das nunmehr angefochtene Straferkenntnis mit demselben Tatvorwurf und in Bezug auf §§ 6, 7 Abs.1 und 20 Abs.2 Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 (BStMG).

 

Gemäß § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Gemäß § 8 Abs. 2 BStMG haben sich Lenker bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden.

 

Gemäß § 20 Abs. 2 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 Euro bis 3000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, unter anderen die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Danach ist es im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täter und Tatumstände so genau zu umschreiben, dass zum einen die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und zum anderen die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht (vergl. Erkenntnis des verstärkten Senates des VwGH vom 13.6.1984, Slg. Nr.11466/A, sowie VwGH 13.9.1999, 98/09/0084).

Demnach sind zum einen entsprechende, dh in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Zum anderen nämlich in Bezug auf das unverwechselbare Festhalten der Identität der Tat, muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Das bedeutet, dass die den Beschuldigten vorgeworfene Tat unverwechselbar konkretisiert sein muss, damit dieser in die Lage versetzt wird, auf den Vorwurf entsprechend zu reagieren und damit sein Rechtsschutzinteresse zu wahren.

 

Dass es im Bescheidspruch zufolge der Z1 des § 44a VStG der Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift (Z2) erforderlich sind, bedarf, bedeutet, dass es nicht ausreicht, den bloßen Gesetzeswortlaut unter Anführung der Tatzeit und des Tatortes wiederzugeben, sondern dass die Tat entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Falles zu individualisieren ist, wobei der Umfang der notwendigen Konkretisierung vom einzelnen Tatbild abhängt (siehe dazu Hauer/Leukauf, aaO, Seite 1522).

 

Insbesondere unter diesem zuletzt genannten Aspekt in Bezug auf die erforderliche Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale zur Individualisierung und Konkretisierung des Tatvorwurfes ist festzustellen, dass dem Berufungswerber im gegenständlichen Fall innerhalb der Verjährungsfrist ausschließlich das Lenken eines Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen x am Tattag zur Tatzeit am Tatort vorgeworfen wird. Dem direkten Schuldvorwurf ist jedoch nicht zu entnehmen, ob es sich bei dem Kraftfahrzeug, dessen Lenken vom Berufungswerber unstrittig ist, um ein solches mehrspuriges Kraftfahrzeug handelt, welches ein höchstes zulässiges Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen aufweist. Hingegen ist das Tatbestandsmerkmal „höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen“ im bekämpften Straferkenntnis lediglich in der zitierten Gesetzesstelle zu lesen, jedoch reicht diese bloße Zitierung der Gesetzesstelle, der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgend, in Bezug auf wesentliche Tatbestandsmerkmale als Tatvorwurf nicht aus.

 

Da das Straferkenntnis nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist ergangen ist, war es dem Unabhängigen Verwaltungssenat als Berufungsbehörde nicht möglich, den Tatvorwurf dahingehend zu konkretisieren bzw. zu vervollständigen.

 

Der Berufung war daher zusammenfassend aus all diesen Gründen und somit  insgesamt aufgrund der dargestellten Sach- und Rechtslage Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

 

 

 

 

 

 

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G

 

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

 

 

H I N W E I S

 

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

 

 

 

Dr. Reichenberger

Beschlagwortung:

hzGG; höchst zulässiges Gesamtgewicht

 

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