Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101711/20/Bi/La

Linz, 26.05.1994

VwSen-101711/20/Bi/La Linz, am 26. Mai 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung der H, vertreten durch Z OEG, K, vom 30. Dezember 1993 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 14. Dezember 1993, Zl.

VerkR96/5277/1992-Or/Mu, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 auf Grund des Ergebnisses der am 17. Mai 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Die Rechtsmittelwerberin hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz den Betrag von 80 S, ds.

20 % der verhängten Geldstrafe als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm den §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG, §§ 13 Abs.1 und 99 Abs.3a StVO 1960.

Zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit dem oa.

Straferkenntnis über die Beschuldigte wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 99 Abs.3a iVm 13 Abs.1 StVO 1960 eine Geldstrafe von 400 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwölf Stunden verhängt, weil sie am 11. August 1992 gegen 16.45 Uhr das Damenfahrrad, Alu-Line, auf der R in Ottensheim vom Donauradweg kommend in Richtung Hagenauerstraße gelenkt habe und bei der Kreuzung Regattastraße/Hagenauerstraße nach rechts in weitem Bogen eingebogen sei. Gleichzeitig wurde ihr ein Verfahrenskostenersatz von 40 S auferlegt.

2. Dagegen hat die Rechtsmittelwerberin fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 17. Mai 1994 fand in Anwesenheit der Rechtsmittelwerberin, ihres ausgewiesenen Vertreters Dr.

H, der Zeugen Insp. P B sowie des technischen Amtssachverständigen Ing. A an Ort und Stelle eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung statt.

3. Die Rechtsmittelwerberin macht im wesentlichen geltend, die Erstinstanz habe den Sachverhalt unrichtig und unvollständig erhoben, zumal sie sämtliche Personen einvernehmen hätte müssen, die den Tathergang beobachtet haben. Insbesondere hätten die anderen Mitglieder der Radfahrgruppe, nämlich Peter und und I zeugenschaftlich einvernommen werden müssen. Außerdem hätte eine maßgerechte Skizze vom Tatort angefertigt und hiezu Parteiengehör gewahrt werden müssen.

Sie sei sich nicht bewußt, gegen Verkehrsvorschriften verstoßen zu haben, weil auf Grund der dort vorherrschenden Straßenverhältnisse ein Befahren der Straße in engerem Bogen nicht möglich gewesen sei. Ein Radfahrer, der von dem tiefer liegenden Donauradweg bergauffahrend auf die Brücke zufahre, müsse mit dem Fahrrad einen anderen Bogen beschreiben, als dies bei einem horizontalen Straßenverlauf ohne Gefälle möglich wäre. Sie habe dieses Straßenstück in einem so engen Bogen befahren, wie es auf Grund der örtlichen Verhältnisse und des beladenen Fahrrades möglich gewesen sei. Selbst wenn das Verfahren ergebe, daß sie nach rechts in weitem Bogen eingebogen sei, habe sie diese Übertretung nicht schuldhaft gesetzt. Für Benutzer des Donauradweges sei an keiner Stelle erkennbar, daß der Radweg ende und in eine dem normalen Straßenverkehr gewidmete Straße einmünde. Jeder unbefangene Radfahrer müsse davon ausgehen, daß der Radweg über die Brücke fortgeführt werde und müsse nicht mit Kraftfahrzeugverkehr rechnen. Wenn überhaupt, sei das Verschulden als äußerst gering zu bezeichnen und die Folgen der Übertretung unbedeutend gewesen, sodaß die Behörde von einer Strafe absehen hätte müssen. Überdies sei die Spruchkonkretisierung mangelhaft, weil sich die Umschreibung auf den Wortlaut des § 13 Abs.1 StVO beschränke.

Sie beantrage daher, das Straferkenntnis zu beheben und das Verfahren einzustellen, in eventu die Zurückverweisung an die Erstinstanz, in eventu Strafmilderung oder Nachsicht.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie durch Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung an Ort und Stelle unter Beiziehung der angeführten Zeugen sowie Einholung eines technischen Sachverständigengutachtens.

4.1. Folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt wird der Rechtsmittelentscheidung zugrundegelegt:

Die Rechtsmittelwerberin befuhr am 11. August 1992 im Rahmen einer Urlaubsreise zusammen mit drei weiteren Radfahrern den Donauradwanderweg von Engelhartszell Richtung Ottensheim, wobei sie gegen 16.45 Uhr als dritte Radfahrerin von der Regattastraße nach rechts in die Hagenauerstraße Richtung Ottensheim einbog. Der Kreuzungsbereich ist so gestaltet, daß die Regattastraße im Einmündungstrichter einen Innenradius von ca. 8 m aufweist, wobei am äußerst rechten Fahrbahnrand eine Steigung von ca. 9 % zu überwinden ist.

Unmittelbar nach der Einmündung in die Hagenauerstraße befindet sich rechts in Richtung Ottensheim eine Brücke mit einer Fahrbahnbreite von 4 m. Laut übereinstimmenden Aussagen war im Kreuzungsbereich zum Zeitpunkt der Übertretung keinerlei Beschilderung angebracht, wobei auch der Donauradwanderweg in Fahrtrichtung der Rechtsmittelwerberin gesehen, nur wegweiserähnliche Werbetafeln aufweist.

Laut eigenen Angaben hat sich die Rechtsmittelwerberin an den beiden vor ihr fahrenden Radfahrern orientiert; 5 bis 6 m hinter ihr fuhr die Zeugin I mit ihrem Fahrrad.

Zur selben Zeit befuhr die Zeugin E mit ihrem PKW, einem schwarzen Opel Astra, die Hagenauerstraße von Ottensheim kommend in gerader Richtung und hielt laut eigenen Angaben eine Geschwindigkeit von 30 km/h ein, die sie, als ihr die beiden vor der Rechtsmittelwerberin fahrenden Radfahrer begegneten, auf ca. 20 km/h verminderte.

Die Zeugin P bemerkte, daß von der Regattastraße ca. in der Mitte des Einmündungstrichters die Rechtsmittelwerberin mit ihrem Fahrrad in die Hagenauerstraße einbiegen wollte und bemerkte weiters, daß die Radfahrerin die Hagenauerstraße in weiterer Folge in der Fahrbahnmitte befuhr. Nach ihren Aussagen hat sie daraufhin die Geschwindigkeit bis zum Stillstand reduziert und ist an den äußerst rechten Fahrbahnrand ausgewichen, während gleichzeitig die Rechtsmittelwerberin versuchte, ihre Fahrlinie zu korrigieren, jedoch einen Zusammenstoß mit dem PKW in der Fahrbahnmitte am Beginn der Brücke, aus ihrer Fahrtrichtung gesehen, nicht verhindern konnte. Beim Zusammenstoß mit dem PKW brach sich die Rechtsmittelwerberin den linken Ellenbogen, am PKW der Zeugin P entstand Sachschaden in Form einer Kratzspur vom linken vorderen Kotflügel bis zur Mitte der Fahrertür, einer Delle am Kotflügel links vorne und weiters wurde die Windschutzscheibe in der linken unteren Ecke eingeschlagen.

Sowohl der Einbiegevorgang als auch der Zusammenstoß wurde im Rahmen der mündlichen Verhandlung in örtlicher Hinsicht zweifelsfrei zugeordnet.

Nach Aussage des Meldungslegers waren zum Zeitpunkt seines Erscheinens am Unfallort beide Fahrzeuge nicht mehr in Endstellung, sondern das Fahrrad der Rechtsmittelwerberin war aufgestellt und am Brückengeländer angelehnt, und der PKW der Zeugin P befand sich in ihre Fahrtrichtung gesehen, rechts nach der Brücke in einer Ausweiche. Die Zeugin I hat bestätigt, daß so lange sie sich an der Unfallstelle aufgehalten habe, auch nach dem Vorfall das Fahrzeug der Zeugin P das einzige am Unfallort war. Der Meldungsleger hat anhand der rechts in einer Entfernung von ca. 10 bis 15 cm zum Randstein feststellbaren "Rutschspur" offensichtlich des rechten Hinterrades des PKW, die im am Fahrbahnrand befindlichen Staub ersichtlich war, die vom PKW P eingehaltene Fahrlinie festgestellt, wobei laut seinen Angaben kein anderes Fahrzeug einen Anlaß dafür hatte, so weit rechts zu fahren, und der PKW bei seinem Eintreffen an der Unfallstelle lediglich wenige Meter weiter vorne in der Ausweiche stand.

Nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates sind sowohl die Aussagen der Rechtsmittelwerberin als auch diejenigen der Zeugen P, P und B weitgehend übereinstimmend und daher als schlüssig anzusehen.

Von der zeugenschaftlichen Einvernahme der beiden Radfahrer P, P, wurde aus ökonomischen Gründen abgesehen; beide haben nach der Schilderung der Rechtsmittelwerberin das Zustandekommen des Unfalls nicht beobachtet. Die Anfertigung einer Skizze des Unfallorts erübrigte sich durch die Durchführung eines Ortsaugenscheins.

4.2. In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen, daß gemäß § 13 Abs.1 StVO 1960 nach rechts in kurzem, nach links in weitem Bogen einzubiegen ist.

Laut Sachverständigengutachten hat die Rechtsmittelwerberin beim Einbiegen in die Hagenauerstraße einen Abstand vom rechten Fahrbahnrand von etwa 3,8 m eingehalten, obwohl die beim Befahren des äußerst rechten Fahrbahnrandes zu überwindende Steigung von 9 % grundsätzlich auch mit einem beladenen Fahrrad zu bewältigen ist. Dabei ist irrelevant, ob zum damaligen Zeitpunkt das beim Ortsaugenschein dort angebrachte Vorschriftszeichen "Vorrang geben" bereits aufgestellt war oder nicht, zumal jedenfalls den von rechts kommenden PKW der Vorrang einzuräumen war. Aus diesem Grund war nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates seitens der Rechtsmittelwerberin besonders die Aufmerksamkeit auf von eventuell rechts kommende Fahrzeuge zu richten. Auch wenn die Rechtsmittelwerberin anführt, sie habe sich auf dem Donauradwanderweg geglaubt und daher nicht für möglich gehalten, daß diese Straße von PKW benützt wird, so ist ihr entgegenzuhalten, daß sich nirgends auf der von ihr benützten Strecke ein Hinweis darauf befindet, daß diese asphaltierte und auch in der Natur als Straße einwandfrei erkennbare Verkehrsfläche nicht für den öffentlichen Verkehr bestimmt wäre. Im dortigen Bereich befindet sich weder ein Hinweiszeichen "Radweg" noch ein sonstiges Verkehrszeichen, das allen anderen mit Ausnahme des Fahrradverkehrs das Befahren der Straße verbieten würde. Auch wenn sie - nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates zu Recht bemängelt, der Donauradwanderweg sei nicht ausreichend als Radweg gekennzeichnet, so ist ihr eben deshalb entgegenzuhalten, daß in einem solchen Fall besondere Sorgfalt und Aufmerksamkeit aufgewendet werden muß, auch wenn die vor ihr fahrenden Radfahrer, um die 9 %-ige Steigung zu umgehen, die Kurve in der Fahrbahnmitte befahren haben, wo nur eine Steigung von etwa 4 % zu überwinden ist.

Zusammenfassend gelangt der unabhängige Verwaltungssenat zu der Auffassung, daß die Rechtsmittelwerberin den ihr zur Last gelegten Tatbestand zweifellos erfüllt hat, wobei zum von ihr im Rahmen der mündlichen Verhandlung eingewendeten fehlenden Unrechtsbewußtsein zu betonen ist, daß die Rechtsfahrordnung, die dem Gebot, nach rechts in engem Bogen einzubiegen, zweifellos zugrundeliegt, mit Sicherheit auch in Deutschland gilt, wobei die Rechtsmittelwerberin verpflichtet ist, sich über die auch als Radfahrerin zu befolgenden Rechtsvorschriften ausreichend zu informieren.

Zum Einwand des geringfügigen Verschuldens ist auszuführen, daß wohl nachvollziehbar ist, daß ein Radfahrer am Ende einer Tagesstrecke von ca. 70 km, die mit einem ca. 25 kg schweren Fahrrad bewältigt wurde, Ermüdungserscheinungen aufweist, die ihn möglicherweise dazu verleiten, eine Steigung von 9 % entsprechend zu umfahren, jedoch vermag die Rechtsmittelwerberin mit dieser Argumentation nicht glaubhaft zu machen, daß sie an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift des § 13 Abs.1 StVO 1960 kein Verschulden trifft. Wenn der Rechtsmittelwerberin die Überwindung dieser Steigung mit dem Fahrrad nicht mehr möglich war, hätte immer noch die Möglichkeit bestanden, abzusteigen, das Fahrrad um die Kurve zu schieben und auf der Hagenauerstraße weiterzufahren.

Ein geringfügiges Verschulden ist allenfalls darin zu erblicken, daß das schwarze Fahrzeug der Zeugin P möglicherweise für die Rechtsmittelwerberin erst spät zu erkennen war und sie in dieser kurzen Zeit, in der sie laut eigenen Angaben höchstens 3 m gefahren ist, nicht mehr die Möglichkeit hatte, zum rechten Fahrbahnrand hin auszuweichen.

Auf dieser Grundlage ist davon auszugehen, daß die Rechtsmittelwerberin ihr Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

Der unabhängige Verwaltungssenat vermag nicht zu erkennen, in welcher Weise der Spruch in seiner Formulierung nicht den Bestimmungen des § 44a VStG entsprechen sollte, zumal es sich bei der Umschreibung der Übertretung eben nicht um den Wortlaut des § 13 Abs.1 StVO 1960 handelt.

Zur Strafbemessung ist auszuführen, daß der Ausspruch einer Ermahnung selbst bei Annahme eines geringfügigen Verschuldens nicht gerechtfertigt wäre, zumal die Folgen der Übertretung die Rechtsmittelwerberin hat immerhin einen Verkehrsunfall mit Sachschaden am PKW der Zeugin P verursacht - nicht als unbedeutend zu qualifizieren sind.

Die verhängte Strafe liegt an der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens (§ 99 Abs.3 StVO 1960 sieht Geldstrafen bis 10.000 S vor) und erfolgte gemäß den Bestimmungen des § 19 VStG unter Berücksichtigung sowohl des Unrechts- und Schuldgehaltes der Übertretung, als auch der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Rechtsmittelwerberin (der Schätzung der Erstinstanz auf Vermögenslosigkeit, dem Nichtvorhandensein von Sorgepflichten und einem Nettomonatseinkommen von ca.

10.000 S wurde nicht entgegengetreten). Mildernd war die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit sowie die schwere Eigenverletzung, erschwerend die Verursachung eines Verkehrsunfalles mit Sachschaden.

Die Herabsetzung der ohnehin äußerst niedrigen Strafe war aus general- und spezialpräventiven Überlegungen nicht gerechtfertigt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Der Verfahrenskostenausspruch ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

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