Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523444/2/Sch/Bb/AK

Linz, 30.09.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des x, vom 12. April 2013, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 4. April 2013, GZ VerkR22-17-50-2013, betreffend Anordnung der Absolvierung einer Nachschulung (besondere Maßnahme gemäß § 30b FSG) und Vorlage der Bestätigung über die Teilnahme und Mitarbeit, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass die besondere Maßnahme binnen vier Monaten ab Zustellung der Berufungsentscheidung zu absolvieren ist. 

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 30a Abs.1, Abs.2 Z1 und Z4, Abs.3 und Abs.4, 30b Abs.1 Z1, Abs.3 Z1 und Abs.4 Führerscheingesetz 1997 - FSG iVm § 13f Führerscheingesetz-Durchführungsverordnung 1997 - FSG-DV iVm § 4a Nachschulungsverordnung 2002 – FSG-NV.

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit Bescheid vom 4. April 2013, GZ VerkR22-17-50-2013, x (dem Berufungswerber) innerhalb von vier Monaten, gerechnet ab Rechtskraft des Bescheides, gemäß § 30b Abs.1 und 3 FSG die Absolvierung einer Nachschulung gemäß der Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie über verkehrspsychologische Nachschulungen (Nachschulungsverordnung – FSG-NV), BGBl. II Nr. 357/2002, aufgetragen und gemäß § 30b Abs.4 FSG zur Vorlage der Bestätigung der Einrichtung, bei der die besondere Maßnahme absolviert wurde, über die Teilnahme und Mitarbeit, verpflichtet.

 

2. Gegen diesen Bescheid, der dem Berufungswerber nach dem aktenkundigen Zustellnachweis am 9. April 2013 nachweislich zugestellt wurde, richtet seine rechtzeitig – mit Schriftsatz vom 12. April 2013 – bei der belangten Behörde erhobene Berufung.

 

Begründend führt er darin im Wesentlichen aus, dass ihm zwei Tatbestände zur Last gelegt würden, wobei er die dargestellte Gefährdung und Behinderung eines Fußgängers auf dem Schutzweg nicht nachvollziehen könne.

 

Es stimme, dass er am 24. Jänner 2013 um etwa 21.28 Uhr im Gemeindegebiet Leonding, im Kreuzungsbereich B 139 mit der Edt Straße unterwegs gewesen wäre. Beim Einbiegen auf die B 139 habe er sich ordnungsgemäß überzeugt, ob Gegenverkehr komme. Weiters habe er auch geschaut, ob ein Fußgänger den Zebrastreifen queren wolle. Auch am Straßenrand habe er keine Person gemerkt, die die Absicht gehabt hätte, den Schutzweg zu benützen.

Daher habe er den Abbiegevorgang fortgesetzt, wobei er dabei keinen anderen Straßenbenützer (weder KFZ-Lenker, Radfahrer noch Fußgänger) behindert, gestört oder beeinträchtigt habe.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufungsschrift unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsaktes mit Vorlageschreiben vom 15. April 2013, GZ VerkR22-17-50-2013, ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates zur Entscheidungsfindung (§ 35 Abs.1 FSG). Gemäß § 67a Abs.1 AVG entscheidet der Unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten erstinstanzlichen Verfahrensakt.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß       § 67d Abs.1 und Abs.3 erster Satz AVG mangels gesonderten Antrages des Berufungswerbers und der Tatsache, dass der für das Verfahren wesentliche Sachverhalt auf Grund der Aktenlage hinreichend geklärt vorliegt, unterbleiben.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem maßgeblichen Sachverhalt aus:

 

Der Berufungswerber wurde mit - in Rechtskraft erwachsenem – Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 11. März 2013, GZ VerkR96-3973-2013 Me, einer Verwaltungsübertretung nach § 14 Abs.8 FSG und nach § 9 Abs.2 StVO schuldig erkannt und bestraft.

 

Diesem Straferkenntnis liegt der Sachverhalt zu Grunde, dass der Berufungswerber am 24. Jänner 2013 um 21.28 Uhr im Gemeindegebiet 4060 Leonding, im Kreuzungsbereich B 139 mit der Edt Straße, den Pkw, x, mit dem Kennzeichen x gelenkt habe, obwohl der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,37 mg/l betragen habe und er einem Fußgänger, welcher sich auf einem Schutzweg befunden habe, das unbehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn nicht ermöglicht und diesen gefährdet habe, da er während des Einbiegens auf die B 139 das Fahrzeug beschleunigt habe und der Fußgänger dadurch gezwungen gewesen sei über den Zebrastreifen zu laufen.

 

Im Straferkenntnis findet sich der Hinweis, dass mit Rechtskraft dieses Strafbescheides die Begehung der beiden Delikte mit der Wirkung ab dem Zeitpunkt der Deliktsbegehung im Führerscheinregister vorgemerkt wird.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat hierüber in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

Hat gemäß § 30a Abs.1 FSG ein Kraftfahrzeuglenker eines der in Abs.2 angeführten Delikte begangen, so ist unabhängig von einer verhängten Verwaltungsstrafe, einer etwaigen Entziehung der Lenkberechtigung oder sonstiger angeordneter Maßnahmen eine Vormerkung im Örtlichen Führerscheinregister einzutragen. Die Vormerkung ist auch dann einzutragen, wenn das in Abs.2 genannte Delikt den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung verwirklicht. Für die Vornahme der Eintragung ist die Rechtskraft des gerichtlichen oder des Verwaltungsstrafverfahrens abzuwarten. Die Eintragung der Vormerkung ist von der das Verwaltungsstrafverfahren führenden Behörde, im Fall einer gerichtlichen Verurteilung von der Behörde des Hauptwohnsitzes vorzunehmen und gilt ab dem Zeitpunkt der Deliktsetzung. Der Lenker ist über die Eintragung und den sich daraus möglicherweise ergebenden Folgen durch einen Hinweis im erstinstanzlichen Strafbescheid zu informieren.

 

Gemäß § 30a Abs.2 Z1 FSG handelt es sich bei Übertretungen des § 14 Abs.8 FSG um Vormerkdelikte.

Gemäß § 30a Abs.2 Z4 FSG gelten auch Übertretungen des § 9 Abs.2 StVO, wenn Fußgänger, die Schutzwege vorschriftsmäßig benützen, gefährdet werden, als Vormerkdelikte.

 

Werden zwei oder mehrere der in Abs.2 angeführten Delikte in Tateinheit begangen, so zählt die Eintragung in das Örtliche Führerscheinregister gemäß    § 30a Abs.3 FSG als eine Vormerkung.

 

Gemäß § 30a Abs.4 FSG treten unter anderem die in § 30b FSG genannten Rechtsfolgen nur dann ein, wenn die die jeweiligen Rechtsfolgen auslösenden Delikte innerhalb von zwei Jahren begangen wurden.

 

Gemäß § 30b Abs.1 Z1 FSG ist unbeschadet einer etwaigen Entziehung der Lenkberechtigung eine besondere Maßnahme gemäß Abs.3 anzuordnen, wenn zwei oder mehrere der im § 30a Abs.2 genannten Delikte in Tateinheit (§ 30a Abs.3) begangen werden.

 

Gemäß § 30b Abs.3 Z1 FSG kommt als besondere Maßnahme die Teilnahme an Nachschulungen gemäß der Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie über verkehrspsychologische Nachschulungen (Nachschulungsverordnung - FSG-NV), BGBl. II Nr. 357/2002, in Betracht.

Die zu absolvierende Maßnahme ist von der Behörde festzusetzen, wobei darauf Bedacht zu nehmen ist, dass die Maßnahme geeignet ist, im Wesentlichen den Unrechtsgehalt der gesetzten Delikte aufzuarbeiten. Es ist jene Maßnahme zu wählen, die für den Betroffenen am besten geeignet ist, sich mit seinem Fehlverhalten auseinanderzusetzen, sich die Gefahren im Straßenverkehr bewusst zu machen und durch entsprechende Bewusstseinsbildung, auch im Hinblick auf die Notwendigkeit einer unfallvermeidenden defensiven Fahrweise und die fahrphysikalischen Grenzen beim Betrieb eines Kraftfahrzeuges, einen Rückfall in weitere Verkehrsverstöße zu vermeiden.

 

Gemäß § 30b Abs.4 FSG hat der von der Anordnung der besonderen Maßnahme Betroffene der Behörde eine Bestätigung jener Einrichtung, bei der die besondere Maßnahme absolviert wurde, über die Teilnahme und seine Mitarbeit vorzulegen.

 

Gemäß § 13f Abs.1 Z1 FSG-DV ist bei Delikten gemäß § 30a Abs.2 Z1, 2, 3 und 5 FSG von der Behörde eine Nachschulung gemäß § 4a FSG-NV anzuordnen.

 

Gemäß § 13f Abs.1 Z2 FSG-DV ist bei Delikten gemäß § 30a Abs.2 Z4, 6, 7 und 11 FSG eine Perfektionsfahrt gemäß § 13a, bei Delikten gemäß § 30a Abs.2 Z4, 6 und 7 FSG kann anstelle der Perfektionsfahrt ein Fahrsicherheitstraining angeordnet werden, wenn die Deliktsbegehung auf mangelnde Fahrzeugbeherrschung zurückzuführen ist, anzuordnen.

Gemäß § 13f Abs.2 erster Satz FSG-DV hat die Behörde, wenn der Anordnung der besonderen Maßnahme verschiedene Delikte zu Grunde liegen, die in unterschiedlichen Ziffern gemäß Abs.1 enthalten sind, die besondere Maßnahme nach dem Delikt anzuordnen, welches in Abs.1 unter der niedrigeren Ziffer genannt ist.

 

Gemäß § 4a erster Satz FSG-NV ist der Kurstyp (Nachschulung im Rahmen des Vormerksystems) von Personen zu absolvieren, denen von der Behörde gemäß § 30b FSG eine Nachschulung im Rahmen des Vormerksystems angeordnet wurde.

 

5.2. Der Berufungswerber hat am 24. Jänner 2013 eine Verwaltungsübertretung nach § 14 Abs.8 FSG und eine Übertretung nach § 9 Abs.2 StVO begangen. Beide Delikte haben mangels Anfechtung Rechtskraft erlangt und stellen Vormerkdelikte gemäß § 30a Abs.2 Z1 und § 30a Abs.2 Z4 FSG dar.

 

Sofern der Berufungswerber nunmehr bestreitet, ein Delikt nach § 9 Abs.2 StVO begangen zu haben, so ist dieses Vorbringen – im Hinblick auf das rechtskräftige Straferkenntnis vom 11. März 2013 sowie die daraus erfolgende Bindungswirkung – rechtlich bedeutungslos. Mit der Rechtskraft der Bestrafung steht bindend fest, dass der Berufungswerber die ihm im Straferkenntnis zur Last gelegten Übertretungen tatsächlich verwirklicht hat, weshalb es sowohl der belangten Behörde als auch dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich als Berufungsbehörde verwehrt ist, die Grunddelikte in Frage zu stellen. Aus dem zu Grunde liegenden Straferkenntnis ergibt sich zudem zweifelsfrei, dass der Berufungswerber einen Fußgänger beim Überqueren des Schutzweges insofern behindert bzw. gefährdet hat, als er während seines Einbiegemanövers in die B 139 sein Fahrzeug beschleunigt habe, sodass der Fußgänger gezwungen gewesen sei, über den Zebrastreifen zu laufen.  

 

Der Berufungswerber hat damit im Rahmen einer Fahrt zwei verschiedene Vormerkdelikte gemäß § 30a Abs.2 FSG verwirklicht. Diese Tatsache hat nach    § 30b Abs.1 Z1 FSG die Anordnung einer besonderen Maßnahme gemäß § 30b Abs.3 FSG durch die Behörde zur Folge. Die Formulierung in § 30b Abs.1 Z1 FSG lässt keinen Spielraum für eine Ermessensentschei­dung erkennen, sondern die Wortwendung "ist eine besondere Maßnahme gemäß Abs.3 anzuordnen" sieht eine Verpflichtung der Behörde zur Maßnahmenanordnung vor.

 

Die Art der jeweils anzuordnenden Maßnahme richtet sich nach den diesbezüglichen Regelungen in § 13f Abs.1 und 2 FSG-DV. Unter Bedachtnahme auf §§ 13f Abs.1 Z1, Z2 und 13f Abs.2 erster Satz FSG-DV hat der Berufungswerber demnach zwingend eine Nachschulung gemäß § 4a FSG-NV zu absolvieren.

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat dem Berufungswerber daher zu Recht innerhalb von vier Monaten die besondere Maßnahme der Absolvierung einer Nachschulung gemäß § 4a FSG-NV aufgetragen.

 

Es war jedoch eine Spruchkorrektur hinsichtlich der Frist für die Absolvierung der Maßnahme erforderlich, um dem Berufungswerber Gelegenheit zu geben, entsprechende Dispositionen betreffend die Absolvierung zu treffen.

 

Die Verpflichtung des Berufungswerbers zur Vorlage der Bestätigung über die Absolvierung der Nachschulung bei der belangten Behörde ergibt sich zwingend aus § 30b Abs.4 FSG.

 

Aus den genannten Gründen war daher die Berufung abzuweisen und der angefochtene Bescheid zu bestätigen.

 

Der Berufungswerber wird darauf hingewiesen, dass das Nichtbefolgen der ihm aufgetragenen Nachschulung innerhalb der festgesetzten Frist oder die mangelnde Mitarbeit im Rahmen der Maßnahme, nach § 30b Abs.5 FSG die Entziehung seiner Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Maßnahme zur Folge hätte.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe 14,30 Euro  angefallen.

 

 

 

 

S c h ö n