Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-560288/2/Py/Hu

Linz, 30.09.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung der Frau x, vertreten durch x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 25. Juni 2013, SH20-19.758, wegen Abweisung des Antrags auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs nach dem Oö. Mindestsicherungsgesetz zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der Berufungswerberin beginnend mit 17. Juni 2013 laufende monatliche Geldleistungen gemäß § 1 Abs.1 Z7 Oö. BMSV – das sind derzeit 147,50 Euro - zuerkannt. Für Juni 2013 gebührt abweichend davon der Betrag von 62,40 Euro.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 6, 8, 9, 13 und 33 Oö. Mindestsicherungsgesetz (Oö. BMSG), LGBl.Nr. 74/2011

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 25. Juni 2013, Gz. SH20-19.758, wurde der Antrag der Berufungswerberin (in der Folge: Bw) vom 17. Juni 2013 auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs gemäß §§ 4ff iVm 13, 27 und 31 Oö. BMSG iVm § 1 Oö. BMSV mit der Begründung abgewiesen, dass aus dem beiliegenden Berechnungsbogen eine Überschreitung des Mindeststandards festzustellen ist. Dem diesem Bescheid angeschlossenen Berechnungsblatt vom 25. Juni 2013 ist zu entnehmen, dass einem Mindeststandard in Höhe von monatlich 147,50 Euro ein Einkommen von monatlich 204,29 Euro gegenüber gestellt wurde. Dieses Einkommen setzt sich aus einem Pflegegeldanteil der Pensionsversicherungsanstalt in Höhe von 44,29 Euro  (12 x pro Jahr) sowie einem Anteil der Familienbeihilfe in Höhe von 160,00 Euro (12 x pro Jahr) zusammen.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig von der Bw über ihre Sachwalterin eingebrachte Berufung vom 11. Juli 2013. Darin wird vorgebracht, dass die Bw seit 14. Mai 2013 in der vollbetreuten Wohneinrichtung des X wohnt. Das Einkommen der Betroffenen setzt sich zusammen aus der erhöhten Familienbeihilfe und Pflegegeldtaschengeld von 44,30 Euro. Von der erhöhten Familienbeihilfe leistet sie einen monatlichen Kostenbeitrag in Höhe von 150 Euro. Die Bw verfügt über keinerlei Vermögen und verbleibt ihr somit monatlich nur ein geringer Betrag zur Deckung ihrer persönlichen Bedürfnisse, wobei aufgrund ihres jugendlichen Alters ein besonderer Bedarf besteht, eine Verbesserung ihres gesundheitlichen Zustandes herbei zu führen. Hervorgehoben wird, dass sich weder die Lebensumstände noch die Einkommens- oder Vermögenssituation der Bw geändert haben. Die Nichtgewährung der Leistung gemäß BMSG stellt daher eine Verletzung des Vertrauensschutzes dar. Dem Bericht des Sozialausschusses betreffend das Landesgesetz, mit dem das Oö. CHG und das Oö. BMSG geändert wurden, ist zudem zu entnehmen, dass es "zu keiner Schlechterstellung der Leistungsbezieherinnen und –bezieher einer bisherigen Leistung nach dem Oö. CHG kommen darf". Die Berechnungen der Behörde sind nicht transparent und nicht nachvollziehbar und verwendet die Behörde verschiedene Einkommensdefinitionen, obwohl in den Gesetzen dazu keine unterschiedlichen Regelungen zu finden sind, die eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen würden.

 

3. Mit Schreiben vom 19. Juli 2013 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat vor. Damit ist gemäß § 49 Oö. BMSG die  Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates zur Entscheidung begründet.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 67d Abs.1 AVG unterbleiben, zumal sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt aus dem Verfahrensakt ergibt und zudem die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt wurde.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Frau x, geb. am x, syrische Staatsangehörige, ist ledig und verfügt über ein dauerndes Aufenthaltsrecht in Österreich. Sie bezieht die erhöhte Familienbeihilfe und Bundespflegegeld der Stufe 2. Mit Beschluss des Bezirksgerichts Wels vom 5. April 2012, GZ 17/P 221/11w wurde gemäß § 268 Abs3 Z3 ABGB eine Sachwalterin für Frau x bestellt. Aufgrund ihrer Erkrankung ist Frau x erwerbsunfähig.

 

Seit 14. Mai 2013 wohnt Frau x in der vollbetreuten Wohneinrichtung des X, X, X. In einer zwischen der Sachwalterin der Bw sowie dem Land Oberösterreich als Träger des X am 13. Mai 2013 abgeschlossenen Vereinbarung wurde festgelegt, dass von der der Bw zustehenden Familienbeihilfe in Höhe von 310 Euro monatlich 150 Euro an das X zu überweisen sind. Der Restbetrag von 160 Euro verbleibt monatlich auf dem Konto der Heimbewohnerin und wird und für Taschengeld in Höhe von 40 Euro, Beitrag für Bekleidung in Höhe von 60 Euro und Rücklage für Urlaub in Höhe von 60 Euro verwaltet. Vom Pflegegeld verbleibt der Bw ein monatlicher Anteil (12 x pro Jahr) in Höhe von 44,29 Euro.

 

Mit Antrag vom 17. Juni 2013 beantragte die Bw im Wege ihrer Sachwalterin die Zuerkennung von Mindestsicherung. Dieser Antrag wurde mit dem gegenständlichen Bescheid vom 25. Juni 2013 abgewiesen.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und ist in dieser Form unbestritten.

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. § 4 Oö. Mindestsicherungsgesetz – Oö. BMSG, LGBL. Nr. 74/2011 idgF, lautet:

(1) Bedarfsorientierte Mindestsicherung kann, sofern dieses Landesgesetz nicht anderes bestimmt, nur Personen geleistet werden, die

1.   ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Land Oberösterreich haben und die Voraussetzungen des § 19 oder des § 19a Meldegesetz, BGBl.Nr. 9/1992, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 135/2009, erfüllen und

2.   a) österreichische Staatsbürgerinnen und -bürger oder deren Familienangehörige,

b) Asylberechtigte oder subsidiär Schutzberechtigte,

c) EU-/EWR-Bürgerinnen oder -Bürger, Schweizer Staatsangehörige oder deren Familienangehörige, jeweils soweit sie durch den Bezug dieser Leistungen nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden,

d) Personen mit einem Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt - EG“ oder „Daueraufenthalt - Familienangehörige“ oder mit einem Niederlassungs­nachweis oder einer unbefristeten Niederlassungsbewilligung,

e) Personen mit einem sonstigen dauernden Aufenthaltsrecht im Inland, soweit sie durch den Bezug dieser Leistungen nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden,

sind.

 

(2) Bedarfsorientierte Mindestsicherung kann im Einzelfall – abweichend von Abs.1 – auf der Grundlage des Privatrechts geleistet werden, soweit

1. der Lebensunterhalt nicht anderweitig gesichert ist oder gesichert werden kann und

2. dies zur Vermeidung besonderer Härten unerlässlich ist.

 

Gemäß § 5 Oö. BMSG ist Voraussetzung für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung, dass eine Person im Sinn des § 4

1. von einer sozialen Notlage (§ 6) betroffen ist

2. bereit ist, sich um die Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage zu bemühen (§ 7).

 

Gemäß § 6 Abs.1 Z1 Oö. BMSG liegt eine soziale Notlage bei Personen vor, die ihren eigenen Lebensunterhalt und Wohnbedarf nicht decken können.

Nach Abs.2 leg.cit. umfasst der Lebensunterhalt den Aufwand für die regelmäßig wiederkehrenden Bedürfnisse zur Führung eines menschenwürdigen Lebens, insbesondere für Nahrung, Bekleidung, Körperpflege, Hausrat, Beheizung und Strom sowie andere persönliche Bedürfnisse für die angemessene soziale und kulturelle Teilhabe.

Nach Abs.5 leg.cit. gelten nicht als soziale Notlage Situationen, für die bereits auf der Basis anderer gesetzlicher Grundlagen ausreichend Vorsorge getroffen wurde.

 

Gemäß § 8 Abs.1 Oö. BMSG hat die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung und Berücksichtigung des Einkommens- und des verwertbaren Vermögens der hilfebedürftigen Person sowie tatsächlich zur Verfügung stehender Leistungen Dritter zu erfolgen.

 

Gemäß § 9 Abs.1 Z2 und Z3 Oö. BMSG dürfen beim Einsatz der eigenen Mittel Leistungen nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (mit Ausnahme von Zuwendungen aus dem Familienhospizkarenz-Härteausgleich) und die im Zusammenhang mit der Familienbeihilfe zuerkannten Kinderabsetzbeträge und Pflegegeld nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften oder andere pflegebezogene Geldleistungen, die zur Deckung von Aufwendungen für den eigenen Pflegebedarf zuerkannt wurden, nicht berücksichtigt werden.

 

5.2. Die Bw befindet sich in einer sozialen Notlage und ist seit 13. Mai 2013 im X wohnhaft. Gemäß § 1 Abs.1 Z7 Oö. Mindestsicherungsverordnung, LGBl.Nr. 75/2011 idgF (Oö. BMSV) beträgt der Mindeststandard für die Deckung persönlicher Bedürfnisse für in einer Einrichtung gemäß § 12 Abs.2 Z2 Oö. CHG (Wohnheim), untergebrachte Personen monatlich 147,50 Euro. Dieser Mindeststandard trägt dem Umstand Rechnung, dass durch die Unterbringung im Wohnheim Bereiche des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs bereits abgedeckt sind. Durch diese Wohnform haben sich - entgegen den Berufungsausführungen – auch die Lebensumstände verändert. Ergänzend ist zum in der Berufung angeführten Verschlechterungsverbot zudem auszuführen, dass gemäß Art. 4 Abs.4 Z2 des Landesgesetzes LGBl.Nr. 18/2013 die Höhe der zuletzt zuerkannten Richtsätze gemäß § 16 Abs.6 und 7 Oö. CHG nicht unterschritten werden darf. Dies bedeutet, dass die Richtsätze des CHG mit dem nunmehr anzuwendenden BMS-Mindeststandard zu vergleichen sind und nur daran eine mögliche Verschlechterung zu bewerten ist. Ein entsprechender Richtsatz für in Einrichtungen gemäß § 12 Abs.2 Z2 Oö. ChG untergebrachte Hilfeempfängerinnen und Hilfeempfänger lag jedoch nicht vor, weshalb auch aus diesem Grund eine Verschlechterung nicht vorliegt.

 

Der Berufung kommt dennoch Berechtigung zu:

 

Entgegen den Berechnungen der belangten Behörde ist festzuhalten, dass gemäß § 9 Abs.1 Z2 und Z3 Oö. BMSG eine Anrechnung von – auch nur Teilen – der Familienbeihilfe sowie des Pflegegeldes als eigene Mittel bei der Berechnung des gebührenden Mindeststandards dem Gesetz widerspricht. Aufgrund dieser gesetzlichen Bestimmung dürfen beim Einsatz der eigenen Mittel zur Berechnung der dem Hilfebedürftigen zukommenden Mindeststandards Leistungen nach dem Familienausgleichsgesetz 1967 sowie Pflegegeld nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften oder andere pflegegeldbezogene Geldleistungen, die zur Deckung von Aufwendungen für den eigenen Pflegebedarf zuerkannt werden, ausdrücklich nicht bei der Berechnung von Einkünften berücksichtigt werden. Diese  zwingenden gesetzlichen Regelungen können auch durch eine privatrechtliche Vereinbarung – wie sie gegenständlich zwischen der Bw und dem Pflege- und Betreuungszentrum abgeschlossen wurde – nicht außer Kraft gesetzt werden.

 

Da somit kein Einkommen bei der Zuerkennung des der Bw gebührenden Mindeststandard gemäß § 1 Abs.1 Z7 Oö. BMSV zu berücksichtigen ist, war dieser der Bw in voller Höhe zuzuerkennen, wobei gemäß § 13 Abs.5 Oö. BMSG die Höhe des Anspruchs der Hilfeleistung für den Antragsmonat entsprechend zu aliquotieren war.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Andrea Panny

 

 

 

 

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