Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523570/2/Kof/CG

Linz, 15.10.2013

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung der Frau x, geb. x, x – derzeit Justizanstalt x, x
 – gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom
16. September 2013, FE-739/2013 betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, Aberkennung des Rechts, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen, Ablieferung des Führerscheines und Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung,
zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird insofern stattgegeben, als die Dauer der Entziehung

·     der Lenkberechtigung  

·     einer allfällig bestehenden ausländischen Nicht-EWR-Lenkberechtigung

·     eines allfällig bestehenden ausländischen EWR-Führerscheines

für den Zeitraum 20. September 2013 bis einschließlich 31. August 2014 herab- bzw. festgesetzt wird.

Im Übrigen wird der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 Abs.1 Z1, 25 Abs.1 und 25 Abs.3 iVm §§ 7 Abs.1 Z2, 7 Abs.3 Z11 und

7 Abs.4 FSG, BGBl. I Nr. 120/1997 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 43/2013

§ 30 Abs.2 FSG

§ 29 Abs.3 FSG

§ 64 Abs.2 AVG

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid der nunmehrigen Berufungswerberin (Bw) wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit gemäß näher bezeichneter Rechtsgrundlagen nach dem FSG

·     die Lenkberechtigung für die Klassen A und B für die Dauer von 20 Monaten – gerechnet ab Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides (= 20. September 2013) – entzogen,

·     für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Recht aberkannt,
von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen  und

·     verpflichtet, den Führerschein unverzüglich der Behörde abzuliefern.

Einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Gegen diesen Bescheid – zugestellt am 20. September 2013 – hat die Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 27. September 2013 erhoben und vorgebracht, sie würde den Führerschein insbesondere aus beruflichen Gründen benötigen.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 67a AVG) erwogen:

 

Die Bw wurde mit Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom
07. August 2013, 16 Hv 31/13 z, wegen

·     des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs.1 5. Fall, Abs.2 Z1 SMG

   – teils als Beitragstäterin nach § 12 3. Fall StGB,

·     dem Verbrechen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach

   § 28 Abs.1 1., 2. und 3. Fall, Abs.2 SMG sowie

·     näher bezeichneter weiterer Vergehen nach dem SMG und dem StGB

zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten – davon 10 Monate unbedingt und

20 Monate bedingt unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren – verurteilt.

 

Grund für diese Verurteilung war, dass die Bw – gemeinsam mit Herrn x – ab etwa Ende 2012 bis 28. Februar 2013 (teils als Beitragstäter nach § 12 3. Fall StGB) vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28 b SMG) mehrfach übersteigenden Menge anderen gewerbsmäßig durch gewinnbringenden Verkauf überlassen bzw. verschafft hat und zwar eine insgesamt unbekannte die Grenzmenge mehrfach übersteigende Menge Cannabiskraut, zumindest jedoch 900 Gramm Cannabiskraut an die abgesondert verfolgten B.O., A.W.W. sowie unbekannte Suchtgiftabnehmer

 

 

Weiters hat die Bw Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) mehrfach übersteigenden Menge – mit dem Vorsatz, dass es in Verkehr gesetzt werde – erworben, besessen und von Wien nach Linz befördert, wobei sie in Bezug auf Suchtgift in einer das 15-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge handelte, indem die Bw und Herr x am 27.02.2013 ca. 2.900 Gramm Cannabiskraut netto, welche sie von x übernommen hat, zum beabsichtigten Weiterverkauf nach Linz verbrachten und bis zur Sicherstellung durch Beamte des SPK Linz am 28.02.2013 besaßen.

 

Die Bw wurde bereits einmal wegen einer Straftat wegen § 28 Abs.2, 2., 3. und
4. Fall, Abs.4 Z3 SMG aF verurteilt.

 

Das oa. Urteil vom 07. August 2013 ist an diesem Tag in Rechtskraft erwachsen.

 

Der UVS als Behörde II. Instanz in Angelegenheiten der Entziehung der                          Lenkberechtigung ist an dieses rechtskräftige Gerichtsurteil gebunden; VwGH vom 06.04.2006, 2005/11/0214; vom 06.07.2004, 2002/11/0163; vom 20.02.2001, 98/11/0317; vom 14.11.1995, 95/11/0215; vom 27.06.1995, 95/11/0004;

vgl. auch vom 24.01.2008, 2007/03/0247 und vom 27.01.2010, 2009/03/0082   

       sowie OGH – verstärkter Senat vom 17.10.1995, 1 Ob 612/95.

 

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird.

Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

 

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrs-zuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

 

Gemäß § 7 Abs.1 Z2 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z11 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 leg.cit zu gelten, wenn jemand eine strafbare Handlung gemäß § 28a SMG begangen hat.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.3 leg.cit. beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bilden bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit (allfällige) berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, welche mit der (Dauer der) Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind,  kein wie immer geartetes Beweisthema;

Erkenntnisse v. 30.5.2001, 2001/11/0081; vom 23.4.2002, 2000/11/0182;

vom 11.4.2002, 99/11/0328; vom 28.9.1993, 93/11/0142 mit Vorjudikatur;

vom 25.2.2003, 2003/11/0017; vom 4.10.2000, 2000/11/0176.

 

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern um eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer oder sonstiger Rechtsgüter vor verkehrsunzuverlässigen KFZ-Lenkern;

VfGH v. 14.3.2003, G203/02; v. 11.10.2003, B1031/02; v. 26.2.1999, B 544/97

VwGH vom 18.03.2003, 2002/11/0062; vom 22.11.2002, 2001/11/0108;

vom 23.04.2002, 2000/11/0184; vom 22.02.2000, 99/11/0341 mit Vorjudikatur; vom 19.07.2002, 2000/11/0171; vom 06.04.2006, 2005/11/0214.

 

Betreffend die "Suchtgiftkriminalität" ist auf die ständige Rechtsprechung

des VwGH zu verweisen, wonach

- es sich dabei um eine besonders gefährliche Art der Kriminalität handelt,

- bei dieser die Wiederholungsgefahr erfahrungsgemäß besonders groß ist  und

- an deren Verhinderung ein großes öffentliches Interesse besteht;

VwGH vom 12.04.2011, 2007/18/0882; vom 15.09.2010, 2010/18/0293; vom 24.09.2009, 2009/18/0317; vom 09.11.2009, 2007/18/0537; vom 02.10.2008, 2007/18/0515; vom 20.04.2006, 2006/18/0074; vom 15.12.2005, 2005/18/0653; vom 07.11.2003, 2003/18/0250; vom 03.11.2010, 2007/18/0533 und

vom 12.10.2010, 2010/21/0335,  jeweils mit Judikaturhinweisen 

      sowie

- strafbares Verhalten oft nur zufällig entdeckt wird;

   VwGH vom 13.10.2009, 2009/17/0196

 

Die jahrzehntelange Rechtsprechung des VwGH, wonach Haftzeiten

in die Entziehungsdauer nicht einzurechnen sind, ist mittlerweile überholt.

In den letzten Jahren hat der VwGH wiederholt im Ergebnis ausgesprochen,

dass Haftzeiten in die Entziehungsdauer miteinzubeziehen sind;

Erkenntnisse vom 29.04.2003, 2002/11/0161; vom 21.02.2006, 2003/11/0025;

vom 21.02.2006, 2004/11/0129; vom 21.11.2006, 2005/11/0168;

vom 21.03.2006, 2005/11/0196;  vom 18.12.2006, 2006/11/0076.

 

Die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit ist ab Tathandlung bzw. Beendigung des strafbaren Verhaltens zu bemessen; VwGH vom 17.10.2006, 2006/11/0120;  vom 21.03.2006, 2005/11/0196; vom 22.02.2007, 2005/11/0190;

vom 21.11.2006, 2005/11/0168; vom 21.03.2006, 2005/11/0153;

vom 27.03.2007, 2005/11/0115; vom 18.12.2007, 2007/11/0194.

 

Die Beendigung des strafbaren Verhaltens war am 28. Februar 2013 –

die Bw wurde an diesem Tag verhaftet.

 

Betreffend die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit wird auf das Erkenntnis des VwGH vom 23.11.2011, 2009/11/0263 verwiesen.

 

Der dortige Beschwerdeführer (Bf) wurde wegen dem Verbrechen des Suchtgifthandels – da er Suchtgift in einer das 15-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge (große Menge) anderen überlassen hat, und zwar Cannabiskraut – zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten, davon 8 Monate unbedingt und 16 Monate bedingt, verurteilt.

 

Der VwGH hat eine Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit von 18 Monaten als rechtmäßig bestätigt bzw. die dagegen erhobene Beschwerde aus unbegründet abgewiesen.

 

Im vorliegenden Fall wurde die Bw wegen dem Verbrechen des Suchtgifthandels (ebenfalls Cannabiskraut) zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten – davon
10 Monate unbedingt und 20 Monate bedingt auf 3 Jahre – verurteilt.

 

Weiters ist bei der Bw eine einschlägige Vorstrafe vorgemerkt.

 

Im Hinblick auf die zitierte Judikatur des VwGH ist die Festsetzung der Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit von 18 Monaten – gerechnet ab Beendigung des strafbaren Verhaltens (= 28. Februar 2013) – als Untergrenze dessen anzusehen, was gerade noch vertretbar ist.

 

Es wird daher die Entziehung der Lenkberechtigung für den Zeitraum vom
20. September 2013 (= Datum der Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides) bis einschließlich 31. August 2014 festgesetzt.

 

 

 

Gemäß § 30 Abs.2 FSG ist dem Besitzer einer – allfällig bestehenden (VwGH vom  17.03.2005, 2005/11/0057 und vom 20.03.2012, 2012/11/0014) – ausländischen Nicht-EWR-Lenkberechtigung oder eines ausländischen EWR-Führerscheines
(§ 1 Abs.4 FSG) welcher einen Wohnsitz (§ 5 Abs.1 Z.1 FSG) in Österreich hat,
die Lenkberechtigung unter Anwendung der §§ 24 bis 29 FSG zu entziehen.

 

Der Bw war somit für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung

·     eine allfällige bestehende ausländische Nicht-EWR-Lenkberechtigung oder

·     ein allfällig bestehender ausländischer EWR-Führerschein

zu entziehen.

 

Die Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheines ist in der zitierten Rechtsgrundlage (§ 29 Abs.3 FSG) begründet.

 

Die Behörde kann iSd § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung einer Berufung immer dann ausschließen, wenn die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen wird; siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungs-verfahren, 2. Auflage, E24 zu § 64 AVG (Seite 1222f) zitierten Judikatur.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

 

H I N W E I S

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden.

Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 14,30 Euro angefallen.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde
bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und
wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden.

Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

 

 

 

 

 

Mag. Josef Kofler