Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-401330/5/MK/HK

Linz, 13.09.2013

E r k e n n t n i s

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Markus Kitzberger über die Beschwerde des A L, geboren am X, algerischer Staatsangehöriger, wegen Verhängung und Anhaltung in Schubhaft durch die Landespolizeidirektion Oberösterreich, zu Recht erkannt:

 

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und es wird festgestellt, dass in der Zeit von 01.09.2013, 10.30 Uhr, bis 02.09.2013, 13.00 Uhr, die maßgeblichen Voraussetzungen für die Verhängung und Anhaltung in Schubhaft vorgelegen haben.

 

II. Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Landespolizeidirektion Oberösterreich) den notwendigen Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 und 83 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 22/2013)

§§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm § 1 Z3 und 4 UVS-Aufwandersatzverordnung 2008 (BGBl. II Nr. 456/2008).

 

 

Entscheidungsgründe:

1.           Die Landespolizeidirektion Oberösterreich, (in der Folge: belangte Behörde) ordnete mit Bescheid vom 01.09.2013, GZ: 1078213/FRB, über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) gemäß §§ 76 Abs.1 iVm § 57 Abs.1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) ab 10.30 Uhr die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung (§ 46 FPG) an.

Der Bf wurde zuvor am 31.08.2013 um 21.25 in L, B, im Zuge einer Amtshandlung im Zusammenhang mit einem Handydiebstahl einer fremdenpolizeilichen Kontrolle unterzogen. Dabei wurde festgestellt, dass gegen ihn eine seit 24.04.2008 rechtskräftige Ausweisung durch das Bundesasylamt, Außenstelle Graz, GZ. 0703599-BAG, sowie eine Rückkehrentscheidung mit einem 10-jährigen Einreiseverbot ab dem Zeitpunkt der tatsächlichen Ausreise durch die seinerzeitige BPD Graz, GZ. 1-1047205/FR/12, aufscheint, wodurch der illegale Aufenthalt des Bf erwiesen war. Von der LPD Oö. wurde daraufhin um 21.25 Uhr ein Festnahmeauftrag erteilt. Am 01.09.2013 wurde von der LPD Oö. um 10.30 Uhr unter obiger Zahl die Schubhaft verhängt. Die Anhaltung erfolgte im PAZ Linz.

 

Begründend wurde im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

 

1.1.      Der Bf sei obdachlos, es existiere lediglich eine Postadresse in  I, K (Obdachlosenmeldung), und bis auf eine Barschaft von ca. 90 Euro mittellos.

 

Weitere Priorierungen hätten strafrechtliche Verurteilungen wegen Eigentums- und Urkundendelikten im Zeitraum von 2008 bis 2010 ergeben, die auch eine Haftstrafe (bedingte Entlassung aus der JA Suben am 03.04.2013) zur Folge gehabt hätten.

 

1.2. Die Verhängung der Schubhaft sei zur Sicherung des bzw. der fremdenrechtlichen Verfahren angemessen und verhältnismäßig bzw. notwendig, da zu befürchten stehe, dass sich der Bf – da er bislang seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen sei – dem weiteren fremdenrechtlichen Verfahren bzw. den darauf beruhenden Maßnahmen zu entziehen trachten werde.

 

Der vorliegende Sicherungszweck könne aufgrund der dargelegten persönlichen Umstände (Obdach- und Mittellosigkeit) sowie der offenkundigen Bereitschaft zur Begehung gerichtlich strafbarer Handlung zum Zweck der Bestreitung des tägliche n Unterhaltes durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nicht erreicht werden.

 

2.           Dagegen richtet sich die Schubhaftbeschwerde des Bf vom 02.09.2013, eingelangt am 10.09.2013. Zu deren Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt:

 

2.1. Die Verhängung der Schubhaft sei unter den Gesichtspunkten der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit zu prüfen, wobei nach der stRsp des Verwaltungsgerichtshofes und auf der Grundlage des Art. 1 Abs.3 BVG zum Schutz der persönlichen Freiheit eine individuelle Prüfung iSe einzelfallbezogenen Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und dem privaten Interesse an der persönlichen Freiheit des Betroffenen zu erfolgen habe. Dabei sei insbesondere der Frage nachzugehen, ob auf der Grundlage der gerechtfertigten Annahme, der Fremde werde sich dem fremdenpolizeilichen Verfahren bzw. der darauf beruhenden Abschiebung (insbesondere) zum Untertauchen entziehen oder es/sie zumindest wesentlich erschweren, ein konkreter Sicherungsbedarf vorliege.

 

Die belangte Behörde habe es unterlassen, diese Einzelfallprüfung vorzunehmen.

 

2.2. Alleine auf der Basis der Obdach- und Mittellosigkeit bzw. der Tatsache einer seit April 2008 rechtskräftigen Ausweisung bzw. seit April 2012 existierenden Rückkehrentscheidung mit 10-jährigem Einreiseverbot könne die Verhältnismäßigkeit der Schubhaftverhängung nicht begründet werden.

 

2.3. Der Vorwurf des Handydiebstahls sei nicht rechtskräftig erwiesen und könne daher auch nicht zur Beurteilung des Sicherungsbedarfes (Begehung strafbarer Handlungen zur Sicherung des Unterhaltes) herangezogen werden. Die darüber hinausgehenden Vorwürfe der strafrechtlichen Verurteilungen seien nach der Verbüßung der Strafhaft ebenso nicht geeignet, einen über die Verhängung eines gelinderen Mittels – etwa in Form des Auftrages zur Bereithaltung an einem bestimmten Ort sowie der wiederkehrenden Meldung bei einer Polizeidienststelle – hinausgehenden Sicherungsbedarf anzunehmen wie die Vorhaltung der bisher nicht erfolgten (freiwilligen) Ausreise.

 

Dies deshalb, weil der Bf in der Lage sei, bei einem guten Freund vorübergehend Logis und Kost zu erhalten, und er alleine deshalb nicht untertauchen werde.

 

2.4. Der Bf habe sich – was den fremdenpolizeilichen Behörden gegenüber stets betont worden wäre – zur freiwilligen Heimreise angemeldet. Diese jedoch unverschuldet nicht antreten können, da ihm die algerischen Vertretungsbehörden bislang die Ausstellung eines Heimreisezertifikates verweigert hätten. Dieser Umstand könne als nicht angelastet werden.

 

2.5. Die Verhängung der Schubhaft sei nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes als ultima ratio zu sehen und nur in jenen Fällen zulässig, in denen – wie hier allerdings möglich – mit einem gelinderen Mittel nicht das Auslangen gefunden werden könne. Bloß allgemeine Annahmen und Erfahrungswerte würden einen Freiheitsentzug nicht zu begründen vermögen.

 

Die Verhängung der und Anhaltung in Schubhaft sei daher in Summe rechtswidrig gewesen, was – nebst Kostenersatz – zu erklären beantragt würde.

 

3. In einer anlässlich der Aktenvorlage mitgereichten Gegenschrift verwies die belangte Behörde vollinhaltlich auf die Ausführungen im angefochtenen Schubhaftbescheid, wiederholte die wesentlichen Teile der den Bescheid begründenden Ausführungen und brachte ergänzend Folgendes vor:

 

3.1. Es sei hervorzuheben, dass der Bf bereits im November 2006 illegal nach Österreich eingereist sei, im April 2007 einen Asylantrag gestellt habe und sich daher seit der rechtskräftig negativen Entscheidung über diesen Antrag im April 2008 rechtwidrig in Österreich aufhalte. Es bestehe eine auf 10 Jahre befristete Rückkehrentscheidung mit Einreiseverbot, was dem Bf bekannt sei.

 

3.2. Der Bf wohne immer wieder bei verschiedenen Bekannten, da er an der als Postabgabestelle fungierenden Adresse in I nicht wohnen könne. Seinen Unterhalt verdiene er nach eigenen Angaben durch Schwarzarbeit. Er verfüge über keine Dokumente, unterhalte in Österreich weder soziale noch wirtschaftliche Kontakte (der Bf sei auch bereits aus der Grundversorgung entlassen worden), habe aber einen Freund in L, bei dem er voraussichtlich schlafen könne, was mit diesem aber erst noch abgeklärt werden müsse.

 

3.3. Eine Rückkehr nach Algerien strebe der Bf – zumindest nach eigenen Angaben – selbst an und sei auch schon bei seiner Vertretungsbehörde gewesen. Diese habe aber die Ausstellung der für die Heimreise erforderlichen Dokumente verweigert, weshalb er nach seiner Haftentlassung seine Familie um die Übermittlung seiner Geburtsurkunde ersucht hätte. Sobald diese vorliegen würde, könne er sich wieder an die Botschaft wenden.

 

3.4. Unter Berücksichtigung der festgestellten persönlichen, wirtschaftlichen und sozialen Umstände, insbesondere aber aufgrund des bisherigen Verhaltens des Bf war ein massiver Sicherungsbedarf anzunehmen.

 

3.5. Die belangte Behörde habe sich – entgegen dem Beschwerdevorbringen – ausführlich mit der Möglichkeit der Anordnung eines gelinderen Mittels auseinandergesetzt. Dabei sei zu konstatieren, dass der Bf generell eine durchaus negative Einstellung zu den asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen der österreichischen Rechtsordnung bzw. den darauf beruhenden Individualentscheidungen an den Tag lege, und – was die Vorhersehbarkeit und Verlässlichkeit seinen Ortsaufenthaltes betrifft – offenkundig bewusst nur vage und für ein verbindliches Procedere nur unzureichend tragfähige Angaben mache.

 

3.6. Da die Angaben zur freiwilligen Rückkehr nicht nur nicht gesichert, sondern im Gegenteil auch nicht im Einklang mit dem bisherigen Verhalten gewesen wären, sei dringend davon auszugehen, dass sich er Bf dem Zugriff der Behörde im Zusammenhang mit der Effektuierung der Ausweisung entziehen werde.

 

3.7. Eine entscheidungswesentliche Änderung habe der festgestellte Sachverhalt aber dadurch erfahren, dass die wiederholten aber erfolglosen Versuche ein Heimreisezertifikat zu erhalten auch behördlicherseits bestätigt worden wären. Auf der Grundlage dieses Erkenntnisstandes sei der Bf unverzüglich aus der Schubhaft entlassen worden.

 

Da die Verhängung der bzw. Anhaltung in Schubhaft aber über den inkriminierten Zeitraum notwendig und verhältnismäßig gewesen sei, würde die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes OÖ. hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 82 Abs.1 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG, BGBl. I 100, zuletzt geändert durch BGBl. I 22/2013, hat der Fremde das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

1.    wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.    wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005

angehalten wird oder wurde, oder

3.    wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs.1 FPG ist zur Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 82 Abs.1 Z2 oder Z3 leg.cit. der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel die Behörde ihren Sitz hat, welche die Anhaltung oder die Schubhaft angeordnet hat.

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat nach § 83 Abs.4 FPG jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

Gemäß § 6 Abs.4a FPG richtet sich die örtliche Zuständigkeit zur Verhängung der Schubhaft oder zur Anordnung gelinderer Mittel nach dem Aufenthalt.

 

4.2. Es ist unbestritten, dass der Bf aufgrund des Bescheides der LPD vom 01.09.2013, GZ: 1078213/FRB, von 01.09.2013, 10.30 Uhr, bis 02.09.2013, 13.00 Uhr, im PAZ Linz in Schubhaft angehalten wurde, weshalb der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung berufen ist.

 

Gemäß § 80 Abs.5 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG, BGBl. I 100, zuletzt geändert durch BGBl. I 50/2012, kann in Fällen, in denen die Schubhaft gemäß § 76 Abs.2 oder 2a verhängt wurde, diese bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftig negativer Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz aufrecht erhalten werden, es sei denn, es läge auch ein Fall des Abs.4 Z1 bis 3 vor. Wird der Beschwerde gegen eine Ausweisung, die mit einer zurückweisenden Entscheidung verbunden ist, die aufschiebende Wirkung gemäß § 37 AsylG 2005 zuerkannt, darf die Schubhaft bis zur Entscheidung des Asylgerichtshofes aufrecht erhalten werden. Darüber hinaus darf die Schubhaft nur aufrechterhalten werden, wenn der Asylgerichtshof eine zurück- oder abweisende Entscheidung erlässt. Die Schubhaftdauer darf in diesen Fällen die Dauer von zehn Monaten innerhalb eines Zeitraumes von 18 Monaten nicht überschreiten.

 

Gemäß § 76 Abs.1 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Gemäß § 76 Abs.2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist;

4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Gemäß § 76 Abs.2a FPG hat die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber Schubhaft anzuordnen, wenn

1. gegen den Asylwerber eine mit einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 verbundene durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde oder ihm gemäß § 12a Abs.1 AsylG 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zukommt;

2. eine Mitteilung gemäß § 29 Abs.3 Z4 bis 6 AsylG 2005 erfolgt ist und der Asylwerber die Gebietsbeschränkung gemäß § 12 Abs.2 AsylG 2005 verletzt hat;

3. der Asylwerber die Meldeverpflichtung gemäß § 15a AsylG 2005 mehr als einmal verletzt hat;

4. der Asylwerber, gegen den nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde, der Mitwirkungsverpflichtung gemäß § 15 Abs.1 Z4 vorletzter Satz AsylG 2005 nicht nachgekommen ist, oder

5. der Asylwerber einen Folgeantrag (§ 2 Abs.1 Z23 AsylG 2005) gestellt hat und der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs.2 AsylG 2005 aufgehoben wurde, oder

6. sich der Asylwerber gemäß § 24 Abs.4 AsylG 2005 ungerechtfertigt aus der Erstaufnahmestelle entfernt hat, soweit eine der Voraussetzungen des Abs.2 Z1 bis 4 vorliegt,

und die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig ist, es sei denn, dass besondere Umstände in der Person des Asylwerbers der Schubhaft entgegenstehen.

 

Die Schubhaft ist nach § 76 Abs.3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

  

Gemäß § 77 Abs.1 FPG hat die Behörde bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs.2 Z1.

 

Gemäß § 80 Abs.1 bzw. 2 FPG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert; sie darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

 

Gemäß § 80 Abs.2 FPG darf die Schubhaftdauer nunmehr grundsätzlich

1.    zwei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen verhängt wird;

2.     vier Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, verhängt wird und kein Fall der Abs.3 und 4 vorliegt.

 

4.3. Die belangte Behörde legte dem angefochtenen Schubhaftbescheid vom 01.09.2013 zu Recht den oben zitierten § 76 Abs.1 FPG zugrunde, da zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung aufgrund des Bescheides des BAA Außenstelle Graz vom 24.04.2008, AZ: 0703599-BAG, bereits eine durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde.

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass der Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt ist, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 83 Abs. 2 FPG, die vom Bf auch nicht beantragt wurde, abgesehen werden konnte. Insbesondere war aufgrund der Aktenlage nicht ersichtlich, welche objektiven Tatbestandselemente im Zuge einer persönlichen Befragung des Bf hätten herkommen können, die eine in wesentlichen Punkten des Sachverhalts anderen Beurteilung ergeben hätten.

 

6.           Aus der "Kann-Bestimmung" sowohl des § 76 Abs.1 als auch des Abs.2 FPG wird deutlich, dass es sich bei der Verhängung der Schubhaft um eine prognostizierende Ermessensentscheidung handelt. Es müssen daher im konkreten Fall Umstände in der Person des Bf gelegen sein, die erwarten ließen, dass sich der Bf dem Verfahren bzw. der Abschiebung iSd § 76 Abs. 1 und Abs. 2 FPG entziehen würde. Dabei sind diese Umstände nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs nicht isoliert voneinander, sondern in Zusammenschau und unter Erstellung einer Einzelfallprüfung zu betrachten.

 

Nachdem sich der Bf zur Zeit der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates nicht mehr in Schubhaft befindet, kann gemäß § 83 Abs.4 FPG eine umfassende Prüfung der Anhaltung zwar grundsätzlich entfallen. Im konkreten Fall ist in der Sache aber Nachstehendes jedenfalls festzuhalten:

 

6.1. Es ist unbestritten, dass die Ausreise aufgrund des festgestellten Sachverhaltes möglichst umgehend zu bewerkstelligen ist. Der Aufenthalt des Bf ist nicht vorhersehbar, seine diesbezüglichen Angaben sind äußerst vage und in der Sache nicht belegbar bzw. nachvollziehbar. Insbesondere durch die vom Bf selbst vorgebrachte Verrichtung von Schwarzarbeit zur notdürftigen Bestreitung des Lebensunterhaltes sind kurzfristige und nicht prognostizierbare Ortswechsel indiziert. Zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung konnte in keinster Weise mit der für Gewährleistung des Zugriffs notwendigen Sicherheit angenommen werden, dass der Bf einen verlässlichen Aufenthalt begründen kann bzw. wird.

 

6.2. Die Angaben über eine ohnehin beabsichtigte freiwillige Ausreise stehen prima vista im Widerspruch zur Tatsache, dass sich der Bf seit der rechtskräftigen Entscheidung über seinen Antrag auf internationalen Schutz im April 2008 (!) weiterhin illegal in Österreich aufhält und mussten zu diesem Zeitpunkt tendenziell als taktische (Schutz-)Behauptung qualifiziert werden.

 

Im Hinblick auf die damit in engem Zusammenhang stehende Abwägung der Interessen des ordnungs- und gesetzmäßigen Fremdenrechtsvollzuges sowie des Rechts auf Schutz der persönlichen Freiheit ist aufgrund der nachvollziehbar geschilderten prekären persönlichen Situation des Bf, die wenigsten kurzfristig und auch unter Einbeziehung allfälliger Möglichkeiten der öffentlichen Sustentation als nur schwer abänderbar zu bewerten ist, sowie der bereits mehrfach dokumentierten strafrechtlich relevanten Fehlverhalten, dem Sicherungsinteressen durch Haftverhängung der Vorrang einzuräumen.

 

6.3. Diese Einschätzung gilt grundsätzlich auch im Zeitpunkt der Entlassung aus der Schubhaft, es ist nun aber offenkundig, dass die Realisierung der Abschiebung – die der Bf zumindest aktuell tatsächlich nicht zu konterkarieren scheint – aufgrund der mangelnden Kooperation der algerischen Vertretungsbehörde nicht zeitnah organisiert werden kann. Ausschließlich dieser Aspekt stellt eine Anhaltung über einen nicht absehbaren Zeitraum außer Verhältnis.

 

6.4. Anzuregen ist, dem Bf nun ein gelinderes Mittel  in Form der Wohnsitznahme und regelmäßigen Meldung bei einer Polizeidienststelle aufzutragen, um einerseits die tatsächliche Kooperationsbereitschaft des Bf auszuloten und andererseits die letztlich unausweichliche Ausweisung nicht gänzlich aus dem Blick zu verlieren.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1.       Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

2.       Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in der Höhe von 14,30 Euro (Eingabegebühr) angefallen.

 

 

 

Mag. Markus Kitzberger

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum