Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-560307/2/Wg/WU

Linz, 02.10.2013

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Berufung der x, x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 23. August 2013, GZ. SO-184-2011, betreffend bedarfsorientierte Mindest­sicherung, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG).

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

 

1. Auf Grund des vorgelegten Verfahrensaktes und der Ausführungen im Berufungsschriftsatz steht folgender Sachverhalt fest:

 

1.1. Die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) stellte am 20. September 2011 bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden (im Folgenden: belangte Behörde) einen Antrag auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und Wohnbedarfes.

 

1.2. Die belangte Behörde gab diesem Antrag mit Bescheid vom 31. Juli 2012, GZ. SO-184-2011, insoweit Folge, als der Bw für sich und die in ihrem Haushalt lebenden Personen (x, geb. x, x, geb. x) ab 16. April 2012 Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs in Form von laufenden Geldleistungen gem. §§ 4 iVm. 13, 27, 31 und 35 Oö. BMSG iVm. § 1 Oö. BMSV gewährt wurde. In Spruchabschnitt 2. dieses Bescheides ordnete die belangte Behörde an, dass der Kindesunterhalt des x und der x als eigene Mittel anzurechnen sind.

 

1.3. Der Bw wurde in weiterer Folge für den Zeitraum 5. August 2013 bis 31. August 2013 sowie für den Zeitraum 1. Jänner 2014 bis 3. August 2014  Notstandshilfe in einem Ausmaß von täglich 24,46 Euro zugesprochen (Mitteilung über den Leistungsanspruch des AMS vom 14. August 2013).

 

1.4. Am 23. August 2013 erschien die Bw vor der belangten Behörde. Es wurde eine Niederschrift mit folgendem Inhalt aufgenommen:

„Frau x erscheint heute persönlich und legt folgende Unterlagen vor:

-        AMS-Betreuungsvereinbarung bis 12. November 2013 (mit Arbeitssuchendmeldung und Kursbesuch „Berufsorientierung für Wiedereinsteigerinnen“ ab 16. September 2013)

-        AMS-Leistungsbestätigung (Notstandshilfe)

Weiters beantragt sie die Weitergewährung der Mindestsicherung ab 1. September 2013.

Ansonsten hat sich an den Lebens- und Einkommensverhältnissen der Familie nichts geändert und jede Änderung ist umgehend bekannt zu geben, da ansonsten eine Kürzung der Leistung erfolgen wird. Frau x nimmt die Aufrollung der BMS-Leistung ab 5. August 2013 zur Kenntnis. Der dadurch entstandene BMS-Überzug wird von der laufenden BMS-Leistung ab September 2013 einbehalten. Aufgrund der niedrigen BMS-Leistung wird voraussichtlich bis zur nächsten Vorsprache keine Leistungsüberweisung erfolgen. Der laufende Wohnbeihilfebescheid und die AMS-Kursunterlagen werden umgehend nach Erhalt per Postweg vorgelegt. Für eine weitere Leistung ab Jänner 2014 wird eine persönliche Vorsprache für Mitte Dezember 2013 vereinbart. Die Ausfolgung des heutigen Bescheides wird bestätigt. Eventuelle Leistungsauszahlungen erfolgen auf das angegebene Konto.“

 

1.5. Im Bescheid vom 23. August 2013, GZ SO-184-2011, erließ die belangte Behörde „aufgrund des Antrages vom 20. September 2011“ folgenden Spruch:

"1.   Es wird Ihnen für sich und die folgenden in Ihrem Haushalt lebenden Personen ab 05.08.2013 Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalt und des Wohnbedarfs, in Form von laufenden monatlichen Geldleistungen wie folgt zuerkannt:

a)     x, geb. am x:

Mindeststandard für Personen, die alleinerziehend sind (§ 1 Abs. 1 Z. 1 Oö. BMSV)

 

b)     x, geb. am x:

Mindeststandard für unterhaltsberechtigte minderjährige Personen, die in Haushaltsgemeinschaft leben, für die ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht (§ 1 Abs. 1 Z. 5 lit. a Oö. BMSV)

c)     x, geb. am x:

Mindeststandard für unterhaltsberechtigte minderjährige Personen, die in Haushaltsgemeinschaft leben, für die ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht (§ 1 Abs. 1 Z. 5 lit. a Oö. BMSV)

Diese Leistung Ist befristet bis 31.12.2013.

Der neue Wohnbeihilfebescheid und AMS-Unterlagen (zB. Kursunterlagen usw.) sind vorzulegen. Für eine weitere Leistung ab Jänner 2013 ist eine persönliche Vorsprache erforderlich.

 

2.      Als eigene Mittel sind einzusetzen:

a)    x, geb. am x:

- Notstandshilfe (AMS-Gmunden)

b)    x, geb. am x:

- Kindesunterhalt (x)

 

c)    x, geb. am x:

- Kindesunterhalt (Kindesvater x)

Rechtsgrundlagen

§§ 4 ff iVm. 13, 27 und 31 Oö. BMSG iVm. § 1 Oö. BMSV“

 

Im angeschlossenen BMS-Berechnungsblatt für laufende Geldleistungen ab 5. August 2013 bis 31. Dezember 2013 wird für August ein Auszahlungsbetrag von 125,02 Euro, für September 143,54 Euro, für Oktober 168 Euro, für November 143,54 Euro und für Dezember 2013 ein Betrag von 168 Euro angegeben.

 

1.6. Dagegen richtet sich die Berufung vom 2. September 2013. Die Bw argumentierte, sie habe den Bescheid erhalten, dass ihr zwar weiterhin die Mindestsicherung zuerkannt werde, ihr jedoch die im August 2013 erhaltene Mindestsicherung nach Berechnung ihres Leistungsanspruches beim AMS aberkannt werde und sie diese zurückbezahlen müsse. Sie bekomme zwar eine Leistung vom AMS für August 2013, diese werde ihr aber, wie üblich, erst im September ausbezahlt. D.h., sie sei auf die Mindestsicherung vom August 2013 angewiesen, da sie sonst kein Einkommen im August gehabt hätte und ihre Fixkosten zur Existenzsicherung trotzdem bezahlt werden müssten. Laut BMF-Berechnungsblatt habe sie im August 2013 einen Anspruch auf Mindestsicherung von 125,02 Euro, obwohl sie im August noch kein Geld vom AMS ausbezahlt bekommen hätte. Um die eigenen Existenz und die Existenz ihrer Kinder nicht zu gefährden, berufe sie gegen den Bescheid und ersuche um Abänderung.

 

1.7. Die Bw legte zudem ein auf den 3.9.2013 datiertes und als Vollmacht bezeichnetes Schriftstück mit folgendem Wortlaut vor: „Ich, x, bevollmächtige Frau x mich bei der Berufung gegen den Bescheid GZ SO-184-2011 zu unterstützen und gegebenenfalls zu vertreten.“ Eine Zustellvollmacht wurde dem Wortlaut zufolge aber nicht erteilt.

 

1.8. Die belangte Behörde legte dem Unabhängigen Verwaltungssenat den Verfahrensakt zur Entscheidung vor.

 

2. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat dazu erwogen:

 

2.1. Eine mündliche Verhandlung war gem. § 67d Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) nicht erforderlich, da der relevante Sachverhalt (Pkt 1) bereits nach der Aktenlage feststeht.

 

2.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Oö. Mindestsicherungsgesetzes (Oö. BMSG) und des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AlVG) lauten:

 

§ 2 Abs 5 Oö. BMSG lautet:

(5) Die Leistungen bedarfsorientierter Mindestsicherung sind subsidiär. (Subsidiaritätsprinzip)

 

§ 7 Abs 1 Oö. BMSG lautet unter der Überschrift „Bemühungspflicht“:

(1) Die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung setzt die Bereitschaft der hilfebedürftigen Person voraus, in angemessener, ihr möglicher und zumutbarer Weise zur Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage beizutragen. Eine Bemühung ist jedenfalls dann nicht angemessen, wenn sie offenbar aussichtslos wäre.

 

§ 13 Abs 6 Oö. BMSG lautet:

(6) Bei wechselnden Einkommen bzw. Anspruchszeiten sowie bei Vorschussleistungen kann zum Ausgleich von allfälligen monatlichen Überbezügen eine Aufrollung vorgenommen werden. Dabei darf im Rahmen der monatlichen Auszahlungen maximal ein Betrag in Höhe von 15 % der zuerkannten Mindeststandards einbehalten werden. Davon unberührt bleiben Rückerstattungs- bzw. Kostenersatzansprüche.

 

§ 31 Abs 4 Oö. BMSG lautet:

(4) Ergeben sich im Zuge der Auszahlung von Leistungen der bedarfsorientierten Mindestsicherung gemäß § 13 Zweifel über die Höhe der zu erbringenden Leistung, so hat die hilfebedürftige Person das Recht, binnen 14 Tagen nach Empfang der Leistung der bedarfsorientierten Mindestsicherung einen Feststellungsbescheid über die Höhe der zu erbringenden Leistung zu beantragen.

 

 

 

§ 34 Abs 4 Oö. BMSG lautet:

(4) Wenn sich eine für das Ausmaß bedarfsorientierter Mindestsicherung maßgebende Voraussetzung ändert, ist die Leistung mit Bescheid neu zu bemessen. Wechselt lediglich die Höhe der im § 31 Abs. 2 Z 2 angeführten eigenen Mittel, ist keine gesonderte Bescheiderlassung erforderlich, es sei denn, der Mindeststandard wird voraussichtlich mehrmals oder erheblich überschritten.

 

§ 51 Abs 2 und 3 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AlVG) lauten:

(2) Die Auszahlung der Leistungen nach diesem Bundesgesetz erfolgt jeweils an einem bestimmten Tag im Monat für einen Monat im Nachhinein über die Österreichische Postsparkasse auf ein Scheckkonto des Leistungsbeziehers bei der Österreichischen Postsparkasse oder auf ein Girokonto des Leistungsbeziehers bei einer anderen inländischen Kreditunternehmung. Ist die Überweisung auf ein Konto nicht möglich, so erfolgt die Auszahlung der Leistungen jeweils an einem bestimmten Tag im Monat für einen Monat bar im Nachhinein über die Österreichische Postsparkasse. In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann die regionale Geschäftsstelle jeweils eine Sonder- oder Zwischenauszahlung veranlassen.

(3) In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen, wie zB im Falle einer besonderen finanziellen Notlage oder einer Rückbuchung, kann die regionale Geschäftsstelle eine Barauszahlung unter Bedachtnahme auf die vorliegenden Anspruchstage vornehmen. Diese kann auch vor der Zuerkennung des Anspruches erfolgen, sofern mit der Zuerkennung gerechnet werden kann. Eine wiederholte Barauszahlung ist jedoch nicht vorzunehmen, wenn sie in der Absicht begehrt wird, die im Abs. 2 festgelegte monatliche Auszahlung zu umgehen.

 

2.3. Es ist zwischen der Aufrollung eines Überbezuges iSd § 13 Abs 6 Oö. BMSG und der Neubemessung einer zuerkannten Leistung iSd § 34 Abs 4 Oö. BMSG zu unterscheiden.

 

2.3.1. Ein neues Einkommen wie bspw die Notstandshilfe ist eine für das Ausmaß der Mindestsicherung maßgebende Voraussetzung.  Die Behörde ist daher gem § 34 Abs 4 Oö. BMSG verpflichtet  die Anrechnung der Notstandshilfe mit Bescheid anzuordnen (arg. „ist ... neu zu bemessen“). Richtig ist, dass die Notstandshilfe gem § 51 Abs 2 AlVG erst einen Monat im Nachhinein ausbezahlt wird. Der nicht am Monatsbeginn gelegene Zeitpunkt der Auszahlung monatlicher Leistungen für sich allein kann aber nicht zu einer - sich jeden Monat wiederholenden - Notlage führen. Die nachträgliche Auszahlung von Einkünften für sich allein ändert nichts daran, dass die Bw für das jeweilige Monat Anspruch auf die entsprechenden Einkünfte hatte und ihr insoweit eigene Mittel zur Verfügung standen (vgl VwGH vom 16.10.2006, Zl 2004/10/0224 und vom 24.10.2011, Zl 2010/10/0151). Im Grunde des § 34 Abs 4 Oö. BMSG wurde die Notstandshilfe daher zu Recht beginnend mit 5. August 2013 angerechnet.

 

2.3.2. Die Mindestsicherung für August 2013 war nun bereits vor Erlassung des bekämpften Bescheides am 23. August 2013 in voller Höhe gemäß dem Bescheid vom 31. Juli 2012 (Pkt 1.2.) ausbezahlt worden. Die belangte Behörde ging erkennbar von einem „Überbezug“ iSd § 13 Abs 6 Oö. BMSG aus und kündigte der Bw eine Aufrollung an (vgl Pkt 1.4.). Aufrollung iSd § 13 Abs 6 Oö. BMSG bedeutet, dass ein Überbezug in den Folgemonaten bei Auszahlung der Mindestsicherung „abgezogen“ wird. Diese Aufrollung ist aber nicht Gegenstand des bekämpften Bescheides. Die Erlassung eines Bescheides ist in § 13 Abs 6 Oö. BMSG grundsätzlich nicht vorgesehen. Erst wenn der Bezieher von Mindestsicherung binnen 14 Tagen nach Empfang der gekürzten Leistung Zweifel am Auszahlungsbetrag äußert, hat die Behörde gemäß § 13 Abs 6 iVm § 31 Abs 4 Oö. BMSG einen Bescheid zu erlassen. Zweifel an der Aufrollung können erst nach Empfang der gekürzten Mindestsicherung in einem gesonderten Verfahren iSd § 13 Abs 6 iVm § 31 Abs 4 Oö. BMSG, nicht aber im ggst. Berufungsverfahren, geltend gemacht werden. Soweit die Bw im Berufungsschriftsatz vom 2. September 2013 Zweifel an der Aufrollung zum Ausdruck bringen wollte, wäre von der belangten Behörde ein Verfahren iSd § 31 Abs 4 Oö. BMSG durchzuführen. Dabei wäre zu beachten, dass die Aufrollung gem § 13 Abs 6 Oö. BMSG im Ermessen der Behörde steht (arg. „kann  ... vorgenommen werden“)

 

2.4. Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G

 

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

 

H I N W E I S

 

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

 

Mag. Wolfgang Weigl