Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-730755/12/SR/WU

Linz, 10.10.2013

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des X, geboren am X, Staatsangehöriger von Senegal, dzt. X, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Wels, vom 26. Juni 2013, GZ.: 1040476/FP/13, betreffend die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines auf zehn Jahre befristeten Einreiseverbots für den gesamten Schengen-Raum nach Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 4. Oktober 2013 zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird mit der Maßgabe stattgeben, als die Dauer des Einreiseverbotes auf 5 Jahre herabgesetzt wird; im Übrigen wird der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

The appeal is allowed in part and the decision opposed is upheld providing that the entry ban is set to be 5 years. Otherwise the appeal is dismissed as being unfounded.

 

 

 

Rechtsgrundlagen / Legal basis:

§ 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 9 Abs 1a, 52 und 53 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 114/2013).

 

 

 


Entscheidungsgründe

 

1. Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Wels vom 26. Juni 2013, GZ.: 1040476/FP/13, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) auf Basis der §§ 52 Abs. 1 und 53 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Z 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung, eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem auf zehn Jahre befristeten Einreiseverbot erlassen.

 

Begründend führt die belangte Behörde nach Darstellung der Rechtslage zum Sachverhalt aus, dass der Bw am 29. März 2013 um 11.10 Uhr festgenommen und in die Justizanstalt X eingeliefert worden sei. Am 21. Mai 2013 sei er in die Justizanstalt X überstellt worden.

 

Mit Urteil des LG für Strafsachen Wien, GZ. 65 Hv 33/2013t vom 19. April 2013 sei der Bw rechtskräftig wegen §§ 27 (1) Z 1 8. Fall, 27 (3) SMG, 15 StGB, 27 (1) Z 1 1. und 2. Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt worden.

 

Dem Schuldspruch zufolge habe der Bw in Wien vorschriftswidrig Suchtgift

 

I. Gewerbsmäßig anderen durch gewinnbringenden Verkauf

A.) Überlassen, und zwar X,

1. Am 29.03.2013 eine Kugel Kokain zu 1,1 Gramm brutto um 80 Euro;

2. Ab einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt Anfang 2013 bis zum 29.03.2013 insgesamt drei Kugeln Kokain von jeweils ca. 1 Gramm um jeweils 80 Euro;

B.) Zu überlassen versucht, nämlich Cannabiskraut, indem Sie es zum unmittelbaren Verkauf an einer szenetypischen Örtlichkeit bereit gehalten haben und zwar

1. Am 29.03.2013 37,5 Gramm brutto;

2. Am 16.12.2012 elf Päckchen mit insgesamt 38,7 Gramm brutto;

II. Ab einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt bis zum 15.01.2013 vorschriftswidrig 24 Päckchen Cannabis (insgesamt 83,6 Gramm brutto) mit dem Wirkstoff Delta-9-THC und 2,5 Gramm Brutto Kokain erworben und besessen.

 

Der Bw habe hierdurch das Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgift nach den §§ 27 Abs. 1 Z 1 8. Fall und Abs. 3 SMG, 15 StGB sowie das Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgift nach §§ 27 Abs. 1 Z 1 1. und 2. Fall SMG begangen.

 

Der Bw habe die im Urteilsspruch angeführten Sachverhalte objektiv begangen, habe ernsthaft mit der Verwirklichung des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgift gerechnet und sich damit abgefunden. Der Bw habe in der Absicht gehandelt, sich durch die wiederkehrende Begehung solcher Straftaten eine fortlaufende Einnahme über zumindest mehrere Wochen zu verschaffen. Die Mittel aus dem Erwerb habe der Bw zu einem geringen – nicht überwiegenden Teil – auch dafür verwendet, sich selbst Suchtgift zu verschaffen.

 

Am 28. Mai 2013 sei dem Bw eine Aufforderung zur Stellungnahme übermittelt worden, die der Bw am 1. Juni 2013 persönlich übernommen habe. Der Bw habe keine Stellungnahme abgegeben. Die belangte Behörde habe daher auf die aus dem Hausakt ersichtlichen Fakten und Daten zurückgegriffen.

 

Die belangte Behörde hat dazu Folgendes erwogen:

 

Sie reisten am 16.12.2011 über Italien illegal mit dem Zug in das Bundesgebiet ein und stellten am 17.12.2011 einen Antrag auf Internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom 07.02.2012 rk. mit 22.02.2012 gemäß §§ 3, 8 AsylG negativ beschieden und eine Ausweisung wurde rechtskräftig.

Am 09.02.2012 wurden Sie vom LKA Wien der Staatsanwaltschaft Wien wegen § 27/3 SMG angezeigt. Am 15.02.2012 wurden Sie festgenommen und in die JA X eingeliefert. Mit Urteil des LG für Strafsachen Wien, GZ: 55 Hv 2/12h vom 06.03.2012 wurden Sie rechtskräftig wegen § 15 StGB, 27 (1) 2. 1 8. Fall SMG, § 297 (1) 1. Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von 14 Monaten, davon 4 Monate unbedingt verurteilt.

 

Aufgrund eines bis dahin noch nicht erlangten Ersatzdokumentes wurden Sie nicht in Schubhaft genommen.

Am 29.03.2013 wurden Sie - wie eingangs beschrieben - festgenommen und in der Folge verurteilt.

Am 21.05.2013 wurden Sie in die JA X überstellt und gaben an, an einer § 133a StVG Entlassung interessiert zu sein.

 

Im Asylverfahren gaben Sie an, dass Ihre Eltern in der Heimat gestorben sind, und zwar der Vater 2006 und die Mutter 1996. Sie hatten als Landarbeiter gearbeitet.

 

Bei der Beurteilung der Frage, ob die Gründe für ein Aufenthaltsverbot (Einreiseverbot) gegeben sind, ist grundsätzlich maßgeblich, ob eine Gefährlichkeitsprognose in dem Sinne zutrifft, dass die Verhängung des Aufenthaltsverbotes erforderlich erscheint, um eine von Ihnen ausgehende erhebliche Gefahr im Bundesgebiet abzuwenden. Dabei ist auch festzustellen, ob dies unter dem Aspekt des Schutzes des Privat- und Familienlebens zulässig ist. Nach Meinung der Behörde war davon auszugehen, dass Ihr den schwerwiegenden Verurteilungen zu Grund liegendes persönliches Verhalten eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellt, die das Grundinteresse der Gesellschaft berührt, die organisierte Suchtgiftkriminalität hintan zu halten. Es besteht ein großes öffentliches Interesse an der Verhinderung von Suchtgiftkriminalität und die Tendenz der gewerbsmäßigen Tatbegehung stellt eine ganz erhebliche Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar. Ihre Vorgehensweise lässt eine persönliche Haltung erkennen, die den Grundregeln des Zusammenlebens in einer Gesellschaft fundamental zuwiderläuft. Ihr Gesamtverhalten bedeutete eine grobe Missachtung der Rechtsordnung und einen ausgeprägten Mangel an Verbundenheit mit rechtlich geschützten Werten.

Im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität kann Ihren privaten und familiären Interessen keinesfalls gegenüber den maßgeblichen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen, nämlich dem Interesse an der Verhinderung an strafbaren Handlungen, am Schutz der Rechte anderer und am Schutz der Gesundheit, Vorrang eingeräumt werden. Die Erlassung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes ist nach Ansicht der Behörde, um die in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zu wahren, dringend geboten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht selbst eine ansonsten völlige soziale Integration eines Fremden bei Suchtgiftdelikten der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes nicht entgegen.

 

Nach Abwägung der angeführten Umstände ergibt sich aus dem festgestellten Sachverhalt, dass unter Berücksichtigung von Art.8 EMRK Ihre Rückkehrentscheidung zulässig ist.

 

Bei der Entscheidungsfindung wurde sowohl auf die Dauer Ihres Aufenthaltes und Ihrer Integration als auch auf Ihre familiären und sonstigen Bindungen zum Bundesgebiet bedacht genommen. Die öffentlichen Interessen an der Erlassung der gegenständlichen Rückkehrentscheidung und die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung dieser Rückkehrentscheidung wiegen jedoch unverhältnismäßig schwerer als die Auswirkungen auf ihre Lebenssituation, zumal Sie erst seit kurzer Zeit im Bundesgebiet leben, wovon Sie einen Großteil davon in Haft verbracht haben, keine privaten und familiären Bindungen hier haben und seit Beendigung des Asylverfahrens illegal im Bundesgebiet sind.

Überdies besteht nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf die Wahrung eines geordneten Fremdenwesens ein eminent hohes öffentliches Interesse.

 

Die Rückkehrentscheidung wird spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar. Sie haben dann unverzüglich bzw. nach Ablauf einer allenfalls zuerkannten Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 FPG auszureisen.

 

2. Gegen den vorliegenden Bescheid hat der Bw innerhalb offener Frist rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung erhoben.

 

Der Bw stellt darin den Antrag, das Einreiseverbot nur für die Republik Österreich zu erlassen. Er habe sich bereits zur freiwilligen Rückkehr angemeldet. Es sei jedoch wichtig für ihn, in andere europäische Staaten einreisen zu können, weil er Freunde und Bekannten in anderen europäischen Staaten (z.B. in Italien) habe.

 

3.1. Die belangte Behörde legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt mit Schreiben vom 18. Juli 2013 dem Unabhängigen Verwaltungssenat Oberösterreich vor.

 

3.2. Mit Schreiben vom 19. Juli 2013 brachte der Bw, unterstützt durch die Volkshilfe Oberösterreich, eine Berufungsergänzung beim Oö. Verwaltungssenat ein.

 

Darin stellt er die Anträge

 

I.          den angefochtenen Bescheid zur Gänze zu beheben, in eventu

II.         den Spruchpunkt II.) betreffend das Einreiseverbot aufzuheben, in eventu

III.        den Spruchpunkt II.) betreffend das Einreiseverbot, soweit es sich auf den Schengen-Raum erstreckt, aufzuheben

IV.       die Dauer des Einreiseverbotes einzuschränken.

 

Begründend führt der Bw Folgendes aus:

 

Es wird nicht bestritten, dass die Formalvoraussetzung - der unrechtmäßige Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet - für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs.1 FPG 2005 im gegenständlichen Fall gegeben ist.

 

Da die belangte Behörde das mit der Rückkehrentscheidung verbundene Einreiseverbot jedoch auf den gesamten Schengenraum erstreckt, hätte der Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Drittstaatsangehörigen nicht allein im Hinblick auf seine Verhältnisse in Österreich beurteilt werden, sondern auch die Situation in den anderen Mitgliedstaaten in den Blick genommen werden müssen.

 

Siehe dazu VwGH vom 15.12.2011. GZ: 2011/21/0237:

 

„§ 61 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 entspricht in weiten Bereichen dem bisher geltenden    § 66 FrPolG 2005 alt, weshalb sinngemäß auf die dazu ergangene Judikatur verwiesen werden kann (vgl E 22. Dezember 2009, 2009/21/0348). Es ist daher nach wie vor unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalls eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen, insbesondere unter Berücksichtigung der im (nunmehr) § 61 Abs. 2 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus (nunmehr) § 61 Abs. 3 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Die Frage nach dem Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Drittstaatsangehörigen darf nicht allein im Hinblick auf seine Verhältnisse in Österreich beurteilt werden, sondern ist auch die Situation in den anderen Mitgliedstaaten in den Blick zu nehmen. Das folgert unzweifelhaft daraus, dass Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot grundsätzlich auf das gesamte Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten bezogen sein sollen."

 

Diese Beurteilung betreffend die Situation in den anderen Mitgliedstaaten vorzunehmen hat die Behörde jedoch unterlassen und sohin den Bescheid mit einem wesentlichen Verfahrensfehler und mit Rechtswidrigkeit behaftet.

 

Der UVS [gemeint wohl die belangte Behörde] meint dazu in seiner Entscheidung:

 

Er hielt sich nur wenige Tage im Bundesgebiet auf (dies illegal), ist hier weder beruflich noch sozial integriert, verfügt über keine nahen Angehörigen, weshalb auch das nur in Hinblick auf die Wirkung des allfälligen Einreiseverbotes für andere Schengenstaaten betroffene Privatleben als dennoch kaum schützenswert erachtet werden muss.

 

Hätte sie die Erstbehörde eine Beurteilung betreffend die Situation in anderen Mitgliedstaaten vorgenommen, müsste sie zur Ansicht gelangen, dass es durch die Erlassung eines Einreiseverbotes für den gesamten Schengen-Raum zu einem schwerwiegenden Eingriff in mein Familien- und Privatleben kommt, der unzulässig ist, da er zur Erreichung der im Art. 8 EMRK genannten Ziele keinesfalls notwendig ist.

 

Es wird explizit darauf hingewiesen, dass meine nächsten Familienangehörigen im Schengen-Raum wohnen und dass zwischen ihnen und mir eine sehr intensive familiäre Beziehung und sehr starke familiäre Bindung besteht.

 

Es handelt sich dabei um folgende Familienangehörige:

-       Bruder:  X in  Norwegen  (im  Besitz vom Visum -Familienangehöriger)

-       Bruder: X in Deutschland (im Besitz vom Visum -Familienangehöriger)

-       Bruder: X in der Schweiz (im Besitz vom Visum -Familienangehöriger)

-       Schwester: X in Dänemark (im Besitz vom Visum -Familienangehöriger)

-       Schwester: X in  Finnland (im  Besitz vom Visum -Familienangehöriger)

 

Weiters möchte ich darauf hinweisen, dass ich in Italien und Schweden sehr gute Freunde habe, mit denen ich einen intensiven Kontakt pflege.

Das vorhandene Familien- und Privatleben im Schengen-Raum ist von solchen maßgebenden Umständen gekennzeichnet, die die Erlassung eines Einreiseverbotes für den gesamten Schengen- Raum jedenfalls als unverhältnismäßig erscheinen lassen.

 

Es würde für mich eine 10 jährige Trennung (gerechnet ab dem Tag meiner Ausreise aus Österreich, die ich gerne sobald als möglich freiwillig antreten würde) von meinen nächsten Familienangehörigen, bedeuten!

 

Mir würde dadurch der persönliche Kontakt zu meinen Geschwistern und meinen sehr guten Freunden über 10 Jahre verwehrt werden.

 

Diese Folgen würden von der belangten Behörde überhaupt nicht in Betracht gezogen!

 

Falls die Behörde in meinem konkreten Fall zur Überzeugung gelangt, dass die Verhängung eines Einreiseverbotes notwendig sei, so wäre lediglich ein Einreiseverbot, welches auf das Bundesgebiet von Österreich beschränkt ist, zulässig.

 

Was die Länge des Einreiseverbotes betrifft, wird auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes v. 15.12.2011, GZ: 2011/21/0237 verwiesen:

 

„Abgesehen von der Bewertung des bisherigen Verhaltens des Drittstaatsangehörigen ist bei der Entscheidung über die Länge des Einreiseverbotes im Sinn der bisherigen Judikatur zu § 63FPG alt (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 8. November 2006, ZI. 2006/18/0323, und vom 18. Februar 2009, ZI. 2008/21/0048) darauf abzustellen, wie lange die von ihm ausgehende Gefährdung zu prognostizieren ist; außerdem ist auch auf die privaten und familiären Interessen des Drittstaatsangehörigen Bedacht zu nehmen."

 

„Die dargestellte Prognose muss auf den Tag der (hypothethischen) Ausreise des Drittstaatsangehörigen bezogen werden. Das ergibt sich aus § §53 Abs. 4 FPG, wonach die Frist des Einreiseverbotes mit Ab/auf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen beginnt.

 

Aufgrund meines oben geschilderten, im Schengen-Raum bestehenden, Familien-und Privatlebens und einer, in meinem Fall, richtigerweise, positiv ausgehenden Prognose, ist die Gültigkeitsdauer des erlassenen Einreiseverbotes äußerst unverhältnismäßig und ist jedenfalls herabzusetzen.

 

Für einen positiven Ausgang der Prognose sprechen ua. folgende Umstände:

 

-       Bis zum Zeitraum der Begehung der Straftaten war ich strafrechtlich unbescholten

-       Ich bereue zutiefst, die Straftaten begangen zu haben und will mir in Zukunft keinerlei strafbare Handlungen mehr zu Schulden kommen lassen

 

3.3. Der Oö. Verwaltungssenat hat die Verfahrensparteien geladen und am 4. Oktober 2013 eine öffentliche Verhandlung durchgeführt. Die belangte Behörde ist entschuldigt ferngeblieben.

 

3.4. Auf Grund der öffentlichen Verhandlung geht der Oö. Verwaltungssenat bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Bw ist am 16. Dezember 2011 von Italien kommend illegal mit dem Zug in das Bundesgebiet eingereist und stellte am 17. Dezember 2011 einen Antrag auf internationalen Schutz (im Folgenden: Asylantrag). Den Asylantrag wies das Bundesasylamt mit Bescheid vom 7. Februar 2012 gemäß den §§ 3 und 8 AsylG ab. Gleichzeitig wurde die Ausweisung nach Senegal verfügt. Mit 22. Februar 2012 ist der Bescheid in Rechtskraft erwachsen.

 

Bereits am 9. Februar 2012 wurde der Bw wegen eines Verstoßes gegen § 27 Abs. 3 SMG angezeigt, am 15. Februar 2012 festgenommen und in die JA Josefstadt eingeliefert. Mit Urteil des LG für Strafsachen Wien, GZ: 55 Hv 2/12h vom 6. März 2012 wurde der Bw wegen § 15 StGB, 27 (1) 2. 1 8. Fall SMG,       § 297 (1) 1. Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von 14 Monaten, davon 4 Monate unbedingt verurteilt. Das Urteil ist in Rechtskraft erwachsen.

 

Nach der Entlassung aus der Strafhaft war der Bw in der Zeit vom 18. Juni 2012 bis zum 16. Jänner 2013 als Obdachloser bei X (Flüchtlingsprojekt) gemeldet.

 

In dieser Zeit sicherte er sich seinen Lebensunterhalt durch Gelegenheitsarbeiten (Schwarzarbeit), Spenden und Erträgen aus Suchtmittelgeschäften.

 

Vom 16. bis 17. Jänner 2013 wurde der Bw in der JA X angehalten. Bis zur neuerlichen Festnahme am 29. März 2013 lebte der Bw – abgesehen von einem kurzfristigen Aufenthalt im Flüchtlingsprojekt X (14. bis 29. März 2013) – im Untergrund.

 

Mit Urteil des LG für Strafsachen Wien, GZ. 65 Hv 33/2013t vom 19. April 2013 wegen §§ 27 (1) Z 1 8. Fall, 27 (3) SMG, 15 StGB, 27 (1) Z 1 1. und 2. Fall SMG wurde der Bw zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt. Das Urteil ist in Rechtskraft erwachsen.

 

Am 21. Mai 2013 wurde der Bw in die JA X überstellt und wird bis dato dort angehalten.

 

Der Bw hat fast sein ganzes Leben im Senegal verbracht (ca. 30 Jahre) und war dort zumindest im Zeitraum 2006 bis zur Ausreise 2011 als Landarbeiter tätig. Die Eltern sind im Senegal verstorben. Zuletzt sein Vater im Jahr 2006. Geschwister des Bw leben in verschiedenen europäischen Staaten und halten sich dort (nach Angaben des Bw) legal auf. Überwiegend hat der Bw schon jahrzehntelang keinen persönlichen Kontakt zu seinen Geschwistern. Abgesehen von Besuchen in Österreich beschränkte sich der Kontakt auf telefonische Gespräche.

 

Die angebliche Verfolgungssituation in Senegal hat das Bundesasylamt als nicht asylrelevant eingestuft und die Ausweisung des Bw in den Senegal als zulässig erachtet. Neue Verfolgungsgründe sind nicht hervorgekommen.

 

Der Bw ist gesund, arbeitsfähig und seine Gattin lebt nach wie vor im Senegal.

 

Die Verstöße gegen das SMG hat der Bw in der mündlichen Verhandlung nicht bereut.

 

3.5. Der festgestellte Sachverhalt ist unbestritten.

 

Der Inhalt der Berufungsergänzung ist dem Bw nicht bekannt. Der Schriftsatz wurde dem Bw vor seiner Unterfertigung nicht übersetzt. Nach Vorlage der Berufungsergänzung hat der Bw seinen Namenszug auf die erste Seite gesetzt. Da er der deutschen Sprache nicht mächtig ist, konnte er auch nicht selbständig den Inhalt erfassen.

 

Die Reuebekundung im letzten Satz der Berufungsergänzung stammt daher nicht vom Bw.

 

In der öffentlichen Verhandlung hat er keinerlei Reue gezeigt und seine Straftaten ausschließlich damit gerechtfertigt, dass er Geld zur Bestreitung des Unterhaltes für sich und seine Gattin im Senegal benötigte.

 

3.6. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 52 Abs. 1 ist gegen einen Drittstaatsangehörigen, sofern nicht anderes bestimmt ist, mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Die Rückkehrentscheidung wird mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Berufung gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 66 Abs. 4 AVG auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

 

Gemäß § 53 Abs. 1 wird mit einer Rückkehrentscheidung wird ein Einreiseverbot unter Einem erlassen. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

 

Gemäß Abs. 2 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für Fünf Jahre zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen miteinzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1.      wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm. § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1a, 1b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z. 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm. 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2.      wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1.000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3.      wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4.      wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5.      wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6.      6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn er ist rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Bundesgebiet mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen;

7.      bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für den selben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8.      eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9.      an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Aufrechterhaltung eines Aufenthaltstitels für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

 

Gemäß Abs. 3 ist ein Einreiseverbot nach Abs. 1 für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

 

4.2. Dass der Bw Drittstaatsangehöriger und im Sinne des § 52 FPG seit Abschluss des Asylverfahrens im Februar 2012 nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig ist, bedarf auf Grund der unstrittigen Feststellungen und des Beweisergebnisses keiner weiteren Begründung.

 

Es ist daher grundsätzlich eine Rückkehrentscheidung gegen ihn zu erlassen und diese mit einem Einreiseverbot zu verbinden.

 

4.2.1. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbots stellt unzweifelhaft einen Eingriff in das Privatleben des Bw dar. Vor dem Hintergrund obiger Ausführungen gilt es daher zunächst, die Zulässigkeit dieses Eingriffs dem Grunde nach zu prüfen. Dabei ist auf die von Art. 8 EMRK geschützten Interessen des Bw sowie § 61 FPG 2005 Bedacht zu nehmen.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist allerdings ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts gemäß Abs. 1 (nur) statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

4.2.2. Gemäß § 61 Abs. 1 FPG ist, sofern durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 2 FPG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war;

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4. der Grad der Integration;

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl- Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 3 FPG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein  aufgrund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51ff. NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

4.3.1. Es ist festzuhalten, dass es gestützt auf die ständige Rechtsprechung der Höchstgerichte grundsätzlich zulässig und erforderlich ist, Maßnahmen zu ergreifen, um massiven Gefährdungen des öffentlichen Interesses effektiv begegnen zu können. Zweifelsohne liegt die Verhinderung von strafbaren Handlungen und der Schutz der Rechte Dritter im öffentlichen Interesse und sind massive Gefährdungen dieses Interesses durch das Ergreifen geeigneter Maßnahmen zu verhindern.

 

Der Bw wurde zweimal, davon zuletzt am 19. April 2013 zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt. Die Urteile sind in Rechtskraft erwachsen. Daher kann über den Bw ein Einreiseverbot von bis zu zehn Jahren verhängt werden.

 

4.3.2. Maßgeblich ist aber nicht primär, dass eine strafgerichtliche Verurteilung bzw. hier mehrere strafgerichtliche Verurteilungen ausgesprochen wurden, sondern dass im Sinne einer Prognoseentscheidung das gegenwärtige und zukünftige Verhalten einer Person im Lichte ihrer strafgerichtlichen Verurteilung(en) rechtlich zu würdigen ist. Es ist also im konkreten Einzelfall zu analysieren, ob davon ausgegangen werden muss, dass der Bw eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

 

Daher ist – aus Gründen der Verhältnismäßigkeit – vor Erlassung eines Einreiseverbots von mehr als fünf Jahren zu prüfen, ob das Verhalten des Bw aus derzeitiger Sicht geeignet erscheint, in Hinkunft die öffentliche Ordnung oder Sicherheit schwerwiegend zu gefährden.

 

Die Tathandlungen und Verurteilungen fanden fast ausschließlich in einem Zeitraum statt, in dem dem Bw kein Aufenthaltsrecht mehr zugekommen ist. Schon daraus ist zu ersehen, welche negative Einstellung der Bw gegenüber der österreichischen Rechtsordnung hat.

 

Auch wenn der Bw in der Berufungsergänzung, deren Inhalt er nicht kannte, einen Satz zur Reue verliert, ist in der mündlichen Verhandlung keine Spur davon zu erkennen. Emotionslos bringt er vor, dass er die Erträge für sich und seine Gattin im Senegal benötigt habe. Dass durch sein Handeln Menschen gesundheitliche Schäden erleiden und Existenzen vernichtet werden kommt ihm nicht einmal ansatzweise in den Sinn.

 

Wie die belangte Behörde ausgeführt und das erkennende Gericht in der Begründung des Urteils festgehalten hat, rechnete der Bw ernsthaft mit der Verwirklichung der Straftatbestände und fand sich damit ab. Er hat auch in der Absicht gehandelt, sich durch die wiederkehrende Begehung solcher Straftaten eine fortlaufende Einnahme über zumindest mehrere Wochen zu verschaffen.

 

Bedeutsam ist, dass der Bw bereits nach wenigen Wochen nach seiner Ankunft in Österreich in das Suchtgiftgeschäft eingestiegen ist und in diese Tätigkeiten trotz seiner frühen Verurteilung weiterhin involviert war.

 

Trotz des einschlägig belasteten Vorlebens ist der Bw in relativ kurzer Zeit wieder massiv delinquiert.

 

Es ist also im Ergebnis davon auszugehen, dass vom Bw nach wie vor eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit ausgeht.

 

4.3.3. Im Sinne der oben zitierten Normen ist eine Interessensabwägung – basierend auf einer einzelfallbezogenen Gesamtbetrachtung – vorzunehmen.

 

Im Rahmen der Interessenabwägung ist festzustellen, dass das gegenständliche Einreiseverbot allenfalls in das Privatleben des Bw eingreift.

 

In Österreich hat der Bw keine Verwandten und keine nennenswerten Beziehungen. Die „Freundschaften“, die entstanden sind, scheinen ausschließlich im Suchtgiftmilieu und in der Schattenwirtschaft angesiedelt zu sein. Jene Zeiten, in denen der Bw nicht in Haft angehalten wurde, verbrachte er teilweise als gemeldeter Obdachloser bzw im Untergrund. Es kam ihm nie in den Sinn der Ausreiseverpflichtung nachzukommen.

 

Mangels legaler Beschäftigung kann auf keine berufliche Bindung im Inland erkannt werden. Wie bereits dargelegt, wurde der Lebensunterhalt überwiegend durch kriminelle Machenschaften bestritten.

 

Ebenso wenig sind relevante Sozialkontakte hervorgekommen.

 

Die über Europa verstreuten Verwandten hat der Bw zum Teil Jahrzehnte nicht gesehen und - abgesehen von telefonischen Kontakten – keinerlei Beziehungen zu ihnen unterhalten. Entgegen den ergänzenden Berufungsausführungen hat der Bw kein intensives Verhältnis zu seinen Geschwistern. In der mündlichen Verhandlung ist nur der Wunsch hervorgekommen, diese nach Jahren wieder sehen zu wollen.

 

Im Hinblick darauf, dass der Bw bis zu seinem 30. Lebensjahr in seinem Herkunftsstaat gelebt und dort jahrelang gearbeitet hat, was für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht unwesentlich ist, da er in diesen Lebensjahren in der Lage war, die Kultur und gesellschaftlichen Gepflogenheiten seiner Heimat kennenzulernen, ist eine Reintegration durchaus denkbar. Unbestritten lebt die Gattin des Bw im Herkunftsstaat. Das Bestehen einer aktuellen Verfolgung im Herkunftsstaat konnte der Bw in der mündlichen Verhandlung nicht glaubwürdig darlegen. Das in Österreich in die Wege geleitete Asylverfahren diente ausschließlich der kurzfristigen Absicherung. Eine asylrelevante Verfolgung ist nicht hervorgekommen. Wäre der Bw tatsächlich einer Verfolgung ausgesetzt gewesen, hätte er schon bei seinem eingestandenen Aufenthalt in Italien einen Asylantrag gestellt. In der öffentlichen Verhandlung hat der Bw zwar auf die bereits im Asylverfahren vorgebrachte Bedrohung verwiesen und zur Verstärkung seines Vorbringens auf ein Telefonat mit seiner Gattin hingewiesen. Eine telefonische Überprüfung seiner Angaben bei seiner Gattin hat der Bw mit dem Hinweis, dass seine Gattin nicht der englischen Sprache mächtig sei, unterbunden.

 

Die allgemein gehaltene Äußerung ist so unbestimmt und vage, dass keinesfalls auf ein Abschiebehindernis geschlossen werden kann. Betrachtet man seine Darstellungen zusammenhängend, kommt eindeutig hervor, dass der Bw vorübergehend in Österreich zu Geld gelangen wollte. Dass er einen bestimmten Staat bevorzuge ist in der Verhandlung nicht hervorgekommen. Sein diesbezügliches Vorbringen ist äußerst unglaubwürdig. Beispielsweise habe er Italien verlassen, weil er dort keine Freunde habe. Trotz anderslautender Feststellungen habe der Bw bereits vor der Einreise in Österreich Freunde gehabt. Die Nennung dieser ist ihm nicht möglich.

 

Das Asylverfahren ist innerhalb von zwei Monaten rechtskräftig abgeschlossen worden. Eine nennenswerte Integration ist in dieser Zeit nicht entstanden.  

 

4.3.4. Insgesamt ist also der belangten Behörde zu folgen, dass den öffentlichen Interessen an der effektiven Verhinderung von Eigentums- und Suchtgiftdelikten sowie an einem geordneten Fremdenwesen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK im konkreten Einzelfall eindeutig der Vorrang vor den privaten Interessen des Bw gegeben werden muss.

 

Der Bw kann sich somit nicht erfolgreich auf den Schutz seines Privat- und Familienlebens berufen.

 

4.4. Abschließend gilt es nunmehr, die Dauer, für welche der Bw nicht in das Gebiet der Mitgliedstaaten einreisen darf, zu prüfen.

 

4.4.1. Gemäß § 53 Abs. 3 FPG ist ein Einreiseverbot im Fall der Z 1 für die Dauer von höchstens zehn Jahren zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist.

 

4.4.2. § 53 Abs. 5 FPG zufolge liegt eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.

 

4.4.3 Durch die Verwirklichung der oben angeführten, nicht getilgten Verurteilung zu 15 Monaten hat der Bw eine unter § 53 Abs. 3 Z 1 FPG zu subsumierende Handlung gesetzt. Darüber hinaus wurde der Bw mehrfach wegen derselben schädlichen Neigung rechtskräftig verurteilt. Vor diesem Hintergrund kann ein Einreiseverbot für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden. Zumindest hat das Einreiseverbot gemäß dem Einleitungssatz des § 53 Abs. 2 FPG 18 Monate zu betragen.

 

Bei der konkreten Bemessung der Dauer des über den Bw zu erlassenden Einreiseverbotes ist dessen bisheriges gesamtes Verhalten zu beurteilen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

 

Das kriminelle Verhalten des Bw, das in Form von Verstößen nach dem Suchtmittelgesetz beinahe während des gesamten Aufenthaltes in Österreich zu Tage trat, zeigt – wie oben ausführlich dargelegt –, dass dieser nicht gewillt ist, sich der Rechts- und Werteordnung im Gastland zu fügen.

 

Ein relevantes Wohlverhalten im Bundesgebiet kann nicht konstatiert werden. Ein geänderter Gesinnungswandel ist überhaupt nicht erkennbar. Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang, dass sich auch die Rahmenbedingungen nicht zum Vorteil des Bw geändert haben und er dieselben Verhältnisse (gleicher Freundeskreis, ungesicherter Lebensunterhalt) vorfindet, die für seine kriminellen Handlungen ausschlaggebend waren.

 

Das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates folgt daher der Ansicht der belangten Behörde, dass das Verhalten des Bw auch zum jetzigen Zeitpunkt bzw. zukünftig eine schwerwiegende Gefährdung des Grundinteresses der Gesellschaft an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sowie der Verhinderung von Straftaten bildet.

 

Hinsichtlich der Dauer des gegenständlichen Einreiseverbotes finden sich im angefochtenen Bescheid keinerlei Ausführungen.

 

Aufgrund der sich ständig steigernden kriminellen Energie, der äußerst kurzen Zeiträume, in denen der Bw nicht straffällig geworden ist, der zeitnahen Rückfälligkeit, der Uneinsichtigkeit, der massiven Schädigung der Rechte und der Gesundheit Dritter, des Versuches, sich den Lebenstraum durch kriminelle Tätigkeiten im Gastland zu erfüllen, kann derzeit von einer günstigen Zukunftsprognose nicht ausgegangen werden und bedarf es daher eines mehrjährigen Einreiseverbotes. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde wird ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot als ausreichend angesehen.

 

4.4. Es war spruchgemäß zu entscheiden.

 

4.5. Ergänzend ist auf ursprüngliche Berufungsbegehren des Bw – Einschränkung des Einreiseverbotes auf Österreich – einzugehen und diesbezüglich auf die nunmehr ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen (z.B.: VwGH vom 22. Mai 2013, 2013/18/0021). In der Begründung führt der Verwaltungsgerichtshof aus, dass entsprechend der Rückführungsrichtlinie das Einreiseverbot für alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union, mit Ausnahme des Vereinigten Königreiches und Irlands, sowie für die assoziierten Schengen-Staaten Schweiz, Norwegen, Island und Liechtenstein, Gültigkeit erlangt.

 

Die beantragte Einschränkung ist somit nicht möglich.

 

 

 

 

 

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

 

H I N W E I S

1. Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 28,60 Euro (Eingabegebühren) angefallen.

 

 

Instruction on the right to appeal

No legal remedies are permitted against this decision.

 

 

Information

Within 6 weeks after delivery a complaint can be lodged against this decision with the Constitutional Court and/or with the Administrative Court; except from legal exceptions, it must be lodged by an authorized attorney. Paying 240 Euros as an appeal fee is required for each complaint to be lodged.

 

 

 

 

Mag. Christian Stierschneider

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum