Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-570050/2/Gf/Rt

Linz, 21.06.2013

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Gróf über die Berufung des Dr. J, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Perg vom 6. Mai 2013, Zl. Wa10-2013, mit dem eine Ordnungsstrafe wegen beleidigender Schreibweise verhängt wurde, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als die Höhe der Ordnungsstrafe auf 300 Euro herabgesetzt wird; im Übrigen wird diese hingegen als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 AVG.

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Perg vom 6. Mai 2013, Zl. Wa10-2013, wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 34 Abs. 3 AVG eine Ordnungsstrafe in Höhe von 600 Euro verhängt, weil er sich im Rahmen eines auf das Oö. Auskunftspflicht-, Datenschutz- und Informationsweiterverwendungsgesetz, LBGl.Nr. 46/1988, i.d.g.F. LGBl.Nr. 97/2012 (im Folgenden: OöADI-G), gestützten Auskunftsbegehrens insofern einer beleidigenden Schreibweise bedient habe, als er in verschiedenen Eingaben u.a. vorbrachte, dass (ein namentlich explizit genannter) früherer Bezirkshauptmann von Perg "aus dem Amt zu jagen" sei, die beiden (explizit namentlich genannten) Amtsvorgänger des derzeitigen Bezirkshauptmannes "Verbrecher" seien und "amtsmissbräuchlich gehandelt" hätten und die BH Perg „in böswilliger Absicht wie die Katze um den heißen Brei herumschleiche“, ein Schreiben dieser Behörde so zu deuten sei, dass diese beabsichtige, einen „Herrn R weiterhin zu drangsalieren“ sowie, dass der gegenwärtige Bezirkshauptmann von Perg „ein Rechtsbrecher“ sei und einen „ungeheuren Wasserraub“ begangen habe.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich bei diesen aus dem gerichtlichen Strafrecht herrührenden negativen Wertungen nicht bloß um eine sachliche Kritik, sondern zweifelsfrei jeweils um eine beleidigende Schreibweise (vgl. z.B. VwGH vom 2. Juli 1990, Zlen. 1990/07/02 bzw. 90/19/0299) gehandelt habe, wobei die als grob beleidigend einzustufende Wortwahl eine Ausschöpfung von mehr als zwei Drittel des Strafrahmens erfordert habe.

 

1.2. Gegen diesen ihm am 31. Mai 2013 durch Hinterlegung zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 7. Juni 2013 – und damit rechtzeitig – per Telefax eingebrachte Berufung.

 

Darin wendet der Beschwerdeführer ein, dass er hinsichtlich des Vorwurfes des Rechtsbruches, der böswilligen Absicht der Vorenthaltung der begehrten Auskunft und des Wasserraubes lediglich die Wahrheit festgestellt habe; sollte dies nicht zutreffen, liege hingegen eine gerichtlich strafbare Tat vor, wobei es den von ihm in seinen Schreiben angesprochenen Personen im Übrigen frei stehe, eine entsprechende Anzeige bei der Staatsanwaltschaft einzubringen.

 

Daher wird die  Aufhebung des angefochtenen Bescheides bzw. beantragt, die Angelegenheit an die zuständige Staatsanwaltschaft zur Prüfung, ob gerichtlich strafbare Tatbestände vorliegen, weiterzuleiten.

 

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der Bezirkshauptmannschaft Perg zu Zl. Wa10-2013 vorgelegten Akt; da die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben und die Faktenlage dezidiert nicht bestritten ist, sondern lediglich Rechtsfragen zu klären sind, konnte im Übrigen gemäß § 67d Abs. 1 AVG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2.2. Nach § 6 Abs. 1 Z. 4 i.V.m. § 6 Abs. 4 OöADI-G entscheidet u.a. über Berufungen gegen Bescheide einer Bezirksverwaltungsbehörde der Unabhängige Verwaltungssenat, und zwar – mangels abweichender sondergesetzlicher Regelung – gemäß § 67a Z. 1 erster Satz AVG durch Einzelmitglied.

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 34 Abs. 3 i.V.m. § 34 Abs. 1 und 2 AVG kann von der Behörde gegen eine Person, die sich in einer schriftlichen Eingabe einer beleidigenden Schreibweise bedient, eine Ordnungsstrafe bis zu 726 Euro verhängt werden.

 

3.2. Im gegenständlichen Fall wird vom Beschwerdeführer das Faktum, sich in seinen Eingaben der von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid aufgezeigten Redewendungen bedient zu haben, in keiner Weise in Abrede gestellt. Strittig ist vielmehr die rechtliche Wertung dieser Äußerungen, wobei die Erstbehörde davon ausgeht, dass es sich insoweit um eine beleidigende Schreibweise handelt, während der Rechtsmittelwerber diese darüber hinaus – allerdings nur für den Fall, dass sich seine Vorwürfe in inhaltlicher Hinsicht als unzutreffend herausstellen sollten – sogar als ein gerichtlich strafbares Delikt qualifiziert; gerade diese Frage sei jedoch seiner Meinung nach in einem gerichtlichen Strafverfahren zu klären, in dessen Rahmen ihm dann die Möglichkeit zukomme, einen entsprechenden Wahrheitsbeweis anzutreten.

 

3.3. Eine Ordnungsstrafe i.S.d. § 34 AVG verkörpert – ungeachtet ihrer allenfalls missverständlichen Bezeichnung – rechtssystematisch besehen keine (Verwaltungs‑)Strafe, sondern lediglich ein Mittel der Disziplinierung, dessen Hauptintention in erster Linie darin besteht, die Behörde vor einer Untergrabung ihrer Autorität zu schützen. Aus diesem mangelnden Strafcharakter folgt für den gegebenen Zusammenhang, dass die Verhängung einer Ordnungsstrafe – ohne in einen Konflikt mit dem Doppelverfolgungs- und –bestrafungsverbot des Art. 4 des 7.ZPMRK zu geraten – zum einen selbst dann nicht gehindert ist, wenn die Äußerungen des Beschwerdeführers den Tatbestand eines entweder gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbaren Deliktes erfüllen; zum anderen ist es aber auch unerheblich, ob jene den Anlass für diese Äußerungen bildenden behördlichen Handlungen der vom Rechtsmittelwerber vorgenommenen Qualifikation auch tatsächlich entsprechen oder nicht: Denn selbst dann, wenn sich die vom Beschwerdeführer vertretene rechtliche Wertung (nämlich: dass ein strafbares Verhalten von Behördenvertretern vorliegt) als zutreffend erweisen sollte, wäre es ihm von Gesetzes wegen nicht gestattet, im Umgang mit einer Behörde bzw. mit deren Funktionsträgern eine Ausdrucksweise zu wählen, die die Grenzen sachlicher Kritik überschreitet und zudem geeignet ist, deren (und damit die staatliche) Autorität (insgesamt) in ungeziemender Weise herabzusetzen (vgl. im Übrigen auch die §§ 111 und 113 StGB).

 

3.4. Davon ausgehend kann es im vorliegenden Fall einerseits keinem Zweifel unterliegen, dass jene im Spruch des angefochtenen Bescheides wörtlich wiedergegebenen Äußerungen, deren sich der Rechtsmittelwerber in den von der belangten Behörde angeführten schriftlichen Eingaben bedient hat, nicht mehr als besonders pointiert-drastische Darstellung des eigenen Rechtsstandpunktes oder im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes als sachliche Kritik an der Amtsführung, sondern als eine Ausdrucksweise, die den gebotenen Anstand im Umgang mit Behörden in grober Art und Weise verletzt, zu werten und damit als eine beleidigende Schreibweise zu qualifizieren ist (vgl. z.B. VwGH vom 22. Dezember 1997, Zl. 97/10/0211; vom 28. Juni 1991, Zl. 91/18/0089; und vom 14. Dezember 1990, Zl. 90/18/0262).

 

Im Hinblick auf die damit verbundenen Beispielsfolgen (generalpräventiver Aspekt) und auch, um den Beschwerdeführer künftig von einer weiteren gleichartigen Vorgangsweise abzuhalten (spezialpräventiver Aspekt), kann daher der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie im vorliegenden Fall die Verhängung einer Ordnungsstrafe als Disziplinierungsmittel für geboten hält.

 

3.5. Im Zuge der Strafbemessung konnte dabei zwar in analoger Heranziehung des §  19 VStG der Umstand, dass die beleidigende Schreibweise in mehreren Eingaben und über einen längeren Zeitraum hinweg erfolgte, als erschwerend berücksichtigt werden; andererseits waren jedoch der Umstand, dass – wie sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt ergibt – keine einschlägigen Vormerkungen vorliegen, und die lange Verfahrensdauer als mildernd zu berücksichtigen.

 

Davon ausgehend erachtet es der Oö. Verwaltungssenat als in gleicher Weise tat- und schuldangemessen, die Höhe der Strafe auf 300 Euro herabzusetzen.

 

3.6. Insoweit war daher der vorliegenden Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben; im Übrigen war diese hingegen als unbegründet abzuweisen und der angefochtene Bescheid zu bestätigen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden, wobei für jede dieser Beschwerden eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten ist.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in einer Höhe von 14,30 Euro entstanden; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

 

 

Dr.  G r ó f

 

 

 

VwSen-570050/2/Gf/Rt vom 21. Juni 2013

 

MRK Art6 Abs1;

MRKZP 07te Art4;

AVG §34 Abs3

 

 

Eine Ordnungsstrafe iSd § 34 AVG verkörpert – ungeachtet ihrer allenfalls missverständlichen Bezeichnung – rechtssystematisch besehen keine (Verwaltungs‑)Strafe, sondern lediglich ein Mittel der Disziplinierung, dessen Hauptintention in erster Linie darin besteht, die Behörde vor einer Untergrabung ihrer Autorität zu schützen. Aus diesem mangelnden Strafcharakter folgt für den gegebenen Zusammenhang, dass die Verhängung einer Ordnungsstrafe – ohne in einen Konflikt mit dem Doppelverfolgungs- und –bestrafungsverbot des Art. 4 des 7.ZPMRK zu geraten – zum einen selbst dann nicht gehindert ist, wenn die Äußerungen des Beschwerdeführers den Tatbestand eines entweder gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbaren Deliktes erfüllen; zum anderen ist es aber auch unerheblich, ob jene den Anlass für diese Äußerungen bildenden behördlichen Handlungen der vom Rechtsmittelwerber vorgenommenen Qualifikation auch tatsächlich entsprechen oder nicht: Denn selbst dann, wenn sich die vom Beschwerdeführer vertretene rechtliche Wertung (nämlich: dass ein strafbares Verhalten von Behördenvertretern vorliegt) als zutreffend erweisen sollte, wäre es ihm von Gesetzes wegen nicht gestattet, im Umgang mit einer Behörde bzw. mit deren Funktionsträgern eine Ausdrucksweise zu wählen, die die Grenzen sachlicher Kritik überschreitet und zudem geeignet ist, deren (und damit die staatliche) Autorität (insgesamt) in ungeziemender Weise herabzusetzen.

 

 

 

 

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