Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101723/2/Bi/Fb

Linz, 23.06.1994

VwSen-101723/2/Bi/Fb Linz, am 23. Juni 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des P vom 26. Oktober 1993 gegen 1) den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 19. Oktober 1993, St. 436/93-S, über eine Sicherheitsleistung und 2) gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 19. Oktober 1993, St. 436/93, über eine Beschlagnahme, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als sowohl der in der Präambel zitierte Bescheid über die Sicherheitsleistung als auch der in der Präambel zitierte Bescheid über die Beschlagnahme bestätigt werden, jedoch festgestellt wird, daß die Sicherheitsleistung freigeworden ist.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e Abs.1, 37 und 39 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG).

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem Bescheid über eine Sicherheitsleistung vom 19. Oktober 1993, St. 436/93-S, dem Rechtsmittelwerber wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 99 Abs.5 iVm 134 Abs.1 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG) aufgetragen, als Sicherheit unverzüglich CZK 4.000,-- zu erlegen.

Mit dem Bescheid über eine Beschlagnahme am 19. Oktober 1993, St. 436/93, wurden auf der Grundlage des vorangeführten Bescheides CZK 4.000,-- als Sicherheit in Beschlag genommen, weil die auferlegte Sicherheitsleistung nicht unverzüglich erlegt worden sei.

Beide Bescheide wurden dem Rechtsmittelwerber persönlich am 19. Oktober 1993 ausgefolgt.

2. Die Berufung vom 26. Oktober 1993, bei der Bundespolizeidirektion Linz eingelangt am 29. Oktober 1993, erfolgte fristgerecht und wurde dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ohne Berufungsvorentscheidung vorgelegt. Da den angefochtenen Bescheiden keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe zugrundelag, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anbebraumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erübrigte sich, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß die angefochtenen Bescheide aufzuheben waren (§ 51e Abs.1 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber schildert in der Berufung das den beiden Bescheiden zugrundeliegende Vorkommnis vom 19.

Oktober 1993 aus seiner Sicht und beantragt im wesentlichen die Rückgabe der CZK 4.000,--.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

4.1. Folgender Sachverhalt liegt der Rechtsmittelentscheidung zugrunde:

Der Rechtsmittelwerber lenkte in Begleitung seines Rechtsvertreters Dr. M am 19. Oktober 1993 gegen 10.45 Uhr den PKW, tschechisches Kennzeichen auf der Mühlkreisautobahn, Richtungsfahrbahn Süd, und wurde kurz vor der Ausfahrt Chemie Linz vom Meldungsleger aufgrund der eingeschalteten Nebelscheinwerfer angehalten. Im Rahmen der offensichtlich von beiden Seiten emotionell geführten Amtshandlung wurde dem Rechtsmittelwerber außer den grundlos eingeschalteten Nebelscheinwerfern auch vorgeworfen, er habe den Sicherheitsgurt nicht ordnungsgemäß verwendet. Die Bezahlung eines Organmandates lehnte er aber ab. In der Folge wurde er dem diensthabenden Journalbeamten der Bundespolizeidirektion Linz, Dr. M, vorgeführt und verweigerte diesem gegenüber erneut die Bezahlung der Organmandatsstrafen. Schließlich wurde ihm aufgetragen, den Betrag von 2.000 S als Sicherheit zu erlegen und, da er angab, kein Geld mitzuführen, und auch zur Sicherheitsleistung nicht bereit war, wurden die in seiner Tasche befindlichen CZK 4.000,-- beschlagnahmt. Darüber wurden dem Rechtsmittelwerber die der Berufung zugrundeliegenden Bescheide persönlich ausgefolgt.

Im Verfallsbescheid vom 20. Oktober 1993, St. 436/93-S, wurden die als Sicherheit beschlagnahmten CZK 4.000,-- für verfallen erklärt, weil sich sowohl die Strafverfolgung als auch der Vollzug der Strafe als unmöglich erwiesen hätten.

Weil der Rechtsmittelwerber im Inland keine Abgabestelle habe und eine Zustellung im Ausland nicht möglich sei, wurde der Verfallsbescheid am 20. Oktober 1993 für zwei Wochen an der Amtstafel angeschlagen, um die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung zu bewirken.

4.2. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 37 Abs.1 VStG kann die Behörde, wenn begründeter Verdacht besteht, daß sich der Beschuldigte der Strafverfolgung oder dem Vollzug der Strafe entziehen werde, diesem durch Bescheid auftragen, einen angemessenen Betrag als Sicherheit zu erlegen. Ebenso kann die Behörde vorgehen, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß die Strafverfolgung oder der Vollzug der Strafe aus Gründen, die in der Person des Beschuldigten liegen, unmöglich oder wesentlich erschwert sein werde. Gemäß Abs.2 dieser Bestimmung kann für den Fall, daß die aufgetragene Sicherheitsleistung nicht unverzüglich erfolgt, die Behörde als Sicherheit verwertbare Sachen beschlagnahmen, die dem Anschein nach dem Beschuldigten gehören.

Im gegenständlichen Fall lagen die gesetzlichen Voraussetzungen für den Auftrag, einen angemessenen Betrag als Sicherheit bei der Behörde zu erlegen, insofern vor, als der im § 37 Abs.1 VStG geforderte begründete Verdacht, daß sich der Beschuldigte der Strafverfolgung oder dem Strafvollzug entziehen werde, gegeben war. Zum einen besteht zwischen Österreich und Tschechien keinerlei Rechtshilfevertrag, sodaß dort weder die Strafverfolgung noch ein eventueller Strafvollzug durchführbar wäre, zum anderen war der Rechtsmittelwerber ja nicht festgenommen worden, sodaß es ihm jederzeit freistand, die Amtsräume der Bundespolizeidirektion Linz und die Republik Österreich zu verlassen. Da der Rechtsmittelwerber außerdem keinen ordentlichen Wohnsitz im Bundesgebiet hat, war nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates der Auftrag zur Erlegung eines angemes senen Betrages in Form von CZK 4.000,-- gerechtfertigt.

Zur Höhe des Betrages ist auf § 134 Abs.4 Kraftfahrgesetz 1967 zu verweisen, wonach bei Verdacht einer Übertretung der Vorschriften dieses Bundesgesetzes ein Betrag bis 10.000 S als vorläufige Sicherheit iSd § 37a VStG festgesetzt werden kann. Der von der belangten Behörde festgesetzte Betrag von 1.430 öS (die CZK 4.000,-- ergaben umgerechnet einen Betrag von 1.460 S, wobei 30 S als Provision von der Bank einbehalten wurden) ist daher auch unter diesem Gesichtspunkt gerechtfertigt und nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates durchaus als angemessen zu bezeichnen.

Zur Beschlagnahme der CZK 4.000,-- ist auf die Bestimmungen des § 39 VStG zu verweisen, wonach, wenn der Verdacht einer Verwaltungsübertretung vorliegt, für die der Verfall von Gegenständen als Strafe vorgesehen ist, die Behörde zur Sicherung des Verfalls die Beschlagnahme dieser Gegenstände anordnen kann. Darunter kann auch Geld verstanden und daher beschlagnahmt werden. Der Verdacht einer mit Verfall bedrohten Übertretung reicht aus, die Übertretung muß daher nicht erwiesen sein (VwGH vom 21. Juni 1989, 89/03/0172).

Aus diesem Grund war es nicht erforderlich, sich vor Erteilung des Auftrages zum Erlag einer Sicherheitsleistung bzw vor der Beschlagnahme der CZK 4.000,-- mit den Argumenten des Rechtsmittelwerbers über eine eventuelle gerechtfertigte Verwendung des Nebelschlußlichtes auseinanderzusetzen.

Im Ergebnis war jedoch der Berufung aus folgenden Gründen Folge zu geben:

Gemäß § 37 Abs.4 VStG wird die Sicherheit frei, wenn das Verfahren eingestellt wird oder die gegen den Beschuldigten verhängte Strafe vollzogen ist oder nicht binnen sechs Monaten der Verfall ausgesprochen wurde.

Auf die Erfüllung der ersten beiden Voraussetzungen gibt es im vorgelegten Verfahrensakt keinen Hinweis, jedoch findet sich dort ein Verfallsbescheid vom 20. Oktober 1993, St. 436/93-S. Laut Aktenvermerk wurde, weil der Bescheidadressat im Inland keine Abgabestelle habe und eine Zustellung im Ausland nicht möglich sei, die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung, nämlich durch Anschlag an der Amtstafel von 20. Oktober bis 4. November 1993, bewirkt.

Aus dem Akteninhalt, insbesondere der vorliegenden Berufung, ergibt sich, daß der Rechtsmittelwerber keine Kenntnis vom Verfallsbescheid hat.

Der unabhängige Verwaltungssenat vertritt die Auffassung, daß im gegenständlichen Fall die gemäß § 25 Abs.1 Zustellgesetz an eine Zustellung durch Anschlag an der Amtstafel zu stellenden Anforderungen im gegenständlichen Fall nicht erfüllt sind. Gemäß dieser Bestimmung können Zustellungen in dieser Form nur an Personen, deren Abgabestelle unbekannt ist oder an eine Mehrheit von Personen, die der Behörde nicht bekannt sind, vorgenommen werden.

Der Rechtsmittelwerber hat sich bei seiner Anhaltung laut Anzeige mit einem tschechischen Reisepaß und einer tschechischen Lenkerberechtigung ausgewiesen und als Adresse die auch nunmehr angeführte bekanntgegeben. Für Zweifel an der Richtigkeit der angegebenen Adresse bestand kein Anhaltspunkt. Auch wenn diese sich mittlerweile als Firmenadresse herausgestellt hat, kann nicht davon ausgegangen werden, daß der Rechtsmittelwerber eine Person ist, "deren Abgabestelle unbekannt" ist.

Der unabhängige Verwaltungssenat vertritt daher die Ansicht, daß die Erstinstanz zumindest versuchen hätte müssen, den Verfallsbescheid an den Rechtsmittelwerber zuzustellen.

Hätte sich dabei die Adresse als unrichtig erwiesen und wäre die tatsächliche Auskunft nicht zu eruieren gewesen, hätte immer noch die im § 25 Zustellgesetz, auf den sinngemäß im § 17 VStG verwiesen wird, eingeräumte Möglichkeit der öffentlichen Bekanntmachung bestanden.

Da eine ordnungsgemäße Zustellung des Verfallsbescheides somit bislang nicht erfolgt ist, daher der Verfallsbescheid nicht rechtswirksam erlassen wurde und die sechsmonatige Frist des § 37 Abs.4 VStG bereits verstrichen ist (diese begann mit der Amtshandlung am 19. Oktober 1993 und endete demnach am 19. April 1994), tritt aus der Sicht des unabhängigen Verwaltungssenates die dort angeführte Rechtsfolge dergestalt ein, daß der als Sicherheit einbehaltene Betrag an den Rechtsmittelwerber rückzuerstatten ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

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