Linz, 02.10.2013
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Markus Kitzberger über die Berufung der Frau M H, geb. X, L, W, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 12.03.2013, BZ-Pol-77015-2013, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 21.08.2013 zu Recht erkannt:
I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
II. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten in I. Instanz als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens 20 % der verhängten Strafe, das sind 200 Euro, zu leisten.
zu I: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz.
zu II: § 64 Abs.1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz.
Entscheidungsgründe:
1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 12.03.2013, BZ-Pol-77015-2013, wurde über die Berufungswerberin (in der Folge: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs.1 Z1 lit.a iVm. § 3 Abs.1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) eine Geldstrafe in der Höhe von 1.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Höhe von jeweils 34 Stunden, verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von 100 Euro vorgeschrieben.
1.1. Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:
1.2.1. In der Niederschrift vom 28.02.2013 habe die Mutter der Bw, Frau A B, gemeinsam mit gewerberechtlichen Geschäftsführer, Herrn G K, den vorgeworfenen Sachverhalt vollinhaltlich bestritten. Insbesondere habe sie Frau M nicht vom Busbahnhof abgeholt. Frau M habe auch nie in der Wohnung (über dem Lokal) geschlafen. Dort wären lediglich Bekannte ihrer Tochter zu Besuch gewesen. Frau B habe Frau M zuvor noch nie gesehen und ihr folglich auch keinerlei (Arbeits-)Aufträge erteilt. Der Hintereingang sei zudem immer offen. Auch habe sie ihr kein Geld gegeben oder eine Telefonwertkarte besorgt.
1.2.2. In der Niederschrift vom 01.03.2013 hätten die einschreitenden Beamten – neben der Schilderung des Einsatzablaufes und der Tatsache, dass Frau B auch ihnen gegenüber alles abgestritten habe – hingegen eindeutig festgehalten, dass Frau M detaillierte Kenntnisse der Örtlichkeit besessen habe, und anlässlich des Einschreitens vor Ort nicht nur die Räumlichkeiten im Obergeschoss des gegenständlichen Objektes habe zuordnen können, sondern überdies auch ganz genau gewusst habe, wo ihre persönlichen Gegenstände zu finden wären (Zimmer, Bad). Der Hinterausgang sei verschlossen vorgefunden worden. Während der Amtshandlung wären auch das Gepäck und die Papiere von Frau M im rückwärtigen Teil des Gebäudes in der Nähe der Mülltonnen gefunden worden.
Insgesamt wären die Schilderungen von Frau M bezüglich Aufenthalt und Tätigkeit plausibel und glaubwürdig gewesen. Die objektive Tatseite sei daher als erwiesen anzusehen.
1.2.3.
2. Gegen dieses Straferkenntnis hat die Bw innerhalb offener Frist Berufung eingebracht und darin im Wesentlichen ausgeführt wie folgt:
3. Der Bürgermeister der Stadt Wels hat von der Erlassung einer Berufungsvorentscheidung abgesehen und die Berufung samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 04.04.2013, eingelangt am 11.04.2013, zur Entscheidung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.
Da eine 2.000 Euro übersteigende Strafe nicht verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).
4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Am 21.08.2013 wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in der die Bw, der gewerberechtliche Geschäftsführer des von der Bw betriebenen Lokals, Herr G K, sowie die in der Hauptsache ermittelnden Exekutivbeamten des Stadtpolizeikommandos Wels, GrInsp R H und RevInsp P G, einvernommen wurden. Die ebenfalls geladenen Zeugen A B (Mutter der Bw, nicht entschuldigt) sowie die unmittelbar betroffene S M (entschuldigt) sind ebenso wie die Vertreter der belangten Behörde bzw. der anzeigenden Stelle nicht erschienen. Frau M hat in einer schriftlichen Mitteilung ausgeführt, dass eine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung aufgrund ihrer privaten Umstände nicht möglich sei. In der Sache habe sie ihren Angaben vor der Exekutive nicht hinzuzufügen.
Folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt steht fest:
5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:
5.1. Gemäß § 3 Abs.1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Rot-Weiß-Rot – Karte plus" oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.
Nach § 2 Abs.2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung
a) in einem Arbeitsverhältnis,
b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,
c) in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeiten nach § 3 Abs.5 leg.cit.
d) nach den Bestimmungen des § 18 leg.cit. oder
e) überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs.4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl.Nr. 196/1988.
Gemäß § 2 Abs.4 erster Satz AuslBG ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs.2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.
Nach § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder eine Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12 bis 12c) erteilt, noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine "Rot-Weiß-Rot – Karte plus" (§ 41a NAG) oder ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde, und zwar bei ungerechtfertigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis zu 50.000 Euro.
5.2. Für die Einordnung in den Beschäftigungsbegriff des (im Beschwerdefall in Betracht kommenden) § 2 Abs.2 lit.a AuslBG ist unter anderem maßgebend, dass die festgestellte Tätigkeit in persönlicher bzw. wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden vom Beschäftiger ausgeübt wird. Beschäftiger ist derjenige, der dem Arbeitnehmer Aufträge erteilt, Arbeitsmittel zur Verfügung stellt, eine Dienst- und Fachaufsicht im Sinn einer organisatorischen Eingliederung des Arbeitnehmers in seinem Betrieb ausübt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 2005, Zl. 2002/09/0167).
Als (der Bewilligungspflicht unterworfenes) Beschäftigungsverhältnis im Sinn des § 2 Abs.2 AuslBG ist u. a. auch eine kurzfristige oder aushilfsweise Beschäftigung anzusehen. Das Tatbestandselement der Beschäftigung ist ausschließlich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit zu beurteilen. Auf eine zivilrechtliche Betrachtung, ob überhaupt ein Arbeitsvertrag zu Stande kam, ob diesem (etwa im Hinblick auf § 879 ABGB oder mangels einer rechtsgeschäftlichen Willensübereinstimmung) Mängel anhaften, oder welche vertragliche Bezeichnung die Vertragsparteien der Tätigkeit gegeben hatten, kommt es hingegen nicht an (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. November 2004, Zl. 2001/18/0129).
Wesentlich für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses bzw. eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses (die übrigen Anwendungsfälle des § 2 Abs.2 AuslBG scheiden aus) sind daher die wirtschaftliche Unselbständigkeit und die Verpflichtung zur persönlichen Leistungserbringung sowie die Eingliederung in den Betrieb des Arbeitgebers. Dies setzt einen das Maß der Geringfügigkeit übersteigenden vermögenswerten Leistungsaustausch voraus. In einem solchen Fall ist die Behörde berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinne auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen (vgl. VwGH vom 26.02.2009, 2007/09/0360 u.a.).
5.3. In der speziellen Sachverhaltskonstellation liegt ein geradezu klassischer Fall der persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit vor. Frau M ist aufgrund ihrer persönlichen Situation praktisch mittellos. Die Kosten für die Busreise nach Österreich, die – auch im südosteuropäischen Umfeld – mit ca. 20 Euro wahrlich keinen außergewöhnlichen Betrag darstellen, muss sie sich von Nachbarn borgen. Die selbständige Aufbringung des Unterhaltes ist ausgeschlossen und aufgrund des fundamentalen Kommunikationsproblems, welches auch den einschreitenden Exekutivbeamten anfänglich massive Probleme bereitetet, die Sachlage auch nur annähernd einschätzen zu können, auch kaum zu bewerkstelligen. Es ist auch nachvollziehbar, dass Frau M während ihres Aufenthaltes faktisch von der Außenwelt abgesondert ist.
Im Ergebnis ist sie auf Gedeih und Verderb auf die „Fürsorge“ und Unterstützung der wenigen Kontaktpersonen angewiesen, die ihr im Gegenzug gleichsam aufoktroyieren, was als Gegenleistung zu tun ist. Maßgebenden Einfluss auf die tatsächlichen Abläufe hat die Mutter der Bw, die im Unternehmen beschäftigt und de facto mit der Geschäftsführung betraut ist. Der Bw ist dieser Umstand bekannt, sie lässt ihre Mutter aber gewähren, weshalb ihr deren Verhalten auch zuzurechnen ist.
5.4. Frau M hatte darüber hinaus auch einen konkreten Auftrag, was ihre Tätigkeit anbelangt. Sie sollte im Lokal anwesend sein, mit den dort anwesenden – praktisch ausschließlich männlichen – Gästen ins Gespräch kommen und sie zu Trinken animieren. Dieses bedungene Verhalten hat den eindeutig wirtschaftlichen Zweck der Umsatzsteigerung zu Gunsten des Unternehmers. Im Gegenzug wurde für den gesamten Unterhalt der Beschäftigten aufgekommen.
Es lässt also auch die vereinbarungstechnische (und –rechtliche) Sachverhaltsqualifikation nicht an Eindeutigkeit vermissen.
5.5. Die rechtfertigende Argumentationslinie der Bw kann in diesem Zusammenhang nur als unschlüssig und teilweise den festgestellten Tatsachen widersprechend bewertet werden.
Nicht nur die übereinstimmenden und in der Sache plausiblen Angaben der erhebenden Beamten betreffend die Einschätzung der vorgefundenen Gesamtsituation, sondern insbesondere das Verhalten von Frau M im Gebäude lassen die Angaben der Bw und ihrer Mutter mehr als unrealistisch und fernab jeder Lebenserfahrung und allgemeinen Verhaltenslogik erscheinen. Es handelt sich um Schutzbehauptungen, die auch durch das „Vor-die-Tür-Stellen“ des Gepäcks von Frau M nicht an Wahrheitsgehalt gewinnen.
Der Ausspruch einer Ermahnung war – was die Qualifikation des Verschuldens iSd Inkaufnahme der Rechtswidrigkeit des eigenen Handelns (auch, ja gerade im Sinne des Duldens des Handelns Dritter) angelangt – aufgrund der im gegenständlichen Zusammenhang indizierten mehrfachen Beschäftigung von Ausländern nicht in Betracht zu ziehen.
6. Die Vorschreibung der Kosten ergibt sich aus den oben angeführten gesetzlichen Bestimmungen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240 Euro.
Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw. als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.
Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240 Euro.
Mag. Markus Kitzberger