Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-168077/7/Kof/CG

Linz, 28.10.2013

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn x gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 06. August 2013, VerkR96-10348-2013, wegen Übertretung der StVO, nach der am 24. Oktober 2013 durchgeführten mündlichen Verhandlung einschließlich Verkündung des Erkenntnisses, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das erstinstanzliche Straferkenntnis bestätigt.

Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem OÖ. Verwaltungssenat
einen Kostenbeitrag von 10 Euro zu entrichten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 16, 19 und 24 VStG

§ 64 Abs.1 und 2 VStG

 

 

Der Berufungswerber hat somit insgesamt zu bezahlen:

·           Geldstrafe ............................................................................. 40 Euro

·           Verfahrenskosten I. Instanz .................................................. 10 Euro

·           Verfahrenskosten II. Instanz ................................................ 10 Euro

                                                   60 Euro

 

Die Ersatzfreiheitsstrafe beträgt ………………………................. 20 Stunden.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die belangte Behörde hat über den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) das

in der Präambel zitierte Straferkenntnis – auszugsweise – wie folgt erlassen:

 

„Sie haben folgende Verwaltungsübertretung begangen:

Taten (einschließlich Ort, Datum und Zeit der Begehung)

 

Tatort:  Gemeinde Lenzing, Gemeindestraße Ortsgebiet, 4860 Lenzing,  

             Atterseestraße, Kreisverkehr Nord, Ausfahrt Vöcklabruck

 

Tatzeit:  30.04.2013, 10:27 Uhr.

 

Fahrzeug:  Kennzeichen VB-...., PKW, Marke, Farbe

 

Sie haben die bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung nicht angezeigt, wodurch sich andere Straßenbenützer auf den bevorstehenden Vorgang nicht einstellen konnten.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt: § 11 Abs.2 StVO

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

 

Geldstrafe von       falls diese uneinbringlich ist,                               gemäß

        Ersatzfreiheitsstrafe von

40 Euro                           20 Stunden                              § 99 Abs.3 lit.a StVO

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 VStG zu zahlen:

10 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe, mindestens jedoch 10 Euro

(je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 100 Euro angerechnet);

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher ......... 50 Euro."

 

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 16. August 2013 erhoben und vorgebracht, er habe geblinkt.

Die anzeigende Beamtin habe sein Blinken übersehen.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 51c VStG) erwogen:

 

Alle Tatsachen, auf die eine behördliche Entscheidung gestützt werden soll, bedürfen eines Beweises.   Die Behörde hat alle beweisbedürftigen Tatsachen
von sich aus zum Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens zu machen.

Dabei muss der volle Beweis erbracht werden.

Dies bedeutet, dass sich die Behörde Gewissheit vom Vorliegen der für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente (zB eines tatsächlichen Vorgangs) verschaffen - somit also davon überzeugen - muss.

 

Nach der Rechtsprechung des VwGH ist für die Annahme einer Tatsache
als erwiesen allerdings keine "absolute Sicherheit" bzw. "kein Nachweis im naturwissenschaftlich-mathematisch exakten Sinn" erforderlich, sondern es genügt, wenn eine Möglichkeit gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt.

 

Die Behörde hat

- nach der Aufnahme von Beweisen zu prüfen, ob ihr diese die erforderliche Überzeugung vom Vorliegen oder Nichtvorliegen des maßgeblichen Sachverhalts vermitteln (= Beweiswürdigung)

- unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens    nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht  und

- den Wert der aufgenommenen Beweise nach deren innerem Wahrheitsgehalt
zu beurteilen;

Hengstschläger-Leeb, AVG-Kommentar, RZ 2 und RZ 8 zu § 45 AVG  (Seite 460ff) sowie

Leeb - Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung im Verwaltungsverfahren in Holoubek-Lang: Allgemeine Grundsätze des Verwaltungs- und Abgabenverfahrens, Seite 343 - 348;  jeweils mit zahlreichen Literatur- und Judikaturhinweisen.

  

 Am 24. Oktober 2013 wurde beim UVS eine öffentiche mündliche Verhandlung (mVh) durchgeführt, an welcher eine Vertreterin der belangten Behörde sowie die Zeugin und Meldungslegerin, Frau RI. C.O. teilgenommen haben.

 

Der Bw ist – trotz rechtzeitiger und ordnungsgemäßer Ladung – zu dieser mVh unentschuldigt nicht erschienen. –

Ist der Bw - trotz rechtzeitiger und ordnungsgemäßer Ladung - ohne triftigen Grund und damit unentschuldigt iSd § 19 Abs.3 AVG zur mVh nicht erschienen, erweisen sich sowohl die Durchführung der mVh, als auch die Verkündung (Fällung)  des  Erkenntnisses in dessen Abwesenheit  als  zulässig;

 

siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band II, 2. Auflage, E2, E5, E6, E22 zu § 51f VStG (Seite 1048 und 1051) zitierten Erkenntnisse des VwGH

sowie VwGH vom 31.01.2005,  2004/03/0153; vom 20.04.2004, 2003/02/0291;   

                    vom 30.01.2004, 2003/02/0223; vom 03.09.2003, 2001/03/0178;

                    vom 18.11.2003, 2001/03/0151; vom 25.02.2010, 2009/09/0146;

                    vom 20.10.2010, 2009/02/0292; vom 29.06.2011, 2007/02/0334.

 

Es fällt einzig und allein dem Bw – und nicht der Behörde – zur Last, wenn der Bw von der ihm durch die ordnungsgemäße Ladung zur Verhandlung gebotenen Gelegenheit zur Kenntnisnahme der Beweisergebnisse und Stellungnahme dazu, durch sein Nichterscheinen keinen Gebrauch macht;

VwGH vom 16.10.2009, 2008/02/0391; vom 03.09.2003, 2001/03/0178 unter Verweis auf das Erkenntnis vom 29.01.2003, 2001/03/0194;

vom 29.06.2011, 2007/02/0334; vom 25.06.2013, 2012/08/0031 und

vom 05.09.2013, 2012/09/0131 jeweils mit Vorjudikatur

 

Die Zeugin und Meldungslegerin, Frau RI. C.O. hat bei der mVh folgendes ausgesagt:

Am 30. April 2013 um 10.27 Uhr führten mein Kollege GI. G.H. und ich Verkehrskontrollen beim Kreisverkehr Lenzing durch.

Wir saßen im Dienst-PKW, dieser war am Firmenparkplatz der Lenzing AG abgestellt.

 

Wir beobachteten speziell die Ausfahrt in Fahrtrichtung Vöcklabruck.

Vom Standplatz hatten wir eine gute Sicht auf diese Ausfahrt.

 

Dabei habe ich festgestellt, dass der Lenker des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen VB-.... vom Kreisverkehr in Richtung Vöcklabruck ausgefahren ist und den Blinker nicht betätigt hat.

 

Andere Verkehrsteilnehmer, speziell jene, welche aus Richtung Vöcklabruck
gekommen sind und in den Kreisverkehr einfahren wollten, konnten sich dadurch auf das Fahrmanöver bzw. die Fahrtrichtungsänderung dieses Fahrzeuges mit dem Kennzeichen VB-.... nicht einstellen.

 

Eine Anhaltung des Fahrzeuges VB-.... war nicht möglich.

 

Es wurde daher Anzeige an die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck erstattet.

 

Die amtshandelnde Polizeibeamtin, hat bei der mVh einen sehr glaubwürdigen und kompetenten Eindruck hinterlassen, den Ablauf der Amtshandlung ausführlich und detailliert geschildert und im Übrigen in keiner Weise bei der Einvernahme den Anschein erweckt, den Bw in irgendeiner Art und Weise ungerechtfertigt belasten zu wollen; VwGH vom 23.01.2009, 2008/02/0247; vom 31.05.2012, 2012/02/0082.

Einem geschulten Organ der Straßenaufsicht ist zuzubilligen, einfache Verkehrs-vorgänge – hier: Nichtanzeige der bevorstehenden Änderung der Fahrtrichtung – richtig beobachten und das Beobachtete richtig wiedergeben zu können;

siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band I., zweite Auflage

E113 zu § 45 AVG (Seite 660f) zitierten zahlreichen Entscheidungen des VwGH;

Hengstschläger-Leeb, AVG-Kommentar, RZ 17 zu § 45 AVG (2. Teilband-Seite 468)

mit zahlreichen Judikaturhinweisen.

 

Der Bw hat im erstinstanzlichen Verfahren mehrfach – zuletzt in der als „Einspruch“ bezeichneten Berufung vom 16. August 2013 – vorgebracht, er habe geblinkt und die anzeigende Polizeibeamtin habe das Blinken offenbar übersehen.

 

Nach der Aktenlage hat der Bw durch die Aufforderung gemäß § 103 Abs.2 KFG (Lenkerauskunft) vom 06. Mai 2013 – somit ca. 1 Woche nach der „Tat“ –erstmals vom Tatvorwurf des „Nicht-Blinkens“ erfahren.

 

Es ist völlig unwahrscheinlich, dass der Bw sich zu diesem Zeitpunkt

an einen derartigen, nur wenige Sekunden dauernden Vorfall erinnern kann.

Dies würde bedeuten, dass der Bw sich an jede einzelne Situation

rechtskonformen Verhaltens im Straßenverkehr erinnern könnte.

Was für den Bw im Zeitpunkt der Wahrnehmung (= beim des Verlassens des Kreisverkehrs) völlig gleichgültig und unbedeutend war, ist plötzlich im Zeitpunkt der Zustellung der Aufforderung gemäß § 103 Abs.2 KFG einschl. Tatvorwurf von Interesse.

Dies ist eine bedeutende Quelle der Unzuverlässigkeit.

Wird – wie dies der Bw behauptet –  ein gesetzeskonformes Abbiegemanöver einschließlich Betätigung des Blinkers vorgenommen, ist dies aus Sicht der Wahrnehmungsbereitschaft zunächst eine uninteressante Einzelheit.

Kommt jedoch später – hier nach Zustellung der Aufforderung gemäß § 103 Abs.2 KFG zur Lenkerauskunft – Interesse daran auf, kann die ursprünglich fehlende Aufnahmebereitschaft nicht ersetzt werden.

Die nicht ins Bewusstsein eingedrungenen äußeren Vorgänge sind

für immer verloren.

Nachträgliches „Sich-Erinnern“ ist nichts anderes als Einbildung und Phantasie;

siehe dazu ausführlich das Erkenntnis des UVS Oberösterreich vom 10. März 1997, VwSen-103990/16 mit Literaturhinweisen.

 

Es widerspricht daher der Lebenserfahrung und entbehrt jedweder Logik, dass der Bw sich ca. 1 Woche nach diesem Abbiegemanöver tatsächlich exakt daran erinnern kann, den Blinker betätigt zu haben.

 

Betreffend den Schuldspruch war somit die Berufung als unbegründet abzuweisen.

 

Hinsichtlich der Strafbemessung wird auf die zutreffende Begründung

im erstinstanzlichen Straferkenntnis verwiesen;

ein derartiger Verweis ist nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH zulässig;   

siehe die in Walter-Thienel, Band I, 2. Auflage E48, E58 und E 60 zu § 60 AVG (Seite 1049ff) sowie E19 zu § 67 AVG (Seite 1325) zitierten VwGH-Erkenntnisse.

 

Ergänzend dazu ist auszuführen, dass die von der belangten Behörde festgesetzte Geldstrafe (40 Euro) mit jenem Betrag identisch ist, welcher bei Ahndung dieser Übertretung mittels Anonymverfügung vorgesehen ist.

 

Gemäß § 64 Abs.2 VStG beträgt der Kostenbeitrag für das Verfahren I. Instanz
10 % und für das Berufungsverfahren 20 % der verhängten Geldstrafe, jeweils jedoch mindestens 10 Euro.

 

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

H I N W E I S

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden.

Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde
bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und
wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden.

Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

 

 

 

Mag. Josef Kofler

 

 

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