Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-168103/3/Kof/CG

Linz, 24.10.2013

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn x,
geb. x, x, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt x gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 27. August 2013, VerkR96-3661-2013, wegen Übertretungen des KFG iVm der EG-VO 561/2006, zu Recht erkannt:

 

 

Betreffend den Schuldspruch wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Betreffend die Strafen wird der Berufung insofern stattgegeben, als die Geldstrafen und Ersatzfreiheitsstrafen wie folgt herab- bzw. festgesetzt werden:

zu 1.:     300 Euro bzw. 60 Stunden

zu 2.:     Ermahnung bzw. keine Ersatzfreiheitsstrafe

zu 3.:     Ermahnung bzw. keine Ersatzfreiheitsstrafe

zu 4.:     350 Euro bzw. 70 Stunden

 

Der Verfahrenskostenbeitrag I. Instanz beträgt 10 % der neu bemessenen Geldstrafen.  Für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Verfahrenskostenbeitrag zu entrichten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 134 Abs.1b KFG idF 30. KFG-Novelle, BGBl. I. Nr. 94/2009

§§ 19, 45 Abs.1 Z4, 64 und 65 VStG

 

 

 

 

 

Der Berufungswerber hat somit insgesamt zu bezahlen:

·           Geldstrafe (300 + 0 + 0 + 350 =) .......................................... 650 Euro

·           Verfahrenskosten I. Instanz .................................................... 65 Euro

                                                    715 Euro

 

Die Ersatzfreiheitsstrafe beträgt insgesamt

(60 + 0 + 0 + 70 =) ..…….......……………………………………….. 130 Stunden.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die belangte Behörde hat über den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) das

in der Präambel zitierte Straferkenntnis – auszugsweise – wie folgt erlassen:

 

Fahrzeuge:  Kennzeichen AK-....., Sattelzugfahrzeug

                 Kennzeichen AK-....., Sattelanhänger

Tatort:  Gemeinde Braunau am Inn, Landesstraße Freiland, aus Richtung Altheim  

             kommend in Richtung Braunau am Inn, B148 bei km 36.200.

Tatzeit:  19.04.2013, 16:07 Uhr.

 

Sie haben als Fahrer des angeführten Kraftfahrzeuges, welches zur Güter-beförderung im Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen zulässige Höchstmasse einschließlich Sattelanhänger 3,5 t übersteigt, folgende Übertretungen begangen.

 

1) Es wurde festgestellt, dass Sie die Tageslenkzeit öfter als zwei Mal pro Woche auf 10 Stunden verlängert haben.  Sie haben die Tageslenkzeit von höchstens

9 Stunden zwischen zwei täglichen Ruhezeiten an folgendem Tag überschritten:

28.03.2013 von 03:06:00 bis 28.03.2013 um 21:56:00 Uhr mit einer Lenkzeit von 11 Stunden 47 Minuten.  Die Überschreitung der täglichen Lenkzeit von

9 Stunden, bei der die Verlängerung auf 10 Stunden nicht gestattet ist, betrug somit 02 Stunden und 47 Minuten.

02.04.2013 von 04:05:00 Uhr bis 02.04.2013 um 19:07:00 Uhr mit einer Lenkzeit von 11 Stunden 00 Minuten. Die Überschreitung der verlängerten täglichen Lenkzeit von 10 Stunden betrug somit 01 Stunde und 00 Minuten.

08.04.2013 von 05:13:00 Uhr bis 08.04.2013 um 21:14:00 Uhr mit einer Lenkzeit von 10 Stunden 58 Minuten. Die Überschreitung der verlängerten täglichen Lenkzeit von 10 Stunden betrug somit 58 Minuten.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 134 Abs.1 KFG i.V.m. Art. 6 Abs.1 EG-VO 561/2006

2) Sie haben die erlaubte Wochenlenkzeit zweier aufeinander folgender Wochen von höchstens 90 Stunden überschritten, obwohl die summierte Gesamtlenkzeit während zweier aufeinander folgender Wochen 90 Stunden nicht überschreiten darf.

Wochen von 01.04.2013 bis 14.04.2013. Lenkzeit 90 Stunden 43 Minuten.

Die Überschreitung der summierten Gesamtlenkzeit während zweier aufeinander folgender Wochen betrug somit 43 Minuten.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 134 Abs.1 KFG i.V.m. Art. 6 Abs.3 EG-VO 561/2006

 

3) Es wurde festgestellt, dass Sie nach einer Lenkdauer von 4,5 Stunden keine ununterbrochene Fahrtunterbrechung von mindestens 45 Minuten eingelegt haben, obwohl eine solche einzulegen ist, sofern der Fahrer keine Ruhezeit nimmt. Diese Unterbrechung kann durch eine Unterbrechung von mindestens
15 Minuten, gefolgt von einer Unterbrechung von mindestens 30 Minuten, ersetzt werden, die in die Lenkzeit so einzufügen sind, dass die Bestimmungen des Absatzes 1 eingehalten werden.

Am 08.04.2013 wurde von 15:23:00 Uhr bis 08.04.2013 um 21:14:00 Uhr erst nach einer Lenkzeit von 04 Stunden 38 Minuten eine Lenkpause eingelegt, die die Anforderung an eine ununterbrochene Fahrtunterbrechung erfüllt.

Die Überschreitung der ununterbrochenen Lenkzeit betrug somit 08 Minuten.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 134 Abs.1 KFG i.V.m. Art.7 EG-VO 561/2006    

 

4) Es wurde festgestellt, dass Sie nicht innerhalb von 24 Stunden nach dem Ende der vorangegangenen täglichen oder wöchentlichen Ruhezeit eine tägliche Ruhezeit von mindestens 11 Stunden eingehalten haben.

Die regelmässige tägliche Ruhezeit kann auch in zwei Teilen genommen werden, wobei der erste Teil einen ununterbrochenen Zeitraum von mindestens 3 Stunden und der zweite Teil einen ununterbrochenen Zeitraum von mindestens 9 Stunden umfassen muss.

Beginn des 24 Stundenzeitraumes am 28.03.2013 um 03:06:00 Uhr.

Die unzureichende tägliche Ruhezeit von weniger als 9 Stunden, bei der die reduzierte tägliche Ruhezeit gestattet ist, betrug somit 05 Stunden und 09 Minuten.

Beginn des 24-Stundenzeitraumes am 29.03.2013 um 22:49:00 Uhr.

Die unzureichende tägliche Ruhezeit von weniger als 9 Stunden, bei der die reduzierte tägliche Ruhezeit gestattet, betrug somit 06 Stunden und 58 Minuten.

Beginn des 24-Stundenzeitraumes am 08.04.2013 um 05:13:00 Uhr.

Die unzureichende tägliche Ruhezeit von weniger als 9 Stunden, bei der die reduzierte tägliche Ruhezeit gestattet ist, betrug somit 07 Stunden und 58 Minuten.

 

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 134 Abs. 1 KFG i.V.m. Art. 8 Abs. 1 EG-VO 561/2006

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt:

 

Geldstrafe von    falls diese uneinbringlich ist,                           Gemäß                                                                                                 Ersatzfreiheitsstrafe von

340 Euro                        70 Stunden                                   § 134 Abs.1, 1a u. 1b KFG

  50 Euro                        10 Stunden                                    § 134 Abs.1, 1a u. 1b KFG

  50 Euro                        10 Stunden                                   § 134 Abs.1, 1a u. 1b KFG

450 Euro                        90 Stunden                                   § 134 Abs.1, 1a u. 1b KFG

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 VStG zu zahlen:

89 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe, mindestens jedoch 10 Euro

(je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 100,00 Euro angerechnet);

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher ......  979 Euro."

 

Gegen dieses Straferkenntnis – zugestellt am 14. September 2013  – hat der Bw innerhalb offener Frist die nicht begründete Berufung vom 20. September 2013   erhoben und mit Schreiben (E-Mail) vom 23. Oktober 2013 eine Begründung nachgereicht.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS)

durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 51c VStG) erwogen:

 

Die Lenk- und Ruhezeiten sind Schutznormen, welche der

-    Gefahr des Lenkens von Schwerfahrzeugen in übermüdetem Zustand und

-    Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer vor folgenschweren Unfällen

begegnen;  VwGH vom 27.02.2007, 2004/01/0046

 

Die EG-VO 561/2006 ist für alle im EU-Raum zugelassen LKW anzuwenden.

Der Kontrollzeitraum beträgt...... 29 Tage.

(Tag der Kontrolle sowie die vorangegangenen 28 Tage).

 

Der Rechtsvertreter des Bw bringt in der Stellungnahme vom 23. Oktober 2013 vor, dass die Fahrten nicht auf Österreichischem Bundesgebiet stattgefunden (haben müssen) und insoweit die Verstöße nicht von Österreich zu ahnden wären.

 

 

Rechtlich irrelevant ist, ob der Lenker in Österreich und/oder in einem anderen

EU-Staat und/oder in einem „Nicht-EU-Staat“ gefahren ist, da jegliches Lenken eines LKW durch ein- und dieselbe Person – aufgrund der aus deren Ermüdung erwachsenden Gefahren – als Teil der Gesamtlenkzeit erfasst wird;

VwGH vom 29.04.2002, 2000/03/0103 und vom 27.11.2001, 99/11/0180.

 

Es ist daher rechtlich bedeutungslos, ob der Bw die im erstinstanzlichen Straferkenntnis angeführten

-          Überschreitungen der täglichen Lenkzeit

-          Überschreitung der zweiwöchigen Lenkzeit

-          Nichteinhaltung der erforderlichen Fahrtunterbrechungen und

-          Unterschreitungen der täglichen Ruhezeit

in Österreich und/oder in einem anderen EU-Mitgliedstaat und/oder

in einem „Nicht-EU-Staat“ begangen hat.

 

Im erstinstanzlichen Verfahrensakt ist die detaillierte Auswertung

der elektronisch gespeicherten Daten des digitalen Tachographen enthalten. –

Der Bw hat die Richtigkeit dieser elektronischen Auswertung nicht bestritten.

 

Hinsichtlich des Schuldspruch war somit die Berufung als unbegründet abzuweisen.

 

Gemäß § 134 Abs.1b KFG erfolgt die Einteilung der Übertretungen in

drei Verschuldensgrade und sind folgende Mindest-Geldstrafen vorgesehen:

·      sehr schwerwiegender Verstoß   –  300 Euro

·      schwerwiegender Verstoß          –  200 Euro

·      geringfügiger Verstoß                –  keine Mindeststrafe

 

In Punkt 1. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses hat der Bw unter anderem einen sehr schwerwiegenden Verstoß begangen.

Aufgrund der geringen Einkommenssituation des Bw sowie der bisherigen verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit ist es gerechtfertigt und vertretbar, die gesetzliche Mindeststrafe von 300 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 60 Stunden) festzusetzen.

Die Verhängung der Mindeststrafe bedarf keiner näheren Begründung;

VwGH vom 23.03.2012, 2011/02/0244.

 

In Punkt 2. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses hat der Bw die erlaubte zweiwöchige Lenkzeit (90 Stunden) „nur“ um 43 Minuten – somit um weniger
als 1 % – überschritten.

Gemäß § 45 Abs.1 Z.4 VStG wird daher von der Verhängung einer Strafe abgesehen und der Bw unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens ermahnt.

 

 

 

In Punkt 3. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses hat der Bw die

ununterbrochene Lenkzeit (4 Stunden 30 Minuten) „nur“ um 8 Minuten überschritten.

Aufgrund dieser geringfügigen Überschreitung wird ebenfalls von der Verhängung einer Strafe abgesehen und der Bw unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens ermahnt.

 

In Punkt 4. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses hat der Bw insgesamt

zwei sehr schwerwiegende Verstöße begangen.

Aufgrund der geringen Einkommensverhältnisse des Bw sowie dessen verwaltungsstrafrechtlicher Unbescholtenheit ist es vertretbar, die Geldstrafe auf 350 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 70 Stunden herab- bzw. festzusetzen.

 

Gemäß § 64 Abs.2 VStG beträgt der Kostenbeitrag für das Verfahren I. Instanz 10 % der neu bemessenen Geldstrafen. Gemäß § 65 VStG ist für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat kein Verfahrenskostenbeitrag zu entrichten.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G

 

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

 

H I N W E I S

 

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden.

Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde
bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

 

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und
wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden.

Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

 

Mag. Josef Kofler