Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-168124/2/Br/Ka

Linz, 28.10.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die gegen das Strafausmaß gerichtete Berufung der Frau x,  gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich, vom 01. Oktober 2013, Zl.: S-29669/13-1 zu Recht:

 

 

I.    Der Berufung wird im Umfang der Berufung mit der Maßgabe Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 600,-- Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf fünf Tage ermäßigt wird.

 

 II.  Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich folglich auf 60,-- Euro; für das Berufungsverfahren entfallen die Verfahrenskostenbeiträge.

 

 Rechtsgrundlagen:

zu I:             §§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm §§ 19, 20, 24,   51 und 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

zu II:             § 65 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Über den Berufungswerberin  wurde mit dem oben bezeichneten und von der Behörde erster Instanz gegenüber der Berufungswerberin  mündlich verkündeten Straferkenntnis in dessen Spruchpunkt 1)  wegen der Übertretung nach § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1 lit.a StVO eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 10 Tagen verhängt, weil sie am 18.07.2013, um 21.45 Uhr, in Linz, Hessenplatz in Fahrtrichtung stadtauswärts bis Höhe Hessenplatz Nr. 5, ein Fahrrad

1. in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (Atemluftalkoholgehalt 0,68 mg/l) und

2. unbeleuchtet auf der Fahrbahn gelenkt habe.

 

 

1.1. Die Behörde erster Instanz wertete bei der Strafzumessung im Punkt 1. Die Höhe der Alkoholisierung als straferschwerend, mildernd jedoch das Geständnis, sowie der Umstand, dass es sich beim gelenkten Fahrzeug um kein Kraftfahrzeug gehandelt habe. Hinsichtlich des Punktes 2. ist auch der Strafausspruch des sogenannten Kurzerkenntnisses bereits in Rechtskraft erwachsen.

 

 

2. In der dagegen fristgerecht und nur im Punkt 1. gegen das Strafausmaß gerichteten Berufung, vermeint die Berufungswerberin, sie sei am 18.07.2013 alkoholisiert beim Radfahren angehalten und zu einer Geldstrafe in Höhe von € 1.133,- verurteilt worden.

Sie bestreite die Tat nicht und sie sei sich dessen bewusst eine strafbare Handlung gesetzt zu haben und damit sich selbst und andere Verkehrsteilnehmer in Gefahr gebracht zu haben.

Sie akzeptiere eine Geldstrafe, möchte aber bitten diese zu reduzieren, da sie nur über ein monatliches Einkommen in Höhe von ca. € 700,- verfüge. Sie bereue die Tat aufrichtig und hoffe auf Entgegenkommen.

 

 

 

3. Da  keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der  Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsverhandlung konnte angesichts der  bloßen Strafberufung unterbleiben (51e Abs.3 Z2 VStG).

 

 

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verfahrensakt. Daraus ergibt sich der für die Strafzumessung wesentliche Sachverhalt.

 

 

 

4.  Der Berufungswerberin  wurde von Organen der Polizeiinspektion Landhaus am 18. Juli 2013 um 21:45 Uhr in einem durch  Alkohol beeinträchtigten Zustand im Zentrum von Linz radfahrend betreten. Ihr Fahrzeug war unbeleuchtet, was hier jedoch nicht zum Gegenstand der Strafberufung gemacht wurde. Zu diesem wohl nicht mindergefährlichen Punkt wurde jedoch nur eine Geldstrafe in der Höhe von 30 Euro ausgesprochen.

Den logischen Denkgesetzen folgend geht die Berufungsbehörde von einem tageszeitbedingt nur mehr von einem eher geringen Verkehrsaufkommen aus, sodass insbesondere mit Blick das gelenkte Fahrrad im Verhältnis zu einem Pkw oder gar LKW die Tatfolgen, falls diese für dritte Verkehrsteilnehmer als solche überhaupt quantifizierbar sind, weit hinter  dem, wie sie etwa von einem alkoholisierten Kraftfahrer ausgehen, zurückbleiben. Sie sind wohl kaum höher einzuschätzen als sie etwa auch von einem alkoholisierten Fußgänger auf öffentlichen Verkehrsflächen ausgehen, wobei ein Solcher derzeit noch straflos bleibt. Mit dem unbeleuchteten Fahren könnte, logisch betrachtet durch die hohe Wahrscheinlichkeit ein solches Fahrzeug zu übersehen, eine wohl kaum geringeres Risiko bzw. eine ebenso erhöhte Unfallgefahr einhergehen als dies in der primären Selbstgefährdung eines alkoholisierten Radfahrers begründet sein mag.  

 

 

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

§ 5 Abs.1 lit.a StVO 1960 idF BGBl. I Nr. 93/2009 lautet:

"Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 1.200 Euro bis 4.400 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zehn Tagen bis sechs Wochen, zu bestrafen wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,2 g/l (1,2 Promille) oder mehr aber weniger als 1,6 g/l (1,6 Promille)  oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft mehr 0,6 mg/l aber weniger als 0,80 mg/l beträgt, …."

 

 

 

5.1. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 Strafgesetzbuch - StGB sinngemäß anzuwenden.

 

 

5.2. Für den Fall des beträchtlichen Überwiegens der Milderungsgründe kann nach   § 20 VStG die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden. Bei der Beurteilung der Frage des "beträchtlichen Überwiegens der Milderungsgründe" kommt es nicht auf die Zahl, sondern auf das Gewicht der Milderungsgründe an (VwGH 15.12.1989, 89/01/0100 und den Hinweis auf die h. Erk. 10.11.2008, VwSen-163624/2/Br/RSt, sowie 23.12.2008, VwSen-163745/2/Br/RSt mit Hinweis auf die h. Erk. v. 08.02.2005, VwSen-160237/5/Br/Wü, sowie v. 9.2.1998, VwSen-105157/5/BR).

Damit wird einem am Sachlichkeitsgebot orientierte verfassungskonforme  Rechtsvollzugspraxis Rechnung getragen um damit unsachliche Ergebnisse in entsprechender Wertung ungleicher Ausgangslagen zu vermeiden (vgl. h. Erk. 19.06.1995VwSen-102913/2/Gu/Atz).

Bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen besteht  darauf ein Rechtsanspruch (vgl. etwa VwGH vom 31. 1.1990, 89/03/0027, VwGH 21.5.1992, 92/09/0015 und VwGH 2.9.1992, 92/02/0150).

 

Wenn hier die Behörde erster Instanz das Ausmaß der Alkoholisierung als straferschwerend wertete, verstieß sie damit gegen das Gebot der Doppelverwertung, zumal auf den spezifischen Alkoholisierungsgrad bereits ein erhöhter Strafrahmen und damit eine vom Gesetzgeber antizipierte Wertung der Tatschuld vorweggenommen wurde. Der Alkoholisierungsgrad darf daher nicht ein weiteres mal als straferschwerend herangezogen werden.

Im Übrigen räumt die Behörde erster Instanz durchaus selbst und zutreffend ausschließlich mildernde Umstände ein.  Vor diesem Hintergrund ist die nunmehr unter Anwendung des § 20 VStG – den offenbar auch die Behörde erster Instanz bei der von ihr unterschrittenen Mindeststrafe ebenfalls anwendete, jedoch bloß nicht zitierte -  in voller Ausschöpfung des Strafrahmens nach unten ausgesprochene Geldstrafe in Höhe von 600 Euro, und damit fast einem ganzen Monatsgehalt, am Maßstab der Unwertfolgen immer noch als hart einzustufen.  Es bedarf jedenfalls angesichts der gezeigten Reumütigkeit und Schuldeinsicht keiner höheren Bestrafung um  die Berufungswerberin vor weiteren Alkofahrten mit dem Fahrrad abzuhalten.  Gründe welche im Sinne der Prävention gegen die volle Ausschöpfung des Strafrahmens nach unten sprechen würden finden sich hier nicht  (vgl. jüngst h. Erk. v. 26.8.2013 VwSen-168013/4/Br/Ai).

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

 

 

VwSen-168124/2/Br/Ka vom 28. Oktober 2013

 

StVO 1960 §99 Abs1 lita;

VStG §19 Abs2

 

Ein bestimmtes Ausmaß der Alkoholisierung darf nicht als zusätzlicher Straferschwerungsgrund herangezogen werden, wenn auf den spezifischen Alkoholisierungsgrad bereits ein erhöhter Strafrahmen Anwendung findet (Doppelverwertungsverbot).