Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310548/3/Re/CG

Linz, 30.10.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 7.Kammer (Vorsitzender: Dr. Ewald Langeder, Berichter: Dr. Werner Reichenberger, Beisitzerin: Dr. Andrea Panny) über die Berufung des Herrn x, vom 29. September 2013, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 17. September 2013, UR96-17-2013-Ber, betreffend eine Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes (AWG 2002), zu Recht erkannt:

 

 

 

I.    Der Berufung wird Folge gegeben, das bekämpfte Straferkenntnis  aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.          Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 9, 24, 51 Abs.1 und 45 Abs.1 Z.3 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG)

zu II.: § 64ff VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.           Die Bezirkshauptmannschaft  Urfahr-Umgebung hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 17. September 2013 über Herrn x eine Geldstrafe in der Höhe von 2.100,00 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit derselben eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 84 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ihm vorgeschrieben, 10 % der verhängten Strafe als Verfahrenskostenbeitrag zu leisten.

 

Nachstehender Tatvorwurf wurde ihm zur Last gelegt:

 

„Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 VStG 1991 zur Vertretung nach außen befugtes, Organ der x OG, x und daher strafrechtlich Verantwortlicher zu vertreten, dass in der Zeit von 03.05 2011 bis zum Tag der Erlassung der Aufforderung zur Rechtfertigung, das ist der 04.07.2013, der Spruchpunkt III. (Für die geänderte Gasfackelanlage ist nach Fertigstellung bzw. vor betrieblicher Nutzung ein neuer Abnahmebefund nach Maßgabe des § 22 Oö. Luftreinhalte-und Energietechnikgesetz 2002 – Oö. LuftREnTG (idgF.) einer befugten Person/Anstalt vorzulegen) des rechtskräftigen Bescheides des Landeshauptmannes von Oberosterreich vom 3. Mai 2011, UR-2006-2413/59-P, nicht erfüllt wurde, da die von Ihnen vorgelegten Unterlagen (Prüfprotokoll bzw. Kundendienstbericht der x Gesellschaft für Gerätebau mbH in x, jeweils mit Datum vom 19.11.2012, sowie Prüfbericht der x GmbH in x mit Datum 6.3.2013) nicht dem Anhang 2 der Oö. Gassicherheitsverordnung 2006 in der Fassung LGBl. Nr. 46/2012 (in Verbindung mit § 22 Oö. Luftreinhalte- und Energietechnikgesetz 2002 in der Fassung LGBl. Nr. 29/2012) entsprechen, obwohl die im genannten Bewilligungsbescheid geänderte Abfallbehandlungsanlage (Biogasanlage) in Betrieb ist.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§79 Abs. 2 Z, 11 i.V.m § 43Abs. 4 des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG 2002), BGBl.I Nr. 102/2002   i.d.g.F.    i.V.m.    Spruchpunkt   III.    des   rechtskräftigen    Bescheides   des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 3. Mai 2011, UR-2006-2413/59-P“

 

 

Dies im Wesentlichen mit der Begründung, er sei handelsrechtlicher Geschäftsführer der x OG, x und somit gemäß § 9 Abs. 1 VStG strafrechtlich Verantwortlicher für die angelastete Übertretung. Der x OG wurde im Spruchpunkt III des rechtskräftigen Bescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 3. Mai 2011, UR-2006-2413/59-P vorgeschrieben:

Für die geänderte Gasfackelanlage ist nach Fertigstellung bzw. vor betrieblicher Nutzung ein neuer Abnahmebefund nach Maßgabe des § 22 Oö. Luftreinhalte- und Energietechnikgesetz 2002 – Oö. LuftREnTG (idgF.) einer befugten Person/Anstalt vorzulegen.

 

Aus dem Strafantrag der Abteilung Anlagen-, Umwelt- und Wasserrecht, UR-2006-2413/75-P/Frö, ergäbe sich, dass die Erfüllung des Auflagenpunktes mit Schreiben der Genehmigungsbehörde vom 25. Juli 2011, vom 28. September 2011, vom 12. Dezember 2011 und vom 31. Jänner 2013 urgiert worden sei.

Es sei im Verfahren von Herrn x zwar angegeben worden, dass er die Überprüfung der Gasfackel an Herrn DI. Dr. x übergeben hätte, dies ändere nichts daran, dass der Spruchpunkt III des rechtskräftigen Bescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 3. Mai 2011 in der Tatzeit nicht erfüllt worden sei und stelle dies eine Verwaltungsübertretung dar.

 

2.           Gegen dieses Straferkenntnis hat Herr x als Berufungswerber (in der Folge: Bw) innerhalb offener Frist Berufung erhoben. Dies im Wesentlichen mit dem Vorbringen, es sei im Zuge der Überdachung des E-Raumes und des BHKW-Raumes notwendig gewesen, die bestehende Gasfackel um ca. 3 m anzuheben. Dies sei vorab geprüft worden und mit einem Gassachverständigen des Landes Oberösterreich abgesprochen bzw. freigegeben worden. Nach Fertigstellung sei ein Prüfgutachten der Fa. x GmbH beauftragt und zur Begutachtung an das Land Oberösterreich geschickt worden, es wurde aber vom Land Oberösterreich als nicht ausreichend eingestuft. Dies sei zu diesem Zeitpunkt nicht bewusst gewesen. In weiterer Folge sei die Überprüfung an Herrn DI. x übergeben worden, dieser befindet sich auf Kur und es verzögerte sich die Ausfertigung. Dem Bw seien die 4 Urgenzschreiben, die im Straferkenntnis auf Seite 3 aufgelistet seien, nicht eigenhändig zugestellt worden und habe er aus diesem Grund nicht auf die Aufforderung reagieren können. Die Angelegenheit sei im Laufen und bestehe Kontakt mit dem Land Oberösterreich weshalb die verhängte Strafe nicht gerechtfertigt sei.

 

3.            Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat diese Berufung samt bezughabenden Verwaltungsakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser aufgrund der Tatsache, dass eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige 7. Kammer zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verfahrensakt. Eine öffentliche mündliche Verhandlung entfällt im Grunde des § 51e Abs.2 Z.1 VStG.

 

5.            Erwägungen des Unabhängigen Verwaltungssenates:

Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragener Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Dem Verfahrensakt liegt ein aktueller Firmenbuchauszug betreffend die x OG vor. Diesem Firmenbuchauszug ist zu entnehmen, dass als unbeschränkt haftende Gesellschafter der x OG Herr x sowie Herr x eingetragen sind. Dem Eintrag des Berufungswerbers, geb. am 11. April 1957, ist jedoch angefügt, dass er seit 7. Dezember 2005 nicht vertretungsbefugt ist.

 

Die anzuwendende Bestimmung des § 9 VStG gilt nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut für juristische Personen und eingetragene Personengesellschaften. Eingetragene Personengesellschaften sind unter anderem auch die Offenen Gesellschaften (OG). Die Regelung des § 9 Abs.1 setzt die rechtliche Existenz der betreffenden juristischen Person voraus. Diese rechtliche Existenz ist im gegenständlichen Verfahren durch den vorliegenden aktuellen Firmenbuchauszug zweifelsfrei gegeben.

Wer zur Vertretung nach außen berufen ist, ergibt sich aus dem jeweiligen Organisationsrecht der juristischen Person in Zusammenschau mit dem zugehörigen Bestellungsakt. Eine verwaltungsrechtliche Verantwortlichkeit besteht für die Dauer der Organfunktion, also ab dem Zeitpunkt der wirksamen Bestellung bis zu deren wirksamer Beendigung.

Bei der Offenen Gesellschaft  liegt die Vertretungsmacht grundsätzlich bei den Gesellschaftern. Sie sind daher grundsätzlich alle, soweit nicht einzelne Gesellschafter gesellschaftsvertraglich vor der Vertretung ausgeschlossen sind, verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich im Sinne des § 9 Abs.1 (VwGH 30.05.1988, 85/07/0264 – damals noch zur OHG).

 

Die Beurteilung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit des Berufungswerbers zeigt, dass Herr x im Firmenbuch zwar als Gesellschafter eingetragen ist, nach den inneren Bestellungsdekreten er jedoch ausdrücklich als nicht vertretungsbefugt seit dem 7.12.2005 eingetragen ist.

 

Da dem Berufungswerber somit zur Tatzeit eine Vertretungsbefugnis nach außen nicht zukommt, kann er nicht als verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher im Sinne des § 9 VStG im Verwaltungsstrafverfahren zur Verantwortung gezogen werden. Aus diesen Gründen war der Berufung Folge zu geben, dass bekämpfte Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

zu II.:

Aufgrund des Ergebnisses des Berufungsverfahrens entfällt die Vorschreibung jeglicher Verfahrenskosten im Grunde der angeführten Gesetzesbestimmungen.

 

 

 

 

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G

 

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

 

H I N W E I S

 

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Dr. Langeder