Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-560283/3/BMa/MG

Linz, 21.10.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag.a Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung der M J S, vertreten durch Mag.a K F, V S, F, W, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns von Grieskirchen vom 24.06.2013, Zl. SO10-12002-2013, wegen Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und Wohnbedarfs nach dem Oö. Mindestsicherungsgesetz zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG, iVm §§ 1, 5, 6, 7, 8, 11, 13, 27 und 49 Oö. Mindestsicherungsgesetz – Oö.BMSG, LGBl Nr. 74/2011 idF LGBl Nr. 18/2013 iVm § 1 Abs. 1 Z 1 Oö. Mindestsicherungsverordnung (Oö. BMSV), LGBl Nr. 75/2011 idF LGBl Nr. 24/2013

Entscheidungsgründe:

1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmanns von Grieskirchen vom 24.06.2013, Zl. SO10-12002-2013, wurde aufgrund der neuen rückwirkend mit 17.08.2012 in Kraft getretenen Gesetzeslage von Amts wegen der Spruch des Bescheides vom 01.12.2011, Zl. SO20-12002-2011, wie folgt abgeändert:

 

„a) Es wird Ihnen für sich ab 01.03.2013 Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalt und des Wohnbedarfs in Form von laufenden monatlichen Geldleistungen befristet bis 31. März 2013 wie folgt

 

-      S M J, geb. am X

Mindeststandard für Personen, die alleinstehend sind (§ 1 Abs. 1 Z. 1 Oö. BMSV)

zuerkannt.

 

b) Als eigene Mittel sind einzusetzen

 

S M , geb. am X

-              Notstandshilfe (AMS Grieskirchen)

-              Taschengeld FA (C)

 

2) Die Ihnen mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 01.12.2011, Zl. SO20-12002-2011, zuerkannte Leistung wird mit Wirkung 30.04.2013 eingestellt.“

 

Es wurde zugrunde gelegt, dass die Berufungswerberin subsidiäres Mindesteinkommen in Höhe von durchschnittlich 65,08 Euro gemäß § 16 Oö. ChG entsprechend dem Bescheid vom 01.12.2011, Zl. SO20-12002-2011, erhalten hat, volljährig und alleinstehend ist. Als Einkommen wertete die belangte Behörde Therapiegeld (C) iHv monatlich 108,93 Euro und Notstandshilfe (AMS) iHv monatlich 806,65 Euro.

 

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass das maßgebliche monatliche Einkommen im März 2013 den Mindeststandard der bedarfsorientierten Mindestsicherung überschritten habe.

Mit Schreiben vom 12.04.2013 sei die Berufungswerberin informiert worden, dass die Auszahlung des SMEK mit 30.04.2013 eingestellt werde, und sie sei aufgefordert worden, ein Antragsformular für bedarfsorientierte Mindestsicherung auszufüllen. Die Berufungswerberin habe bekanntgegeben, dass eine Neuberechnung nachteilig wäre, und um Auskunft nach der gesetzlichen Grundlage ersucht. Bis dato sei von der Berufungswerberin keine Auskunft über die Beziehung zwischen den Mitbewohnern und zur finanziellen sowie zur Wohnsituation gemacht worden.

Das Verschlechterungsverbot beziehe sich beim Wechsel vom Oö. ChG auf das Oö. BMSG ausschließlich auf das Richtsatzniveau. Die Höhe der Ausgleichszahlung sei unabhängig von einer allfälligen „Verschlechterung“ durch die nunmehrige Anrechnung von Einkünften aus Arbeit und Taschengeld. Die bisherige Freibetragsregelung des Oö. ChG sei nicht in das System der Mindestsicherung übernommen worden, um nicht erneut in eine Differenzierung zwischen Menschen mit und ohne Beeinträchtigung zu gelangen.

Aufgrund des Therapiegeldes und der monatlichen Leistung des AMS werde der anzuwendende Mindeststandard für 2012 und 2013 überschritten und es bestehe somit kein Anspruch auf Leistung aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung.

 

2. Gegen diesen Bescheid wurde rechtzeitig Berufung eingebracht. In der Berufung macht die Berufungswerberin im Wesentlichen Folgendes geltend:

 

2.1. Art. IV des Landesgesetzes, mit dem das Oö. ChG und das Oö. BMSG geändert werden, bestimme in Abs. 3, dass rechtskräftige Bescheide nach § 16 Oö. ChG als Bescheide nach § 13 Oö. BMSG zu gelten hätten. Diese Bestimmung stelle keine gesetzliche Ermächtigung dar, einen neuen Bescheid in einer rechtskräftigen Angelegenheit zu erlassen. Wenn keine Ermächtigung für neue Bescheide für gleiche Sachverhalte bestehe, sei somit auch eine inhaltliche Änderung, sprich eine Änderung der Leistungshöhe, nicht durch die von der Behörde zitierten gesetzlichen Bestimmungen gedeckt. Bei der Berufungswerberin habe sich sowohl die Einkommens- als auch die Wohnsituation nicht geändert. Es gebe daher keinen Grund und keine gesetzliche Grundlage, eine Neuberechnung/Neubescheidung durchzuführen.

 

2.2. Der Name und die Intention des Gesetzes, Menschen mit Beeinträchtigung in den Mittelpunkt zu stellen, und das Gebot, die bisherigen Behinderungen, die sie auch und gerade durch die Gesellschaft erfahren mussten, zu überwinden, um ihnen Chancengleichheit zu eröffnen, stünden im Widerspruch zu den nunmehrigen Auswirkungen des Oö. ChG und des Oö. BMSG. Dazu werde auf Art. 2 StGG, Art. 7 B-VG und insbesondere das Diskriminierungsverbot behinderter Menschen gemäß Art. 7 Abs. 1 dritter Satz B-VG sowie auf Art. 28 Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderung verwiesen.

Durch die nachträgliche Zusammenführung der Zielgruppen von Oö. ChG und Oö. BMSG sei das Gesetz hinsichtlich der zuvor genannten Bestimmungen verfassungskonform zu interpretieren und das Therapiegeld / Taschengeld nicht als Einkommen zu werten.

 

Eine rückwirkende und für den Bürger nachteilige Änderung einer gesetzlichen Bestimmung sei unter den Aspekten des Vertrauensschutzes dann verfassungswidrig, wenn die Normunterworfenen durch einen Eingriff von erheblichem Gewicht in einem berechtigten Vertrauen auf die Rechtslage enttäuscht worden seien und nicht besondere Umstände eine solche Rückwirkung verlangen würden.

Im Gegensatz zum subsidiären Mindesteinkommen finde eine Anrechnung des Taschengeldes für fähigkeitsorientierte Aktivität zu 100% ohne Freibetrag statt. Dies führe zu einer (rückwirkenden) Verschlechterung bzw. zu einer Ungleichbehandlung mit ähnlichen Personengruppen.

 

§ 9 Abs. 1 Z 1 Oö. BMSG nehme freiwillige Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege aus. Die Caritas sei ein solcher freier Wohlfahrtsträger.

Das Therapiegeld werde nicht aus einem Arbeits- oder Dienstverhältnis als Entgelt, sondern als Motivation gesehen, im Betreuungs- und Beschäftigungsverhältnis gehalten zu werden, den Tagesablauf sinnvoll strukturieren zu können und eine Verbesserung der Gesundheitssituation erreichen zu können. Es bestehe keine rechtliche Verpflichtung der Einrichtung, dieses Therapiegeld zu leisten.

Die 100%ige Anrechnung des Therapiegeldes laufe auch dem pädagogischen und therapeutischen Zweck diametral zuwider.

Die in § 4 Oö. BMSV normierten Ausnahmen und Freibeträge seien nicht abschließend geregelt, sondern es finde lediglich eine demonstrative Aufzählung statt. Im Hinblick auf den Gesetzeszweck des Oö. BMSG und des Oö. ChG dürfe keine 100% Anrechnung erfolgen, sondern lediglich wie in der aufgehobenen Bestimmung des § 2 Abs. 3 Z 1 Oö. ChG-Beitrags- und Richtsatzverordnung.

 

2.3. In § 9 Abs. 1 Z 2 Oö. BMSG würden Leistungen des FLAG aus dem Einkommensbegriff ausgenommen. Über die Oö. BMSV werde jedoch über den eigens geschaffenen Richtsatz für Menschen mit Bezug der erhöhten Familienbeihilfe die Familienbeihilfe zum Teil angerechnet. Diese Umsetzung widerspreche klar dem Oö. BMSG sowie der zugrundeliegenden Art. 15a-Vereinbarung, insbesondere Art. 13 Abs. 3 Z 2 leg.cit.

 

2.4. Art. IV des Landesgesetzes, mit dem das Oö. ChG und das Oö. BMSG geändert wurden, sehe ein Verschlechterungsverbot vor. Demnach dürfe es zu keiner Schlechterstellung jener Personen kommen, die bisher Leistungsbezieher nach dem Oö. ChG gewesen seien. Die Einstellung der Unterstützung sei aber eindeutig eine Verschlechterung.

Auch wenn sich das Verschlechterungsverbot nur auf die Richtsätze beziehe, könne die Behörde nicht außer Acht lassen, dass die Anwendung von geänderten Anrechnungen dasselbe Ergebnis, nämlich eine Schlechterstellung, bedeuten könnte und in den politischen Gremien so kommuniziert worden sei.

 

2.5. Im Hinblick auf die Vermögensfreibeträge erfolge ab 31.10.2019 eine massive Verschlechterung, da ab diesem Zeitpunkt der 5-fache Netto-Ausgleichszulagenrichtsatz zur Anwendung komme. Beeinträchtigen Menschen sei es jedoch auf Dauer meist unmöglich, ein Erwerbseinkommen zu erzielen und/oder ein Vermögen zu schaffen. Mit so geringen finanziellen Ressourcen sei auf längere Dauer ein selbständiges Leben nicht finanzierbar.

 

Bei der Berechnung der Freibeträge der Berufungswerberin seien drei verschiedene sich widersprechende Freibeträge anzuwenden. 12.000 Euro bei Leistung Wohnen nach Oö. ChG, 40.000 Euro für FA nach Oö. ChG und ca. 4.000 Euro für Mindestsicherung. Dies entspreche nicht dem nötigen Transparenzgebot österreichischer Gesetze. Es sei nicht nachvollziehbar bzw. vorhersagbar, für welchen Vermögensbestand er in Zukunft welchen Freibetrag gewährt bekomme. Das „Abschöpfen“ des Vermögens bedeute einen massiven Eingriff in die Persönlichkeitsrechte, insbesondere in das Eigentumsrecht des Betroffenen.

 

2.6. Die Berufungswerberin stellt den Antrag,

·         die Berufungsbehörde möge der Berufung stattgeben und den angefochtenen Bescheid vollinhaltlich aufheben;

·         in eventu den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass der Betrag aufgrund des Richtsatzes § 1 Abs. 1 Z 1 Oö. BMSV ohne Anrechnung des Taschengeldes aus der fähigkeitsorientierten Aktivität zu 100% neu zu bestimmen ist und insgesamt nicht niedriger lautet als der Betrag nach dem Oö. ChG.

 

3.1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt.

Gemäß § 49 Abs. 1 Oö. BMSG ist der Unabhängige Verwaltungssenat zuständige Berufungsinstanz, die gemäß § 27 Oö. BMSG iVm § 67a AVG durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat.

 

3.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu GZ SO10—12002-2013.

 

Da schon aufgrund der Aktenlage der Sachverhalt zweifelsfrei feststeht, eine mündliche Verhandlung nicht beantragt wurde und auch nicht für erforderlich erachtet wurde, ist eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 67d AVG nicht durchzuführen.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht als erwiesen fest und wird der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

Die Berufungswerberin ist am X geboren, volljährig, österreichische Staatsbürgerin, wohnhaft in W, F. Sie ist alleinstehend; hinsichtlich der Beziehung zwischen den Mitbewohnern (Herr J G, geb. X) wird angenommen, dass in den Wohngruppen kein gemeinsames Wirtschaften stattfindet, sondern jeder Bewohner selbst für sich einkauft und für seinen Lebensunterhalt aufkommt.

 

Die Mietkosten für die Wohnung der Berufungswerberin belaufen sich auf 200,00 Euro monatlich. Die Berufungswerberin bezieht keine Wohnbeihilfe.

 

Die Berufungswerberin besucht regelmäßig – sofern es ihre gesundheitliche Situation erlaubt – die Fähigkeitsorientierte Aktivität in der I-FA P Hausdienste für 10 Wochenstunden sowie die I-FA E Wäscherei für 21 Wochenstunden.

 

Die Berufungswerberin bezieht weder Familienbeihilfe noch Pflegegeld.

 

Die Berufungswerberin bezieht Notstandshilfe iHv täglich 26,52 Euro, das ergibt eine durchschnittliche monatliche Leistung des AMS iHv 806,65 Euro.

Darüber hinaus erhält die Berufungswerberin Therapiegeld von der C (i, S,  E) aus Fähigkeitsbezogener Aktivität in folgender Höhe:

-      August 2012:   55,35 Euro

-      September 2012: 212,38 Euro

-      Oktober 2012: 188,05 Euro

-      November 2012: 188,05 Euro

-      Dezember 2012: 152,08 Euro

-      Januar 2013:    6,18 Euro

-      Februar 2013:    4,81 Euro

-      März 2013: 114,10 Euro

Aus diesen Zahlungen ergibt sich für die letzten acht Monate (August 2012 bis März 2013) ein durchschnittliches monatliches Therapiegeld iHv 108,93 Euro.

 

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 01.12.2011, Zl. SO20-12002-2011, wurde der Berufungswerberin ein subsidiäres Mindesteinkommen gemäß § 16 Oö. ChG mit einem durchschnittlichen monatlichen Auszahlungsbetrag iHv 65,08 Euro zuerkannt.

Mit Schreiben vom 12.04.2013 teilte die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen der Berufungswerberin mit, dass die Auszahlung des Mindesteinkommens mit 30.04.2013 eingestellt werde. Gleichzeitig forderte sie die Berufungswerberin auf, für die Neuberechnung ein entsprechendes Formular nach Zusendung auszufüllen und zu retournieren.

Die Berufungswerberin unterließ die Übermittlung des Formulars unter Hinweis auf die fehlende rechtliche Grundlage und den Verweis auf Art. IV Abs. 3 Z 1 LGBl Nr. 18/2013.

 

4.2. Die aufgenommenen Beweise haben den festgestellten Sachverhalt in sich widerspruchsfrei und schlüssig dargetan.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 1 Abs. 1 Oö. Mindestsicherungsgesetz (Oö. BMSG), LGBl. Nr. 74/2011 idF LGBl. Nr. 18/2013, ist Aufgabe bedarfsorientierter Mindestsicherung die Ermöglichung und Sicherung eines menschenwürdigen Lebens sowie die damit verbundene dauerhafte Einbeziehung in die Gesellschaft für jene, die dazu der Hilfe der Gemeinschaft bedürfen.

 

Gemäß § 5 Oö. BMSG ist Voraussetzung für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung, dass eine Person im Sinne des § 4 von einer sozialen Notlage (§ 6) betroffen ist und bereit ist, sich um die Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage zu bemühen (§ 7).

 

Gemäß § 6 Oö. BMSG liegt eine soziale Notlage bei Personen vor, die ihren eigenen Lebensunterhalt und Wohnbedarf oder den Lebensunterhalt und Wohnbedarf von unterhaltsberechtigten Angehörigen, die mit ihnen in Haushaltsgemeinschaft leben, nicht decken oder im Zusammenhang damit den erforderlichen Schutz bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung nicht gewährleisten können.

 

Gemäß § 7 Oö. BMSG setzt die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung die Bereitschaft der hilfsbedürftigen Person voraus, in angemessener ihr möglicher und zumutbarer Weise zur Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage beizutragen. Eine Bemühung ist jedenfalls dann nicht angemessen, wenn sie offenbar aussichtlos wäre. Als Beitrag der hilfsbedürftigen Person im Sinne des Abs. 1 gelten insbesondere der Einsatz der eigenen Mittel, der Einsatz der Arbeitskraft, die Verfolgung von Ansprüchen gegen Dritte, sowie die Umsetzung ihr von einem Träger bedarfsorientierter Mindestsicherung oder einer Behörde nach diesem Landesgesetz aufgetragener Maßnahmen zur Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 Oö. BMSG hat die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung unter Berücksichtigung

1.   des Einkommens und des verwertbaren Vermögens der hilfsbedürftigen Person sowie

2.   tatsächlich zur Verfügung stehender Leistungen Dritter zu erfolgen.

Gemäß § 11 Abs. 1 und Abs. 2 Oö. BMSG haben Hilfsbedürftige ihre Arbeitskraft in zumutbarer Weise einzusetzen und sich um entsprechende Erwerbsmöglichkeiten zu bemühen. Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit ist auf die persönliche und familiäre Situation der hilfesuchenden Person sowie auf die Eigenart und Ursache der sozialen Notlage Bedacht zu nehmen.

Gemäß § 13 Abs. 1 Oö. BMSG erfolgt die Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs durch laufende monatliche Geldleistungen (Mindeststandards), soweit keine Hilfe in Form von Sachleistungen in Betracht kommt und auch keine Bedarfsdeckung durch die Inanspruchnahme von Hilfe zur Arbeit besteht.

 

Gemäß § 13 Abs. 4 Oö. BMSG ist, sofern bei hilfesuchenden Personen keine Aufwendungen für den Wohnbedarf zu tätigen sind, die Summe der für den Haushalt festgesetzten Mindeststandards um 18% des Netto-Ausgleichszulagen-Richtsatzes für Alleinstehende zu verringern. Sofern die von der hilfesuchenden Person nach Abzug der Wohnbeihilfe nach dem Oö. Wohnbauförderungsgesetz 1993 und sonstiger unterkunftsbezogener Beihilfen zu tragenden Aufwendungen für den Wohnbedarf 18% des Netto-Ausgleichszulagen-Richtsatzes für Alleinstehende unterschreitet, ist der Mindeststandard gleichfalls um diesen Betrag zu verringern und der tatsächliche Wohnungsaufwand zuzuschlagen.

 

Gemäß Art. I § 1 Abs. 1 Z 1 der Oö. Mindestsicherungsverordnung (Oö. BMSV), LGBl Nr. 75/2011 idF LGBl Nr. 24/2013, welcher gemäß Art. III Abs. 1 der zitierten Verordnung mit 17.08.2012 in Kraft und mit 31.12.2012 außer Kraft tritt, betragen die laufenden monatlichen Geldleistungen (Mindeststandards) zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs für alleinstehende oder alleinerziehende Personen 843,70 Euro.

Gemäß Art. II § 1 Abs. 1 Z 1 Oö. BMSV, LGBl Nr. 75/2011 idF LGBl Nr. 24/2013, welcher gemäß Art. III Abs. 2 der zitierten Verordnung mit 01.01.2013 in Kraft tritt, betragen die laufenden monatlichen Geldleistungen (Mindeststandards) zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfes für alleinstehende oder alleinerziehende Personen 867,30 Euro.

 

5.2. Gemäß Art. I Z 3 iVm Art. IV Abs. 1, Abs. 3 Z 1 und Abs. 4 des Landesgesetzes, mit dem das Landesgesetz betreffend die Chancengleichheit von Menschen mit Beeinträchtigungen (Oö. ChG) und das Oö. Mindestsicherungsgesetz (Oö. BMSG) geändert werden, LGBl Nr. 18/2013, entfällt im 2. Teil, 1. Hauptstück der 2. Abschnitt einschließlich dem § 16 (subsidiäres Mindesteinkommen). Diese Bestimmung trat mit 01.03.2013 in Kraft.

Bescheide, welche aufgrund des Oö. ChG, LGBl Nr. 41/2008, idF des Landesgesetzes LGBl Nr. 74/2011, rechtskräftig erlassen wurden, gelten als Bescheide nach § 13 Oö. BMSG, wobei für leistungsbeziehende Personen nach § 13 Oö. BMSG, die bis zum Inkrafttreten dieses Landesgesetzes eine Leistung nach § 16 Oö. ChG bezogen haben, die Höhe der zuletzt zuerkannten Richtsätze gemäß § 16 Abs. 6 und 7 Oö. ChG nicht unterschritten werden darf.

 

Gemäß Art. IV Abs. 1 erster Satz des Landesgesetzes LGBl Nr. 18/2013 tritt dieses Landesgesetz mit dem auf den Tag seiner Kundmachung im Landesgesetzblatt für Oberösterreich folgenden Monatsersten, sohin mit dem 01.03.2013, in Kraft.

 

5.3. Wie aus den Gesetzesmaterialien (Beilage 802/2013 zur XXVII. Gesetzgebungsperiode) zu Art. I Z 4 (§ 16 ChG) zu entnehmen ist, ergibt sich die wesentlichste Änderung für das Oö. ChG nunmehr daraus, „dass das subsidiäre Mindesteinkommen als Geldleistung zur Ermöglichung einer angemessenen sozialen Teilhabe und eines selbstbestimmten Lebens durch einen ausreichenden Lebensunterhalt zu gewähren, vollständig aufgehoben wird.“ „Die Intention dieser Neuregelung ist, dass aus dem Oö. ChG Geldleistungen herausgelöst werden und diese nunmehr für alle Menschen im Bereich des Oö. BMSG geregelt werden.“ „Da sämtliche Regelungsinhalte das subsidiäre Mindesteinkommen betreffend aus dem Oö. ChG herausgelöst werden, ist dieser Paragraph zu streichen.“ Zu Art. II Z 3 (§ 13) wird ausgeführt, dass, weil einerseits der VfGH mit seiner Entscheidung vom 29.06.2012 „die Regelungen betreffend wiederkehrender Geldleistungen für Menschen mit Beeinträchtigungen im Rahmen des Oö. ChG für gesetzwidrig erklärt hat, andererseits Menschen mit Beeinträchtigungen ebenso auf die Auszahlung derselben angewiesen sind, im Einklang mit der Entscheidung des VfGH dieser in den Bereich des Oö. BMSG verlegt wurden und nunmehr nicht mehr zwischen Menschen mit Beeinträchtigungen und solchen ohne Beeinträchtigungen unterschieden wird.

 

5.4. Laut dem dem angefochtenen Bescheid angeschlossenen BMS-Berechnungsblatt wurde der Berufungswerberin ein Einkommen „Notstandshilfe (AMS Grieskirchen)“ und ein Einkommen „Taschengeld FA (C)" angerechnet. Ausgehend von einem Mindeststandard von monatlich 867,30 Euro abzüglich den Einkommen „Notstandshilfe (AMS Grieskirchen)“ iHv täglich 26,52 Euro (monatlich durchschnittlich 806,65 Euro) sowie „Taschengeld FA (C)" iHv monatlich durchschnittlich 108,93 Euro, zusammen monatlich durchschnittlich 915,58 Euro, berechnete die Behörde für laufende Geldleistungen ab 01.01.2013 einen Monatsanspruch der Berufungswerberin für sich selbst von 0 Euro.

 

Mit der Änderung des Bescheides vom 01.12.2011 ist die belangte Behörde deshalb im Recht, weil diese Änderung sich auf den Zeitraum ab dem Außerkrafttreten des § 16 Oö. ChG, sohin ab 01.03.2013, bezieht:

Aufgrund der Übergangsbestimmung des Art. IV Abs. 3 Z 1 LGBl Nr. 18/2013 gelten rechtskräftig erlassene Bescheide nach § 16 Oö. ChG als Bescheide nach § 13 Oö. BMSG. Im Gegensatz zu den im neu geschaffenen § 13 Abs. 3a Oö. BMSG erfassten Mindeststandards für volljährige Personen, für die ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, die als Kind Unterhalt beziehen oder beziehen könnten und nicht unter § 11 Abs. 3 Z 5 Oö. BMSG fallen, trat § 16 Oö. ChG für die Berufungswerberin nicht rückwirkend mit 17.08.2012 (Art. IV Abs. 1 dritter Satz LGBl Nr. 18/2013), sondern mit 01.03.2013 in Kraft (Art. IV Abs. 1 erster Satz LGBl Nr. 18/2013).

 

Eine Neuberechnung des Anspruchs der Berufungswerberin war – wie die belangte Behörde zutreffend ausführte – wegen der gesetzlichen Änderungen, insbesondere der Überstellung in das Regelungsregime des Oö. BMSG, notwendig. Allerdings war eine erneute Antragstellung, wie die Berufungswerberin ausführt, rechtlich nicht notwendig. Zu einer Irritation führte im gegenständlichen Fall die Zusendung eines Antragsformulars, da zum Zeitpunkt der Versendung abgewandelte Änderungsformulare offenbar noch nicht bestanden. Ein Nichtmitwirken bei einer – hier notwendig gewordenen ergänzenden Datenerhebung – ist selbst jedenfalls nicht gemäß § 34 Oö. BMSG mit einer Einstellung der Leistungen zu sanktionieren; allerdings trifft die Berufungswerberin die Pflicht zur Mitwirkung iSd § 30 Oö. BMSG.

 

5.5. Hinsichtlich der Berücksichtigung des Entgeltes für Fähigkeitsorientierte Arbeit (Taschengeld) ist auf die ab 01.03.2013 heranzuziehende Bestimmung des § 8 Abs. 1 Oö. BMSG hinzuweisen, wonach die Leistung der bedarfsorientierten Mindestsicherung unter Berücksichtigung des Einkommens und des verwertbaren Vermögens der hilfebedürftigen Person (Z 1) zu erfolgen hat.

 

In den erläuternden Bemerkungen zu § 8 Oö. BMSG (AB 434/2011) wird ausgeführt: „Abs 1 Z 1 entspricht der bisherigen Regelung (§ 9 Abs 1 Oö. Sozialhilfegesetz). Anders als bisher (vgl § 4 Oö. Sozialhilfeverordnung 1998) wird der Einkommensbegriff jedoch nicht mehr positiv definiert. Vielmehr soll – ähnlich wie bisher beim Vermögen – die Weite des Einkommensbegriffes künftig dadurch zum Ausdruck kommen, dass all jene Einkommensbestandteile, die nicht gemäß § 9 (oder einer Verordnung gemäß § 9) ausgenommen sind, anzurechnen sind.“

Die C handelt nicht freiwillig oder ohne rechtliche Verpflichtung iSd § 9 Abs. 1 Z 1 Oö. BMSG, sondern auf Grundlage der einschlägigen Rahmenrichtlinien und eines rechtskräftigen Bescheides, mit dem die fähigkeitsorientierte Tätigkeit gewährt wurde. Der Umstand, dass das Taschengeld keine existenzsichernde Funktion hat und (lediglich) als Anerkennung bzw. zur „Motivation“ ausbezahlt wird, ändert daran nichts. Die Ausnahmebestimmung iSd § 9 Abs. 1 Z 1 Oö. BMSG ist nicht anwendbar. Gemäß der Rahmenrichtlinie soll darauf geachtet werden, dass durch das Entgelt in der fähigkeitsorientierten Aktivität kein Verlust anderer subsidiärer Unterstützung anfällt. Dessen ungeachtet ist das Taschengeld als Einkommen bzw tatsächlich zur Verfügung stehende Leistung gemäß der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung des § 8 Abs. 1 Oö. BMSG anzurechnen. Es wurde keine Verordnung iSd § 9 Abs. 2 bzw Abs. 3 Oö. BMSG erlassen, die im gegebenen Zusammenhang eine Ausnahme anordnen würde (vgl. dazu bereits VwSen-560256/9/Wg/Hu vom 27.06.2013; VwSen-560277/2/Kl/MG/TK vom 20.09.2013; VwSen-560286/3/Kl/MG/TK vom 20.09.2013).

 

5.6. Eine hinsichtlich Art. 2 StGG sowie Art. 7 Abs. 1 B-VG verfassungskonforme Interpretation der von der Berufungsweberin in Rede gestellten Bestimmungen kann jeweils nur innerhalb der äußersten Schranken des Wortlautes erfolgen. Zum Vorbringen der Berufungswerberin hinsichtlich eines Verschlechterungsverbots wird auf die Bestimmung des Art. IV Abs. 4 Z 1 LGBl Nr. 18/2013 verwiesen, demgemäß die Höhe der zuletzt zuerkannten Richtsätze gemäß § 16 Abs. 6 und 7 Oö. ChG nicht unterschritten werden darf.

Im gegenständlichen Fall betrug die Höhe des Richtsatzes gemäß § 16 Oö. ChG iVm § 4 Abs. 1 Z 3 Oö. ChG-Beitrags- und Richtsatzverordnung, LGBl Nr. 78/2008 idF LGBl Nr. 114/2011, für Menschen mit Beeinträchtigungen, die in einer Wohnmöglichkeit gemäß § 12 Abs. 2 Z 1 Oö. ChG leben, wenn kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, 711,22 Euro.

Der nunmehr gemäß § 13 Abs. 3 Oö. BMSG iVm § 1 Abs. 1 Z 1 Oö. BMSV für Alleinstehende geltende Richtsatz beträgt 867,30 Euro (für das Jahr 2013). Eine Unterschreitung der Höhe der der Berufungswerberin zuletzt zuerkannten Richtsätze ist somit nicht gegeben; eine allfällige – ab 01.03.2013 zu erfolgende – Einberechnung von Einkommen der Berufungswerberin, die zu einer faktischen Reduktion des Monatsanspruchs führt, ist aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen (insb. der Normierung des Einsatzes der eigenen Mittel gemäß § 8 Oö. BMSG und der fehlenden Anordnung eines absolut wirkenden Verschlechterungsverbotes) nicht zu berücksichtigen.

 

5.7. Gemäß Art. IV Abs. 4 Z 1 LGBl Nr. 18/2013 werden für leistungsbeziehende Personen nach § 13 Oö. BMSG, die bis zum Inkrafttreten dieses Landesgesetzes eine Leistung nach § 16 Oö. ChG bezogen haben, abweichend von der Regelung des § 10 Abs. 1 Z 4 Oö. BMSG bis 31. Oktober 2019 folgende nicht zu berücksichtigende Beträge aus dem Vermögen festgelegt:

a)   bei Leistungen gemäß § 12 Oö. ChG ein Betrag von 12.000 Euro;

b)   bei Leistungen gemäß §§ 11, 13 oder 14 Oö. ChG ein Betrag von 40.000 Euro.

 

Da der Anspruch der Berufungswerberin auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs aufgrund ihrer Einkommenssituation nicht weiter besteht, kann eine behauptete Verletzung von Persönlichkeits- und/oder Eigentumsrechten ab dem Jahr 2019 nicht vorliegen.

 

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

 

 

Mag.a Gerda Bergmayr-Mann