Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
A-4012 Linz, Fabrikstraße 32 | Telefon (+43 732) 70 75-155 85 | Fax (+43 732) 70 75-21 80 18

VwSen-730778/2/SR/JO

Linz, 29.10.2013

B E S C H L U S S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung der X (auch X, vormals X), geboren am X, vertreten durch X, gegen den Schriftsatz der Österreichischen Botschaft Moskau vom 6. Oktober 2013, mit dem auf eine Antragsablehnung gemäß § 21 FPG hingewiesen wurde, folgenden Beschluss gefasst:

 

Die Berufung wird als unzulässig zurückgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG.

 

 

 

Entscheidungsgründe

 

1. Folgender Schriftsatz wurde der Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) bei der Österreichischen Botschaft Moskau am 7. Oktober 2013 ausgefolgt:

 

Sehr geehrte(r) Frau X

Sie haben am 30.0913 bei OB Moskau einen Antrag auf Erteilung eines Visums eingebracht. Gemäß § 21 des Österreichischen Fremdenpolizeigesetzes  (BGBl. I 2005/100 i.d.g.F. – FPG 2005) wurde Ihr Antrag abgelehnt.

 

Eine Prüfung hat ergeben, dass Ihr Antrag aufgrund der folgenden Bestimmunge(en) des Fremdenpolizeigesetzes abgelehnt werden musste. Anschließend werden die Absätze 1, 5 und 7 des § 21 FPG wiedergegeben und Abs. 5 Z. 2 und 3 angekreuzt.

Vor der Rechtsmittelbelehrung wurde handschriftlich eine unleserliche Anmerkung angebracht.

 

Unmittelbar darunter befindet sich ein Amtssigel, das Datum (6.10.2013), Moskau als Ausstellungsort und eine unleserliche Unterschrift.

 

Laut Vermerk wurde das Schriftstück am 7. Oktober 2013 übernommen. Die Unterschrift ist ebenfalls unleserlich.

 

Weiters wurde auf der ersten Seite des Schriftstückes die Telefonnummer von Herrn X angebracht. Das Schriftstück umfasst zwei Seiten und trägt auf jeder Seite den Hinweis „2. Ablehnung“.

 

2. Gegen den vorliegenden Schriftsatz hat die rechtsfreundlich vertretene Bw „Berufung“ erhoben.

 

Begründend wird in der „Berufung“ wie folgt ausgeführt:

 

Die Berufungswerberin, geb. X, ist russische Staatsbürgerin. Sie heiratete am 1.2.2013 den österreichischen Staatsbürger X vor dem Standesamt der Marktgemeinde X. Sie stelle bei der österr. Botschaft in Moskau am 30.9.2013 einen Antrag auf Erteilung eines Visums, um ihren Ehemann in Österreich zu besuchen. Dieser Antrag wurde von der österr. Botschaft in Moskau am 6.10.2013 abgelehnt.

 

Auf einem entsprechenden Formblatt wurde als Begründung § 21 Abs. 5 Ziffer 2 und 3 FPG angekreuzt, nämlich, dass die Berufungswerberin nicht über ausreichende eigene Mittel für ihren Unterhalt und für die Wiederausreise verfüge und ihr Aufenthalt zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte.

 

Beweis: beiliegender Auszug aus dem Heiratsantrag vom 1.2.2013,

Ablehnung der Visaerteilung vom 6.10.2013

 

Ungeachtet der unrichtigen Rechtsmittelbelehrung auf dem Formblatt ist die gegenständliche Berufung zulässig.

 

Die Berufungswerberin ist begünstigte Drittstaatsangehörige (die Frage, ob der Ehegatte der Berufungswerberin von seinem „Recht auf Freizügigkeit" Gebrauch gemacht hat, ist durch die unionsrechtliche Judikatur überholt). Es ist daher gem. § 9 Abs. 3 und Abs. 4 FPG die Berufung an den UVS zulässig. Die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Verwaltungssenates ergibt sich aus dem Umstand, dass die Berufungswerberin sich im Falle der Erteilung eines Visums am Wohnsitz ihres Ehegatten X in X, Orstgemeinde X, aufhalten würde.

 

Beweis: beiliegender Meldezettel von X

Einvernahme von X

 

Inhaltlich ist die Ablehnung des Antrages auf Erteilung eines Visums zu unrecht erfolgt, da der Ehegatte der Berufungswerberin, der ihr gegenüber gesetzlich unterhaltspflichtig ist, einen umfangreichen Konvolut von Einkommensnachweisen und Bürgschaftserklärungen vorgelegt hat, sowie den Nachweis erbracht hat, dass Unterkunft und Sozialversicherung (durch Mitversicherung) gegeben sind.

 

Am Rande sei erwähnt, dass in Hinblick auf Artikel 7 und Artikel 9 der Grundrechtecharter iVm der Judikatur des EuGH (z.B. Rs Chakroun) der Umstand, dass X Sozialleistungen in Anspruch nimmt, kein Grund für die Ablehnung eines Visums darstellen kann.

 

Beweis: vorzulegende Einkommensnachweise

X

 

Ich stelle daher den

ANTRAG,

 

a)     die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern, dass der Antrag der Berufungswerberin auf Erteilung eines Visums stattgegeben werde,

b)     allenfalls die angefochtene Entscheidung aufzuheben und der Behörde die Verfahrensergänzung aufzutragen,

c)     eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die übermittelten Schriftstücke.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter Punkten 1. und 2. dieses Erkenntnisses dargestellten Sachverhalt aus.

 

3.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 58 AVG hat jeder Bescheid einen Spruch zu enthalten.

 

Der in § 59 AVG näher charakterisierte Spruch ist das Essentiale des Bescheides. Ein „Bescheid“ ohne Spruch ist somit in Wahrheit kein Bescheid sondern ein „Nicht-Bescheid“.

 

Als Bescheidspruch ist der Inhalt der normativen Willensäußerung der Behörde anzusehen. Für den Bescheidcharakter einer behördlichen Willenserklärung ist in erster Reihe maßgebend, ob sie einen die zur Entscheidung stehende Rechtssache bindend regelnden Spruch enthält, der in Rechtskraft erwachsen kann. Mit diesem Wesensmerkmal steht und fällt jeder Bescheid.

 

Die Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen, der Hinweis auf Vorgänge des Verfahrens, Rechtsbelehrungen und dergleichen können nicht als verbindliche Erledigung angesehen werden.

 

4.2. Abgesehen davon, dass das vorliegende Schriftstück weder die Bezeichnung Bescheid noch eine ordnungsgemäße Fertigung aufweist (keine leserliche Beifügung des Namens, der die Erledigung genehmigt hat bzw. fehlende Beglaubigung der Kanzlei) kann dem Schriftstück insbesondere keine normative Willensäußerung entnommen werden.

 

Nach der Bezugnahme auf den Antrag vom 30. September 2013 wird lediglich auf Vorgänge des Verfahrens hingewiesen (argumentum: „Gemäß § 21 FPG wurde Ihr Antrag abgelehnt.“). Eine eigene normative Anordnung kann daraus nicht abgeleitet werden. Der Hinweis auf eine früher erfolgte Ablehnung (argumentum: „wurde“) stellt keine behördliche Willenserklärung dar.

 

Das angefochtene Schriftstück ist daher als „Nicht-Bescheid“ zu werten.

 

4.3. Da kein Bescheid vorliegt, war die Berufung gegen das vorliegende Schriftstück als unzulässig zurückzuweisen.

 

 

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

 

H I N W E I S

1. Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 22,10 Euro (Eingabe- und Beilagenbühr) angefallen.

 

 

 

 

 

Mag. Christian Stierschneider