Linz, 02.10.2013
E r k e n n t n i s
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Berufung des x, geb. x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 15. März 2013, GZ. SV96-89-2012, wegen Übertretungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 4. Juli 2013 und am 26. August 2013, zu Recht erkannt:
I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
II. Der Berufungswerber hat für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes OÖ. einen Kostenbeitrag in der Höhe von 292 Euro, das sind 20 % der verhängten Geldstrafen, zu leisten.
zu I: §§ 19, 24, 51, 51c und 51e Abs. 3 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG;
zu II: § 64 Abs. 1 und 2 sowie § 65 VStG.
Entscheidungsgründe:
1. Verfahrensgegenstand und Ermittlungsverfahren:
1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden (im Folgenden: belangte Behörde) lastete dem Berufungswerber (im Folgenden: Bw) mit Straferkenntnis vom 15. März 2013, GZ. SV96-89-2012, folgende Verwaltungsübertretungen an:
Taten, einschließlich Ort, Datum und Zeit der Begehung:
Sie haben es als Betreiber des. Lokales "x" in x, verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass Sie im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG zumindest am 07.10.2012. gegen 01 55 Uhr,
1. Herrn x, geb. x, wh. x und
2. Herrn x. geb. x, wh. x
im Lokal "x" in x, als pflichtversicherte Dienstnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt haben. Die in Rede stehenden Beschäftigten waren Ihnen organisatorisch; sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen. Es hat eine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit bestanden.
Obwohl die obgenannten Beschäftigten in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung verpflichtend zu versichern waren, nämlich vollversichert, und nicht gemäß § 5 ASVG von der Versicherungspflicht ausgenommen waren, wurde hierüber eine Meldung/Anzeige, entweder in einem (vollständige Anmeldung) oder in zwei Schritten (Mindestangabenmeldung), bei der Oö. Gebietskrankenkasse als zuständigen Sozialversicherungsträger nicht vor Arbeitsantritt erstattet.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§111 Abs 1 Ziff 1 iVm §33 Abs 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz idgF
Weitere Verfügungen (z.B. Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):
-
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) 1) 73 Euro und 2) 73 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet);
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher:
1.606,00 Euro“
1.3.1. Der Bw hatte in der mündlichen Verhandlung am 4. Juli 2013 einleitend vorgebracht:
„Mit Herrn x habe ich nichts zu tun. x war nie bei mir beschäftigt. Es ist richtig, dass x am 7. Oktober 2012 für mich gearbeitet hat. Er war aber ordnungsgemäß zur Sozialversicherung angemeldet. Aus diesem Grund beantrage ich die Stattgabe der Berufung und Behebung des bekämpften Straferkenntnisses. Ich ziehe den Antrag auf Verfahrenshilfe hiermit zurück, weise aber ausdrücklich darauf hin, dass ich mit der Vorgangsweise des Finanzamtes und der Bezirkshauptmannschaft in keiner Weise einverstanden bin.“
2.1. Der BW verfügt über einen Nettoverdienst von 0 Euro. Er hat kein Vermögen und keine Sorgepflichten (Niederschrift über die Einvernahme des BW vom 10. Dezember 2012). Der Bw übermittelte der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse am 6. September 2012 betreffend x ein Formular über die Mindestanmeldung zur Sozialversicherung. In diesem Formular wurde die Rubrik „Beschäftigt ab:“ sowie die Rubrik „BV-Beitragszahlung ab:“ nicht angegeben. In dieser Mindestangabenmeldung wird kein Beginn des Beschäftigungsverhältnisses angegeben (Formular Mindestangabenmeldung, Beilage Niederschrift vom 10. Dezember 2012). x verfügte über eine Fußfessel und wurde von einer Bewährungshelferin der Organisation x betreut. Im Zusammenhang mit der Begründung des Beschäftigungsverhältnisses teilte die Bewährungshelferin dem Bw per email folgendes mit: „Wie telefonisch vereinbart übersende ich Ihnen hiermit das aktuelle Aufsichtsprofil des Herrn x, aus dem ersichtlich ist, zu welchen Zeiten Herr x bei der Arbeit anwesend sein sollte! Ich ersuche Sie die Zeiten zu bestätigen bzw anzugeben, zu welchen Zeiten Herr x nicht in der Arbeit war, abzustempeln und mir wieder zurückzusenden. ...“ (Email DSA x Beilage Berufung).
2.2. Am 11. September 2012 unterfertigte der Bw mit x eine als „Arbeitsvertrag“ bezeichnete Vertragsurkunde. Als „Tätigkeit und Arbeitsort, Pflichten von Herrn x“ wird darin angegeben: „Herr x wird als Arbeiter angestellt. Sein Aufgabengebiet umfasst: Die Beratung der Kunden und den Verkauf – Waren, ferner das Kassieren und morgendliche sowie abendliche Kontrollieren des Druckmaterial, die Annahme und Weiterleitung von Aufträgen und etwaigen Reklamationen sowie das regelmäßige Überprüfen und Auffüllen der angebotenen Waren und das Kontrollieren Personal in der Bar.“ Als Arbeitsort wird der Sitz des Arbeitgebers in x im Gasthaus angegeben. Das Arbeitsverhältnis wurde unbefristet eingegangen und begann am 11. September 2012. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit betrug ausschließlich Pausen 38 Stunden in 5-tägiger Woche. Die monatliche Vergütung betrug 8,50 Euro pro Stunde brutto (Arbeitsvertrag, Beilage Niederschrift 10. Dezember 2012).
2.3. Mit E-Mail vom 12. September 2012 teilte eine Bearbeiterin der Oö. Gebietskrankenkasse dem Bw Folgendes mit: „Anbei wie besprochen Muster für Anmeldungen und Abmeldungen um Ihnen das Ausfüllen zu erleichtern. Bitte dann neue ausgefüllte Anmeldungen für x und x an mich mailen. Bei Abmeldungen muss immer das zuletzt bezogene Entgelt ausgefüllt sein. Für An- und Abmeldungen haben Sie 7 Tage Zeit, sonst entscheiden Meldeverspätungen mit Strafzuschlägen.“ (Email Oö. GKK Beilage Berufung und Beilage zur Niederschrift über die Verhandlung am 26. August 2013). Der Bw sagte in der mündlichen Verhandlung dazu aus: „Vom Verhandlungsleiter befragt, ob ich den Beschäftigungszeitpunkt auf dieses Mail der Gebietskrankenkasse hin schriftlich bestätigt bzw. mitgeteilt habe, gebe ich an, dass ich das nicht gemacht habe. Ich habe mit dieser Dame telefoniert und ihr telefonisch gesagt, wann x zu arbeiten begonnen hat. Die Dame bei der Gebietskrankenkasse sagte mir, dass sie mir ein neues Formular zur Anmeldung des Herrn x schicken würde. Dieses Formular wäre nur zum Unterschreiben. Bis zum Oktober 2012 ist nichts gekommen. Ich habe dann nochmals bei der Gebietskrankenkasse angerufen und gefragt, wieso noch nichts gekommen ist. Die Dame bei der Gebietskrankenkasse hat mir daraufhin gesagt, dass ich das Formular abholen müsse.“ (Aussage Bw Tonbandprotokoll vom 4. Juli 2013, Seite 3)
2.4. Herr x war in der Bar „x“, x, im Zeitraum vom 1. Oktober 2012 bis 14. Oktober 2012 für den Bw tätig. Er war von 1. Oktober 2012 bis 14. Oktober 2012, von Dienstag bis Donnerstag und am Sonntag von 16.00 bis 22.00 Uhr mit dem Kassieren und der Zubereitung von Getränken tätig und führte weiters sämtliche Tätigkeiten im Servicebereich durch. Freitags und samstags war er jeweils von 16.00 bis 4.00 Uhr für den Bw tätig. Er hatte mit dem Bw eine Entlohnung von 6,40 Uhr pro Stunde (netto) vereinbart. x wurde nicht zur Sozialversicherung angemeldet (Niederschrift vom 8. Jänner 2013 über die Einvernahme des x).
2.5. In der Nacht vom 6. Oktober 2012 auf 7. Oktober 2012 führten Beamte der Polizeiinspektion Gmunden, x und x, im Lokal des Bw in x, eine Kontrolle zur Überprüfung der Gewerbeberechtigung des Bw durch (Aussage x, Tonbandprotokoll 26. August 2013, Seite 3). Dabei trafen sie die Herren x und x am 7. Oktober 2012 um 1.55 Uhr im Lokal an. Es hielten sich Gäste im Lokal auf. Die Herren x und x wurden hinter der Schank angetroffen. Die Beamten fragten die beiden Herren nach ihren Daten. x und x gaben die Daten bekannt. Sie bestätigten den Beamten gegenüber, dass sie im Lokal x arbeiten. Die Beamten fragten mehrmals nach, weil sie wussten, dass x über eine elektronische Fußfessel verfügt. x war eigenen Angaben zufolge sehr überrascht, dass x im Lokal war, weil er dort eigentlich gar nicht hätte sein dürfen. x und x sagten den Beamten, sie wären als Kellner in diesem Lokal beschäftigt. Der Bw war bei dieser Kontrolle auch anwesend (Zeugenaussage x, Tonbandprotokoll 26. August 2013, Seite 2). Der Bw führte nach der Kontrolle für x am 9. Oktober 2012 eine schriftliche Anmeldung rückwirkend mit 14. September 2012, Art der Tätigkeit: Kellner, bei der OÖ. Gebietskrankenkasse durch (Strafantrag vom 21. November 2012).
2.6. Weiters holte der Bw eine am 8. Oktober 2012 unterfertigte Erklärung der Neugründung (§ 4 Neugründungs- Förderungsgesetz – NeuFöG) der Wirtschaftskammer OÖ ein.
2.7. Das Finanzamt Gmunden Vöcklabruck brachte daraufhin bei der belangten Behörde den Strafantrag vom 21. November 2012 ein und beantragte wegen der verfahrensggst. Verwaltungsübertretungen iSd § 111 Abs 1 ASVG iVm § 33 ASVG eine Geldstrafe in der Höhe von 1.600 Euro zu verhängen.
2.8. Die belangte Behörde leitete dazu ein Verwaltungsstrafverfahren ein und forderte den Bw auf sich zu den angelasteten Tatvorwürfen zu rechtfertigen. Der Bw erschien am 10. Dezember 2012 vor der belangten Behörde und gab an, er habe Herrn x bereits am 6. September 2012 angemeldet. Herr x sei ihm unbekannt. Er habe bei ihm nicht gearbeitet. Er legte den eingangs erwähnten Arbeitsvertrag des Herrn x sowie das erwähnte Formular über die Mindestangabenmeldung vor.
2.9. Herr x erschien am 8. Jänner 2013 vor dem Finanzamt Gmunden Vöcklabruck, wo eine Niederschrift aufgenommen wurde. Der Inhalt dieser Niederschrift bzw die darin protokollierte Aussage wurde den Feststellungen zu Pkt 2.4. zugrunde gelegt.
2.10. In weiterer Folge erließ die belangte Behörde das bekämpfte Straferkenntnis vom 15. März 2013, gegen das sich die vorliegende Berufung richtet.
3. Zur Beweiswürdigung:
3.1. Die Feststellungen zu Punkt 2 ergeben sich aus den angeführten Beweismitteln. Die Feststellungen zu Pkt 2.1., 2.2. und 2.3. stützen sich auf die Angaben des Bw bzw von ihm vorgelegte Urkunden. x verfügte – wie sich aus der Zeugenaussage des x ergibt - unstrittig über eine Fußfessel.
R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G
Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.
H I N W E I S
Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.
Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.
Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.
Mag. Wolfgang Weigl