Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101737/4/Bi/Fb

Linz, 02.05.1994

VwSen-101737/4/Bi/Fb Linz, am 2. Mai 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 3. Kammer unter dem Vorsitz Dris. Fragner sowie durch Dr. Weiß als Beisitzer und Mag. Bissenberger als Berichterin über die Berufung des F, vom 17. Jänner 1994 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 10.

Jänner 1994, VerkR96/7143/1993, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das erstinstanzliche Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich eingestellt.

II. Verfahrenskostenbeiträge sind nicht zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 45 Abs.1 Z1 VStG, §§ 52a Z10a iVm 99 Abs.2c StVO 1960.

zu II.: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 52a Z10a iVm 99 Abs.2c StVO 1960 eine Geldstrafe von 15.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 15 Tagen verhängt, weil er am 9. Oktober 1993 um 11.52 Uhr den PKW, Kennzeichen auf der Pyhrnautobahn A9 im Gemeindegebiet von Roßleithen in Richtung Linz bei Strkm 83,160 gelenkt habe, wobei er die von der Behörde verordnete, durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 65 km/h insofern unter besonders gefährlichen Verhältnissen überschritten habe, als unmittelbar nach dem Tatort eine gefährliche Linkskurve, eine Fahrbahnverengung im Zusammenhang mit einer Verflechtung zweier Fahrstreifen, sowie die nachfolgende Einmündung in eine Bundesstraße und der Übergang zu einem anderen Fahrbahnbelag erfolge. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 1.500 S vorgeschrieben.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch eine aus drei Mitgliedern bestehende Kammer zu entscheiden (§ 51c VStG).

Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war nicht erforderlich, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben war (§ 51e Abs.1 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber macht geltend, er habe diese Geschwindigkeitsüberschreitung auch nicht fahrlässig begangen, zumal er sich an keine 60-km/h-Beschränkung erinnern könne und auch keine solche gesehen habe. Im übrigen fahre er im Jahr 80.000 km und habe nach 18 Jahren noch keinen einzigen Unfall gehabt.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

4.1. Folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt wird der Rechtsmittelentscheidung zugrundegelegt:

Der Lenker des PKW wurde von der Autobahngendarmerie K zur Anzeige gebracht, nachdem am 9. Oktober 1993 um 11.52 Uhr auf der Pyhrnautobahn A9 bei Baukm 83,160 in der Gemeinde R in Fahrtrichtung Linz die Geschwindigkeit mittels Radargerät Multanova 6 FA 1286/216 im Bereich der Geschwindigkeitsbeschränkung auf 60 km/h mit 132 km/h gemessen wurde. Laut Anzeige wurde die Geschwindigkeit unter Berücksichtigung des Toleranzabzuges laut Verwendungsbestimmungen mit 125 km/h angenommen. Im Rahmen der Lenkerauskunft teilte der Zulassungsbesitzer des PKW mit, daß er selbst das Fahrzeug zum angeführten Zeitpunkt gelenkt habe.

Aus den von der Erstinstanz vorgelegten Unterlagen geht hervor, daß das Radargerät Multanova 6 FA 1286/216 am 9.

Oktober 1993 ordnungsgemäß geeicht war (vorgelegt wurde der Eichschein, wonach die letzte Eichung vor dem Vorfall am 10.

Februar 1992 vorgenommen wurde, wobei die gesetzliche Nacheichfrist am 31. Dezember 1995 abläuft). Vorgelegt wurde weiters die Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 9. Juli 1987, Zl.

615.009/6-I/11-87, wonach für die Dauer der im Hinblick auf das derzeitige Autobahnende erforderlichen provisorischen Verkehrsableitung zur Pyhrnpaßbundesstraße B138 im Bereich der Anschlußstelle Roßleithen - Windischgarsten der Pyhrn autobahn A9 in Fahrtrichtung Linz ab km 83,530 eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 80 km/h und ab km 83,280 bis zum Autobahnende auf 60 km/h erlassen wurde. Laut Mitteilung der österreichischen Autobahnen- und Schnellstraßen AG wurden an den Tagen vor und nach dem 9. Oktober 1993 in diesem Bereich keine Arbeiten oder Reparaturen an Autobahnanlagen oder Einrichtungen durchgeführt, weshalb mit Sicherheit auszuschließen sei, daß die Verkehrszeichen bezüglich Geschwindigkeitsbeschränkungen im Bereich von ABkm 83,160 (Standort des Radargerätes) nicht ordnungsgemäß aufgestellt gewesen sein könnten. Die Tafeln seien gegen ungewolltes Verdrehen gesichert und der Streckendienst habe die Strecke am 9. und 10. Oktober kontrolliert und für in Ordnung befunden. Laut Aussage des Kommandanten der Autobahngendarmerie K, BI T, habe das Radargerät zum Zeitpunkt der Übertretung ordnungsgemäß funktioniert.

Weiters wurde eine Übersichtsskizze über die Anbringung der Verkehrszeichen vor dem Radargerät vorgelegt, woraus sich ergibt, daß im Autobahnbereich vor der provisorischen Autobahnabfahrt zunächst eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 100 km/h, dann eine solche auf 80 km/h, ein Überholverbot und dann eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 60 km/h kundgemacht ist.

4.2. In rechtlicher Hinsicht ist - ohne auf die Verantwortung des Rechtsmittelwerbers im einzelnen einzugehen auf die Ausführungen in der Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 7. April 1994, VwSen-101602/5/Bi/Fb, zu verweisen. Das Verfahren betraf einen ähnlich gelagerten Fall auf demselben Autobahnabschnitt, wobei das auch auf den gegenständlichen Fall zu übertragende Beweisverfahren ergeben hat, daß im Bereich des Autobahnendes kein der oben zitierten Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr entsprechendes Vorschriftszeichen gemäß § 52a Z10b oder Z11 StVO angebracht war. In dieser Verordnung wird die Absicht des Verordnungsgebers, der Geltungsbereich der 60-km/h-Beschränkung solle sich in Fahrtrichtung Linz von km 83,280 bis zum Autobahnende erstrecken, eindeutig und zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht. Im Bereich 50 m vor dem Autobahnende war am 9. Oktober 1993 nur ein Hinweiszeichen "Ende der Autobahn" mit der Zusatztafel "50 m" aufgestellt, das lediglich dazu diente, Verkehrsteilnehmer darauf hinzuweisen, daß die grundsätzlich auf Autobahnen einzuhaltenden Bestimmungen (§ 46 StVO) nun nicht mehr gelten und daß nach dem Passieren des Autobahnendes die auf Freilandstraßen geltenden Bestimmungen vorbehaltlich individueller Regelungen anzuwenden sind. Die Straßenverkehrsordnung enthält keine Bestimmung dahingehend, daß mit dem Ende der Autobahn gleichzeitig ein Ende sämtlicher im Bereich davor geltender Verbote und Beschränkungen verbunden wäre. Das genannte Hinweiszeichen vermag daher ein Vorschriftszeichen gemäß § 52a Z10b oder Z11 StVO 1960 keinesfalls zu ersetzen.

Das Vorschriftszeichen "Ende der Geschwindigkeitsbeschränkung" zeigt das Ende der Geschwindigkeitsbeschränkung an und ist nach jedem Zeichen gemäß Z10a anzubringen.

Nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates bewirkt dieser zweifellos vorhandene Kundmachungsmangel, daß die in Rede stehende Verordnung gegenüber den diesen Straßenabschnitt benützenden Verkehrsteilnehmern nicht rechtsverbindlich geworden ist, sohin dem Rechtsmittelwerber nicht der Vorwurf der Überschreitung einer erlaubten Höchstgeschwindigkeit gemacht werden kann.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Entfall der Verfahrenskosten ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r

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