Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222691/24/Bm/BRe

Linz, 12.11.2013

 

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn Mag. X, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 21.5.2013, Ge96-4-2013, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der GewO 1994 nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 24.9.2013 zu Recht erkannt:

 

I.              Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II.            Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF;

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 21.5.2013, Ge96-4-2013, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe in der Höhe von 300 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 28 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 114 1. Satz iVm § 367 a GewO 1994 iVm § 8 Abs. 1 1 Satz Oö. Jugendschutzgesetz 2001 verhängt.

 

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

„Die X Handelsgesellschaft m.b.H. & Co. Kommanditgesellschaft mit dem Sitz in X hat am 03.12.2012 um 12.10 Uhr durch eine im Betrieb beschäftigte Person in der Filiale im Standort X, alkoholische Getränke und zwar 2 x 20 ml Klopfer Fruchtlikör und 4 cl Eristoff an eine 13-jährige und eine 14-jährige Jugendliche abgeben lassen, obwohl der Genuss von Alkohol Jugendlichen unter 16 Jahren nach den Bestimmungen des Oö. Jugendschutzgesetzes verboten ist.

 

Als gewerberechtlicher Geschäftsführer der X Handelsgesellschaft m.b.H. & Co. Kommanditgesellschaft, X, für die Ausübung des Gewerbes „Handelsgewerbe, geschränkt auf den Einzelhandel“ sind Sie für diese Verwaltungsübertretung verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw durch seinen Rechtsvertreter innerhalb offener Frist Berufung erhoben und darin im Wesentlichen vorgebracht, das Straferkenntnis gehe davon aus, dass der Bw am 3.12.2012 gewerberechtlicher Geschäftsführer der X Handelsgesellschaft m.b.H. & Co. KG mit Sitz in X gewesen wäre. Diese von der bescheiderlassenden Behörde getroffene Feststellung sei nicht richtig. Tatsache sei vielmehr, dass der Bw bereits seit 15.11.2012 aus dem Unternehmen der Firma X Handelsgesellschaft m.b.H. & Co. KG ausgeschieden sei, sohin ab diesem Zeitpunkt auch keine gewerberechtliche Geschäftsführertätigkeit mehr für die X Handelsgesellschaft m.b.H. & Co. KG ausgeübt habe. Ab diesem Zeitpunkt habe lediglich Herr Dipl.kfm. X als zuständiger handelsrechtlicher Geschäftsführer die entsprechenden Verwaltungstätigkeiten ausgeübt. Die bescheiderlassende Behörde habe dem im Einspruch beantragten Beweias auf Parteieneinvernahme nicht stattgegeben. Es wäre unabdingbar gewesen, im Rahmen einer Parteieneinvernahme ein korrektes Ermittlungsverfahren abzuführen. Aufgrund der unterlassenen Parteieneinvernahme leide der Bescheid jedenfalls an einer Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften, als dadurch das Parteiengehör verletzt worden sei. Tatsache sei, dass bei korrekter Einvernahme des Bw sich ergeben hätte, dass bereits seit 15.11.2012 der Bw nicht mehr gewerberechtlicher Geschäftsführer, ebensowenig handelsrechtlicher Geschäftsführer gewesen sei, sohin gegenständliche Pflichtverletzung diesem nicht zum Vorwurf gemacht werden könne.

Ausdrücklich bestritten werde ebenso, dass dem Bw ein persönlich vorwerfbares Verhalten zum Vorwurf gemacht werden könne. Tatsache sei, dass sämtliche Marktleiter als verantwortliche Beauftragte, aber auch sämtliche Mitarbeiter hinlänglich angewiesen worden seien, an minderjährige Personen keinerlei Alkohol auszugeben, sich daher sehr wohl an die Vorschriften des Oö. Jugendschutzgesetzes zu halten. Auch im gegenständlichen Fall seien diesbezüglich weder Aufsichts- noch Kontrollpflichten verletzt worden. Ausdrücklich eingewandt wird die Unzuständigkeit der bescheiderlassenden Behörde.

 

Es werde der Antrag gestellt, das angefochtene Straferkenntnis

-      ersatzlos aufzuheben und das gegen den Bw geführte Strafverfahren einzustellen;

-      jedenfalls eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt und Durchführung einer Berufungsverhandlung am 24.9.2013, an welcher der Rechtsvertreter des Bw teilgenommen hat und gehört wurde. Als Zeugen unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht wurden Herr Dipl.kfm. X sowie Herr X einvernommen.

Weiters wurde Einsicht genommen in die vom Bw vorgelegte Bestätigung der X Handels G.m.b.H. über die Dienstfreistellung des Bw mit 15.11.2012.

 

4.1. Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

 

Die X Handelsgesellschaft m.b.H. & Co. KG mit Sitz in X, besitzt die Berechtigung für die Ausübung des Gewerbes „Einzelhandel mit Waren ohne Beschränkung.“ Am 3.12.2012 wurden in der Filiale im Standort X, um 12.10 Uhr durch eine im Betrieb beschäftigte Person alkoholische Getränke, nämlich 2 x 20 ml Klopfer Fruchtlikör und 4 cl Eristoff, an eine 13-jährige und eine 14-jährige Jugendliche abgegeben.

Für die Ausübung des Gewerbes wurde der Bw mit Beginn 1.3.2012 als gewerberechtlicher Geschäftsführer bestellt.

Die X Handelsgesellschaft m.b.H. & Co. KG ist 100%ige Tochter der X Holding; die X Holding bestimmt auch über die Dienstverhältnisse. 

Das Dienstverhältnis des Bw zur X Handels G.m.b.H. wurde mit 28.2.2013 gelöst; schon zuvor, nämlich mit 15.11.2012, wurde der Bw von der X Handels G.m.b.H. dienstfrei gestellt. Ab diesem Zeitpunkt sind dem Bw keine Kompetenzen und Verantwortlichkeiten im Betrieb mehr zugestanden.

 

Das hier entscheidungswesentliche Beweisergebnis ergibt sich aus dem Vorbringen des Bw, der vorgelegten Bestätigung der X Handels G.m.b.H. über die Dienstfreistellung und den Aussagen der einvernommenen Zeugen.

Der Oö. Verwaltungssenat hat keinen Grund an den Aussagen der Zeugen betreffend die Dienstfreistellung des Bw zum Tatzeitpunkt zu zweifeln, zumal dies von der Pfeiffer X auch schriftlich bestätigt wurde.

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 367a GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe von mindestens 180 Euro bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer entgegen der Bestimmung des § 114 Alkohol ausschenkt oder abgibt oder ausschenken oder abgeben lässt.

 

Nach § 370 Abs. 1 GewO 1994 sind Geld- oder Verfallstrafen gegen den Geschäftsführer zu verhängen, wenn die Bestellung eines Geschäftsführers angezeigt oder genehmigt wurde.

 

Nach § 9 Abs. 1 GewO 1994 können juristische Personen und eingetragene Personengesellschaften (offene Gesellschaften und Kommanditgesellschaften) Gewebe ausüben, müssen jedoch einen Geschäftsführer (§ 39) bestellt haben.

 

Nach § 39 Abs. 1 leg.cit. kann der Gewerbeinhaber für die Ausübung seines Gewerbes einen Geschäftsführer bestellen, der dem Gewerbeinhaber gegenüber für die fachlich einwandfreie Ausübung des Gewerbes und der Behörde gegenüber für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften verantwortlich ist. Der Gewerbeinhaber hat einen Geschäftsführer zu bestellen, wenn er den Befähigungsnachweis nicht erbringen kann oder wenn er keinen Wohnsitz im Inland hat, sofern die Zustellung der Verhängung und die Vollstreckung von Verwaltungsstrafen nicht darüber Einkommenssicher gestellt sind.

 

5.2. Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnis wird dem Bw die Verwaltungsübertretung des § 367a GewO 1994 in seiner Eigenschaft als gewerberechtlicher Geschäftsführer der X Handelsgesellschaft m.b.H. & Co. KG vorgeworfen.

 

Hierzu ist auszuführen, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Geschäftsführereigenschaft mit dem tatsächlichen Ausscheiden des Geschäftsführers und nicht etwa erst mit der Anzeige des Gewerbeinhabers bei der Behörde über das Ausscheiden endet. Demnach fällt auch die strafrechtliche Verantwortung des Geschäftsführers mit seinem „Ausscheiden“ weg, wobei das Tatbestandsmerkmal dieses Begriffes – unabhängig von zwischen dem Gewerbeinhaber und dem gewerberechtlichen Geschäftsführer bestehenden zivilrechtlichen Verhältnis – bereits durch ein „faktisches Ausscheiden oder Entfernen“ erfüllt wird (vgl. VwGH 6.11.1995, 95/04/0117 und die darin zitierte Vorjudikatur).

Dies ergibt sich nach den Ausführungen des VwGH daraus, dass der Gewerbeinhaber unter Strafdrohung verpflichtet ist, die Tatsache des Ausscheidens des Geschäftsführers der Behörde anzuzeigen.

 

Vorliegend ist nach dem durchgeführten Beweisverfahren davon auszugehen, dass der gewerberechtliche Geschäftsführer der X Handelsgesellschaft m.b.H. & Co. KG, Herr Mag. X, mit 15.11.2012, somit vor dem Tatzeitpunkt 3.12.2012, faktisch aus dem Betrieb ausgeschieden ist und im Betrieb auch keinerlei Tätigkeiten mehr entfaltet hat.

Demnach kann dem Bw auch nicht die zum Tatzeitpunkt 3.12.2002 vorgeworfene Verwaltungsübertretung angelastet werden.

 

Im Grunde der vorgängigen Ausführungen war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G

 

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

 

H I N W E I S

 

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw. als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Mag. Michaela Bismaier