Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730732/13/SR/WU

Linz, 31.10.2013

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des x, geboren am 25. November 1993, Staatsangehöriger von Georgien, xstraße x, x, derzeit x, xstraße x, x, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 11. April 2013, AZ: 1041284/FRB, betreffend die Erlassung eines auf die Dauer von acht Jahren befristeten Aufenthaltsverbotes nach dem Fremdenpolizeigesetz nach Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 11. Oktober 2013 zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird mit der Maßgabe stattgeben, als die Dauer des Aufenthaltsverbotes auf 5 Jahre herabgesetzt wird; im Übrigen wird der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 9 Abs. 1a, 53 Abs. 3 Z 1, 63 f Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 144/2013

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 11. April 2013, AZ: 1041284/FRB, dem Berufungswerber (im Folgenden: Bw) durch Hinterlegung zugestellt am 17. April 2013, wurde gegen den Bw auf Grundlage des § 63 Abs. 1, 2 und 3 in Verbindung mit § 53 Abs. 3 Z 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 in der geltenden Fassung (im Folgenden: FPG) ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Im angefochtenen Bescheid ging die belangte Behörde von folgendem Sachverhalt aus:

 

Sie sind während Ihres Aufenthaltes in Österreich, durch die unten aufgezählten Urteile, wegen der darin angeführten Straftaten rechtskräftig wie folgt verurteilt worden:

 

01)LG LINZ 33 HV4/2010Z vom 31.05.2010 RK 31.05.2010 PAR 142/1 15 PAR 142/1 StGB

Freiheitsstrafe 18 Monate, davon Freiheitsstrafe 15 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Jugendstraftat

zu LG LINZ 33 HV 4/2010Z 31.05.2010

Aus der Freiheitsstrafe entlassen am 26.07.2010, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Anordnung der Bewährungshilfe

LG LINZ 24 BE 65/2010Z vom 24.06.2010

zu LG LINZ 33 HV 4/2010Z 31.05.2010

Probezeit der bedingten Entlassung verlängert auf insgesamt 5 Jahre LG LINZ 025 HV 2/2013a vom 12.02.2013 zu LG LINZ 33 HV 4/2010Z 31.05.2010

Probezeit des bedingten Strafteils verlängert auf insgesamt 5 Jahre LG LINZ 025 HV 2/2013a vom 12.02.2013

 

02)LG LINZ 025 HV 2/2013a vom 12.02.2013 RK 12.02.2013 §229 (1)StGB

§§ 127, 128(1)Z4, 129 Z1, 129 Z 2, 130 4. Fall StGB §15 StGB

§§ 125, 126(1)Z5StGB

Datum der (letzten) Tat 01.08.2010

Freiheitsstrafe 18 Monate, davon Freiheitsstrafe 12 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Jugendstraftat

 

Die Sachverhalte stellen sich in den Urteilen wie folgt dar:

ad 01) x, x und x sind schuldig:

es haben

A) mit Gewalt gegen eine Person einem anderen eine fremde bewegliche Sache mit dem Vorsatz weggenommen bzw. wegzunehmen versucht, durch deren Zueignung sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, und zwar:

1.  x und x am 10.1.2010 in Linz x durch Versetzen von Schlägen auf den Kopf dessen Mobiltelefon Sony Ericsson im Wert von ca. EUR 80;

2.  x, x und x am 16.1.2010 in Linz x durch Versetzen zahlreicher Faustschläge und Fuß­tritte, insbesondere auch einen Sprung in den Rücken, dessen Mobiltelefon unbekannten Wertes, wobei es beim Versuch geblieben ist.

 

V hat hierdurch zu A) 1.) das Verbrechen des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB und zu A) 2.) das Verbrechen des versuchten Raubes nach den §§ 15, 142 Abs. 1 StGB begangen und wird hierfür unter Anwendung der §§ 28 StGB, 5 Z 4 JGG nach dem Strafsatz des § 142 Abs. 1 StGB zu einer FREIHEITSSTRAFE in der Dauer von 18 (acht­zehn) MONATEN verurteilt.

Gemäß § 43a Abs. 3 StGB wird ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe im Umfang von 15 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen.

 

ad 02) Der Angeklagte x ist schuldig, er hat

 

I . im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit abgesondert verfolgten Mittätern nachgenannten Personen bzw. Verfügungsberechtigten fremde bewegliche Sachen in einem € 3.000,- übersteigenden Wert überwiegend durch Einbruch mit dem Vorsatz weggenommen bzw. wegzunehmen versucht, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei er die durch Einbruch begangenen Diebstähle in der Absicht beging, sich durch deren wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen, und zwar:

1.) am 17.03.2010 in Freudenstein der Familie x etwa € 300--Bargeld nicht durch Einbruch (Faktum 1 in ON 15);

2.) in der Nacht auf den 24.07.2010 in Linz x als Verfügungsberechtigtem des Frisörsalons „x" Schlüssel, Bargeld, eine Sparbüchse, einen Laptop, Sonnenbrillen und eine Herrenarmbanduhr im Gesamtwert von etwa € 7.730,-- durch Aufdrücken eines gekippten Fensters (Faktum 3);

3.) zwischen 24.07. und 25.07.2010 in Linz Dr. x und Dr. x geeignetes Diebesgut durch Aufdrücken eines gekippten Fensters, wobei die Tatvollendung unterblieb (Faktum 4);

4.) in der Nacht auf den 29.07.2010 in Linz Verfügungsberechtigten der Firma „x" eine Armbanduhr, Bargeld, Schlüssel und eine Goldmünze im Gesamtwert von etwas € 3.310,- durch Aufdrücken eines gekippten Fensters (Faktum 5);

5.) in der Nacht auf den 29.07.2010 x und x Bargeld, ein Mobiltelefon, einen Laptop, eine Kamera, Bekleidungsartikel und zwei Armreifen im Gesamtwert von € 2.420,— durch Aufdrücken eines gekippten Fensters (Faktum 6);

6.) in der Nacht auf den 29.07.2010 x als Verfügungsberechtigter des Fri­sörsalons „H GmbH" etwa € 150,-- Bargeld und Schlüssel in unbekanntem Wert durch Aufdrücken eines gekippten Fensters (Faktum 7);

7.) in der Nacht auf den 29.07.2010 x als Verfügungsberechtigter des Massage­studios „L" geeignetes Diebesgut durch Aufdrücken eines gekippten Fensters, wobei die Tatvollendung unterblieb (Faktum 8);

8.) zwischen 30.07. und 31.07.2010 in Linz Verfügungsberechtigten der Firma „x GmbH" Zigaretten und Getränke im Gesamtwert von etwa € 200 — durch Aufdrücken eines Fensters (Faktum 9);

9.) zwischen 30.07. und 31.07.2010 x einen PKW der Marke Mazda 323 im Wert von etwa € 2.500,- nicht durch Einbruch (Faktum 10);

10.) in der Nacht auf den 01.08.2010 in Ansfelden Verfügungsberechtigten der Firma „x" einen Laptop und eine Aluleiter im Gesamtwert von € 698,80 durch Aufdrücken eines gekippten Fensters und Aufbrechen zweier Rollschränke (Faktum 12); 11.) in der Nacht auf den 01.08.2010 in Linz x als Verfügungsberechtigtem des Lokales „x" Zigaretten und Getränke im Gesamtwert von etwa € 160 — durch Aufdrücken eines gekippten Fensters (Faktum 13);

12.) in der Nacht auf den 01.08.2010 in Linz x als Verfügungsberechtigtem des Lokales „x" geeignetes Diebesgut durch Aufdrücken eines gekippten Fensters, wobei die Tatvollendung unterblieb (Faktum 14);

13.) in der Nacht auf den 01.08.2010 in Linz x als Verfügungsberechtigtem der Bäckerei „H" eine Registrierkasse im Gesamtwert von etwa € 200,— durch Aufdrücken eines gekippten Fensters (Faktum 15);

 

II. in der Nacht auf den 11.04.2010 in Linz fremde, teils der öffentlichen Sicherheit dienende Sachen, unbrauchbar gemacht bzw verunstaltet, und zwar einen Feuerlöscher der x durch Versprühen dessen Inhalts auf die PKWs der x und der x, wodurch x ein Schaden von € 120,—, x ein Schaden von € 60,— und M ein Schaden von € 10,-- entstand (Faktum 2);

 

III. in der Nacht auf den 31.07.2010 in Linz Urkunden über die sie nicht oder nicht allein verfügen durften, und zwar die Kennzeichentafeln L-x des PKWs Opel Astra der x, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden, indem sie diese abmontierten und an dem vorher x gestohlenen PKW anbrachten.

 

Er hat hiedurch begangen

zu I. das Verbrechen des teils versuchten, teils vollendeten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127,128 Abs. 1 Z4, 129 Z 1 und 2, 130 4. Fall, 15 Abs. 1 StGB

zu II. das Vergehen der schweren Sachbeschädigung nach den §§125, 126 Abs. 1 Z5 StGB;

zu III. die Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB

und wird hiefür unter Anwendung des § 5 Z 4 JGG und des § 28 StGB nach dem zweiten

Strafsatz des § 130 StGB zu einer Freiheitsstrafe im Umfang von 18 (achtzehn) Monaten

verurteilt.

Gemäß § 43a Abs. 3 StGB wird ein Teil von 12 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen.

 

Im Einzelnen wird auf die Ausführungen der schriftlichen Urteilsausfertigungen verwiesen, die an dieser Stelle, um Wiederholungen zu vermeiden, zum integrierenden Bestandteil des Bescheides erhoben werden.

 

Mit Schreiben der LPD vom 06.03.2013 wurde Ihnen mitgeteilt, dass aufgrund genannter Verurteilungen beabsichtigt ist, gegen Sie ein Aufenthaltsverbot zu erlassen. Gleichzeit wurde Ihnen Gelegenheit gegeben dazu Stellung zu nehmen und Ihre Privat- und Familienverhältnisse darzulegen.

Dazu gaben Sie in der mittels FAX am 21.03.2013 anher übermittelten Stellungnahme, verfasst mit Unterstützung durch Ihren Rechtsberater von VMÖ, wie folgt an:

Mit Schreiben vom 07.03.2013, hinterlegt am 08.03.2013 wurde ich vom Ergebnis der Beweisaufnahme hinsichtlich der beabsichtigten Erlassung eines Aufenthaltsverbotes verständigt und mir gleichzeitig die Möglichkeit gegeben, binnen zwei Wochen ab Zustellung eine Stellungnahme dazu abzugeben, was ich hiermit machen möchte.

Begründet wird die beabsichtigte Erlassung des Aufenthaltsverbotes mit dem Vorliegen von zwei gerichtlichen Verurteilungen zu teilbedingten Freiheitsstrafen, die auch in dem Schreiben vom 07.03.2013 aufgelistet wurden.

Ich möchte dazu sagen, dass ich beide Straftaten im jugendlichen Alter begangen habe und dass ich die letzte Tat, wie auch in dem Schreiben richtig vermerkt, am 01.08.2010 begangen habe. Ich habe für meine Fehler im Gefängnis gebüßt und habe daraus gelernt. Seit mehr als zweieinhalb Jahren bin ich nicht mehr straffällig geworden und habe in dieser Zeit mein Leben ordnen können. Mein Vater ist sehr früh, nämlich am 17.05.2006, gestorben. Es war für mich und meine Familie eine sehr schwierige Zeit und ich bin in einen falschen Freundeskreis geraten. Im jugendlichen Leichtsinn habe ich mich zu den angeführten Taten mitreißen lassen. Im Nachhinein tut mir das sehr leid. Mit dem damaligen Freundeskreis habe ich gebrochen.

Wie gesagt, ist seither einige Zeit vergangen und ich bin nicht nur auf dem Papier erwachsen geworden. Ich denke, ich habe in den letzten Jahren bewiesen, dass ich willens und fähig bin, mich zu bessern. Ich stelle deshalb keine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit der Republik Österreich dar und bitte darum, von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes abzusehen.

Ich bin bereits im Alter von 9 Jahren, im Jahr 2003, mit meinen Eltern und mit meiner älteren Schwester nach Österreich gekommen und habe hier mehr als die Hälfte meines Lebens verbracht. Ich bin hier in die Schule gegangen und wurde hier sozialisiert. Im Jahr 2004 ist meine jüngere Schwester A hier in Österreich geboren. Alle sozialen Anknüpfungspunkte, sprich meine Mutter, meine Schwestern, meine Freundin A, meine Großeltern und meine Freunde und Bekannten sind hier in Österreich. Zu meiner Heimat Georgien habe ich überhaupt keinen Bezug mehr.

Ein Aufenthaltsverbot würde für mich bedeuten, dass ich in ein Land ausreisen müsste, in dem ich völlig fremd wäre. Wenn man mir die Chance dazu gibt, möchte ich in Österreich mit meiner Freundin ein ruhiges und eigenständiges Leben aufbauen, arbeiten und eine Familie gründen. Bis zum Ablauf meiner letzten Aufenthaltsberechtigung habe ich gearbeitet. Den letzten Lohnzettel lege ich in Kopie bei.

In Beantwortung der Fragen zu meinem Familien.- und Privatleben, welche in dem Schreiben vom 07.03.2013 angeführt wurden, möchte ich auch noch folgende Informationen vorlegen.

 

Mit der Stellungnahme wurden die folgenden Beilagen mitübermittelt:

-drei handgeschriebene Zettel, in denen Sie im Wesentlichen Ihre o.a. Angaben in der Stellungnahme wiederholen,

-eine Lohn/Gehaltsabrechnung für Februar 2011 und

-die Kopie eines weitgehend unleserlichen Aufenthaltstitels

 

Nach Wiedergabe der einschlägigen Bestimmungen des FPG nahm die belangte Behörde folgende rechtliche Beurteilung vor:

 

Nachdem Sie, wie oben unter Punkt A, Ziffer 1 und 2 angeführt, rechtskräftig verurteilt worden sind, kann es keinem Zweifel unterliegen, dass die Voraussetzungen des § 63 iVm § 53 Abs. 3 Z. 1 FPG erfüllt sind.

 

Wie bereits oben angeführt, begingen Sie zahlreiche Delikte im Eigentumsbereich, sowie gegen die körperliche Integrität anderer Personen - zwei Raubüberfälle und fortgesetzte Einbruchsdiebstähle.

Den schriftlichen Urteilsausfertigungen kann weiters entnommen werden, dass im Rahmen der Strafbemessungen

ad 01) erschwerend das Zusammentreffen von 2 Verbrechen angenommen wurde, mildernd war das überwiegende Geständnis, die Unbescholtenheit und die Tatsache, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist

ad 02) erschwerend eine einschlägige Vorstrafe, rascher Rückfall nach bedingter Entlas­sung, Tatbegehung während eines anhängigen Verfahrens, Zusammentreffen eines Ver­brechens mit zwei Vergehen, Tatwiederholung, und mehrfache Qualifikationen angenommen wurden, mildernd war lediglich das Geständnis, teilweise Schadensgutmachung und teilweise Versuch.

 

Das von Ihnen gesetzte - oben beschriebenen - Fehlverhalten ist schwer zu gewichten, vor allem im Anbetracht des ausgedehnten Zeitraumes und der Vielzahl Ihrer Straftaten.

 

Deshalb kann es keinem Zweifel unterliegen, dass Ihr weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und vor allem Sicherheit darstellt und somit der Tatbestand des § 63 Abs. 1 FPG zweifellos als erfüllt anzusehen ist. Daran kann auch Ihr Einwand, Sie hätten die Straftat nur aus jugendlichem Leichtsinn begangen, nichts ändern.

 

Das von Ihnen gesetzte - oben beschriebene - Fehlverhalten ist schwer zu gewichten, so gehören die o. a. Delikte zu den schweren Verbrechen nach dem StGB.

 

Nachdem Sie ad 1) zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monate, davon Freiheitsstrafe 15 Monate bedingt, Probezeit 3 Jahre und ad 2.) zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, davon Freiheitsstrafe 12 Monate , bedingt, Probezeit 3 Jahre, verurteilt wurden, ist der Tatbestand des § 53 Abs. 3 Z. 1 FPG erfüllt, weshalb gemäß § 63 Abs. 3 die Voraussetzungen für die Erlassung des gegenständlichen Aufenthaltsverbots mit der festgesetzten Befristung gegeben sind.

 

Darüber hinaus ist die verfahrensgegenständliche Maßnahme jedoch unter den Gesichts­punkten der Verhältnismäßigkeit und des gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleisteten Grundrechts auf den Schutz des Privat- und Familienlebens zu beurteilen.

 

Dem Akteninhalt nach und Ihrer Stellungnahme zu Ihren Privat- und Familienverhältnissen zufolge reisten sie am 30.05.2003 illegal in einem Minibus mit Ihrer Familie nach Österreich ein und es wurde für Sie am 30.05.2003 ein Asylantrag gestellt, welcher mit 20.07.2004 gem. § 11 AsylG in der damals geltenden Fassung rechtskräftig negativ beschieden wurde. Am 16.12.2008 wurde neuerlich für Sie ein Asylantrag gestellt, wobei dieses Verfahren derart entschieden wurde, dass Ihre Ausweisung gem. § 10 AsylG aus dem Bundesgebiet mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.12.2009 unter der ZI: 08 12.707 für auf Dauer unzulässig erklärt wurde - hier ging jedoch die Asylbehörde begründend wortwörtlich davon aus , dass Sie einen unbeanstandeten Lebenswandel in Österreich führen - zu diesem Zeitpunkt lagen ja noch keine Verurteilungen vor. Sie befinden sich seit Ihrer Einreise seitdem im Bundesgebiet.

Auf Grund der Entscheidung der Asylbehörde wurde Ihnen am 16.04.2010 vom Magistrat Linz eine Erst - Niederlassungsbewilligung gem. § 44 /3 NAG erteilt - mit Gültigkeit bis 15.04.2011.

Zuletzt haben Sie am 15.04.2011 - also rechtzeitig - einen Verlängerungsantrag beim Magistrat der LH Linz, GZ AEG/41328 gestellt. Dieser Antrag ist offen.

Sie sind erst im Alter von 10 Jahren nach Österreich gekommen.

 

Ihren eigenen Angaben zufolge arbeiteten Sie nur bis Februar 2011.

Lt. Versicherungsdatenauszug der österr. Sozialversicherung waren Sie lediglich während derzeit vom 21.02.2011 bis 30.03.2011 elf Tage als Arbeiter angemeldet.

Seit 30.03.2011 scheinen über Sie keine Beschäftigungszeiten mehr auf.

Aufgrund der Tatsache, dass Sie sich und diverse Angehörige, wie von Ihnen oben darge­legt, bereits seit mehreren Jahren in Österreich aufhalten und Sie in den letzten Jahren zumindest zeitweise (11 Tage lang !) beruflichen Beschäftigungen nachgegangen sind, kann davon ausgegangen werden, dass Ihnen ein gewisses Maß an Integration zuzubilligen sein wird, und dass mit der Erlassung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes mit Sicherheit ein Eingriff in Ihr Privat- und Familienleben verbunden sein wird.

 

Selbst in diesem Fall, haben Sie und Ihre Angehörigen, angesichts Ihrer gravierenden Straffälligkeit und Ihrer sich daraus ergebenden besonderen Gefährlichkeit, die das öffentliche Interesse am gegenständlichen Aufenthaltsverbot rechtfertigt, eine allfällige Trennung in Kauf zu nehmen (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 17.07.2008, GZ: 2007/21/0084). Zudem bleibt es Ihren sonstigen Angehörigen unbenommen, Sie in Ihrem zukünftigen Aufenthaltsstaat regelmäßig zu besuchen bzw. kann der Kontakt mittels Telefon und E-Mail (wenn auch in geminderter Form) aufrecht erhalten werden, bzw. kann eine allfällige weitere finanzielle Unterstützung dennoch erfolgen (vgl. EGMR, Joseph Grant gg. das Vereinigte Königreich, Urteil vom 08.01.2009, Bsw. Nr. 10.606/07).

Überdies relativiert sich der Eingriff in Ihr Familienleben noch weiter dahingehend, dass es nicht einmal Ihrer Familie gelungen ist, Sie davon abhalten massiv straffällig zu werden.

Zu diesem Gesamtbild passt auch eine aktuelle verwaltungsstrafrechtliche Vormerkung aus dem Jahr 2012 wegen § 82 SPG, die beweist, dass Sie Anordnungen von Beamten des öffentlichen Sicherheitsdienstes nicht befolgen können oder wollen.

Weiters ist hier, was Ihre Mißachtung österreichischer Rechtsvorschriften betrifft, auch darauf zu verweisen, dass im Jahre 2010 auch eine Anzeige gegen Sie wegen § 27 Suchtmittelgesetz erstattet werden mußte, wobei hier die Staatsanwaltschaft Linz vorerst gem. § 35 SMG von der Verfolgung zurücktrat und im Jahre 2012 gem. § 38 SMG endgültig von der Verfolgung zurücktrat.

Zusammenfassend ist nach ho. Ansicht somit die Annahme gerechtfertigt, dass auf Grund ihres bisherigen Gesamtfehlverhaltens - im Hinblick auf die für Ihren weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet zu stellende negative Zukunftsprognose - die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes wesentlich schwerer wiegen würden, als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf Ihre Lebenssituation.

 

Das gegenständliche Aufenthaltsverbot ist daher auch im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK -unter besonderer Berücksichtigung des § 61 Abs. 2 und 3 FPG - erforderlich um das hohe Schutzinteresse des Staates an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung, zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen und zum Schutz der Rechte Dritter zu wahren.

 

Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist nach § 67 Abs. 4 FPG auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen.

 

Unter Berücksichtigung aller oben angeführten Umstände, insbesondere auch unter Berücksichtigung Ihrer privaten und familiären Interessen, war das o. a. Aufenthaltsverbot mit der festgesetzten Gültigkeitsdauer zu erlassen , da die Behörde annimmt, dass Sie sich nach Ablauf dieser Frist wieder an die österreichische Rechtsordnung halten werden.

 

2. Gegen den am 17. April 2013 dem Bw durch Hinterlegung zugestellten Bescheid erhob dieser mit Schriftsatz (Poststempel vom 30. April 2013) bei der belangten Behörde, eingelangt am 3. Mai 2013, rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung.

 

Eingangs werden die Anträge gestellt, die Rechtsmittelbehörde möge

1.     den angefochtenen Bescheid zur Gänze beheben und damit das gegen den Berufungswerber erlassene Aufenthaltsverbot aufheben;

2.     in eventu den angefochtenen Bescheid beheben und zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die erste Instanz zurückverweisen;

3.     in eventu die Befristung des Einreiseverbotes von 8 Jahren herabsetzen.

 

Begründend führt der Berufungswerber Folgendes aus:

 

I.) Mit Schreiben vom 07.03.2013 wurde ich vom Ergebnis der Beweisaufnahme hinsichtlich der beabsichtigten Erlassung eines Aufenthaltsverbotes verständigt. Mit Schriftsatz vom 21.03.2013 brachte ich eine Stellungnahme ein, in der ich einerseits auf meine persönliche Situation eingegangen bin und ich andererseits erklärt habe, warum ich keine Gefahr für die Öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle.

Nichtsdestotrotz hat die belangte Behörde gegenständliches Aufenthaltsverbot gegen mich erlassen.

Begründet wird die Erlassung des Aufenthaltsverbotes mit dem Vorliegen von zwei gerichtlichen Verurteilungen zu teilbedingten Freiheitsstrafen, die auch in dem angefochtenen Bescheid aufgelistet wurden.

Diesbezüglich möchte ich im Wesentlichen auf meine Angaben in der Stellungnahme vom 21.03.2013 verweisen. Darin habe ich ausgeführt, dass ich beide Straftaten im jugendlichen Alter begangen habe und dass ich die letzte Tat, wie auch in dem Schreiben richtig vermerkt, am 01.08.2010 begangen habe. Ich habe für meine Fehler im Gefängnis gebüßt und habe daraus gelernt. Seit mehr als zweieinhalb Jahren bin ich nicht mehr straffällig geworden und habe in dieser Zeit mein Leben ordnen können.

Die belangte Behörde ist auf diesen, meines Erachtens, sehr wesentlichen Aspekt, überhaupt nicht eingegangen, sondern hat aufgrund der beiden vorliegenden Verurteilungen festgestellt, dass kein Zweifel daran besteht, dass mein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und vor allem Sicherheit darstellt. Bei der Beurteilung einer Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ist aber auch eine Zukunftsprognose anzustellen, bei der auch mit zu berücksichtigen ist, ob eine gegenwärtige und vor allem nachhaltige Gefährdung der öffentlichen Interessen zu befürchten ist. In dieser Hinsicht ist zu beachten, dass ich nun seit 2 Jahren und 9 Monaten nicht mehr straffällig geworden bin. Zum Zeitpunkt der letzten Tatbegehung war ich gerade einmal 16 Jahre alt. Heuer werde ich 20 Jahre und ich bin nicht nur auf dem Papier erwachsen geworden. Ich denke, ich habe in den letzten Jahren bewiesen, dass ich willens und fähig bin, mich zu bessern.

Zum Nachweis meiner Bestrebungen mein Leben zu ändern, möchte ich auch noch eine kurze Stellungnahme von meinem Betreuer vom Verein Neustart vorlegen.

 

Mein Vater ist sehr früh, nämlich am 17.05.2006, gestorben. Es war für mich und meine Familie eine sehr schwierige Zeit und ich bin damals in einen falschen Freundeskreis geraten. Im jugendlichen Leichtsinn habe ich mich zu den angeführten Taten mitreißen lassen. Im Nachhinein tut mir das sehr leid. Mit dem damaligen Freundeskreis habe ich gebrochen.

 

Ich bin bereits im Alter von 9 Jahren, im Jahr 2003 mit meinen Eltern und mit meiner älteren Schwester nach Österreich gekommen und habe hier mehr als die Hälfte meines Lebens verbracht. Ich bin hier in die Schule gegangen und wurde hier sozialisiert. Im Jahr 2004 ist meine jüngere Schwester A hier in Österreich geboren. Alle sozialen Anknüpfungspunkte, sprich meine Mutter, meine Schwestern, meine Freundin A, meine Großmutter und meine Freunde und Bekannten sind hier in Österreich. Zu meiner Heimat Georgien habe ich überhaupt keinen Bezug mehr. Nicht einmal die georgische Sprache beherrsche richtig.

 

Wenn seitens der belangten Behörde mehrmals in fetten Lettern betont wurde, dass ich lediglich 11 Tage lang als Arbeiter gemeldet war, so bitte ich zu berücksichtigen, dass ich zum Zeitpunkt, als ich zu arbeiten begonnen habe erst 17 Jahre alt war und es praktisch unmöglich war, einen Arbeitgeber zu finden, weil ich als Aufenthaltstitel nur eine abgelaufene Niederlassungsbewilligung vorweisen konnte. Im Falle der Verlängerung der Niederlassungsbewilligung habe ich aber die Zusage von einigen meiner Verwandten und Bekannten, dass sie mich aktiv bei der Arbeitssuche unterstützen können.

Ein Aufenthaltsverbot würde für mich bedeuten, dass ich in ein Land ausreisen müsste, in dem ich völlig fremd und auf mich alleine gestellt wäre.

Wenn man mir die Chance dazu gibt, möchte ich in Österreich mit meiner Freundin ein ruhiges und eigenständiges Leben aufbauen, arbeiten und eine Familie gründen. Bis zum Ablauf meiner letzten Aufenthaltsberechtigung habe ich gearbeitet. Ich habe rechtzeitig, nämlich am 15.04.2011, den Verlängerungsantrag beim Magistrat Linz eingebracht. Wie die belangte Behörde richtig festgestellt hat, ist dieser Antrag noch offen. Gem. § 24 Abs. 1 NAG ist man bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Verlängerungsantrag weiterhin rechtmäßig im Bundesgebiet aufenthaltsberechtigt.

 

§ 64 FPG normiert, dass gegen Drittstaatsangehörige, die sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, ein Aufenthaltsverbot nicht erlassen werden darf, wenn er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

Auch wenn es Auslegungssache ist, ab wann man davon sprechen kann, dass jemand „von klein an" im Inland aufgewachsen ist und ab wann jemand „langjährig" rechtmäßig niedergelassen ist, so ist doch klar, dass der Gesetzgeber vorschreibt, für aufenthaltsverfestigte Drittstaatsangehörige einen besonderen Maßstab bei der Entscheidung über ein Aufenthaltsverbot oder eine Ausweisung anzulegen. In solchen Fällen muss schon eine sehr schwerwiegende gegenwärtige und nachhaltige Gefahrdung der öffentlichen Interessen zu befürchten sein, um eine aufenthaltsbeendende Maßnahme zu rechtfertigen und diese liegt in meinem Fall, wie oben bereits ausgeführt nicht vor.

 

Auf Seite 8 des angefochtenen Bescheides wurden die Kriterien aufgelistet, welche gem. § 61 Abs. 2 FPG bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens zu berücksichtigen sind. Zusammenfassend möchte ich kurz wiederholen, dass ich nun seit knapp 10 Jahren in Österreich aufhältig bin. Das entspricht mehr als der Hälfte meines Lebens. Davon war ich zunächst als Asylwerber aufenthaltsberechtigt, später bis zum jetzigen Zeitpunkt aufgrund einer Niederlassungsbewilligung im Bundesgebiet niedergelassen, weshalb ich mich überwiegend rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe.

Alle sozialen Anknüpfungspunkte, sprich meine Mutter, meine Schwestern, meine Freundin A, meine Großmutter und meine Freunde und Bekannten sind hier in Österreich. Ich lebe derzeit mit meiner Mutter und meiner Schwester in einer Wohnung in Linz-Urfahr. Ich bin hier in Österreich in die Schule gegangen und wurde hier in Österreich sozialisiert und war auch bis zum Ablauf der letzten Aufenthaltsberechtigung berufstätig. Zum Nachweis meiner sozialen Verfestigung in Österreich möchte ich auch noch ein paar Stellungnahmen von Freunden und Verwandten dieser Berufung beilegen.

Mein Vater ist hier in Österreich verstorben. Zu meiner Heimat Georgien habe ich überhaupt keinen Bezug mehr. Nicht einmal die georgische Sprache beherrsche richtig.

Mein Privat- und Familienleben ist nicht zu einem Zeitpunkt entstanden, in dem ich mir eines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein hätte müssen. Und zuletzt kann man mich auch nicht für die langen Verfahrensdauern im Asyl- bzw. im Verlängerungsverfahren nach NAG verantwortlich machen.

 

Dem gegenüber stehen meine strafrechtlichen Verurteilungen.

Meine Straftaten kann ich leider nicht rückgängig machen. Was ich aber machen kann, ist, zu beweisen, dass ich mein Leben ändern kann. Ich habe aus meinen Fehlern gelernt und bin nun seit 2 Jahren und 9 Monaten straffrei.

 

Weiters möchte ich darauf hinweisen, dass eine Beurteilung der Schutzwürdigkeit meines Privat- und Familienlebens bereits einmal von einer Behörde vorgenommen wurde und zwar von dem Bundesasylamt in der Entscheidung vom 11.12.2009, mit welchem meine Ausweisung auf Dauer für unzulässig erklärt wurde. Es ist richtig, dass zu diesem Zeitpunkt noch keine strafrechtlichen Verurteilungen vorlagen, aber auch, dass alle anderen entscheidungsrelevanten Kriterien für den Schutz des Privat- und Familienlebens schon damals geprüft wurden und nach Meinung des Bundesasylamtes vorlagen. Bis zum 11.12.2009 wurde mir bescheinigt, dass ich einen unbeanstandeten Lebenswandel führte. Nicht einmal acht Monate nach dieser Entscheidung, nämlich am 01.08.2010, habe ich meine letzte Straftat begangen. Die erste Tat habe ich am 10.01.2010 begangen. Die genauen Tatzeitpunkte gehen aus der Auflistung der Straftaten auf Seiten 3 und 4 des angefochtenen Bescheides eindeutig hervor.

In den 10 Jahren meines Aufenthaltes in Österreich habe ich also lediglich in einer Zeit von nicht einmal 7 Monaten ein Fehlverhalten gesetzt, welches bei der Entscheidung über die Rechtmäßigkeit eines Aufenthaltsverbotes zu berücksichtigen ist - davor und danach nicht mehr.

Ich habe die Taten gestanden, habe meine Strafe verbüßt, habe mit dem damaligen Freundeskreis und dem damaligen Leben abgeschlossen und bitte diesen Umstand auch in diesem Verfahren zu berücksichtigen. Wenn die belangte Behörde davon spricht, dass die Straftaten über einen ausgedehnten Zeitraum hinweg ausgeführt wurden, weshalb mein Fehlverhalten besonders schwer zu gewichten ist, so entspricht das angesichts der langen Dauer meines Aufenthaltes absolut nicht den Tatsachen.

 

Aus all diesen Gründen bin ich deshalb der Meinung, dass eine Interessenabwägung in diesem Fall zugunsten des Schutzes meines Privat- und Familienlebens ausgehen muss, weil eine Gefährdung der in Art 8 Abs. 2 aufgelisteten öffentlichen Interessen gegenwärtig und künftig eben nicht zu befürchten ist.

 

II.) Weiters ist auch die Dauer des Aufenthaltsverbotes von 8 Jahren in meinen Augen nicht verhältnismäßig.

Bei der Bestimmung der Dauer des Aufenthaltsverbotes verweist § 63 FPG auf § 53 FPG. Für eine unbedingte Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten oder eine bedingt oder teilbedingt nachgesehene Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten ist die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes von mehr als fünf Jahren möglich - für eine unbedingte Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren ein Aufenthaltsverbot von mehr als zehn Jahren. Wenn man sich diesen Rahmen für die Verhängung des Aufenthaltsverbotes ansieht, so sind meine Freiheitsstrafen von 18 Monaten, davon 15 Monaten bedingt, sowie von 18 Monaten, davon 12 Monaten bedingt eher am unteren Ende dieses Rahmens angesiedelt und vor allem weit entfernt von einer unbedingten Freiheitsstrafe von 5 und mehr Jahren. Daher ist die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes von 8 Jahren auch unter Berücksichtigung meines geringen Alters und der Tatsache, dass keine Gefährlichkeit mehr vorliegt, unverhältnismäßig.

 

Wenn die Erstbehörde feststellt, dass die Dauer des erlassenen Aufenthaltsverbotes jenem Zeitraum entspricht, innerhalb dessen ein allfälliger positiver Gesinnungswandel meiner Einstellung zu den österreichischen Rechtsvorschriften erwartet werden kann, so ist die Erstbehörde jegliche Begründung für diese Annahme schuldig geblieben. Insoweit die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes auf § 67 Abs. 4 FPG gestützt wird (siehe Seite 11 des angefochtenen Bescheides), so möchte ich darauf hinweisen, dass sich diese Bestimmung lediglich auf Aufenthaltsverbote gegenüber unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern oder begünstigten Drittstaatsangehörigen bezieht und auf meinen Fall nicht anzuwenden ist.

 

Aus all diesen Gründen bin ich der Meinung, dass der angefochtene Bescheid nicht rechtmäßig zustande gekommen ist und stelle daher die Anträge wie oben.

 

3. Die belangte Behörde legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 2. Mai 2013 zur Entscheidungsfindung vor.

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat am 11. Oktober 2013 eine öffentliche Verhandlung durchgeführt und dazu die Verfahrensparteien geladen.

 

3.2. Mit Schreiben vom 23. Oktober 2013 übermittelte die belangte Behörde die Strafkarte des Bw und die Ausfertigung des gekürzten Urteils vom 1. Oktober 2013 zur Kenntnisnahme. 

 

Demnach hat das Landesgericht Linz (Protokollsvermerk und gekürzte Urteilsausfertigung vom 1. Oktober 2013, Zl. 22 Hv 96/13b) den Bw wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Z. 2 StGB zu sieben Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, weil er am 4. September 2013 in Linz in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit einem Mittäter Verfügungsberechtigten des Cafes A und der B Automaten GmbH durch Einbruch fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld in Höhe von Euro 805,-- mit dem Vorsatz weggenommen hat, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem der Bw und der Mittäter einen Spielautomaten aufgebrochen haben.

 

Auf Grund der öffentlichen Verhandlung und der nachträglich eingelangten Beweismittel (Strafkarte, Protokollsvermerk und gekürzte Urteilsausfertigung) steht folgender Sachverhalt fest:

 

Der Bw ist georgischer Staatsangehöriger, armenischer Abstammung und am 25. November 1993 in Georgien geboren. In Tiflis besuchte der Bw die Grundschule von 2000 bis 2003. Mit der Familie hat er 2003 Georgien verlassen.

 

Im Zuge der Befragung beim Bundesasylamt am 20. April 2009, die in georgischer Sprache geführt wurde, gab der Bw an, dass er die Sprachen „Georgisch, Russisch, Arabisch und Deutsch“ spreche. Die niederschriftliche Einvernahme wurde auf Grund des weiteren Asylantrages vom 16. Dezember 2008, AI 08 12.707, vorgenommen. Als Vertreterin war die Mutter des Bw anwesend. Nach umfassender Information wurde überwiegend die Mutter des Bw niederschriftlich befragt. Diese gab an, Georgien mit ihrem mittlerweile verstorbenen Mann am 5. Mai 2003 verlassen zu haben. In Georgien seien keine Verwandten mehr aufhältig.

 

Bei der öffentlichen Verhandlung hat der Bw darauf hingewiesen, dass er armenischer Abstammung sei und daher neben guten Deutschkenntnissen lediglich über Armenischkenntnisse verfüge. In der Familie habe der Vater Armenisch gesprochen. Trotz drei Jahren in der Grundschule habe er nur äußerst geringe Kenntnisse der georgischen Sprache und Schrift.

 

Die Schwester O ist mit einem Iraner verheiratet und in Österreich anerkannter Flüchtling. Der Vater des Bw hat in Österreich Selbstmord begangen. Die Mutter und die Schwester A verfügten in Österreich ebenso wie der Bw über Aufenthaltstitel. Das Verlängerungsverfahren des Bw ist anhängig.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 11. Dezember 2009, AI 08 12.707, wurde der Asylantrag des Bw abgewiesen und ihm kein subsidiärer Schutz zuerkannt. Gleichzeitig wurde jedoch seine Ausweisung aus dem Bundesgebiet gemäß § 10 Abs. 2 Z. 2 AsylG auf Dauer für unzulässig erklärt. Bei der Ausweisungsentscheidung hat das Bundesasylamt auf das Familienleben des Bw und seinen unbeanstandeten Lebenswandel in Österreich abgestellt.

 

Nach Erfüllung der Schulpflicht (Hauptschule negativ abgeschlossen) ist der Bw in Österreich keiner nennenswerten Beschäftigung (maximal 2 Monate) nachgegangen und hat auch keine Lehre ergriffen.

 

Die umfassend unter Punkt 1 dargestellten Verurteilungen und diesen zugrunde liegenden Straftaten werden vom Bw nicht bestritten. Dabei zeigt sich der Bw einsichtig, hält fest, dass diese 2010 in einem relativ kurzen Zeitraum (knapp mehr als ein halbes Jahr) gesetzt worden sind. Seine Beschäftigungslosigkeit, der kurzfristige Drogenkonsum und „falsche Freunde“ werden als Auslöser für diese Straftaten genannt. Mittlerweile betreibe er intensive Arbeitssuche; der Freundeskreis sei geändert worden. Bedingt durch die fehlenden Voraussetzungen (keine Arbeitsbewilligung) und die nunmehrige Haftverbüßung kann der Bw derzeit keiner Beschäftigung nachgehen.

 

Finanzielle Unterstützung erhält der Bw durch seine Mutter. Durch das fehlende Einkommen ist der Bw auf die Mutter angewiesen und lebt mit seiner Freundin zeitweilig bei jener. Ein gemeinsamer Hausstand wurde nicht gegründet.

 

Sowohl im Rechtsmittel als auch in der mündlichen Verhandlung brachte der Bw vor, dass er seit drei Jahren in strafrechtlicher Hinsicht nicht mehr in Erscheinung getreten sei.

 

So hat der Bw in der Berufung ausgeführt, dass bei der Zukunftsprognose zu beachten sei, dass er nun seit 2 Jahren und 9 Monaten nicht mehr straffällig geworden sei. Zum Zeitpunkt der letzten Tatbegehung sei er gerade einmal 16 Jahre alt gewesen. Heuer werde er 20 Jahre und sei nicht nur auf dem Papier erwachsen geworden. Er denke, er habe in den letzten Jahren bewiesen, dass er willens und fähig sei, sich zu bessern. Seine Straftaten könne er leider nicht rückgängig machen. Was er aber machen könne, sei zu beweisen, dass er sein Leben ändern könne. Er habe aus seinen Fehlern gelernt und sei nun seit 2 Jahren und 9 Monaten straffrei.

 

In der mündlichen Verhandlung wurde der Bw zu seiner kriminellen Vergangenheit befragt. Dabei hat er sich ausschließlich auf die im angefochtenen Bescheid dargestellten Verurteilungen bezogen. Das von ihm im September 2013 begangene Verbrechen und die am 1. Oktober 2013 erfolgte rechtskräftige Verurteilung erwähnte er mit keinem Wort. Seine Einsichtigkeit wurde mit dem langjährigen Wohlverhalten untermauert.

 

3.3. Das Vorbringen des Bw ist teilweise von Widersprüchen geprägt. So hat er, wie oben dargestellt, vor dem Bundesasylamt ausgesagt, dass er vier Sprachen spreche. Folgt man der dokumentierten Niederschrift, so wurde der Befragung ein georgischer Dolmetscher beigezogen. Es ist daher davon auszugehen, dass der Bw über ausreichende Russisch- und/oder Georgischkenntnisse verfügt.

 

Ein mehrjähriger Aufenthalt in Tschechien vor der Einreise in Österreich ist auf Grund der Aktenlage und einzelner Aussagen des Bw nicht glaubwürdig.

 

Abstellend auf die Ergebnisse der öffentlichen Verhandlung und die Niederschriften im Asylverfahren ist glaubhaft, dass, abgesehen von der Tante, die die Wohnung des Vaters gekauft hat, keine nahen Verwandten des Bw in Georgien leben.

 

Trotz anderslautender Verantwortung in der öffentlichen Verhandlung ist davon auszugehen, dass der Bw über ausreichende kulturelle und sprachliche Verbindungen zum Heimatland verfügt.

 

In der öffentlichen Verhandlung ist Reue kaum erkennbar. Dem Bw kommt es bei seiner Verantwortung offenkundig nur darauf an, in Österreich verbleiben zu können. Die neuerliche Straftat im September 2013 (Verbrechen des Diebstahls durch Einbruch) und rechtskräftige Verurteilung hat der Bw konsequent verschwiegen um die Darstellung des „langjährigen Wohlverhaltens“ nicht zu gefährden. Betreffend die derzeitige Haft vermittelte der Bw den Eindruck, dass es sich dabei um die Verbüßung der Anfang 2013 verhängten Freiheitsstrafe handelt.

 

3.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 63 Abs. 1 FPG kann gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt

1. die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder

2. anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

 

Gemäß § 63 Abs. 2 FPG sind bestimmte Tatsachen im Sinne des Abs. 1 insbesondere jene des § 53 Abs. 2 Z 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 und Abs. 3. § 53 Abs. 5 und 6 gelten.

 

Gemäß § 63 Abs. 3 FPG ist ein Aufenthaltsverbot gemäß Abs. 1 in den Fällen des
§ 53 Abs. 2 Z 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für fünf Jahre, in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 1 bis 4 für höchstens zehn Jahre und in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen. Die Frist beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

 

4.2. Im vorliegenden Fall ist zunächst unbestritten, dass sich der Bw derzeit rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Daher sind grundsätzlich die oben genannten Bestimmungen zur Prüfung des Aufenthaltsverbotes heranzuziehen.

 

Da eine Aufenthaltsverfestigung gemäß § 64 FPG nicht vorliegt, gelangt § 63 Abs. 1 FPG vollinhaltlich zur Anwendung.

 

4.3.1. Nach dem im gegenständlichen Fall relevanten Sachverhalt wurde der Bw wegen Verbrechen und Vergehen nach dem StGB mehrfach rechtskräftig zu Freiheitsstrafen (18 Monate, davon 15 Monate bedingt; 18 Monate, davon 12 Monate bedingt; 7 Monate unbedingt) verurteilt. Es ist daher § 63 Abs. 2 in Verbindung mit § 53 Abs. 3 Z 1 FPG einschlägig und im Sinne der zitierten Norm davon auszugehen, dass der Bw die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende bestimmte Tatsachen verwirklicht hat.

 

Maßgeblich ist aber nicht primär, dass eine strafgerichtliche Verurteilung ausgesprochen wurde, sondern dass im Sinne einer Prognoseentscheidung das gegenwärtige und zukünftige Verhalten einer Person im Lichte ihrer strafgerichtlichen Verurteilung rechtlich zu würdigen ist. Es ist also im konkreten Einzelfall zu analysieren, ob davon ausgegangen werden kann, dass sich der Bw hinkünftig rechtskonform verhalten wird. Daher ist – aus Gründen der Verhältnismäßigkeit – vor Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zu prüfen, ob das Verhalten des Bw aus derzeitiger Sicht geeignet erscheint, in Hinkunft die öffentliche Ordnung oder Sicherheit zu gefährden.

 

4.3.2. Der Bw führt sowohl in seinem Rechtsmittel als auch „ansatzweise“ in der öffentlichen Verhandlung aus, sein Fehlverhalten eingesehen zu haben und die Taten zu bereuen, woraus abzuleiten wäre, dass er sich in Hinkunft rechtskonform verhalten wolle und daher keine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle. Dieser Zukunftsprognose kann vom Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich nicht beigetreten werden:

 

Der Bw wurde während zehnjährigen, überwiegend rechtmäßigen Aufenthaltes in Österreich dreimal rechtskräftig verurteilt. Bedeutsam dabei ist, dass die strafbaren Handlungen, Verbrechen und Vergehen, vom Bw nicht - wie von ihm dargestellt - ausschließlich in der Zeit Jänner bis 1. August 2010 begangen wurden. In Kenntnis des laufenden Berufungsverfahrens, das die Erlassung eines auf acht Jahre befristeten Aufenthaltsverbotes zum Gegenstand hatte, scheute der Bw nicht davor zurück, erneut das Verbrechen des Diebstahls durch Einbruch zu begehen. Dieses Verhalten lässt die wahre Gesinnung des Bw erkennen. Obwohl er knapp ein halbes Jahr zuvor rechtskräftig wegen einschlägiger Tatbegehungen verurteilt worden war, das Haftübel verspüren musste, sich im Berufungsverfahren als geläutert präsentiert hatte, schrecke er nicht vor einem weiteren Verbrechen zurück.

 

Gründe für die neuerliche Rückfälligkeit sind nicht bekannt, da der Bw die Tatbegehung verschwiegen hat und diese dem erkennenden Senat nicht bekannt war. Ein Hauptgrund für die Einbruchsdiebstähle im Jahr 2010 war die Finanzierung des Drogenkonsums. Eine Verurteilung nach dem SMG liegt nicht vor. Eine Drogenabhängigkeit ist nicht hervorgekommen.

 

Die Verstöße gegen das StGB (Verbrechen des versuchten und vollendeten Raubes) und die zahlreichen Einbruchsdiebstähle wiegen schwer, da hier nicht von Fällen der "Kleinkriminalität" gesprochen werden kann.

 

Das erkennende Gericht hat bereits im Februar 2013 die einschlägige Vorstrafe, den raschen Rückfall nach bedingter Entlassung, die Tatbegehung während eines anhängigen Verfahrens, das Zusammentreffen eines Verbrechens mit zwei Vergehen und die mehrfache Qualifikation als erschwerend gewertet. Mildernd wurden dem Bw das Geständnis, die teilweise Schadensgutmachung, der teilweise Versuch und das lange Zurückliegen der Tat angerechnet.

 

Bei der rechtskräftigen Verurteilung am 1. Oktober 2013 wurden die teilweise Schadensgutmachung, das umfassende Geständnis und das Alter unter 21 Jahren zum Tatzeitpunkt als Milderungsgrund gewertet. Erschwerend wirkten sich zwei einschlägige Vorstrafen, der rasche Rückfall und das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 39 StGB aus. Eine Diversion war nicht möglich, da fallspezifische Überlegungen (der Bw war bereits mehrmals einschlägig kriminell in Erscheinung getreten) entgegenstanden.

 

Der Bw hat durch sein über Monate hinweg kontinuierlich gesetztes rechtswidriges Verhalten, dass er trotz des verspürten Haftübels im Sommer 2013 nach einer Zeit des Wohlverhaltens ohne erkennbaren Grund wieder aufgenommen hat, eindrucksvoll bewiesen, die Rechtsordnung im Bundesgebiet nicht zu achten und sich nicht als an die Werteordnung der hiesigen Gesellschaft gebunden anzusehen. Es zeugt fraglos von erheblicher krimineller Energie und eine Unbesonnenheit völlig ausschließendem Engagement.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vermag daher dem Vorbringen des Bw, die Verbrechen zu bereuen und sich in der Zukunft rechtskonform verhalten zu wollen, keinen Glauben zu schenken.

 

Es ist daher mit der belangten Behörde davon auszugehen, dass der weitere Aufenthalt des Bw im Inland eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstellt.

 

In diesem Sinn ist die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes gegen den Bw fraglos gerechtfertigt. Bei der Beurteilung des Falls ist auch auf § 61 FPG bzw. Art. 8 EMRK Bedacht zu nehmen.

 

4.4.1. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist allerdings ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts gemäß Abs. 1 statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

4.4.2. Gemäß § 61 Abs. 1 FPG ist, sofern durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 2 FPG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war;

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4. der Grad der Integration;

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl- Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltstatus bewusst waren;

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 3 FPG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein aufgrund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51ff. NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

4.5.1. Im Sinne der zitierten Normen ist eine Interessensabwägung – basierend auf einer einzelfallbezogenen Gesamtbetrachtung – vorzunehmen.

 

Es ist eingangs festzuhalten, dass es gestützt auf die ständige Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts grundsätzlich zulässig und erforderlich ist, Maßnahmen zu ergreifen, um Straftaten durch Fremde dauerhaft im Bundesgebiet zu unterbinden, da ein solcher rechtswidriger Status fraglos dazu geeignet ist, die öffentliche Ordnung und Sicherheit eines Staates massiv zu beeinträchtigen. Daraus folgt, dass das diesbezügliche öffentliche Interesse hoch anzusetzen ist und ein Aufenthaltsverbot grundsätzlich ein nicht inadäquates Mittel darstellt, um einen rechtskonformen Zustand wiederherzustellen und zu erhalten. Dies gilt jedoch nur insofern, als die privaten bzw. familiären Interessen im jeweils konkreten Einzelfall nicht als höherrangig anzusehen sind. Eine diesbezügliche Verhältnismäßigkeitsprüfung anhand der Kriterien des § 61 FPG führt dennoch nicht zum Ergebnis, dass der Eingriff in das Recht auf Privat- und Familienleben des Bw unrechtmäßig wäre.

 

4.5.2.1. Der Bw befindet sich seit dem 30. Mai 2003 im Bundesgebiet. Die Aufenthaltsdauer beträgt daher etwas mehr als zehn Jahre. Dass dieser Aufenthalt nicht rechtmäßig gewesen wäre, ist im Verfahren nicht hervorgekommen.

 

4.5.2.2. Es steht außer Zweifel, dass der Bw durch seinen Aufenthalt in Österreich seit dem Jahr 2003 und seiner Deutschkenntnisse ein nicht unerhebliches Maß an Integration erworben hat und ein Aufenthaltsverbot in das Recht des Bw auf Familien- und Privatleben eingreift.

 

4.5.2.3. Einen wesentlichen Punkt bei der vorzunehmenden Rechtsgüterabwägung stellt die Schutzwürdigkeit des Familien- und Privatlebens dar. Wie sich u.a. aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Dezember 2009, 2009/21/0348, ergibt, kann unter gewissen Umständen das Privatleben eines Fremden alleine eine positive Gesamtbeurteilung nach sich ziehen.

 

Im diesem Sinne geht der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass ab einer Aufenthaltsdauer von etwa zehn Jahren, fast durchgehender erwerbswirtschaftlicher Tätigkeit sowie weiterer Integrationsschritte das persönliche Interesse eines Fremden am Verbleib im Bundesgebiet ein derart großes Gewicht erlangt, dass eine aufenthaltsbeendende Maßnahme – auch bei einem Eingriff nur in das Privatleben – unverhältnismäßig erscheint (vgl. etwa VwGH 20.1.2011, 2010/22/0158).

 

Der Bw überschreitet die vom Gerichtshof judizierte Schwelle von zehn Jahren. Mangels gegenteiliger Hinweise in der verwaltungsgerichtlichen Judikatur ist davon auszugehen, dass die dargestellte Rechtsauffassung nur dann zur Anwendung gelangt, wenn der betroffene Fremde neben den genannten Kriterien unbescholten ist. Dies ist jedoch auf Grund der vorliegenden Verurteilungen des Bw nicht der Fall.

 

4.5.2.4. Um Wiederholungen zu vermeiden wird auf Punkt 4.5.2.2. verwiesen. Zudem ist festzuhalten, dass der Bw während seines Aufenthaltes im Inland nicht nennenswert gearbeitet hat und auch aktuell – bedingt durch die Haftstrafe - keiner Beschäftigung nachgeht. Er kann ausschließlich auf gute Kenntnisse der deutschen Sprache verweisen.

 

Seine Integration wird freilich durch die von ihm begangenen Vergehen und Verbrechen nach dem StGB, durch die er zu erkennen gegeben hat, die im Gastland geltende Rechtsordnung nicht zu akzeptieren, deutlich relativiert und wesentlich erschüttert.

 

4.5.2.5. Hinsichtlich der Zumutbarkeit der Maßnahme in Verbindung mit einer Rückkehr in sein Heimatland ist festzuhalten, dass der Bw knapp mehr als die Hälfte seines Lebens in Österreich verbracht hat.

 

Der Bw hat drei Jahre Grundschulausbildung im Heimatland genossen und bei einem Aufenthalt von neun Jahren in Georgien ist davon auszugehen, dass er dort sozialisiert wurde und mit der dortigen Kultur, den Gebräuchen usw. vertraut ist. Auch wenn er lange Zeit in seinem Heimatland nicht mehr aufhältig war und seine Sprachkenntnisse auf ein niedrigeres Niveau gesunken sind, verfügt er, wie die Einvernahme beim Bundesasylamt gezeigt hat, über ausreichende Sprachkenntnisse, da seine Befragung in georgischer Sprache durchgeführt worden ist. Bei dieser Einvernahme wurde vorgebracht, dass die Schwester des Vaters des Bw dessen Eigentumswohnung übernommen hat und sich diese nach wie vor in Georgien aufhält.

 

Vergleichsweise hat der EGMR (Berisha gegen die Schweiz, Urteil vom 30. Juli 2013, Kammer II, Bsw.Nr. 948/12) sogar die Ausweisung von Kindern ohne deren Eltern dann für verhältnismäßig erachtet, wenn sowohl ausreichende kulturelle und sprachliche Verbindungen zum Heimatland bestehen und auch weitere Familienangehörige vor Ort leben.

 

4.5.3. Aufgrund der getroffenen Feststellungen und Ausführungen gilt es nunmehr in einer Verhältnismäßigkeitsprüfung das Interesse des Bw am Verbleib im Inland mit dem öffentlichen Interesse am Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit abzuwägen.

 

Beim Bw handelt es sich um eine Person, die vorerst monatelang und dann nach einer längeren Zeit des Wohlverhaltens ohne erkennbaren Grund wiederum vorsätzlich gegen das StGB verstoßen hat. Insbesondere auf Grund dieser Tatsachen und des Umstandes, dass der Bw nach dem Verspüren des Haftübels und in Kenntnis seiner Verantwortung im laufenden Aufenthaltsverbotsverfahren, neuerlich vorsätzlich ein Verbrechen nach dem StGB begangen hat, steht es für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich außer Zweifel, dass der Verbleib des Bw im Inland erheblich die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet.

 

Das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates folgt daher der Ansicht der belangten Behörde, dass das Verhalten des Bw auch zum jetzigen bzw. zukünftigen Zeitpunkt eine schwerwiegende Gefährdung des Grundinteresses der Gesellschaft an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sowie der Verhinderung von Straftaten bildet.

 

Hinsichtlich der Dauer des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes finden sich im angefochtenen Bescheid keine Ausführungen.

 

Aufgrund der wiederholt zu Tage getretenen kriminellen Energie, der zeitnahen Rückfälligkeit nach kurz zuvor erfolgter Verurteilung und verspürtem Haftübel, der erkennbaren Uneinsichtigkeit, der massiven Schädigung der Rechte und der Gesundheit Dritter, des Versuches, sich den Lebensunterhalt durch kriminelle Tätigkeiten im Gastland zu erfüllen, kann derzeit von einer günstigen Zukunftsprognose nicht ausgegangen werden und bedarf es daher eines mehrjährigen Aufenthaltsverbotes. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde wird ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot als ausreichend angesehen.

 

4.6. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

5. Von einer Übersetzung gemäß § 59 Abs. 1 FPG konnte aufgrund der guten Deutschkenntnisse des Bw abgesehen werden.

 

 

 

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G

 

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

H I N W E I S

 

1. Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 45,50 Euro (Eingabe- und Beilagengebühr) angefallen.

 

 

 

 

 

Mag. Christian Stierschneider

Beachte:


Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.


VwGH vom 22. Jänner 2014, Zl.: 2013/21/0252-3