Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-168110/7/Br/Ka

Linz, 12.11.2013

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt  durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, vom 20. September 2013, Zl.: VerkR96-12812-2013, nach der am 11.11.2013 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

 

 

I.     Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge, als im Punkt 1) u. 2) in  Anwendung des § 45 Abs.1 Z4 VStG die Verfahrenseinstellung verfügt wird.

 

 

 

II.      Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, § 45 Abs.1 Z4, 51 und 51e Abs.1 Z1 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 u. 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wider den Berufungswerber in Punkt 1) eine Geldstrafe in Höhe von 200 Euro und für den  Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 120 Stunden und im Punkt 2) eine Ermahnung ausgesprochen, wobei wider ihn folgende Tatvorwürfe formuliert wurden:

1) Sie haben als LenkerIn (richtig wohl: Lenker) des angeführten Kraftfahrzeuges folgende Übertretung begangen. Sie haben am 14.06.2013 um 15.15 Uhr auf Verlangen der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht diesen eine nach der EG-Verordnung Nr. 561/2006 oder des AETR geltende Bescheinigung über arbeitsfreie Tage nicht ausgefolgt, obwohl der Lenker/die Lenkerin auf Verlangen der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht diesen das Schaublatt des Fahrtschreibers oder des Kontrollgerätes gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 sowie die mitgeführten Schaublätter, handschriftlichen Aufzeichnungen, die in der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 vorgesehenen Ausdrucke aus dem digitalen Kontrollgerät für Zeiträume, in denen ein Fahrzeug mit digitalem Kontrollgerät gelenkt worden ist, und die Fahrerkarte sowie allfällige Bestätigungen über lenkfreie Tage auszuhändigen hat. Es handelt sich um ein sehr schwerwiegendes Vergehen.

 

Tatort: Gemeinde Straß im Attergau, Autobahn Freiland, Nr. 1 bei km 243.700, RFB Salzburg

Tatzeit: 14.06.2013, 15:15 Uhr.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt: § 134 Abs. 1 i.V.m. § 102 Abs. 1a KFG i.d.g.F.

 

2) Sie haben als Lenker den Zulassungsschein oder Heereszulassungsschein des Anhängers sowie die bei der Genehmigung oder Zulassung vorgeschriebenen Beiblätter zum Zulassungsschein nicht mitgeführt.

 

Tatort: Gemeinde Straß im Attergau, Autobahn Freiland, Nr. 1 bei km 243.700, RFB Salzburg.

Tatzeit: 14.06.2013, 15:15 Uhr.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt; §102 Abs. 5 lit. b KFG

 

Fahrzeuge:

Kennzeichen x, Sattelzugfahrzeug, MAN TGA01, rot Kennzeichen x Sattelanhänger, Meusburger, weiß.“

 

 

 

1.1. Die Behörde erster Instanz begründete dies mit folgender Ausführung:

Gemäß § 102 Abs.1a KFG 1967 haben Lenker von Lastkraftwagen und Sattelzugfahrzeugen mit einem Eigengewicht von mehr als 3 500 kg oder von Omnibussen dafür zu sorgen, dass der Wegstreckenmesser und der Fahrtschreiber auf Fahrten in Betrieb sind und dass im Fahrtschreiber ein geeignetes, ordnungsgemäß ausgefülltes Schaublatt eingelegt ist. Es darf pro Person und pro Einsatzzeit im Sinne des § 16 Arbeitszeitgesetz, BGBl. Nr. 461/1969, nur ein Schaublatt im Fahrtschreiber eingelegt sein, in das der Name des Lenkers einzutragen ist. Die Schaublätter, handschriftlichen Aufzeichnungen und die in der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 vorgesehenen Ausdrucke aus einem digitalen Kontrollgerät des laufenden Tages und der vorausgehenden 28 Tage sowie die Fahrerkarte sind mitzuführen. Fehlen auf der Fahrerkarte einzelne Arbeitstage oder werden für einzelne Arbeitstage keine Schaublätter mitgeführt, so sind für diese Tage entsprechende Bestätigungen des Arbeitgebers, die den Mindestanforderungen des von der Kommission gemäß Artikel 11 Abs. 3 der Richtlinie 2006/22/EG erstellten Formblattes entsprechen müssen, mitzuführen. Die Lenker haben auf Verlangen der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht diesen das Schaublatt des Fahrtschreibers oder des Kontrollgerätes gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 sowie die mitgeführten Schaublätter, handschriftlichen Aufzeichnungen, die in der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 vorgesehenen Ausdrucke aus dem digitalen Kontrollgerät für Zeiträume, in denen ein Fahrzeug mit digitalem Kontrollgerät gelenkt worden ist, und die Fahrerkarte sowie allfällige Bestätigungen über lenkfreie Tage auszuhändigen. Hierüber ist dem Lenker eine Bestätigung auszustellen. Ist das Fahrzeug mit einem digitalen Kontrollgerät ausgerüstet, so gelten die Bestimmungen des § 102a

Wer gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Artikeln 5 bis 9 und 10 Abs. 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006, der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 oder den Artikeln 5 bis 8 und 10 des Europäischen Übereinkommens über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (AETR), BGBl. Nr. 518/1975 in der Fassung BGBl. Nr. 203/1993, zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5 000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Bei der Einbringung von Fahrzeugen in das Bundesgebiet sind solche Zuwiderhandlungen auch strafbar, wenn sie auf dem Wege von einer österreichischen Grenzabfertigungsstelle, die auf ausländischem Gebiet liegt, zur Staatsgrenze begangen werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits einmal bestraft, so kann an Stelle der Geldstrafe Arrest bis zu sechs Wochen verhängt werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits zweimal bestraft, so können Geld- und Arreststrafen auch nebeneinander verhängt werden. Die Verhängung einer Arreststrafe ist in diesen Fällen aber nur zulässig, wenn es ihrer bedarf, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten. Auch der Versuch einer solchen Zuwiderhandlung ist strafbar.

 

Gemäß § 102 Abs.5 lit.b KFG 1967 hat der Lenker auf Fahrten den Zulassungsschein oder Heereszulassungsschein für das von ihm gelenkte Kraftfahrzeug und einen mit diesem gezogenen Anhänger, sowie die bei der Genehmigung oder Zulassung vorgeschriebenen Beiblätter zum Zulassungsschein.

 

Die Ihnen im Spruch angelastete Verwaltungsübertretung wurde von der Polizeiinspektion Seewalchen a.A., Inspektor x, am 14.06.2013 dienstlich festgestellt und zur Anzeige gebracht. Bei der Anzeige haben Sie angegeben, dass Sie wegen der Urlaubsbestätigungen schon mit den Disponenten gesprochen hätten. Weiters würden Sie keine Originalzulassungsschein mitführen. Die Urlaubsbestätigungen wurden der Anzeige beigefügt.

 

Gegen die an Sie daraufhin ergangenen Strafverfügung vom 30.07.2013 haben Sie über Ihren nunmehrigen Rechtsanwalt, Frau x, fristgerecht Einspruch mit der Bitte um Akteneinsicht erhoben.

 

In Ihrer Stellungnahme aufgrund der Aufforderung zur Rechtfertigung der Bezirkshauptmannschart Vöcklabruck geben Sie an, dass Sie die Bestätigung über die lenkfreien Tage mitgeführt hätten. Weiters würden die Zulassungsscheine aus Sicherheitsgründen vom Zulassungsbesitzer jeweils in Kopie im Fahrzeug belassen. Sie hätten keinen Einfluss darauf, ob Ihnen die Originale vom Arbeitsgeber ausgehändigt würden. Sie folgten demnach dem Polizeibeamten eine Kopie aus.

 

Die Behörde hat hiezu erwogen:

 

Aufgrund der dienstlichen Wahrnehmung eines Exekutivorganes ist für die Behörde die im Spruch angelastete Verwaltungsübertretung als eindeutig erwiesen zu betrachten und demnach spruchgemäß zu entscheiden.

Beim Zulassungsschein handelt es sich um ein Dokument, das auf Verlangen der Organe des öffentlichen Dienstes in der Originalfassung zum Zwecke der sofortigen Überprüfung der beurkundeten Tatsachen vorzuweisen ist. Das Mitführen einer Fotokopie (selbst wenn sie gerichtlich oder notariell beglaubigt sein sollte) erfüllt nicht diese gesetzliche Verpflichtung (VwGH 25.11.2004, 2003/03/0297).

Gemäß § 102 Abs. 1a KFG (Kraftfahrgesetz) sind bei Fehlen einzelner Arbeitstage auf der Fahrerkarte oder werden für einzelne Arbeitstage keine Schaublätter mitgeführt, so sind für diese Tage entsprechende Bestätigungen des Arbeitsgebers, die den Mindestanforderungen des von der Kommission gemäß Artikel 11 Abs. 3 der Richtlinie 2006/22/EG erstellten Formblattes entsprechen müssen, mitzuführen. Gesetzlich ist dieses Formblatt zu verwenden. Es können allerdings auch Bestätigungen akzeptiert werden, wenn diese nicht handschriftlich ausgefüllt ist, die Bestätigung vom Unternehmer und vom Fahrer unterzeichnet ist sowie im Original mitgeführt wird.

Eine Bestätigung in dieser genannten Form wurde von Ihnen nicht mitgeführt.

 

Zu Ihren Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen haben Sie keine Angaben gemacht und es wird von folgender Schätzung ausgegangen: monatliches Nettoeinkommen: Euro 1400,-, keine Sorgepflichten, kein Vermögen.

 

Die Bemessung der Strafhöhe erscheint der Behörde als angemessen, zumal Punkt 1 in Verbindung mit § 20 VStG 1991 (Verwaltungsstrafgesetz) unter der gesetzlichen Mindeststrafe bemessen wurde und Punkt 2 mit Ermahnung abgeschlossen wurde.

 

Es lagen keine straferschwerenden Umstände vor.

 

Die Vorschreibung der Verfahrenskosten gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle

 

 

2. In der dagegen fristgerecht vom Berufungswerber durch die ausgewiesene Rechtsvertreterin erhobenen Berufung wird nachfolgendes ausgeführt:

"In umseits bezeichneter Verwaltungsstrafsache erhebt der Beschuldigte durch seine ag. Rechtsvertreterin gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöklabruck vom 20.9,2013, Zahl: VKR 96-12812-2013 innerhalb offener Frist nachstehende

 

B E R U F U N G

 

Der genannte Bescheid Wird seinem gesamten Inhalt nach angefochten und seine Abänderung dahingehend beantragt, dass das vorliegende Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschuldigten eingestellt wird,

 

Zur Begründung wird vorgebracht wie folgt:

 

Der angefochtene Bescheid ist sowohl materiell als auch verfahrensrechtlich verfehlt.

 

1.     In materiell rechtlicher Hinsicht ist Folgendes festzuhalten:

 

Der Beschuldigte hat die ihm vorgeworfene Verwaltungsstraftat nicht begangen bzw. trifft ihn daran kein Verschulden.

 

Der Beschuldigte hat die Bestätigung über die lenkfreien Tage mitgeführt. Die Zulassungsscheine werden aus Sicherheitsgründen vom Zulassungsbesitzer jeweils in Kopie im Fahrzeug belassen, die Originale befinden sich im Safe. Die Kopien hat der Beschuldigte vorgewiesen.

Der Beschuldigte hat keinen Einfluss darauf, dass ihm die Originale der Zulassungsscheine vom Arbeitgeber ausgehändigt werden.

 

Das Verschulden des Beschuldigten ist daher so gering, dass es zu vernachlässigen ist.

 

2. In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist Folgendes festzuhalten:

 

2.1. Gemäß § 24 VStG 1991 gelten die Vorschriften des AVG auch im Verwaltungsstrafverfahren, sofern sie nicht durch § 24 VStG letzter Satz ausdrücklich ausgenommen sind- Gemäß § 58 Abs.2 AVG sind Bescheide zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei (im gegebenen Fall des Beschuldigten) nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wurde.

 

Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens (VwSlg. NF 8619 A), die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen (VwSlg. NF 2372 A; VwSlg. NF 606 A, 2411 A; VwGH 17.06.1993, ZL 92/06/0228) und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen, Nach gesicherter Judikatur (VwSlg. NF 1977 A; VfSlg 7017) und herrschender Lehre (vgl. Mannlicher/Quell Das Verwaltungsverfahren 1, 8. Auflage, [1979[), 318; Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht, 7. Auflage [1999], Randziffer Rz 418 ff) ist die Pflicht zur Begründung eines der wichtigsten Erfordernisse eines rechtsstaatlichen Verfahrens. Jede strittige Sach- und Rechtsfrage von Relevanz soll in der Begründung eines Bescheides ausreichend beantwortet sein. Die Begründung eines Bescheides hat Klarheit aber die tatsächlichen Annahmen der Behörden und ihr? rechtlichen Erwägungen zu schaffen (VwSlg. NF 7909 A; VwGH 19.Q5.1994, 21. 90/07/0121). Eine Begründung die sich auf die Wiedergabe eines gesetzlichen Tatbestandes beschränkt, aber die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nicht im Einzelnen darlegt und aus der sich daher nicht entnehmen lässt, aufgrund welcher Sachverhaltsannahmen die Behörde zu ihrer Erkenntnis gelangt ist, ist unzulänglich. Schon aufgrund dieser Ausführungen zeigt sich, dass der angefochtene Bescheid den verfahrensrechtlichen Mindestanforderungen nicht gerecht wird. Die Behörde I. Instanz hat sich in der Begründung des angefochtenen Bescheides darauf beschränkt, ihren Rechtsstandpunkt darzulegen.

 

Der Beschuldigte übersieht nicht, dass sich die erstinstanzliche Behörde im angefochtenen Bescheid mit rechtlichen Erwägungen auseinandergesetzt hat.

           

Die Behörde I, Instanz Feststellungen zu den rechtlich relevanten Fragen getroffen und ihre diesbezügliche Beweiswürdigung entsprechend begründet, so hätte sie zweifelsfrei erkennen müssen, dass eine Verwaltungsübertretung nicht vorliegt.

 

2.2. Gemäß § 40 Abs.l VStG ist dem Beschuldigten ausreichend Gelegenheit für seine Rechtfertigung zu geben. Diese Verpflichtung der Behörde ergänzt den Grundsatz des Parteiengehörs gemäß den §§37 und 45 Abs.3 AVG i.V.m, § 24 VStG. Die Wahrung des Parteiengehörs ist eine kardinale Voraussetzung eines gesetzmäßigen Verwaltungsverfahrens. Die Wahrung des Parteiengehörs ist von Amts wegen zu beachten und gehört zu den fundamentalen Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit der Hoheitsverwaltung (VwGH 26,01.1967, 47/66; VfGH 25.06.1945, Slg. 1804).

 

Daneben gilt auch im Verwaltungsstrafverfahren der Grundsatz der materiellen Wahrheit, wonach die Behörde den wahren Sachverhalt festzustellen hat, der für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebend ist.

 

Ganz im Gegensatz dazu hat die Behörde 1. Instanz de facto keine Ermittlungstätigkeit unternommen, sondern ohne weiteres die Angaben der zugrunde liegenden Anzeige ihrem Spruch zugrunde gelegt: Durch Einvernahme des Beschuldigten hätte die Behörde sich ein Bild von der Glaubwürdigkeit des Beschuldigten machen können und wäre sicherlich zu dem Schluss gekommen, dass das Verschulden es Beschuldigten zu vernachlässigen ist Auch aus diesem Grunde ist das erstinstanzlichen Verfahren mangelhaft.

 

Der Beschuldigte stellt aus all diesen Gründen den

 

ANTRAG

 

auf Abänderung des angefochtenen Bescheides - nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung - dahingehend, dass das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschuldigten eingestellt, in eventu lediglich eine Ermahnung über diesen verhängt wird.

 

Innsbruck, am 7.10.2013                                                                        x“

 

 

 

2.1. Mit diesen den Tatvorwurf im Punkt 1) im Grunde nicht bestreitenden, jedoch nur vermeintliche Verfahrensmängel einwendenden Ausführungen vermöchte eine Rechtwidrigkeit des Schuldspruches noch nicht aufgezeigt werden, wobei es, wie im Rahmen der Berufungsverhandlung evident wurde, die inhaltliche Beurteilung zu Recht bemängelt wurde.

Nicht nachvollziehbar ist, wenn die Behörde erster Instanz sogar im Spruch zu Punkt 1) anmerkte, es handle sich dabei um eine schwere Übertretung.

 

 

3. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Eine öffentliche mündliche Berufungsver­handlung war antragsgemäß durchzuführen (§ 51e Abs.1 Z1 VStG).

 

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt.

Als Zeuge wurde im Rahmen der Berufungsverhandlung der Meldungsleger RevInsp. H. X einvernommen. Die Behörde erster Instanz entschuldigte deren Nichtteilnahme mit einem Schreiben vom 7.11.2013, dem die h. Ladung vom 17.10.2013 in Kopie angeschlossen wurde.

 

 

3.2.  Aus der Anzeige geht die im Zuge der Anhaltung und nachfolgenden Lenker- und Fahrzeugkontrolle getroffene Feststellung des Meldungsleger hervor, dass der Lenker keine angeblich gemäß der EG-Verordnung Nr. 561/2006 bzw. Eine AETR geltende Bescheinigung über arbeitsfreie mitgeführt hätte.

Dem Akt beigefügten findet sich jedoch die Kopie einer Bestätigung der Firma x Int. Transporte, der zur Folge der Berufungswerber in der Zeit vom 5.6.2013 bis 9.6.2013 Urlaub oder Freizeit hatte. Dieses Formular ist mit 7.6.2013 datiert und mit einer Firmen Stampiglie und einer Unterschriftsparaphe versehen. Vom Fahrer (den Berufungswerber) findet sich keine Unterschrift auf dieser Kopie.

 

 

3.2.1. der Meldungsleger erklärt anlässlich der Berufungsverhandlung, dass diese Anzeige im Hinblick auf die zahlreichen Beanstandungen dieser Firma erstattet wurde. Wäre diese Firma nicht bereits so häufig wegen zahlreicher Vorfälle wegen mangelhafter Ausstattung der Fahrer mit entsprechenden Bestätigungen negativ in Erscheinung getreten, hätte er den Lenker wegen dieses geringfügigen Deliktes (Nichtmitführen der Originalbestätigung) nur ermahnt. Da man jedoch diese Firma als Zulassungsbesitzerin aufgrund deren Sitzes nicht anzeigen könne, könne in diesen Fällen nur gegen die Fahrer mit entsprechenden Anzeigen vorgegangen werden.

Der Zeuge räumte auch ein, dass zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt gewesen ist, dass grundsätzlich auch dieses Formular in Österreich Verwendung finden dürfe, wobei es nicht den Vorgaben des Gemeinschaftsrechts entsprechen würde. Dies habe sein Vorgesetzter im Zuge einer kürzlich stattgefundenen Schulung in Wien in Erfahrung gebracht.

Im Grunde lässt sich vor dem Hintergrund der vom Zeugen anlässlich der Berufungsverhandlung gemachten Darstellung, die sachliche Grundlage für diese Anzeigeerstattung, insbesondere mit Blick auf den damit verbundenen Verfahrensaufwand und Kosten nicht wirklich sachlich nachvollziehen.

 

 

3.3. Dieses Beweisergebnis lässt sich dahingehend zusammenfassen, dass selbst vom Organ der Straßenaufsicht die Übertretung im Punkt 1) als bloßes Formaldelikt gesehen wurde, welches aus seiner Sicht mit einer bloßen Ermahnung geahndet worden wäre. Diesbezüglich hätte er auch mit der Sachbearbeiterin der Behörde erster Instanz fernmündlich Rücksprache gehalten. Warum es letztlich dennoch zum Ausspruch diese Geldstrafe im Punkt 1) gekommen ist sei nicht nachvollziehbar, so der Zeuge.

Die Rechtsvertreterin vermeinte letztlich ebenfalls einen bloßen Formalverstoß zu erblicken und vermeinte den § 21 VStG anzuwenden. Über Hinweis, dass diese Bestimmung aus dem Rechtsbestand beseitigt wurde und an dessen Stelle nunmehr § 45 Abs.1 Z4 VStG getreten ist, wurde abschließend die Anwendung dieser Bestimmung beantragt.

Der unabhängige Verwaltungssenat erachtet die Darstellung der Rechtsvertreterin, die durchaus auch mit dem Meldungsleger in Einklang zu bringen ist, dahingehend, dass der Berufungswerber auch durch das Mitführen einer bloßen Kopie, dem Ziel der Kontrollmöglichkeit seiner Fahrtzeiten während der zurückliegenden Zeit, nicht wirklich zuwider gehandelt hat. Das er letztlich dieses in bloßer Kopie mitgeführte Formular nicht auch selbst unterschrieben hatte, wäre bei einigen guten Willen wohl auch noch unmittelbar im Zuge der Amtshandlung möglich gewesen. Wenn schließlich die Firma den Fahrern offenbar das Original nicht auszuhändigen bereit ist, haben diese wohl keine realitätsnahe Möglichkeit der gesetzlichen Vorgabe gerecht zu werden. Es bliebe ihnen wohl als rechtmäßiges Alternativverhaltens nur die Möglichkeit das Dienstverhältnis mit der Firma zu beenden. Als solches Verhalten ist selbst von einem in jeder Richtung hin wertverbundenen Arbeitnehmer nicht wirklich zu erwarten.

 

 

4. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen

Gemäß § 102a Abs.4 KFG 1967 haben sich Lenker von Kraftfahrzeugen, die mit einem digitalen Kontrollgerät im Sinne der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 ausgerüstet sind, bei der Bedienung des Kontrollgerätes an die Bedienungsanleitung des Kontrollgerätes zu halten. Sie haben dafür zu sorgen, dass das Kontrollgerät auf Fahrten in Betrieb ist und dass ihre Fahrerkarte im Kontrollgerät verwendet wird. Die Lenker haben auf Verlangen der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht, die in der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 vorgesehenen Ausdrucke, die Fahrerkarte und die mitgeführten Schaublätter des laufenden Tages und der vorausgehenden 28 Tage, falls sie in dieser Zeit ein Fahrzeug gelenkt haben, dass mit einem analogen Kontrollgerät ausgerüstet ist, auszuhändigen. Hierüber ist dem Lenker eine Bestätigung auszustellen. Fehlen auf der Fahrerkarte einzelne Arbeitstage und werden dafür auch keine Schaublätter mitgeführt, so sind für diese Tage entsprechende Bestätigungen des Arbeitgebers, die den Mindestanforderungen des von der Kommission gemäß Art. 11 Abs.3 der Richtlinie 2006/22/EG erstellten Formblattes entsprechen müssen, mitzuführen und bei Kontrollen auszuhändigen.

Diese Umsetzung erfolgte durch die 30. KFG-Novelle, BGBl. I Nr. 94/2009, mit welcher die Verpflichtung zum Mitführen der Urlaubsbestätigungen für analoge Kontrollgeräte im § 102 Abs.1a sowie für digitale Kontrollgeräte im § 102a Abs.4 geregelt wurde.

Demnach hat der Lenker diese Bescheinigung bereits bei der Kontrolle dabei haben und vorzuzeigen. Das diese Bescheinigung im Original vorzulegen sei kann der oben bezeichneten Rechtsnorm nicht abgeleitet werden, wobei auch der nicht näher präzisierte Hinweis auf ein in der genannten Richtlinie bezeichnetes Formblatt, eine Strafbarkeit eines bloßen Formmangels des Formulars wohl kaum zu begründen vermag. Letztlich kommt es doch auf den objektiven Erklärungswert der entsprechenden Bescheinigung an.

 

 

5. Wenn letztlich die Behörde erster Instanz unter Anführung des § 20 VStG und unter weiteren Hinweis auf § 45 VStG im Punkt 2) wegen Nichtmitführens diverser Blätter zum Zulassungsschein eine Ermahnung ausgesprochen hat, so wurde diesbezüglich offenbar die nunmehrige Bestimmung des § 45 Abs.1 Z4 gemeint.

Demnach hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn (Z4) die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Diese rechtliche Qualifikation des hier im Lichte des Berufungsverfahrens festgestellten Sachverhaltes trifft ebenfalls für den Punkt 1) des Straferkenntnisses zu,  sodass auch in diesem Punkt mit der Verfahrenseinstellung vorzugehen gewesen ist (vgl. VwGH 13.12.1990 90/09/0141 und VwGH 27.2.1992, 92/02/0033).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

 

 

Dr. B l e i e r