Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
A-4012 Linz, Fabrikstraße 32 | Telefon (+43 732) 70 75-155 85 | Fax (+43 732) 70 75-21 80 18

VwSen-253560/2/Py/Hu

Linz, 30.10.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 9.9.2013, GZ: 0011940/2013, wegen Verwaltungsübertretung nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG), zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  § 66 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 9.9.2013, GZ: 0011940/2013, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) wegen Verwaltungsübertretung nach § 7, 12, 25 Abs.2, 50 Abs.1 und 71 Abs.2 Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG) 1997 eine Geldstrafe in Höhe von 200 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 20 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Der Beschuldigte, Herr, geboren am x, von 01.01.2013 bis zumindest am 07.03.2013 (Zeitpunkt der Kontrolle) als arbeitslos im Sinne des § 12 AlVG gemeldet und bezog in diesem Zeitraum Arbeitslosengeld vom Arbeitsmarktservice.

Im Zuge der oa. Kontrolle durch Organe des Finanzamtes Linz am 07.03.2013 wurde festgestellt, dass der Beschuldigte ab dem 05.03.2013, 07:00 Uhr, im Auftrag von der Firma x bei der Firma x, als Leasingarbeiter Vollzeit beschäftigt wurde.

Der Lohn lag daher über der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 ASVG. Weiters hat der Beschuldigte die Aufnahme der Tätigkeit nicht unverzüglich beim AMS angezeigt, obwohl er dazu gem. § 50 AlVG verpflichtet gewesen wäre. Es wird daher gem. § 25 Abs. 2 AlVG unwiderleglich vermutet, dass die oa. Tätigkeiten über der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 ASVG entlohnt wurde.

Gem. § 7 Abs. 1 AlVG hat jemand Anspruch auf Arbeitslosengeld, wenn er/sie der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht. Das sind nach § 7 Abs. 2 AlVG, Arbeitslose. Der Beschuldigte stand im Zeitraum des Arbeitslosengeldbezuges in einem Dienstverhältnis, welches über der Geringfügigkeitsgrenze entlohnt wurde und war somit nicht arbeitslos im Sinne des § 7 Abs. 2 AlVG.

Der Beschuldigte wusste darüber Bescheid, dass er Arbeitslosengeld nur beziehen darf, wenn er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht, da auf dem Antragsformular (welches der Beschuldigte unterschrieben hat) sowie auf dem Arbeitslosenbezugsbescheid ausdrücklich darauf hingewiesen wurde. Das Arbeitslosengeld wurde in der Absicht in Anspruch genommen, ein zusätzliches Einkommen neben den Einkünften aus dem bestehenden Dienstverhältnis zu beziehen.

Der Beschuldigte hat somit ab 05.03.2013 vorsätzlich, zumindest im Stärkegrad der Wissentlichkeit, Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, nämlich Arbeitslosengeld, bezogen, ohne dazu berechtigt gewesen zu sein."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen zusammengefasst aus, dass der Beschuldigte Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezogen hat, daneben eine unselbstständige Betätigung aufgenommen und diese Aufnahme der Tätigkeit nicht unverzüglich beim AMS angezeigt hat. Der Beschuldigte habe Bescheid gewusst, dass er Arbeitslosengeld nur beziehen darf, wenn er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht. Er hat das Arbeitslosengeld daher wissentlich ungerechtfertigt bezogen und ist die Übertretung somit vorsätzlich begangen, da er als Leistungsbezieher für die Meldung beim AMS verantwortlich gewesen wäre.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Bw eingebrachte Berufung vom 27. September 2013.

 

Darin bringt der Bw zunächst vor, dass er für diese drei Tage kein Arbeitslosengeld erhalten hat. Er bestreite auch den Vorwurf, er habe beabsichtigt, in der Zeit vom 5. bis 7. März 2013 Arbeitslosengeld zu beziehen, um zusätzliche Einkünfte zu erzielen. Frau x, Mitarbeiterin der Firma x, habe seine Arbeitsaufnahme mit 5. März 2013 noch am selben Tag dem AMS Linz mitgeteilt. Ihr wurde nicht bekannt gegeben, dass sich der Dienstnehmer diesbezüglich selbst melden müsse. Leider wurde dieser Anruf vom AMS Linz nicht entsprechend vermerkt, weshalb der Bw sofort, nachdem er Mitteilung erhalten hat, dass er noch arbeitslos gemeldet ist, am 7. März 2013 nochmals dem AMS seine Arbeitsaufnahme mit 5. März 2013 bekanntgegeben habe.

 

3. Mit Schreiben vom 27. September 2013 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG entfallen.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Bw war im März 2013 beim AMS arbeitsuchend gemeldet und versuchte über die Personalbereitstellungsfirma x (in der Folge: Firma x),  als Leasingarbeiter eine Arbeitsstelle zu finden. Seitens der Firma x wurde ihm mitgeteilt, dass er, sobald die Firma x ihn auf einer Baustelle brauche, er dort anfangen könne.

 

Am 4. März 2013 wurde der Bw von der Firma x telefonisch kontaktiert und ihm mitgeteilt, dass er sich am 5. März 2013 um 7.00 Uhr auf einer Baustelle in Bad Schallerbach einfinden möge. Dies gab der Bw der Firma x bekannt, die ihm mitteilte, dass die Firma x seine Arbeitsaufnahme mit 5. März 2013 dem zuständigen Arbeitsmarktservice mitteilen werde.

 

Anlässlich einer Kontrolle durch Organe der Finanzpolizei am 7. März 2013 auf dieser Baustelle in Bad Schallerbach wurde festgestellt, dass der Bw zwar am    5. März 2013 mittels Mindestangabenmeldung der Firma x zur Sozialversicherung gemeldet wurde, beim AMS jedoch keine Information über seine Arbeitsaufnahme vorlag.

 

Der Bw meldete daraufhin umgehend am 7. März 2013 seine Arbeitsaufnahme mit 5. März 2013 beim AMS. Arbeitslosengeld für die Zeit vom 5. bis 7. März 2013 hat der Bw nicht bezogen. 

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und ist in dieser Form unbestritten.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 7 Abs.1 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, BGBl.Nr. 609/1977 idgF hat Anspruch auf Arbeitslosengeld, wer

1.   der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht,

2.   die Anwartschaft erfüllt und

3.   die Bezugsdauer noch nicht erschöpft hat.

Gemäß § 7 Abs.2 leg.cit. steht der Arbeitsvermittlung zur Verfügung, wer eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf (Abs.3) und arbeitsfähig (§ 8), arbeitswillig (§ 9) und arbeitslos (§ 12) ist.

 

Gemäß § 12 Abs.1 AlVG ist arbeitslos, wer

1.   eine (unselbstständige oder selbstständige) Erwerbstätigkeit (Beschäftigung) beendet hat,

2.   nicht mehr der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung unterliegt oder dieser ausschließlich aufgrund des Weiterbestehens der Pflichtversicherung für den Zeitraum, für den Kündigungsentschädigung gebührt oder eine Ersatzleistung für Urlaubsentgelt oder eine Urlaubsabfindung gewährt wird (§ 16 Abs.1 lit.k und l), unterliegt und

3.   keine neue oder weitere (unselbstständige oder selbstständige) Erwerbstätigkeit (Beschäftigung) ausübt.

 

Gemäß § 12 Abs.3 lit.a gilt als arbeitslos im Sinn des Abs.1 und 2 insbesondere nicht, wer in einem Dienstverhältnis steht.

 

Gemäß § 50 Abs.1 erster Satz AlVG ist, wer Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezieht, verpflichtet, die Aufnahme einer Tätigkeit gemäß § 12 Abs.3 unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle anzuzeigen.

 

Gemäß § 71 Abs.2 AlVG begeht, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe von 200 Euro bis zu 2.000 Euro, im Wiederholungsfall von 400 Euro bis  zu 4.000 Euro zu bestrafen, wer vorsätzlich Leistungen der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt oder genießt, ohne dazu berechtigt zu sein, oder zu solchen Missbräuchen anstiftet oder Hilfe leistet.

 

5.2. Wie aus der gegenständlichen Strafbestimmung hervorgeht, ist die vorsätzliche Beziehung von Leistungen der Arbeitslosenversicherung ohne Berechtigung unter Strafe gestellt. Es wird somit vom Gesetzgeber ausdrücklich festgelegt, dass zur Verwirklichung des Tatbildes der unberechtigten Inanspruchnahme von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung eine vorsätzliche Tatbegehung erforderlich ist. Das Vorliegen eines vorsätzlichen Handelns des Bw, um Arbeitslosengeld zu beziehen, obwohl er inzwischen wieder in einem Dienstverhältnis stand, ist dem Verwaltungsstrafakt jedoch nicht zu entnehmen. Vielmehr hat der Bw bereits anlässlich seiner Befragung durch die Organe der Finanzpolizei anlässlich der Kontrolle mitgeteilt, dass er mit einer Mitarbeiterin der Firma x vereinbart hat, dass diese das zuständige Arbeitsmarktservice über seine Beschäftigungsaufnahme informiert. Diese Behauptung wurde von der Firma x in der Stellungnahme vom 9. August 2013 auch ausdrücklich bestätigt. Zwar konnte vom Arbeitsmarktservice Linz der Eingang einer solchen telefonischen Information über die Arbeitsaufnahme des Bw mit 5. März nicht bestätigt werden, allerdings genügt dieses fahrlässige Verhalten des Bw, der die ihm obliegende Verpflichtung, das AMS über seine Arbeitsaufnahme zu informieren, an die Mitarbeiterin seines Arbeitgebers übertragen und in weiterer Folge nicht kontrolliert hat, ob diese Abmeldung auch tatsächlich durchgeführt wurde, nicht, um das in § 71 Abs.2 AlVG normierte Tatbild zu erfüllen. Eine vorsätzliche Inanspruchnahme der Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung durch den Bw ist jedoch im Verfahren nicht hervorgekommen, zumal die Aussage und das Berufungsvorbringen des Bw durch die Stellungnahme der Firma x bestätigt werden und keine Veranlassung besteht, diese Angaben in Zweifel zu ziehen.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G

 

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

 

H I N W E I S

 

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

 

Dr. Andrea Panny