Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
A-4012 Linz, Fabrikstraße 32 | Telefon (+43 732) 70 75-155 85 | Fax (+43 732) 70 75-21 80 18

VwSen-281480/10/Py/Rd/Hu

Linz, 25.10.2013

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Andrea Panny über die Berufung des x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 23. Oktober 2012, Ge96-18-4-2012, wegen Verwaltungsübertre­tungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat einen Kostenbeitrag zum Berufungsver­fahren in der Höhe von insgesamt 300 Euro, das sind 20% der verhängten Geldstrafen, zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 23. Oktober 2012, Ge96-18-4-2012, wurden über den Berufungswerber Geldstrafen von 1.000 Euro, EFS von 46 Stunden (Faktum 1) und 500 Euro, EFS von 23 Stunden (Faktum 2), wegen Verwaltungsübertretungen gemäß  § 130 Abs.5 Z1 iVm § 118 Abs.3 ASchG iVm § 87 Abs.3 BauV (Faktum 1) und § 130 Abs.1 Z16 ASchG iVm § 34 Abs.2 Z3 AM-VO (Faktum 2) verhängt.

 

Nachstehender Tatvorwurf wurde dem Berufungswerber im Spruch des ange­fochtenen Straferkenntnisses zur Last gelegt:

 

"Sie besitzen für den Standort x, die Gewerbeberechtigung für das Gewerbe Spengler.

Sie haben als Arbeitgeber nicht dafür gesorgt, dass die Bestimmungen der Bauarbeiterschutzverordnung und der Arbeitsmittelverordnung – wie im Zuge einer Baustellenbesichtigung am 5. April 2012 durch den Arbeitsinspektor des Arbeits­inspektorates Wels, Herrn x, festgestellt wurde – eingehalten wurden.

 

1. Am 5. April 2012 beschäftigten Sie zwei Arbeitnehmer auf der Baustelle x, mit Spenglerarbeiten am Dachsaum mit einer Dachneigung von ca. 40° und einer Absturzhöhe von ca. 6 m ohne entsprechende Schutzvorrichtungen. Die Arbeitnehmer waren auch nicht sicher angeseilt. Dies obwohl bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von mehr als 20° und einer Absturzhöhe von mehr als 3,00 m geeignete Schutzeinrichtungen vorhanden sein müssen, die den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten in sicherer Weise verhindern, wie insbesondere Dachfanggerüste (§ 88 BauV).

 

2. Am 5. April 2012 stellten Ihre Arbeitnehmer auf der Baustelle x, eine Alu-Leiter ohne Sicherung gegen Weg­rutschen und Umfallen auf. Dies obwohl Leitern so aufzustellen sind, dass sie gegen Wegrutschen und Umfallen gesichert sind." 

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und begründend ausge­führt, dass bei der Strafbemessung nicht berücksichtigt worden sei, dass es sich beim gegenständlichen Unternehmen um ein Kleinunternehmen mit 4 Mitarbei­tern handle und die verhängte Strafe eine große finanzielle Belastung darstelle. Beim gegenständlichen Vorfall sei kein Arbeitnehmer verletzt worden; vielmehr hätten die Arbeitnehmer die Unterweisungen bzw. Sicherungsmaßnahmen nicht einge­halten. Dass im Unternehmen kein Kontrollsystem installiert sei, sei un­richtig, zumal die Mitarbeiter regelmäßig unterwiesen werden, zudem komme jährlich eine Sicherheitsfachkraft sowie ein Arbeitsmediziner in den Betrieb. Als Betriebs­führer habe der Berufungswerber sehr viel andere Arbeit und könne auch nicht ständig Baustellen kontrollieren. Ein bisschen Eigenverantwortung der Arbeit­nehmer dürfe wohl zu erwarten sein, insbesondere, wenn alles Notwendige für die Einhaltung der Sicherungsmaßnahmen zur Verfügung stehen.  

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Eferding als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Das Arbeitsinspektorat Wels wurde am Verfahren beteiligt und äußerte sich mit Stellungnahme vom 14. Dezember 2012 im Wesentlichen dahingehend, dass sich die beantragten Strafhöhen im unteren Bereich des Strafrahmens bewegen würden. Weiters wurde ausgeführt, dass es für das Vorliegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ASchG iVm der BauV bzw der AM-VO unerheblich sei, ob ein Schadensfall eingetreten sei. Die Nichtverletzung eines Arbeitnehmers könne keinesfalls als strafmildernd gewertet werden. Bezüglich des geschilderten Kontrollsystems sei zu bemerken, dass die Arbeitnehmer in Eigenverantwortung für die Einhaltung der Sicherungsmaßnahmen verantwortlich seien und regelmäßige Unterwei­sungen der Arbeitnehmer durchgeführt werden. Dies allein stelle aber kein funk­tionierendes Kontrollsystem dar. Im Übrigen sei beim Berufungswerber keine Einsichtigkeit betreffend sein schuldhaftes Handeln zu erkennen.   

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte gemäß § 51e Abs.3 Z1 VStG abgesehen werden, da in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird und vom Berufungswerber der Sachverhalt nicht bestritten wurde. Überdies wurde auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vom Berufungswerber mit Schreiben vom 30. Jänner 2013 verzichtet; seitens des Arbeitsinspektorates Wels wurde kein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung gestellt.

 

4.1. Der Oö. Verwaltungssenat ist von folgendem Sachverhalt ausgegangen:

 

Am 5. April 2012 konnte im Zuge einer Baustellenbesichtigung auf der Baustelle x, vom Arbeitsinspektor des Arbeits­inspektorates Wels festgestellt werden, dass sich zwei Arbeitnehmer des Berufungswerbers mit Spenglerarbeiten am Dachsaum mit einer Dachneigung von ca. 40° und einer Absturzhöhe von ca. 6 m ohne entsprechende Schutz­vorrichtungen beschäftigt waren, wobei die Arbeitnehmer auch nicht sicher angeseilt waren. Überdies war die zum Aufstieg verwendete Alu-Leiter ohne Sicherung gegen Wegrutschen und Umfallen aufgestellt. Um die offensichtlich vorhandene Bodenun­ebenheit auszugleichen, wurde ein Beil als Siche­rung der Leiter untergelegt. Dieser Sachverhalt wurde mit Fotos des Arbeitsin­spektorates Wels untermauert, welche auch dem Berufungswerber zur Kenntnis gebracht wurden. Vom Berufungswerber wurde der Sachverhalt an sich nicht bestritten.  

  

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Zu Faktum 1:

Gemäß § 87 Abs.3 ASchG müssen bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von mehr als 20 Grad und einer Absturzhöhe von mehr als 3,00 m geeignete Schutzeinrichtungen vorhanden sein, die den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten in sicherer Weise verhindern. Bei besonderen Gegeben­heiten, wie auf glatter, nasser oder vereister Dachhaut, die ein Ausgleiten begünstigen, müssen auch bei geringerer Neigung solche Schutzeinrichtungen vorhanden sein. Geeignete Schutzeinrichtungen sind Dachschutz­blenden und Dachfanggerüste (§ 88).

 

Gemäß § 87 Abs.5 ASchG darf das Anbringen von Schutzeinrichtungen nach Abs.2 und 3 nur entfallen bei

1. geringfügigen Arbeiten, wie Reparatur- oder Anstricharbeiten, die nicht länger als einen Tag dauern,

2. Arbeiten am Dachsaum oder im Giebelbereich.

In diesen Fällen müssen die Arbeitnehmer mittels Sicherheitsgeschirr angeseilt sein.

 

Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weiter geltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

Gemäß § 118 Abs.3 ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) als Ver­ordnung nach diesem Bundesgesetz.

 

Zu Faktum 2:

 

Gemäß § 34 Abs.2 Z3 Arbeitsmittelverordnung – AMVO sind Leitern derart aufzustellen, dass sie gegen Wegrutschen und Umfallen gesichert sind.

 

Gemäß § 130 Abs.1 Z16 ASchG idgF begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die Verpflich­tungen betreffend die Beschaffenheit, die Aufstellung, die Benutzung, die Prüfung oder die Wartung von Arbeitsmitteln verletzt. 

 

5.2. Als erwiesen steht fest, dass der Berufungswerber als Arbeitgeber des Unter­nehmens x mit dem Sitz in x, auf der Baustelle x, zu verantworten hat, dass am 5. April 2012 zwei Arbeitnehmer Spengler­arbeiten am Dachsaum mit einer Dachneigung von ca. 40° und einer Absturzhöhe von ca. 6 m verrichtet haben, ohne dass Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen vorhanden oder die Arbeitnehmer mittels Sicherheits­geschirr angeseilt waren, obwohl bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von mehr als 20° und einer Absturzhöhe von mehr als 3,00 m Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen vorhanden sein müssen (Faktum 1). Weiters hat der Berufungswerber zu verantworten, dass die am 5. April 2012 von den Arbeit­nehmern des Unternehmens verwendete Alu-Leiter so aufgestellt wurde, dass sie gegen Wegrutschen und Umfallen gesichert war, zumal der auf der Baustelle x, zum Aufstieg auf das Dach ver­wende­ten Alu-Leiter ein Beil, welches als Sicherungseinrichtung ungeeignet ist, als Sicherung gegen Wegrutschen und Umfallen untergelegt wurde (Faktum 2). Dies geht aus den vom Arbeitsinspektor im Zuge der Kontrolle erfolgten Wahr­nehmungen und aus den angefertigten, dem Akt ein­liegenden Fotos eindeutig hervor. Überdies wurde vom Berufungswerber der Sachverhalt an sich nicht bestritten. Es hat somit der Berufungswerber den objektiven Tatbestand der ihm hinsichtlich der Fakten 1 und 2 zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen zu verantworten, zumal auch keine Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten vorliegt und auch nicht behauptet wurde.

 

5.3. Diese Übertretungen hat der Berufungswerber aber auch in subjektiver Hinsicht bezüglich beider Fakten zu verantworten:

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässig­keit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Ge­botes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwal­tungs­übertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungs­vorschrift kein Verschulden trifft.

 

Dabei kommt es nicht darauf an, ob durch die Übertretung konkret jemand zu Schaden gekommen ist oder nicht.

 

Auch die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen stellen ein Ungehorsams­delikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahr­lässigkeit im Sinn der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Berufungswerber kein Entlastungsnachweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Berufungswerber initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismittel oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus.

 

Im Sinne der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Es wird zwar darauf Bedacht genommen, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt, es ist ihm vielmehr zuzubilligen, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Es ist der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorher­sehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem Berufungswerber nach § 5 Abs.1 VStG ob­liegen­de Entlastungsnachweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden,  dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen wird. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist. Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte (vgl. VwGH vom 5.9.2009, 2008/02/0129, 27.2.2004, 2003/02/0273, 18.8.1991, 90/19/0177 sowie vom 13.12.1990, 90/09/0141).

 

Der Unternehmer hat darzulegen, wie und wie oft er die Kontrollen durchführt, welche konkreten Maßnahmen er getroffen hat, um unter den vorhersehbaren Umständen die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften zu gewährleisten (vgl. VwGH vom 5.9.2008, 2008/02/0129). Das Vorbringen des Berufungswerbers, dass seine Mitarbeiter geschult seien, Vorkehrungen getroffen werden und die Arbeitnehmer auch überprüft werden, ohne dies näher auszuführen, reicht somit bei weitem nicht den Anforderungen des Verwaltungsgerichtshofes an ein funktionierendes Kontrollsystem (vgl. VwGH vom 28.3.2008, 2007/02/0147). Die jährliche Kontrolle des Unternehmens durch eine Sicherheitsfachkraft und eines Arbeitsmediziners ist für die Darlegung eines effizienten Kontrollsystems nicht ausreichend.

 

Auch die Größe eines Betriebes entbindet den Verantwortlichen nicht von der Einhaltung gesetzlich auferlegter Verpflichtungen (vgl. VwGH vom 14.12.1998, 98/17/0309).   

 

Das Kontrollsystem hat auch für den Fall eigenmächtiger Handlungen von Mitar­beitern gegen die einschlägigen Vorschriften Platz zu greifen (vgl. VwGH vom 23.7.2004, 2004/02/0002, 19.10.2001, 2000/02/0228, 5.9.2008, 2008/02/0129). Es kann daher kein Vertrauen darauf gegeben werden, dass die - nach Ansicht des Berufungswerbers ausreichend - eingewiesenen laufend geschulten und ordnungsgemäß ausgerüsteten – dies war gegenständlich nicht einmal der Fall - Arbeitnehmer die Arbeitnehmerschutzvorschriften einhalten (vgl. VwGH vom 23.3.2012, 2010/02/0263 unter Verweis auf das Erk. vom 27.12.2011, 2010/02/0242 mwN).

 

Im Übrigen begründet eine Bereitstellung der Sicherheitsausrüstung sowie eine Einweisung und der Hinweis auf mögliche Gefährdungen ohne entsprechende Kontrollen auf deren Einhaltung noch kein dem strengen Maßstab des Verwaltungsgerichtshofes entsprechendes Kontrollsystem (vgl. VwGH vom 14.12.2007, 2007/02/0277).

 

Zusammenfassend ist davon auszugehen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im gegenständlichen Fall bei weitem von keinem tauglichen Kontrollsystem gesprochen werden kann. Es war daher auch von schuldhaftem, nämlich fahrlässigem Verhalten des Berufungswerbers auszu­gehen.

 

6. Zur Strafbemessung wird Nachstehendes bemerkt:

 

6.1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs­gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzu­wenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Be­schuldig­ten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes – die wohl auch nach Novellierung des § 19 VStG weiterhin zu berücksichtigen sein wird – handelt es sich bei der Strafbemessung innerhalb eines gesetzlichen Straf­rahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzu­zeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungs­straf­verfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für die Straf­bemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Auch bei der Strafbemessung obliegt es der Behörde gemäß § 60 AVG iVm § 24 VStG die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage, gelegen an der gesetzmäßigen Bemessung der Strafe, klar und übersichtlich zusammenzufassen.

 

6.2. Die Bestimmungen des ASchG bzw. der auf ihrer Grundlage erlassenen Verordnungen haben den Schutz des Lebens und die Gesundheit der Arbeit­nehmer zum Ziel und sind daher entsprechende Verstöße mit einem besonderen Unrechtsgehalt der Tat behaftet, weil hiedurch genau jene Gefährdungen herbei­geführt werden, denen die genannten Bestimmungen entgegenwirken sollen. So werden durch das Nichtverwenden bzw. Nichtan­bringen von geeigneten Schutz­einrichtungen Arbeitnehmer gerade jenen Ge­fahren in hohem Maß ausgesetzt, denen die Arbeitnehmerschutzbestimmungen entgegentreten wollen, was auch durch schwerste Unfälle immer wieder vor Augen geführt wird.

 

6.3. Von der belangten Behörde wurden im angefochtenen Straferkenntnis hinsichtlich Faktum 1 eine Geldstrafe von 1.000 Euro bei einem Strafrahmen von 145 Euro bis 7.260 Euro und bezüglich Faktum 2 eine Geldstrafe von 500 Euro ebenfalls bei einem Strafrahmen von 145 Euro bis 7.260 Euro verhängt. Es wurden weder strafmildernde noch straferschwerende Umstände von der belangten Behörde gewertet. Zudem wurde der Strafbemessung eine Schätzung der persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers zugrunde gelegt, und zwar wurde von einem monatlichen Nettoeinkommen von 2.000 Euro, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten ausgegangen. Dieser Schätzung ist der Berufungswerber zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens entgegengetreten, sodass von deren Richtigkeit auszugehen und auch vom Oö. Verwaltungssenat bei seiner Strafbemessung herangezogen werden konnte. Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit kommt dem Berufungswerber nicht mehr zugute.

 

Zum Unrechtsgehalt der Tat ist zu bemerken, dass auf die massive Gefährdung der zwei Arbeitnehmer durch die fehlenden Schutzvorrichtungen und  die nicht geeignete Anbringung einer Sicherheitseinrichtung bei der zum Aufstieg auf das Dach verwendeten Leiter, hinzuweisen ist. Weiters war auch der Umstand, dass eine Absturzhöhe von ca. 6 m gegeben war und sich die Baustelle im Kreuzungs­bereich einer stark befahrenen Straße mit Schwerverkehr befunden hat. Durch die dadurch hervorgerufenen Erschütterungen sowie der Umstand, dass auch Passanten – die Leiter wurde im Gehsteigbereich aufgestellt – jederzeit an der angelehnten Leiter an- bzw. diese umstoßen konnten, von einer nicht unerheblichen Gefährdung der Arbeitnehmer auszugehen war. Gerade bei kurzfristigen Arbeiten dürfen die gesetzlichen Vorschriften nicht außer Acht gelassen werden.

 

Die von der belangten Behörde verhängten Geldstrafen erscheinen dem Oö. Verwaltungssenat deshalb tat- und schuldangemessen und auch erforderlich, um den Berufungswerber künftig von der Begehung gleichartiger Delikte abzuhalten.

 

Einer Anwendung des § 20 VStG konnte nicht näher getreten werden, da hiefür die Voraussetzungen (beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe gegen­über den Erschwerungsgründen) nicht vorlagen. Wie bereits oben ausgeführt, war dem Berufungswerber nicht einmal der Milderungsgrund der verwaltungs­strafrechtlichen Unbescholtenheit zugute zu halten.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z4 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten. Die Voraussetzungen zur Erteilung einer Ermahnung liegen gegenständlich nicht vor, schon gar nicht jene zur Einstellung des Verfahrens, wobei auf die obigen Ausführungen zum Unrechtsgehalt verwiesen wird.    

 

7. Der Ausspruch über die Kosten ist in den angeführten gesetzlichen Bestim­mungen begründet.

 

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G

 

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

H I N W E I S

 

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Ver­waltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwal­tungs­gerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsge­richts­hof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw. als rechtzeitig erhobene Revision an den Ver­waltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

Dr. Andrea Panny