Linz, 14.11.2013
E R K E N N T N I S
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des x, geboren am 2. Mai 1984, vertreten durch den MigrantInnenverein x, xgasse x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 26. September 2013, GZ: Sich96-138-2013, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz, zu Recht erkannt:
I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.
II. Der Antrag auf Ausstellung einer Duldungskarte wird als unzulässig zurückgewiesen.
III. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in Höhe von 100 Euro (das sind 20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.
Rechtsgrundlagen:
zu I. und II.: §§ 24 und 51 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG iVm
§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG;
zu III.: § 64ff. VStG.
Entscheidungsgründe:
1. Mit dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 26. September 2013, GZ.: Sich96-138-2013, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) gemäß § 120 Abs. 1a FPG eine Geldstrafe in Höhe von 500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 67 Stunden) verhängt. Im Spruch führt die belangte Behörde wie folgt aus:
Sie haben sich als Fremder von 16.5.2013 bis 23.5.2013, 09.00 Uhr, nicht rechtmäßig im Bundesgebiet der Republik Österreich aufgehalten, weil eine rechtskräftige asylrechtliche Ausweisung besteht und die Frist zur freiwilligen Ausreise abgelaufen war. Sie haben im Tatzeitraum kein gültiges Reisedokument besessen und keine Aufenthaltsberechtigung im Sinne der wie folgt angeführten Alternativen nach § 31 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG):
- gültiger Einreisetitel oder Aufenthaltstitel einer Vertragspartei
- Aufenthaltsberechtigung oder Dokumentation des Aufenthaltsrechts nach dem Niederlassungs und Aufenthaltsgesetz
- Aufenthaltsberechtigung auf Grund asylrechtlicher Bestimmungen, zwischenstaatlicher Vereinbarung, bundesgesetzlicher Vorschriften oder Verordnung
- Aufenthaltsrecht auf Grundlage einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz mit einer Gültigkeitsdauer von sechs Monaten, einer Entsendebewilligung, einer EU-Entsendebestätigung, einer Anzeigebestätigung nach § 3 Abs. 5 AuslBG oder einer Anzeigebestätigung nach § 18 Abs. 3 AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten;
Dieser Sachverhalt wurde am 23.5.2013 anlässlich einer Amtshandlung bei der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis, Parkgasse 1, 4910 Ried im Innkreis festgestellt.
Begründend führte die belangte Behörde Folgendes aus:
2. Gegen das in Rede stehende Straferkenntnis richtet sich das vorliegende, rechtzeitig eingebrachte Rechtsmittel.
Begründend wurde wie folgt ausgeführt:
Abschließend wurden die Anträge gestellt,
3. Die belangte Behörde übermittelte den bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Verwaltungssenat. Dieser langte am 17. Oktober 2013 ein.
3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat auf Grund des Antrages des Bw für den 22. November 2013 eine öffentliche Verhandlung anberaumt und hiezu die Verfahrensparteien geladen.
Mit Schriftsatz vom 10. November 2013 gab der Vertreter des Bw einen Verhandlungsverzicht ab und ersuche um Entscheidung anhand der Aktenlage. Im Falle einer Verhandlung werde auch vom Vertreter niemand anwesend sein.
Im Hinblick auf das Schreiben des Bw vom 10. November 2013 wurde die öffentliche Verhandlung abberaumt.
3.2. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem unter Punkt 1. dieses Erkenntnisses dargestellten, entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus.
Gründe gemäß Art. 8 EMRK, die einer Ausreise entgegenstehen würden, sind weder hervorgekommen noch behauptet worden.
3.3. Der rechtswidrige Aufenthalt während des vorgeworfenen Zeitraumes ist unbestritten.
Strittig ist, ob dieser dem Bw vorwerfbar ist.
Entgegen seinem Vorbringen wäre dem Bw im Falle der Mitwirkung sehr wohl eine Ausreise möglich. Laut Aktenlage hat der Bw keinesfalls eine freiwillige Ausreise ins Auge gefasst und mit allen erdenklichen Mitteln versucht eine Außerlandesbringung zu verhindern. So hat er auch ohne neue Fluchtgründe vorbringen zu können einen Asyl-Folgeantrag gestellt, der mittlerweile rechtskräftig abgeschlossen worden ist (Bestätigung der Zurückweisung wegen entschiedener Sache durch den Asylgerichtshof). Eine Kooperation mit der Fremdenpolizei, um seine (freiwillige) Ausreise zu ermöglichen, ist nicht einmal ansatzweise erkennbar.
3.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist gemäß § 51 VStG zuständig, über Berufungen im Verwaltungsstrafverfahren zu entscheiden. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, entscheidet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied.
4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:
4.1. Gemäß § 120 Abs. 1a des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 144/2013, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 500 Euro bis zu 2.500 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer sich als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Wer wegen einer solchen Tat bereits einmal rechtskräftig bestraft wurde, ist mit Geldstrafe von 2.500 Euro bis zu 7.500 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu vier Wochen zu bestrafen. Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltsortes; bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungsmittel die nächstgelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmers möglich ist.
Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf,
1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;
2. wenn sie aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;
3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind, sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen;
4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen zukommt;
5. (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 122/2009)
6. wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungs- gesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsendebe- willigung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3 Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben oder
7. soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.
4.3.2. Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Beschuldigter initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.
4.3.3. Der Bw wendet erschließbar ein, dass ihm das objektiv strafbare Verhalten nicht subjektiv vorgeworfen werden könne, zumal es ihm „bisher rechtlich und praktisch aus organisatorischen Gründen nicht möglich war, aus dem Bundesgebiet auszureisen“.
Das Vorbringen des Bw ist allgemein gehalten und kommt einer Negierung der tatsächlichen Situation gleich. Der Bw hat zu keinem Zeitpunkt die Möglichkeit einer freiwilligen Rückkehr in Anspruch genommen. Hätte er sich einer entsprechenden Beratung unterzogen, gegenüber der Vertretungsbehörde des Herkunftsstaates die Rückkehrwilligkeit dargelegt, dann wäre ihm auch innerhalb der gewährten Frist die Ausreise möglich gewesen. Im laufenden Verfahren (siehe beispielsweise Niederschrift vor der belangten Behörde am 23. Mai 2013: „Freiwillige Rückkehr in den Herkunftsstaat ist für mich derzeit keine Option ...“) hat sich der Bw dezidiert dagegen ausgesprochen und zur Absicherung seiner Position in Österreich einen Asyl-Folgeantrag gestellt. Der Verfahrensausgang bestätigt diese Annahme vollkommen, da der Antrag rechtskräftig wegen entschiedener Sache zurückgewiesen worden ist. Das vorgebrachte Argument der rechtlichen Unzulässigkeit der „Ausweisung“ greift schon aus diesem Grund nicht.
Die Ausreiseverpflichtung ignorierend, verharrte der Bw somit im Bundesgebiet und hat alleine dadurch schon fahrlässig gehandelt, zumal eine mit der Rechts- und Werteordnung vertraute Person hier schon ohne weiteres die tatsächliche rechtliche Lage erfasst und sich dementsprechend verhalten haben würde.
Der Bw hat offenbar darauf vertraut mangels entsprechender Dokumente nicht abgeschoben werden zu können, ohne die realen Gegebenheiten anzuerkennen.
In diesem Verhalten kann aber weder ein Notstand noch ein ausreichender Schuldausschließungsgrund festgestellt werden.
4.3.4. Der belangten Behörde folgend ist somit vom Vorliegen auch der subjektiven Tatseite in Form fahrlässigen Verhaltens auszugehen.
Auch die weiteren Hinweise der Bw, die sich im Grunde gegen die Außerlandesbringung richten, können an den oa. Feststellungen nichts ändern.
4.4.1.
4.4.2. Hinsichtlich der Strafhöhe ist anzumerken, dass die belangte Behörde ohnehin lediglich die gesetzliche Mindeststrafe verhängte, was nach den Umständen des Falles auch nicht zu beanstanden war. In diesem Sinn wurden ebenfalls die prekären Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Bw bereits berücksichtigt.
4.4.3. Betreffend die außerordentliche Strafmilderung ist festzuhalten, dass, auch wenn man die bisherige Unbescholtenheit des Bw als Milderungsgründe anerkennt, diese jedenfalls nicht zu einem klaren Überwiegen führen können, da der von der Strafnorm angesprochene Unrechtsgehalt des Handelns keinesfalls erheblich gemildert wird, indem man den illegalen Aufenthalt aufrecht erhaltend nach Alternativen einer dauerhaften Verbleibemöglichkeit beschreitet.
4.4.4. Von unbedeutenden Folgen der Tat zu sprechen wäre nicht nachvollziehbar, da der Bw die Bedeutung und den Schutzzweck fremdenpolizeilicher Normen zu missverstehen scheint, zumal es sich bei Folgen einer Tat nicht nur um materielle, sondern vielfach auch um immaterielle handelt, denen keinesfalls eine untergeordnete Rolle zugemessen werden kann.
Der Stellenwert der Einhaltung fremdenpolizeilicher Normen ist nicht nur gesetzlich, gesellschaftlich und höchstgerichtlich abgesichert, sondern sollte auch dem Bw verstärkt zugänglich werden. Von einem geringfügigen Verschulden kann also ebenfalls nicht ausgegangen werden.
4.4.5. Mangels bedeutendem Überwiegen der Milderungsgründe, mangels geringem Verschulden, aber auch mangels unbedeutender Folgen der Tat kam somit eine Anwendung der §§ 20 bzw. 45 VStG nicht in Betracht.
4.5. Zusammenfassend ist also festzuhalten, dass die in Rede stehende Berufung
als unbegründet abzuweisen und der angefochtene Bescheid zu bestätigen war.
4.6. Für den unter c) der Berufung gestellten Antrag auf Ausstellung einer Duldungskarte für den Bw findet sich allerdings im Rahmen dieses Verwaltungsstrafverfahrens keinerlei Rechtsgrundlage, weshalb dieser Antrag auch als unzulässig zurückzuweisen war.
5. Gemäß § 64ff. VStG war dem Bw zusätzlich zum Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem UVS des Landes Oö. in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe – somit 100 Euro) aufzuerlegen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.
Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.
Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.
Mag. Stierschneider