Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-750117/11/SR/WU

Linz, 14.11.2013

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des x, geboren am 2. Mai 1984, vertreten durch den MigrantInnenverein x, xgasse x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 26. September 2013, GZ: Sich96-138-2013, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz, zu Recht erkannt:

 

 

        I.    Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

     II.    Der Antrag auf Ausstellung einer Duldungskarte wird als unzulässig zurückgewiesen.

 

   III.    Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in Höhe von 100 Euro (das sind 20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten. 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I. und II.: §§ 24 und 51 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG iVm

                        § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG;

zu III.:   § 64ff. VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 26. September 2013, GZ.: Sich96-138-2013, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) gemäß § 120 Abs. 1a FPG eine Geldstrafe in Höhe von 500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 67 Stunden) verhängt. Im Spruch führt die belangte Behörde wie folgt aus:

 

Sie haben sich als Fremder von 16.5.2013 bis 23.5.2013, 09.00 Uhr, nicht rechtmäßig im Bundesgebiet der Republik Österreich aufgehalten, weil eine rechtskräftige asylrechtliche Ausweisung besteht und die Frist zur freiwilligen Ausreise abgelaufen war. Sie haben im Tatzeitraum kein gültiges Reisedokument besessen und keine Aufenthaltsberechtigung im Sinne der wie folgt angeführten Alternativen nach § 31 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG):

-       gültiger Einreisetitel oder Aufenthaltstitel einer Vertragspartei

-       Aufenthaltsberechtigung oder Dokumentation des Aufenthaltsrechts nach dem Niederlassungs­ und Aufenthaltsgesetz

-       Aufenthaltsberechtigung auf Grund asylrechtlicher Bestimmungen, zwischenstaatlicher Vereinbarung, bundesgesetzlicher Vorschriften oder Verordnung

-       Aufenthaltsrecht auf Grundlage einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz mit einer Gültigkeitsdauer von sechs Monaten, einer Entsendebewilligung, einer EU-Entsendebestätigung, einer Anzeigebestätigung nach § 3 Abs. 5 AuslBG oder einer Anzeigebestätigung nach § 18 Abs. 3 AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten;

Dieser Sachverhalt wurde am 23.5.2013 anlässlich einer Amtshandlung bei der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis, Parkgasse 1, 4910 Ried im Innkreis festgestellt.

 

Begründend führte die belangte Behörde Folgendes aus:

 

Im Rahmen einer (fremdenpolizeilichen) Vernehmung bei der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis wurde am 23.5.2013 oben genannte Verwaltungsübertretung festgestellt. Gleichzeitig wurde Ihnen ihm Rahmen der Niederschrift, GZ: Sich96-138-2013-Stö, die gegenständliche Übertretung zur Last gelegt. Ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie Sorgepflichten wurden von Ihnen wie folgt angegeben:

-  als Einkommen die Grundversorgung

-  kein Vermögen

-  Sorgepflicht für die in Algerien lebende Gattin

 

Im Rahmen der Niederschrift haben Sie sich damit gerechtfertigt, dass Sie im Oktober 2012 schlepperunterstützt illegal ohne Dokumente nach Österreich eingereist sind. Am 6.11.2012 haben Sie gemäß dem Schubabkommen von Deutschland zurückgenommen werden müssen. Die Bezirkshauptmannschaft Bregenz hat Sie am 7.11.2012 in Schubhaft genommen und eine Rückkehrentscheidung erlassen. In der Folge haben Sie einen Asylantrag gestellt; nach Entlassung aus der Schubhaft sind Sie in x untergebracht worden.

Das Asylverfahren ist gemäß §§ 3, 8 und 10 AsylG per 1.5.2013 rechtskräftig negativ abgeschlossen; es besteht eine durchsetzbare Ausweisung. Die Frist zur freiwilligen Ausreise von 14 Tagen ist am 15.5.2013 abgelaufen. Ihnen ist auch bewusst, dass Sie sich rechtswidrig in Österreich aufhalten. Eine freiwillige Rückkehr nach Afghanistan sei für Sie keine Option, weil dort die Probleme weiterhin akut seien. Das Erkenntnis des Asylgerichtshofes wollten Sie noch beim Verfassungsgerichtshof bekämpfen, wozu Sie auch einen Antrag auf Verfahrenshilfe gestellt haben. Sie waren zu keinem Zeitpunkt im Besitz eines gültigen Reisepasses.

 

Hierüber hat die Behörde erwogen:

 

Fremde brauchen nach § 15 Abs. 1 FPG, soweit durch Bundesgesetz oder durch zwischenstaatliche Vereinbarung nicht anderes bestimmt ist oder nicht anderes internationalen Gepflogenheiten entspricht, zur rechtmäßigen Einreise in das und Ausreise aus dem Bundesgebiet ein gültiges Reisedokument (Passpflicht).

 

Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

1.     wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;

2.     wenn sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder auf Grund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;

3.     wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind, sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen;

4.     solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen zukommt;

5.     (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 122/2009)

6.     wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsendebewilligung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3 Abs 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs 3 AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben oder

soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.

Gemäß § 120 Abs. 1a FPG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 500 bis zu 2.500 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer sich als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

 

Die Behörde sieht die im Spruch angeführte Verwaltungsübertretung auf Grund der amtswegigen Wahrnehmung eines Organs der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis und Ihrer eigenen Angaben als objektiv erwiesen an. Es bestehen keine Zweifel daran, dass Sie sich von 16.5.2013 bis 23.5.2013, 09.00 Uhr, nicht rechtmäßig in Österreich aufgehalten haben, weil Sie als pass- und visumpflichtiger Fremder ohne gültiges Reisedokument ins Bundesgebiet der Republik Österreich eingereist sind und im angeführten Zeitraum keine Aufenthaltsberechtigung im Sinne des § 31 Abs. 1 FPG besessen haben. Diese Verwaltungsübertretung wurde amtswegig von einem Organ der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis direkt bei der Bezirkshauptmannschaft in 4910 Ried im Innkreis festgestellt.

Ihr am 17.7.2013 gestellter Folge-Asylantrag wurde in zweiter und letzter Instanz am 20.9.2013 vom Asylgerichtshof rechtskräftig zurückgewiesen; zugleich wurde auch die rechtskräftige Ausweisung verfügt. Aufgrund dieses Folge-Asylantrages war das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 120 Abs. 7 FPG unterbrochen. (Anmerkung: Ein erster Asylantrag wurde bereits am 7.11.2012 gestellt und am 1.5.2013 negativ entschieden; zeitgleich die Ausweisung verfügt.)

Zum Verschulden ist zu bemerken, dass gemäß § 5 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), wenn eine Verwaltungsvorschrift nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgen eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Im konkreten Fall ist von jedoch von bedingtem Vorsatz auszugehen, weil Ihnen bewusst war, dass Sie ohne Reisedokument (Pass, Visum) und ohne Aufenthaltsrecht in Österreich einreisten und sich aufhielten. Dies haben Sie jedenfalls auch in Kauf genommen.

 

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Insbesondere unter Berücksichtigung der Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, ist die verhängte Strafe als angemessen zu bezeichnen. Ein geordnetes Fremdenwesen ist für Österreich von eminentem Interesse. Dies umso mehr in einer Zeit in, der ein anhaltend hoher Migrations- und Zuwanderungsdruck zu verzeichnen ist. Den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch die Normadressaten kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein sehr hoher Stellenwert zu.

 

Zur Strafhöhe ist zu bemerken, dass die Höchststrafe für Übertretungen nach § 120 Abs 1a FPG 2.500 Euro (!) beträgt, die verhängte Geldstrafe von 500 Euro ist die vom Gesetz vorgesehene Mindeststrafe und wurde der Strafrahmen mit nur 20 % ausgeschöpft. Die verhängte Strafe erscheint schuld- und tatangemessen. Im Hinblick auf die Tatumstände, die familiäre Situation und die hier amtliche verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit kann mit der Verhängung der gesetzlichen Mindeststrafe von 500 Euro das Auslangen gefunden werden, um Sie von der Begehung zukünftig gleichgelagerter Verwaltungsübertretungen abzuhalten. Erschwerungsgründe liegen keine vor.

Vor dem Hintergrund Ihrer Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse ist anzumerken, dass sich aus § 16 VStG ergibt, dass die Verhängung einer Geldstrafe auch dann gerechtfertigt ist, wenn der Bestrafte kein Einkommen bezieht. Die Geldstrafe ist daher auch dann zu verhängen, wenn die Vermögensverhältnisse und Einkommensverhältnisse des Bestraften es wahrscheinlich erscheinen lassen, dass er nicht in der Lage sein wird, sie zu bezahlen (VwGH 15.10.2002, 2001/21/0087).

 

Von der Anwendung des § 21 VStG (nunmehr: § 45 VStG) war Abstand zu nehmen, weil im konkreten Fall das tatbildmäßige Verhalten nicht erheblich hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückgeblieben ist. Ebenso wenig treffen die Voraussetzungen nach § 20 VStG zu.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

2. Gegen das in Rede stehende Straferkenntnis richtet sich das vorliegende, rechtzeitig eingebrachte Rechtsmittel.

Begründend wurde wie folgt ausgeführt:

1)

Dem Berufungswerber wird vorgeworfen, er habe sich vom 16.05.2013 bis 23.05.2013 nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten, und habe daher gegen § 31 Abs. 1 iVm.  § 120 Abs. 1a FPG verstoßen.

2)

Unrichtig sind die Feststellungen erstens deshalb, weil der Berufungswerber nicht freiwillig rechtswidrig im Bundesgebiet aufhältig ist, sondern wie bereits in der Stellungnahme beschrieben deshalb, weil es ihm bisher rechtlich und praktisch aus organisatorischen Gründen nicht möglich war, aus dem Bundesgebiet auszureisen. Es liegt bisher nicht einmal ein Heimreisezertifikat vor, und ohne Reisepass ist die Rückkehr in seine Heimat nicht möglich. Da die Ausreise des Berufungswerbers somit unmöglich ist, kann ihm kein Verschulden bezüglich der Übertretung der vorgeworfenen Bestimmung nicht vorgeworfen werden, nicht einmal Fahrlässigkeit.

3)

Die Unmöglichkeit der Ausreise des Berufungswerbers wird von der Behörde nicht einmal bestritten. Der Berufungswerber hat seit seiner Ausweisungsentscheidung in jeder erdenklichen und geforderten Weise mit der Fremdenpolizei kooperiert, um seine Ausreise zu ermöglichen. Da es der Fremdenpolizei trotz dieses langen Zeitraumes nicht gelungen ist, ein Heimreisezertifikat zu erlangen, ist davon auszugehen, dass dies auch in der Zukunft nicht möglich ist.

4)

Allenfalls ist dem Berufungswerber daher aufgrund der Unmöglichkeit, ihn auszuweisen, von Amts wegen eine Duldungskarte auszustellen.

5)

Zur Höhe der Strafe ist festzustellen, dass der Berufungswerber aufgrund seines Aufenthaltsstatus vom Arbeitsmarkt weitgehend ausgeschlossen ist. Die Bestrafung aufgrund einer Verwaltungsübertretung würde in seinem Fall mit Sicherheit eine Freiheitsstrafe bedeuten, was insbesondere da der Berufungswerber immer aktiv im fremdenpolizeilichen Verfahren mitgewirkt hat, eine unverhältnismäßige Strafe darstellen würde.

6)

Darüber hinaus hätte gem. §20 VStG die außerordentliche Strafmilderung angewendet werden, da die Milderungsgründe etwaige Erschwerungsgründe erheblich überwiegen- Dies zumal der unrechtmäßige Aufenthalt nur wenige Stunden betrug. Es ist nicht erkennbar, welche auf den Einzelfall bezogenen Erwägungen diesbezüglich stattgefunden haben, von der Bezirkshauptmannschaft wurden Erschwerungsgründe nicht einmal behauptet. Auch eine nachvollziehbare Erwägung der Milderungsgründe ist im angefochtenen Bescheid nicht erkennbar.

Abschließend wurden die Anträge gestellt,

a)     den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben,

b)     allenfalls eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen,

c)     dem Berufungswerber eine Duldungskarte auszustellen,

d)    allenfalls das Verfahren an die erste Instanz zurückzuverweisen.

 

3. Die belangte Behörde übermittelte den bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Verwaltungssenat. Dieser langte am 17. Oktober 2013 ein.

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat auf Grund des Antrages des Bw für den 22. November 2013 eine öffentliche Verhandlung anberaumt und hiezu die Verfahrensparteien geladen.

Mit Schriftsatz vom 10. November 2013 gab der Vertreter des Bw einen Verhandlungsverzicht ab und ersuche um Entscheidung anhand der Aktenlage. Im Falle einer Verhandlung werde auch vom Vertreter niemand anwesend sein.

Im Hinblick auf das Schreiben des Bw vom 10. November 2013 wurde die öffentliche Verhandlung abberaumt.

 

3.2. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem unter Punkt 1. dieses Erkenntnisses dargestellten, entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus.

 

Gründe gemäß Art. 8 EMRK, die einer Ausreise entgegenstehen würden, sind weder hervorgekommen noch behauptet worden.

 

3.3. Der rechtswidrige Aufenthalt während des vorgeworfenen Zeitraumes ist unbestritten.

 

Strittig ist, ob dieser dem Bw vorwerfbar ist.

 

Entgegen seinem Vorbringen wäre dem Bw im Falle der Mitwirkung sehr wohl eine Ausreise möglich. Laut Aktenlage hat der Bw keinesfalls eine freiwillige Ausreise ins Auge gefasst und mit allen erdenklichen Mitteln versucht eine Außerlandesbringung zu verhindern. So hat er auch ohne neue Fluchtgründe vorbringen zu können einen Asyl-Folgeantrag gestellt, der mittlerweile rechtskräftig abgeschlossen worden ist (Bestätigung der Zurückweisung wegen entschiedener Sache durch den Asylgerichtshof). Eine Kooperation mit der Fremdenpolizei, um seine (freiwillige) Ausreise zu ermöglichen, ist nicht einmal ansatzweise erkennbar.

3.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist gemäß § 51 VStG zuständig, über Berufungen im Verwaltungsstrafverfahren zu entscheiden. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, entscheidet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 120 Abs. 1a des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 144/2013, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 500 Euro bis zu 2.500 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer sich als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Wer wegen einer solchen Tat bereits einmal rechtskräftig bestraft wurde, ist mit Geldstrafe von 2.500 Euro bis zu 7.500 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu vier Wochen zu bestrafen. Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltsortes; bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungsmittel die nächstgelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmers möglich ist.

 

Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im   Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die       durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung     bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;

2. wenn sie aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation   des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für      Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;

3.  wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten             Aufenthaltstitels sind, sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet    keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen;

4.  solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen         zukommt;

5. (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 122/2009)

6.  wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungs-          gesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsendebe-  willigung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3         Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit      einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben oder

7. soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.

 

Gemäß § 120 Abs. 7 liegt eine Verwaltungsübertretung nach Abs. 1 oder 1a nicht vor, wenn der Fremde einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat und ihm der Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde. Während des Asylverfahrens ist das Verwaltungsstrafverfahren unterbrochen.

 

4.2. Im vorliegenden Fall steht unstrittig fest, dass das erste Asylverfahren des Bw am 1. Mai 2013 rechtskräftig abgeschlossen und die Frist zur freiwilligen Ausreise am 15. Mai 2013 abgelaufen ist.

 

Unbestritten liegen im angelasteten Zeitraum keine der Voraussetzungen des     § 31 Abs. 1 FPG vor.

 

Auch wenn der vertretene Bw vermeint, dass ihm auf Grund der „Unmöglichkeit der Ausweisung“ von Amts wegen eine Duldungskarte auszustellen wäre, liegen die Voraussetzungen des § 46a FPG für die Duldung nicht vor.

Im bisherigen Verfahren ist nicht hervorgekommen, dass die Abschiebung gemäß §§ 50 und 51 FPG oder 8 Abs. 3a und 9 Abs. 2 AsylG unzulässig ist. Darüber hinaus hat die belangte Behörde auch nicht festgestellt, dass die Abschiebung aus tatsächlichen, vom Bw nicht zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

 

4.3.1. Das FPG enthält keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens, weshalb § 5 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

4.3.2. Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Beschuldigter initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

 

4.3.3. Der Bw wendet erschließbar ein, dass ihm das objektiv strafbare Verhalten nicht subjektiv vorgeworfen werden könne, zumal es ihm „bisher rechtlich und praktisch aus organisatorischen Gründen nicht möglich war, aus dem Bundesgebiet auszureisen“.

 

Das Vorbringen des Bw ist allgemein gehalten und kommt einer Negierung der tatsächlichen Situation gleich. Der Bw hat zu keinem Zeitpunkt die Möglichkeit einer freiwilligen Rückkehr in Anspruch genommen. Hätte er sich einer entsprechenden Beratung unterzogen, gegenüber der Vertretungsbehörde des Herkunftsstaates die Rückkehrwilligkeit dargelegt, dann wäre ihm auch innerhalb der gewährten Frist die Ausreise möglich gewesen. Im laufenden Verfahren (siehe beispielsweise Niederschrift vor der belangten Behörde am 23. Mai 2013: „Freiwillige Rückkehr in den Herkunftsstaat ist für mich derzeit keine Option ...“) hat sich der Bw dezidiert dagegen ausgesprochen und zur Absicherung seiner Position in Österreich einen Asyl-Folgeantrag gestellt. Der Verfahrensausgang bestätigt diese Annahme vollkommen, da der Antrag rechtskräftig wegen entschiedener Sache zurückgewiesen worden ist. Das vorgebrachte Argument der rechtlichen Unzulässigkeit der „Ausweisung“ greift schon aus diesem Grund nicht.

 

Die Ausreiseverpflichtung ignorierend, verharrte der Bw somit im Bundesgebiet und hat alleine dadurch schon fahrlässig gehandelt, zumal eine mit der Rechts- und Werteordnung vertraute Person hier schon ohne weiteres die tatsächliche rechtliche Lage erfasst und sich dementsprechend verhalten haben würde.

 

Der Bw hat offenbar darauf vertraut mangels entsprechender Dokumente nicht abgeschoben werden zu können, ohne die realen Gegebenheiten anzuerkennen.

 

In diesem Verhalten kann aber weder ein Notstand noch ein ausreichender Schuldausschließungsgrund festgestellt werden.

 

4.3.4. Der belangten Behörde folgend ist somit vom Vorliegen auch der subjektiven Tatseite in Form fahrlässigen Verhaltens auszugehen.

 

Auch die weiteren Hinweise der Bw, die sich im Grunde gegen die Außerlandesbringung richten, können an den oa. Feststellungen nichts ändern.

 

4.4.1. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren "§§ 40 bis 46" sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen.

 

Auch auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 Strafgesetzbuch sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen ebenso zu berücksichtigen.

 

4.4.2. Hinsichtlich der Strafhöhe ist anzumerken, dass die belangte Behörde ohnehin lediglich die gesetzliche Mindeststrafe verhängte, was nach den Umständen des Falles auch nicht zu beanstanden war. In diesem Sinn wurden ebenfalls die prekären Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Bw bereits berücksichtigt. 

 

4.4.3. Betreffend die außerordentliche Strafmilderung ist festzuhalten, dass, auch wenn man die bisherige Unbescholtenheit des Bw als Milderungsgründe anerkennt, diese jedenfalls nicht zu einem klaren Überwiegen führen können, da der von der Strafnorm angesprochene Unrechtsgehalt des Handelns keinesfalls erheblich gemildert wird, indem man den illegalen Aufenthalt aufrecht erhaltend nach Alternativen einer dauerhaften Verbleibemöglichkeit beschreitet. 

 

4.4.4. Von unbedeutenden Folgen der Tat zu sprechen wäre nicht nachvollziehbar, da der Bw die Bedeutung und den Schutzzweck fremdenpolizeilicher Normen zu missverstehen scheint, zumal es sich bei Folgen einer Tat nicht nur um materielle, sondern vielfach auch um immaterielle handelt, denen keinesfalls eine untergeordnete Rolle zugemessen werden kann.

 

Der Stellenwert der Einhaltung fremdenpolizeilicher Normen ist nicht nur gesetzlich, gesellschaftlich und höchstgerichtlich abgesichert, sondern sollte auch dem Bw verstärkt zugänglich werden. Von einem geringfügigen Verschulden kann also ebenfalls nicht ausgegangen werden.

 

4.4.5. Mangels bedeutendem Überwiegen der Milderungsgründe, mangels geringem Verschulden, aber auch mangels unbedeutender Folgen der Tat kam somit eine Anwendung der §§ 20 bzw. 45 VStG nicht in Betracht.

 

4.5. Zusammenfassend ist also festzuhalten, dass die in Rede stehende Berufung

als unbegründet abzuweisen und der angefochtene Bescheid zu bestätigen war.

 

4.6. Für den unter c) der Berufung gestellten Antrag auf Ausstellung einer Duldungskarte für den Bw findet sich allerdings im Rahmen dieses Verwaltungsstrafverfahrens keinerlei Rechtsgrundlage, weshalb dieser Antrag auch als unzulässig zurückzuweisen war.

 

5. Gemäß § 64ff. VStG war dem Bw zusätzlich zum Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem UVS des Landes Oö. in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe – somit 100 Euro) aufzuerlegen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

Mag. Stierschneider

 

 

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