Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167891/8/Sch/KR/SA

Linz, 29.11.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn x, geb. x, x, vertreten durch Rechtsanwalt x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 10. Juni 2013, Zl. VerkR96-5855-2012/Hai, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung und Verkündung am 7. November 2013 zu Recht erkannt:

 

 

I.             Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II.           Der Berufungswerber hat als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 18 Euro (20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit Straferkenntnis vom
10. Juni 2013, VerkR96-5855-20/Hai, über Herrn x, geb. x, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 18 Abs.1 StVO 1960, eine Geldstrafe in der Höhe von 90 Euro, 60 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, gemäß § 99 Abs.2c Z.4 StVO 1960 verhängt, weil er am 04.02.2012, 10:01 Uhr, in der Gemeinde Schörfling am Attersse, auf der A1 bei km 231.190 als Lenker des Kraftfahrzeuges PKW Nissan, Kennzeichen x, zu einem vor ihm am gleichen Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten habe, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst würde. Es sei mittels Videomessung ein zeitlicher Abstand von 0,37 Sekunden festgestellt worden.

 

Überdies wurde der Berufungswerber gemäß § 64 VStG  zu einem Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren in der Höhe von 10 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber mit Schriftsatz vom 14. Juni 2013 durch seinen ausgewiesen Vertreter rechtzeitig Berufung erhoben.

 

Mit Schreiben vom 17. Juni 2013 hat die Erstbehörde das Rechtsmittel samt Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung  zur Entscheidung vorgelegt.

 

Am 7. November 2013 fand beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung statt, an der ein Rechtsvertreter des Berufungswerbers, eine Vertreterin der belangten Behörde und der beigezogene verkehrstechnische Amtssachverständige teilnahmen.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

Anlässlich der eingangs angeführten Berufungsverhandlung wurden die für die Berufungsentscheidung erforderlichen Beweise aufgenommen mit nach-stehendem – wie folgt in der Verhandlungsschrift protokolliertem – Ergebnis:

 

Anlässlich der heutigen Berufungsverhandlung wird in die Videoaufzeichnung über den relevanten Vorgang Einsicht genommen. Dabei wird vom verkehrstechnischen Amtssachverständigen der Ablauf der Messung im Detail erläutert.

 

Im tatörtlichen Bereich ist eine freigegebene Messstelle eingerichtet. Die entsprechenden Messpunkte wurden eichtechnisch eingemessen. Das von der Polizei übermittelte Video wurde auf dem amtseigenen Messsystem ausgewertet. Dabei ist festzustellen, dass der vorgeworfene Sekundenabstand im Sinne des Berufungswerbers ermittelt wurde. Dies deshalb, da die Radüberhänge der beiden Fahrzeuge nicht berücksichtigt wurden und alle Rundungen der Zwischenergebnisse so durchgeführt wurden, dass sie sich im Sinne des Beschuldigten auswirken. Das heißt, dass Abstandsergebnisse aufgerundet wurden, Geschwindigkeitswerte wurden abgerundet. Dies wird im Sinne des Beschuldigten durchgeführt, eine technische Notwendigkeit hierfür ergibt sich nicht. Als Beispiel ist anzuführen, wenn etwa das System einen Abstand von 11,1 Meter misst, wird im Ergebnis mit 12 Metern gerechnet, also zugunsten des Beschuldigten.

Auf dem Video ist zu sehen, dass sich zwischen dem Fahrzeug des Berufungswerbers und dem dahinter fahrenden Fahrzeug ein VW-Bus vom rechten Fahrstreifen auf den linken Fahrstreifen begibt. Dieser Fahrstreifenwechsel erfolgte etwa 160 m vor dem Messpunkt. In anderen Worten: 6 Sekunden vor der Messung. Ab dem Zeitpunkt, wo sich das halbe Fahrzeug bereits auf der Überholspur befunden hat, musste der Berufungswerber den Spurwechselvorgang erkennen. Von dieser Situation bis zur Messsituation hätte der Berufungswerber rund 6 Sekunden Zeit gehabt, um sich auf die geänderte Verkehrssituation einzustellen. Messtechnisch ist aber festzuhalten, dass es faktisch zu keiner Geschwindigkeitsänderung gekommen ist. Zu sagen ist hiezu allerdings, dass bis zu 3 km/h Geschwindigkeitsunterschied messtechnisch nicht auszuschließen sind. Wenn der Berufungswerber eine betriebsübliche Bremsung mit 2 – 3 Meter pro Sekundenquadrat Verzögerung durchgeführt hätte, so hätte er in den zur Verfügung stehenden 6 Sekunden seine Fahrgeschwindigkeit um 30 – 40 km/h reduzieren können. Dadurch wäre eine entsprechende Differenzfahrgeschwindigkeit zum Vordermann aufgebaut worden und wäre auch eine augenscheinliche Abstandsvergrößerung herbeigeführt worden.

 

Geht man davon aus, dass der Berufungswerber in den erwähnten 6 Sekunden bloß vom Gas gestiegen wäre, dann wäre das Fahrzeug über den Luftwiderstand abgebremst worden. Diesfalls wäre das Fahrzeug auch um 10 – 11 km/h langsamer geworden. Das hätte schon dazu geführt, dass das Messsystem die Geschwindigkeitsdifferenz detektiert hätte und keine Abstandsmessung durchgeführt worden wäre. Das System erkennt nämlich, dass das dahinter fahrende Fahrzeug im Begriff ist, den Abstand zu vergrößern.

Auf der Aufnahme ist zu sehen, dass hinter dem Berufungswerber in einem Abstand von 35 – 40 m sich das nächste Fahrzeug befindet. Aufgrund dieses Tiefenabstandes wäre es dem Berufungswerber problemlos möglich gewesen, eine verkehrsübliche Betriebsbremsung durchzuführen, ohne den hinter ihm fahrenden Pkw in Bedrängnis zu bringen. Ein solcher Vorgang kann als verkehrsübliche Situation bezeichnet werden.

 

Im Ergebnis ist aus fachlicher Sicht zu sagen, dass die Messung im Sinne des Berufungswerbers erfolgt ist und aus technischer Sicht jedenfalls  gestützt werden kann.

 

4. Angesichts dieser klaren und schlüssigen Aussage des Sachverständigen ist die gegenständliche Abstandsmessung völlig mängelfrei erfolgt, sodass die dem Berufungswerber zur Last gelegte Verwaltungsübertretung als absolut hinreichend erwiesen anzusehen ist.

 

 

5. Zur Strafbemessung:

Gemäß § 99 Abs. 2 c Z 4 StVO 1960 beträgt der Strafrahmen von 72 Euro bis zu 2180 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden bis 6 Wochen), wenn der Lenker eines Fahrzeuges den erforderlichen Sicherheitsabstand zum nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug gemäß § 18 Abs. 1 nicht einhält, sofern der zeitliche Sicherheitsabstand 0,2 Sekunden oder mehr, aber weniger als 0,4 Sekunden beträgt.

Der vom Berufungswerber eingehaltene – und noch dazu nach dem „Zugunsten-Prinzip“ ermittelte – Sicherheitsabstand zum Vordermann von 0,37 Sekunden war merklich unter den 0,4 Sekunden, für die der erwähnte Strafsatz gilt.

Dass die Nichteinhaltung des erforderlichen Sicherheitsabstandes eine Gefahr für die Verkehrssicherheit darstellt, kann als bekannt vorausgesetzt werden. Ein beträchtlicher Teil von Auffahrunfällen hat seine Ursache darin, dass sich manche Fahrzeuglenker als „Drängler“ betätigen.

Die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe in der Höhe von 90 Euro bewegt sich unmerklich oberhalb der gesetzlichen Mindeststrafe, sodass sie schon aus diesem Grund als keinesfalls überhöht, eher als milde zu bezeichnen ist.

Auch wenn man davon ausgeht, dass dem Berufungswerber entgegen der entsprechenden Formulierung in der Begründung des Straferkenntnisses kein Erschwerungsgrund angerechnet werden darf („Doppelverwertungsverbot“), ändert dies nichts daran, dass ein Strafbetrag von 90 Euro für dieses gravierende Delikt keine fehlbemessene Strafe – zumindest nicht nach oben – darstellen kann.

Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit des Berufungswerbers laut Aktenlage ist berücksichtigt worden.

Auf seine persönlichen Verhältnisse war nicht weiter einzugehen, da von jedermann, der als Kraftfahrzeuglenker am Straßenverkehr teilnimmt, erwartet werden muss, dass er zur Bezahlung von Verwaltungsstrafen – zumindest wie im gegenständlichen Ausmaß – jedenfalls in der Lage ist.

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

 

 

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G

 

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

 

H I N W E I S

 

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

 

S c h ö n