Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
A-4012 Linz, Fabrikstraße 32 | Telefon (+43 732) 70 75-155 85 | Fax (+43 732) 70 75-21 80 18

VwSen-151050/6/Lg/Ba

Linz, 04.11.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 30. Oktober 2013 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des Dr. E S, vertreten durch Rechtsanwälte B-B-M, K, L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 20. Juni 2013, Zl. 0038944/2012, wegen Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG 2002) zu Recht erkannt:

 

 

I. Die Berufung wird dem Grunde nach abgewiesen und das ange­fochtene Straferkenntnis insoweit bestätigt. Die Geldstrafe wird jedoch auf 150 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 17 Stunden herabgesetzt.

 

II. Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich auf 15 Euro. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: §§ 16 Abs.2, 19, 20, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: §§ 64ff VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.  Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 300 Euro bzw. eine Ersatzfrei­heitsstrafe in Höhe von 34 Stunden verhängt, weil ihm Folgendes vorgeworfen wurde:

"Der Beschuldigte, Herr Dr. E S, geboren am X, wohnhaft: M, W, hat als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen X (D), dessen höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, am 28.05.2012 um 18.24 Uhr die A1, Mautabschnitt Asten St. Florian - KN Linz, km 164,057, Richtungsfahrbahn: Staats­grenze Walserberg (mautpflichtige Bundesstraße A, Bundesautobahn) benützt, ohne die zeitabhängige Maut (Vignette) ordnungsgemäß entrichtet zu haben. Nach den Bestimmungen des Bundesstra­ßen-Mautgesetzes unterliegt die Benützung von Mautstrecken (Bundesautobahnen und Bundes­schnellstraßen) mit einspurigen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, einer zeitabhängigen Maut.

 

Verletzte Verwaltungsvorschrift(en) in der gültigen Fassung:

§ 20 Abs.1 Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 (BStMG)"

 

In der Begründung führt das angefochtene Straferkenntnis aus:

 

"Der im Spruch angeführte Sachverhalt wurde mit Schreiben der ASFINAG vom 12.9.2012 ange­zeigt.

 

Mit Strafverfügung vom 1.10.2012 wurde gegen den Beschuldigten wegen der im Spruch darge­stellten Verwaltungsübertretung ein ordentliches Verwaltungsstraf­verfahren eingeleitet.

 

Der Beschuldigte erhob gegen diese Strafverfügung fristgerecht Einspruch und brachte vor:

 

1.) Der Tatvorwurf, es wäre bezogen auf den Tatzeitpunkt eine zeitabhängige Maut nicht ord­nungsgemäß entrichtet worden, ist unrichtig.

Der Beschuldigte erwarb am 28.05.2012 vor der im Tatvorwurf angeführten Tatzeit eine 10-Tages-Vignette, welche auch mit diesem Tag entwertet wurde.

Der Beschuldigte hat diese Mautvignette mangels vorwerfbarer Kenntnis der in Österreich ein­schlägig geltenden Bestimmungen bzw. des Usus auf der linken Seitenscheibe der Fahrertüre ne­ben einer bestehenden, schweizerischen Mautvignette angebracht. Für den Beschuldigten er­schien - nicht weiter vorwerfbar - dieser Anbringungsort nach der auch in anderen Ländern ge­handhabten Praxis der geeignetste, um bei Kontrollen durch Mautaufsichtsorgane die Entrichtung der Maut nachzuweisen.

Aktengegenständlich bekannt ist, dass die Kontrolle des Fahrzeugs des Beschuldigten nicht durch ein Mautaufsichtsorgan, sondern durch ein vollelektronisches System erfolgte, welches offensicht­lich an den Seitenscheiben eines Kraftfahrzeuges angebrachte Mautvignetten nicht erfassen kann. Trotzdem bleibt der Tatvorwurf, der Beschuldigte hätte keine Maut entrichtet, unrichtig, inso­fern sah sich der Beschuldigte auch nicht veranlasst eine Ersatzmaut zu entrichten.

2.) Für den Beschuldigten war zu keiner Zeit eine normative Anordnung erschließbar, wo er die Mautvignette anzubringen habe. Die grafische Darstellung auf der Rückseite der Mautvignette lässt sich als bloße Empfehlung - ohne Sanktion - interpretieren. Selbst die dem Beschuldigten un­bekannte Mautordnung der Asfinag Punkt 7.1 über die Art und den Ort der Anbringung der Vignet­te nennt den Hinweis auf der Rückseite eine bloße 'Anbringungsempfehlung'. Der Ort der Anbrin­gung der Vignette war auch kein Gegenstand des Kaufgesprächs beim Erwerb der Mautvignette; der Beschuldigte wurde also nicht ausdrücklich auf irgendwelche Notwendigkeiten hingewiesen.

3.) Für den Beschuldigten wird ein Lichtbild der von der linken Seitenscheibe des Kraftfahrzeuges abgelösten Mautvignette vorgelegt; sollte bezweifelt werden, dass diese Vignette am beschriebe­nen Ort angebracht war, kann das Kraftfahrzeug zur Feststellung der Klebereste in Augenschein genommen werden; dabei ist auch die zuvor erwähnte schweizerische Mautvignette zu verifizieren, über welche ebenfalls eine Lichtbildaufnahme vorgelegt wird; auf die auf der Aufnahme der schweizerische Mautvignette rechts daneben ersichtlichen Klebereste wird verwiesen. Diese Um­stände des Falles vorangestellt, erweist sich der allenfalls objektive Ordnungsverstoß als subjektiv dem Beschuldigten nicht vorwerfbar. Für den Beschuldigten wird daher die Einstellung des Verwal­tungsstrafverfahrens nach § 45 VStG beantragt.

Überdies, ausdrücklich aber nur eventualiter zum Einstellungsantrag, wird ins Treffen geführt, dass nach dem beschriebenen Sachverhalt die Schuld des Beschuldigten jedenfalls als gering zu be­werten wäre und die Tat - zumal die Maut durch den Erwerb der 10-Tages-Vignette tatsächlich ent­richtet wurde - keine nachteiligen Folgen für die Aufbringung des Mautaufkommens nach sich zog, sodass ein Absehen von einer Bestrafung iSd § 21 VStG angezeigt wäre.

 

Für die erkennende Behörde ist der im Spruch dargestellte Sachverhalt aufgrund der Aktenlage sowie des Ergebnisses des durchgeführten Ermittlungsverfahrens erwiesen. Aufgrund des glaub­würdigen Vorbringens des Beschuldigten wird davon ausgegangen, dass er eine 10-Tages-Vignette erworben und am Seitenfenster angebracht hat.

 

In rechtlicher Würdigung des als erwiesen angenommenen Sachverhaltes hat die erkennende Behörde erwogen:

 

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen des Bundestraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) lauten auszugsweise wie folgt:

 

Mautprellerei

§ 20

(1) Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängi­ge Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, begehen eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 € bis zu 3000 € zu bestrafen.

(3) Taten gemäß Abs. 1 und 2 werden straflos, wenn der Mautschuldner nach Maßgabe des § 19 Abs. 2 bis 5 der Aufforderung zur Zahlung der in der Mautordnung festgesetzten Ersatzmaut ent­spricht.

 

Zeitabhängige Maut

Mautpflicht

§ 10

(1) Die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraft­fahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, unter­liegt der zeitabhängigen Maut.

 

 

Mautentrichtung

§ 11

(1) Die zeitabhängige Maut ist vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Maut­vignette am Fahrzeug zu entrichten.

(2) Die Jahresvignette hat eine Gültigkeit von einem Kalenderjahr und berechtigt zur Benützung al­ler Mautstrecken auch im Dezember des Vorjahres und im Jänner des Folgejahres. Die Zweimo­natsvignette berechtigt zur Benützung aller Mautstrecken im Zeitraum von zwei Monaten. Die Gül­tigkeit endet mit Ablauf jenes Tages, der durch sein Tagesdatum dem ersten Gültigkeitstag ent­spricht. Fehlt dieser Tag im zweiten Monat, so endet die Gültigkeit mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats. Die Zehntagesvignette berechtigt zur Benützung aller Mautstrecken während zehn aufeinanderfolgender Kalendertage. Die Korridorvignette berechtigt ab dem gemäß Abs. 6 festzu­legenden Tag bis zum Ablauf des Tages der Verkehrsfreigabe beider Röhren des Pfändertunnels zur Benützung der Strecke der A 14 Rheintal/Walgau Autobahn zwischen der Staatsgrenze bei Hörbranz und der Anschlussstelle Hohenems in einer Fahrtrichtung mit einem einspurigen Kraft­fahrzeug oder mit einem mehrspurigen Kraftfahrzeug, dessen höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, während 24 Stunden ab dem auf der Korridorvignette aufge­druckten Zeitpunkt. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie kann im Einver­nehmen mit dem Bundesminister für Finanzen mit Verordnung zusätzlich eine Korridorvignette vorsehen, die zur Benützung dieser Strecke in beiden Fahrtrichtungen während 24 Stunden ab dem auf der Korridorvignette aufgedruckten Zeitpunkt berechtigt, und die Geltungsdauer der Korri­dorvignette verkürzen, sofern die Korridorvignette zu einer dauerhaften und wesentlichen Erhö­hung der Verkehrsbelastung in Ortsgebieten von Gemeinden des Rheintals führt.

(3) Das Mitführen der Vignette an Stelle der Anbringung am Fahrzeug ist zulässig:

  1. bei mehrspurigen Kraftfahrzeugen, die typengenehmigt ohne Windschutzscheibe aus­gestattet sind;
  2. für Zweimonatsvignetten bei Kraftfahrzeugen, die Probefahrt- oder Überstellungs­kennzeichen führen und
  3. bei Korridorvignetten.

 

(4) Wenn die Mautvignette zerstört wird, ist vor der nächsten Benützung von Mautstrecken eine Ersatzvignette am Fahrzeug anzubringen.

(5) Die näheren Bestimmungen über die Beschaffenheit der Mautvignetten, über ihre Anbringung an den Fahrzeugen und über das Mitführen der Mautvignetten an Stelle der Anbringung sind in der Mautordnung zu treffen.

(6) Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat den Beginn der Geltung der Korridorvignette mit Verordnung festzulegen, sobald die baulichen und organisatorischen Voraus­setzungen für einen zuverlässigen Vertrieb der Korridorvignetten über Automaten im Bereich der Staatsgrenze bei Hörbranz und der Anschlussstelle Hohenems und über Verkaufsstellen entlang dieser Strecke vorliegen.

 

§ 19

(1) in der Mautordnung ist für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Er­satzmaut festzusetzen, die den Betrag von 250 € einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf.

(4) Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 zu keiner Betretung, so ist die Auto­bahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft ermächtigt, im Falle einer Verwal­tungsübertretung gemäß § 20 Abs. 1 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatz­maut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung beruht, im Falle einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung oder auf dienstli­cher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht. Die Aufforderung hat eine Iden­tifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen vier Wochen ab Ausfertigung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält.

(6) Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht.

 

Punkt 7.1 der Mautordnung bestimmt:

 

An jedem mautpflichtigen Kraftfahrzeug (unter Berücksichtigung des Punktes 7.2 Mautordnung Teil A I) ist vor Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes eine gültige der jeweiligen Fahrzeugka­tegorie entsprechende Vignette ordnungsgemäß (unter Verwendung des originären Vignettenkle­bers) anzubringen. Jede andere Art der Anbringung (zB durch [zusätzliche] Klebestreifen, andere Arten von Fixierungen oder ein Überkleben der Vignette mit einer zusätzlichen Schutzfolie) ist nicht gestattet, verwirkt den Nachweis der ordnungsgemäßen Mautentrichtung und verwirklicht den Tat­bestand der Mautprellerei (siehe Punkt 10). Besondere Bestimmungen gelten für die Korridorvig­nette (siehe Punkt 7.3).

Die Vignette für mehrspurige Fahrzeuge ist - nach vollständigem Ablösen von der Trägerfolie - un­beschädigt und direkt so auf die Innenseite der Windschutzscheibe anzukleben, dass sie von außen gut sieht- und kontrollierbar ist (z.B. kein Ankleben hinter einem dunklen Tönungsstreifen). Bei Nichtbeachtung der Anbringungsvorschriften (zB nicht vollständiges Ablösen von der Trägerfo­lie oder nicht vollständige Anbringung der Vignette) wird der Tatbestand der Mautprellerei (siehe Punkt 10) verwirklicht. Das Ankleben einer Vignette auf der Seitenscheibe ist nicht zulässig. Auf die Anbringungsempfehlung auf der Vignettenrückseite wird hingewiesen. Bei Motorrädern ist die Vignette sichtbar an einem nicht oder nur schwer zu entfernenden Bestandteil des Motorrades anzukleben.

Das Ablösen und Umkleben einer bereits geklebten gültigen Vignette, jede andere als in dieser Mautordnung zugelassene Mehrfachverwendung der Vignette oder eine chemische oder auch technische Manipulation des originären Vignettenklebers derart, dass bei Ablösen der Vignette de­ren Selbstzerstörungseffekt verhindert wird, ist unzulässig und verwirkt den Nachweis der ord­nungsgemäßen Mautentrichtung.

 

Der Beschuldigte hat als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen X (D), dessen höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, am 28.05.2012 um 18.24 Uhr die A1, Mautabschnitt Asten St. Florian - KN Linz, km 164,057, Richtungsfahrbahn: Staatsgrenze Walserberg (mautpflichtige Bundesstraße A, Bundesautobahn) benützt, ohne die zeitabhängige Maut (Vignette) ordnungsgemäß entrichtet zu haben, da die Mautvignette nicht auf der Innenseite der Windschutzscheibe, sondern am Seitenfenster angebracht war.

 

Es ist somit der Tatbestand der dem Beschuldigten angelasteten Verwaltungsübertretung in objek­tiver Hinsicht erfüllt.

 

Schuldfrage:

Das BStMG sieht keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens vor. Es kommt daher § 5 Abs. 1 VStG zum Tragen, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist immer dann anzunehmen, wenn

  • einem Verbot zuwidergehandelt oder ein Gebot nicht befolgt wird und
  • zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Ge­fahr nicht gehört (sogenanntes Ungehorsamsdelikt) und
  • der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Der Beschuldigte hat im vorliegenden Fall ein Ungehorsamsdelikt begangen.

 

Den Schuldentlastungsbeweis im Sinne der vorstehenden Gesetzesbestimmung konnte er mit sei­ner Rechtfertigung nicht erbringen.

Die Verpflichtung, sich über die rechtlichen und faktischen Voraussetzungen der legalen Benüt­zung mautpflichtiger Strecken auf geeignete Weise in Kenntnis zu setzen, besteht auch für aus­ländische Kraftfahrer. Der Beschuldigte ist der Verpflichtung, sich über die ordnungsgemäße An­bringung der Vignette (Anbringung an der Innenseite der Windschutzscheibe) in Kenntnis zu set­zen, nicht nachgekommen.

 

Die gegenständliche Verwaltungsübertretung ist daher auch hinsichtlich ihrer subjektiven Tatbe­standsmäßigkeit erwiesen.

 

Zur Strafhöhe ist festzustellen, dass gemäß § 19 Abs. 1 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen In­teressen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteili­ge Folgen nach sich gezogen hat, ist. Nach Abs. 2 leg.cit. sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschul­dens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungs­strafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 Strafgesetzbuch sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemes­sung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Dies bedeutet, dass die erkennende Behörde auf der Grundlage des § 19 Abs. 1 VStG ihre Wer­tung der Tat innerhalb der Grenzen des gesetzlichen Strafrahmens darzutun hat. Eine Strafbe­messung innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens ist eine Ermessensentscheidung, die nach den in § 19 leg.cit. festgelegten Kriterien vorzunehmen ist.

 

Als strafmildernd wurde die bisherige Unbescholtenheit der Beschuldigten gewertet, straferschwe­rend war kein Umstand,

 

Bei der Berücksichtigung der Vermögens-, Einkommens- und Familienver­hältnisse des Beschul­digten ging die Behörde aufgrund einer realistischen Schätzung von einem monatlichen Nettoein­kommen von € 1.500,-- aus. Der Beschuldigte wurde mit Schreiben vom 29.10.2012 aufgefordert, seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse bekannt zu geben, ansonsten von ei­nem monatlichen Nettoeinkommen von € 1.500,- und dem Nichtvorliegen von Sorgepflichten aus­gegangen würde. Der Beschuldigte äußerte sich dazu innerhalb der gewährten Frist nicht.

 

Verweigert der Beschuldigte Angaben über seine Vermögensverhältnisse, so hat die Behörde die­se einzuschätzen. Sollten dabei Umstände zum Nachteil des Beschuldigten unberücksichtigt blei­ben, die ohne seine Mitwirkung der Behörde nicht bekannt sein konnten, so hat sich dies der Be­schuldigte selbst zuzuschreiben, (vgl. VwGH 14.1.1981, 3033/80).

 

Bei entsprechender Berücksichtigung sämtlicher gemäß § 19 VStG maßgebender Bemessungs­gründe erscheint daher die verhängte Strafe dem Unrechtsgehalt der Tat sowie dem Verschulden des Beschuldigten angemessen.

 

Die Tat bleibt aber nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt wäre, da die (kumulativen) Vorausset­zungen (Unbedeutendheit der Tatfolgen, Geringfügigkeit des Verschuldens) dafür nicht gegeben sind.

 

Das Ausmaß der gemäß § 16 VStG festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafe entspricht dem Unrechts- ­und Schuldgehalt der Verwaltungsübertretung."

 

 

2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht:

 

"Das vorbezeichnete Straferkenntnis des Bezirksverwaltungsamts Linz vom 20.06.2013 zu GZ 0038944/2012 wird seinem gesamten Umfang nach angefochten. Als Berufungsgründe werden die unrichtige rechtliche Beurteilung sowie die Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend gemacht.

 

Es wird gestellt der

 

Berufungsantrag

 

Die Berufungsbehörde möge

  1. eine öffentliche mündliche Verhandlung durchführen,
  2. das angefochtene Straferkenntnis des Bezirksverwaltungsamts Linz vom 20.06.2013 zu GZ 0038944/2012 aufheben und das gegen den Berufungswerber geführte Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 VStG einstellen.
  3. in eventu: von der Strafe gemäß § 21 VStG absehen.
  4. in eventu: die Strafe gemäß § 20 VStG mildern.

 

Begründung

 

1.) Keine Verletzung des § 20 Bundesstraßen-Mautgesetz:

 

Gemäß § 44a VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

 

1.    die als erwiesen angenommene Tat;

2.    die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;

3.    die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;

4.    den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;

5.    im Falle eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten,

 

Zur Tat (§ 44a Ziffer 1 VStG) führt die belangte Behörde Folgendes aus:

 

'Der Beschuldigte, Herr Dr. E S hat als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen X(D), am 28.05.2012 um 18.24 Uhr die A1 benützt, ohne die zeitabhängige Maut (Vignette) ordnungsgemäß entrichtet zu haben.'

 

Zur durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift (§ 44a Z 2 VStG) verweist die Behörde auf § 20 Abs 1 Bundesstraßen-Mautgesetz 2002.

 

In § 20 Abs 1 ist Folgendes geregelt:

 

'Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, begehen eine Verwaltungs­übertretung und sind mit Geldstrafe von € 300,00 bis zu € 3.000,00 zu bestrafen.'

 

In der Begründung führt die Behörde Folgendes aus:

 

'Aufgrund des glaubwürdigen Vorbringens des Beschuldigten wird davon ausgegangen, dass er eine 10-Tagesvignette erworben und am Seitenfenster angebracht hat.'

 

Die Behörde geht demnach selbst davon aus, dass der Berufungswerber die zeitabhängige Maut durch den Kauf der Vignette ordnungsgemäß entrichtet hat. Eine Bestrafung gemäß § 20 Abs 1 scheidet demnach aus.

 

In der Überschrift zu § 20 Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 wird der gegenständliche Tatbestand als 'Mautprellerei' bezeichnet. Prellerei ist ein Synonym für Betrug (so wird auch die sogenannte 'Zechprellerei' im österreichischen Strafrecht unter dem Betrugstatbestand des § 146 StGB subsumiert). Zur Erfüllung des Betrugstatbestandes gemäß § 146 StGB müssen folgende Tatbestandsmerkmale erfüllt sein;

 

-      eine beim Täter eingetretene Bereicherung

-      ein eingetretener Vermögensschaden

-      eine Täuschungshandlung des Täters.

 

Alle drei Voraussetzungen liegen offenkundig nicht vor.

 

Der Beschuldigte wurde nicht bereichert, da er die erforderliche Vignette offenkundig erworben und damit die Mautgebühr ordnungsgemäß entrichtet hat. Ein Vermögensschaden bei der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft (im folgenden 'ASFINAG') ist diesbezüglich somit ebenso wenig eingetreten. Eine Täuschungshandlung im Sinne Vorspiegelung falscher oder Unterdrückung richtiger Tatsachen kann durch das Anbringen der Vignette auf der Seitenscheibe ebenfalls nicht angenommen werden.

 

Die Anwendung des Tatbestandes der Mautprellerei scheidet daher jedenfalls aus.

 

2.) Unzulässige Anwendung der Mautordnung durch die belangte Behörde:

 

Der rechtlichen Würdigung kann entnommen werden, dass sich die Behörde zur Begründung des Straferkenntnisses teilweise auf Punkt 7.1 der Mautordnung der ASFINAG stützt. Eine Bestrafung wegen eines Verstoßes gegen die Mautordnung scheidet jedoch aus, da

 

-      es sich bei der von der ASFINAG als privatrechtliches Unternehmen erlassenen Verordnung um keine 'Verwaltungsvorschrift' im Sinne des § 44a VStG handelt

-      selbst wenn Punkt 7.1 der Mautordnung zur Bestrafung herangezogen werden könnte, die entsprechende Vorschrift gemäß § 44a Z 2 und 3 VStG im Spruch des Straferkenntnisses genannt werden müsste.

 

Grundlage für die Erlassung der Mautordnung bildet § 14 Abs 1 Bundesstraßen-Mautgesetz. Nach dieser Bestimmung hat die ASFINAG Bestimmungen über die Benützung der Mautstrecken festzulegen (Mautordnung).

 

Gemäß § 15 Abs 1 Z 9 Bundesstraßen-Mautgesetz hat die Mautordnung zu enthalten: 'die Festlegung der Beschaffenheit der Vignette, Bestimmungen über ihre Anbringung am Fahrzeug und über das Mitführen anstelle der Anbringung sowie Informationen über ihre Gültigkeitsdauer (§ 11 Abs 1 bis 3).'

 

Die Behörde gründet die Bestrafung offensichtlich auf folgende Bestimmungen in Punkt 7.1 der Mautordnung: 'Jede andere Art der Anbringung ist nicht gestattet, verwirkt den Nachweis der ordnungsgemäßen Mautentrichtung und verwirklicht den Tatbestand der Mautprellerei.' bzw. 'Bei Nichtbeachtung der Anbringungsvorschriften wird der Tatbestand der Mautprellerei verwirklicht.'

 

Die Formulierung in der Mautordnung geht eindeutig über die oben genannte Verordnungsermächtigung hinaus. Durch diese Formulierung wird

 

-      der gesetzliche Tatbestand des § 20 Abs 1 Bundesstraßen-Mautgesetz erweitert: 'Jede andere Art der Anbringung verwirklicht den Tatbestand der Mautprellerei' und werden

-      neue Beweisregelungen geschaffen: 'verwirkt den Nachweis der ordnungsgemäßen Mautentrichtung'.

 

Sowohl die Erweiterung des gesetzlichen Tatbestandes als auch die Schaffung neuer Beweisregelungen geht naturgemäß weit über die Verordnungsermächtigung der ASFINAG in § 14 und 15 Bundesstraßen-Mautgesetz hinaus. Die genannten Bestimmungen der Mautordnung hätten von der belangten Behörde daher nicht für eine Bestrafung herangezogen werden dürfen.

 

Es wird weiters angeregt,

-      die Bestimmungen der Punkt 7.1 der Mautordnung einer Verordnungsprüfung nach Art.   139   B-VG   zu   unterziehen   und   dem   Verfassungsgerichtshof  einen Aufhebungsantrag hinsichtlich der genannten Bestimmungen in Punkt 7.1 der Mautordnung, insbesondere der Formulierungen 'Jede andere Art der Anbringung ist nicht gestattet, verwirkt den Nachweis der ordnungsgemäßen Mautentrichtung und verwirklicht den Tatbestand der Mautprellerei.' sowie 'Bei Nichtbeachtung der Anbringungsvorschriften wird der Tatbestand der Mautprellerei verwirklicht.' vorzulegen und

-      das weitere Verfahren bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes im Sinne des § 62 Abs. 3 VfGG zu unterbrechen.

 

3.) Mangelndes Verschulden des Berufungswerbers:

 

Der gegen den Beschuldigten erhobene Vorwurf beschränkt sich auf das Ankleben der Vignette an der nicht von der ASFINAG dafür vorgesehenen Stelle. Es wird auch von der Behörde angenommen, dass die Maut durch den Erwerb der Vignette entrichtet wurde. Wie bereits oben ausgeführt, besteht keine Strafnorm für das fehlerhafte Anbringen der Vignette. Die diesbezügliche Regelung in der Mautordnung geht über die Verordnungsermächtigung der ASFINAG hinaus.

 

Der Beschuldigte musste nicht damit rechnen, dass das Ankleben der Vignette auf der Seitenscheibe als Nichtzahlung der bereits bei Kauf der Vignette entrichteten Maut gilt und zu einer Bestrafung durch die Behörde führen kann. Dies umso mehr, als auch die Anbringungshinweise auf der Rückseite der Vignette von der ASFINAG selbst als bloße 'Empfehlungen' bezeichnet werden. Dies ist Punkt 7.1 der Mautordnung zu entnehmen, welche auch von der belangten Behörde zitiert wird: 'Auf die Anbringungsempfehlung auf der Vignettenrückseite wird hingewiesen.'

 

Den Beschuldigten trifft daher jedenfalls kein Verschulden an der behaupteten Verwaltungsübertretung.

 

4.) Gesetzwidrige Nichtanwendung des § 21 VStG:

 

Gemäß § 21 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn

-      das Verschulden des Beschuldigten gering ist

-      die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

 

a)    geringfügiges Verschulden:

 

Hinsichtlich des Verschuldens wird auf obige Ausführungen, insbesondere auf Pkt. 3.) verwiesen.

 

b)    keine Folgen der Übertretung:

 

Hinsichtlich der Folgen der - im Übrigen bestrittenen - Verwaltungsübertretung ist darauf hinzuweisen, dass Zweck der Regelungen über das Anbringen der Vignette vor allem der Nachweis der Zahlung der Mautgebühr für ein bestimmtes Kraftfahrzeug ist. Es soll insbesondere vermieden werden, dass die Vignette bloß mitgeführt wird und somit auch für andere Fahrzeuge verwendet werden kann. Dies ist daher nur in bestimmten Ausnahmefällen möglich.

 

Im vorliegenden Fall hat der Berufungswerber die Vignette jedoch ordnungsgemäß erworben und diese durch Ankleben am Fahrzeug auch entsprechend entwertet. Eine Weiterverwendung für ein anderes Fahrzeug war demnach nicht möglich. Die ASFINAG hat die ihr zustehende Mautgebühr vom Berufungswerber erhalten. Die von der belangten Behörde angenommene Verwaltungsübertretung ist somit ohne Folgen geblieben.

 

Die belangte Behörde hätte daher gemäß § 21 Abs. 1 VStG ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen müssen. Im Übrigen wird auf das Vorbringen in der Rechtfertigung vom 14.12.2012 verwiesen, dessen Inhalt hiermit ebenfalls zum Berufungsvorbingen erhoben wird."

 

 

3. Der Akt enthält die im angefochtenen Straferkenntnis bezogenen Aktenstücke.

 

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung stellte der Vertreter des Bw außer Streit, dass die Vignette nicht an der Windschutzscheibe angebracht war und erklärte die Darlegung des Amtssachverständigen, das Anbringen der Vignette auf der Seitenscheibe verhindere die Erfassung der Vignette durch die automatische Vignettenkontrolle, für "einsichtig". Der Vertreter des Bw verwies darauf, dass keine Mautverkürzung stattgefunden habe. Da die Vignette unter Ablösen der Trägerfolie angebracht und somit der "Selbstzerstörungseffekt" erhalten geblieben sei, sei auch die Gefahr des Missbrauchs durch Mehrfachverwendung ausgeschlossen. Da es sich beim Bw um einen deutschen Staatsbürger handle und die Anbringungsdarstellung auf der Rückseite der Vignette bloß als "Empfehlung" qualifiziert werden könne, sei auch das Verschulden geringfügig. Im Übrigen verwies der Vertreter des Bw auf das bisherige Vorbringen.

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ist unstrittig. Demnach war zum Zeitpunkt der Kontrolle eine der Lochung nach gültige Mautvignette nach Ablösung der Trägerfolie bzw. unter Verwendung des Originalklebers am Seitenfenster des Pkw befestigt, wobei diese Form der Anbringung die Erfassung der Vignette durch das automatische Kontrollsystem verhinderte. Der Bw war sich der Unzulässigkeit dieser Form der Anbringung nicht bewusst.

 

In rechtlicher Hinsicht ist anzuführen, dass Pkt. 7.1 der Mautordnung ausdrücklich bestimmt, dass die Mautvignette an der Windschutzscheibe anzubringen und das Ankleben einer Vignette an der Seitenscheibe unzulässig ist. Diese Bestimmungen beruhen auf der gesetzlichen Ermächtigung des § 15 Abs.1 Z 9 BStMG, wonach die Mautordnung die Bestimmungen über die Anbringung der Mautvignette zu regeln hat. Gemäß § 20 Abs.1 BStMG ist strafbar, wer eine mautpflichtige Strecke benützt, "ohne die … zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben." In Verbindung mit den oben stehenden Vorschriften ist klar, dass das Anbringen der Vignette unter Verstoß gegen die Anbringungsvorschriften der Mautordnung, also etwa auch auf der Seitenscheibe, keine ordnungsgemäße Anbringung darstellt (vgl. sinngemäß das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18.6.2003, Zl. 2001/06/0173). Daher stellt die Qualifikation der Anbringung der Vignette auf der Seitenscheibe als Mautprellerei im Sinne des § 20 Abs.1 BStMG letztlich eine Klarstellung durch die Mautordnung und keine Überschreitung der Verordnungsermächtigung dar, mag auch der Ausdruck "Prellerei" im Hinblick auf die Möglichkeit von fahrlässigen Tatbestands­verwirklichungen mit minderer Rechtsschutzverletzungs­intensität unglücklich (weil überschießend) gewählt sein. Allfällige verfassungs­rechtliche Bedenken gegen die Verordnungsermächtigung bzw. deren konkrete Durchführung teilt der Unabhängige Verwaltungssenat nicht.

 

Die Kenntnis der einschlägigen Rechtsvorschriften war dem Bw zumutbar. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. sinngemäß z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.2.1998, Zl. 97/06/0232) "besteht … auch für den ausländischen Kraftfahrer die Verpflichtung …, sich über die Rechtsvorschriften, die er bei der Teilnahme am Straßenverkehr in Österreich zu befolgen hat, ausreichend zu unterrichten …" Dass die zitierten Bestimmungen der Mautordnung auch den Satz enthalten "Auf die Anbringungsempfehlung auf der Vignettenrückseite wird hingewiesen", kann im Lichte des Zusammenhangs der zitierten Rechtsvorschriften nicht in dem Sinne gedeutet werden, die Anbringungsvorschriften seien bloß als unverbindliche Vorschläge gedacht. Vielmehr stellen die Erläuterungen auf der Vignettenrückseite einen zusätzlichen Informationsbehelf für die Kenntnisnahme der zwingenden Vorschriften der Mautordnung dar.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und, da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind, auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Als Schuldform ist Fahrlässigkeit infolge der Unkenntnis der Anbringungsvorschriften für die Mautvignette anzunehmen. Zur Bemessung der Strafhöhe ist auszuführen, dass aus den vom Bw ins Treffen geführten Gründen (Kauf der Mautvignette, adäquate Lochung, Anbringung in einer Form, die die Mehrfachverwendung ausschließt, an sich mindere Missbrauchsgefahr bei 10-Tages-Vignetten im Vergleich zu Jahresvignetten) erscheint die Anwendung und Ausschöpfung des außerordentlichen Milderungsrechts (§ 20 VStG) angebracht. Einer Einstellung des Verfahrens gemäß § 45 Abs.1 Z 4 VStG steht jedoch entgegen, dass das in der Verletzung der Informationspflicht gelegene Verschulden ebenso wenig geringfügig ist, wie die Intensität der Rechtsgutverletzung. Zu letzterer ist zu bemerken, dass die Form einer Anbringung, die die automatische Kontrolle unterläuft, lediglich einen nachträglichen "Nachweis" der Anbringung zulässt, dessen Beweiskraft im Hinblick auf den Tatzeitpunkt fragwürdig ist. Die Sicherung der automatischen Vignettenkontrolle stellt, mit anderen Worten, einen eigenen Rechtsgutbestandteil dar, der aus dem genannten Grund in der Mautordnung eine eingehende Regelung erfahren hat.

 

Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G

 

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

 

H I N W E I S

 

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

 

Dr. Ewald Langeder