Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-151056/8/Lg/Ba

Linz, 25.10.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 23. Oktober 2013 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des B A, vertreten durch Rechtsanwalt H W, A, M, Deutschland, gegen das Straferkenntnis des Bezirks­hauptmannes des Bezirkes Linz-Land vom 21. Mai 2013, Zl. VerkR-9163-2012, wegen Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

 

I. Die Berufung wird dem Grunde nach abgewiesen und hinsichtlich der Höhe der Geldstrafe das angefochtene Strafer­kenntnis insoweit bestätigt. Die Ersatzfreiheitsstrafe wird auf 23 Stunden herabgesetzt.

 

II. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: §§ 16 Abs.2, 19, 20, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: §§ 64f VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.  Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 220 Euro bzw. eine Ersatzfrei­heitsstrafe in Höhe von 34 Stunden verhängt, weil ihm Folgendes vorgeworfen wurde:

 

"Sie haben ein Kraftfahrzeug auf dem mautpflichtigen Straßennetz gelenkt, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliegt, welche vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten ist. Es war am Fahrzeug keine gültige Mautvignette angebracht.

 

Tatort: Gemeinde Ansfelden, A1 bei km 172.020, Richtung Staatsgrenze Walserberg

Tatzeit: 07.11.2011, 14:29 Uhr

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 20 Abs. 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 und 11 Abs. 1 BStMG

 

Fahrzeug:

Kennzeichen X PKW"

 

In der Begründung führt das angefochtene Straferkenntnis aus:

 

"Aufgrund einer Anzeige der ASFINAG vom 21.03.2012 wurde die Firma G Gmbh, D, G M, als Zulassungsbesitzer des KFZ pol. KZ: X mit Schreiben vom 02.04.2012 aufgefordert, den Lenker des angeführten KFZ zum Tatzeitpunkt bzw. jene Person bekannt zu geben, die den Lenker benennen kann.

 

Am 11.04.2012 wurde bekannt, dass Sie das in Rede stehende Fahrzeug zum angeführten Zeitpunkt gelenkt haben, weshalb Ihnen mit Strafverfügung vom 12.04.2012, VerkR96-9163-2012, die umseits angeführte Verwaltungsüber­tretung zur Last gelegt wurde.

 

Mit Schriftsatz vom 23.04.2012 hat Ihre rechtsfreundliche Vertretung Einspruch gegen die Strafverfügung erhoben. Darin führte diese wie folgt aus.

 

'Ausgewiesen durch anliegende Vollmacht, auf deren Text ausdrücklich hingewiesen wird, zeige ich Ihnen an, dass mich Herr B A, O, M, mit seiner anwaltschaftlichen Vertretung beauftragt hat.

 

Namens und im Auftrag von Herrn B A lege ich hiermit gegen die o.a. Strafverfügung vom 12.04.12 Einspruch ein.

 

Falls die Angelegenheit weiterbetrieben werden soll, wollen Sie mir bitte einen Nachweis der behaupteten Fahrereigenschaft meines Mandanten übermitteln. Wenn mein Mandant mit dem PKW in Österreich war, hat er immer eine gültige Mautvignette an der Frontscheibe angebracht. Von daher kann es sich überhaupt nicht um eine Fahrt meines Mandanten handeln.'

 

Am 08.05.2012 wurde von hs. Behörde Ihrer rechtsfreundlichen Vertretung die Anzeige sowie die Lenkerauskunft zur Kenntnisnahme übermittelt.

 

Mit Schriftsatz vom 26.07.2012 erhielt Ihre rechtsfreundliche Vertretung von hs. Behörde eine Aufforderung zur Rechtfertigung. Gleichzeitig wurden Sie von der Behörde aufgefordert, Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse darzulegen, da diese ansonst wie folgt geschätzt werden.

 

Einkommen: € 1.200,--

Vermögen: keines

Unterhaltspflichten: keine

 

Am 16.08.2012 teilte Ihre rechtsfreundliche Vertretung hs. Behörde mit, dass Sie sich mit Ihrer Familie auf Urlaub befinden und ersuchte um eine stillschweigende Fristverlängerung bis zum 12.09.2012.

 

Mit Schriftsatz vom 10.10.2012 teilte Ihre rechtsfreundliche Vertretung nachstehendes mit:

 

'In vorbezeichneter Sache hat mein Mandant die Maut ordnungsgemäß entrichtet und auch die Plakette an der Fensterscheibe angebracht. Ihre gegenteilige Behauptung ist nicht nachvollziehbar.

 

Mein Mandant hat ein monatliches Einkommen von € 900,- netto. Miete muss er monatlich in Höhe von € 470,- bezahlen. Außerdem muss er Unterhalt für seine zwei minderjährigen Kinder an die Kindesmutter bezahlen. Da ihm ansonsten selbst nichts für den Mindestlebensbedarf bleiben würde, kann er den Kinder lediglich € 180,-- monatlich zur Verfügung stellen. Da Herr A nicht gesund ist, kann er auch nicht mehr verdienen.'

 

Mit Schriftsatz vom 22.10.2012 der ASFINAG, wurde wie folgt Stellung genommen:

 

'In Österreich besteht auf dem hochrangigen Straßennetz eine Mautpflicht. Demnach darf das mautpflichtige Straßennetz nur benutzt werden, sofern man die Maut ordnungsgemäß entrichtet. Gemäß § 3 BStG sind auch die Autobahnrastplätze Teil des hochrangigen Straßennetzes. Mautordnung Teil A 1 findet Anwendung auf alle Kraftfahrzeuge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht bis einschließlich 3,5 t.

 

In gegenständlichem Fall benutzte der Lenker des Fahrzeuges das mautpflichtige Straßennetz mit einer nicht ordnungsgemäß geklebten Vignette. Die Vignette war nicht komplett von der Trägerfolie abgelöst worden, weshalb auch das schwarze Kreuz (X) und der untere Teil (EAN-Strichcode) der Trägerfolie zu sehen ist. Die Vignette war daher nicht komplett mit dem originären Kleber der Vignette an der Windschutzscheibe angebracht gewesen. Dieses schwarze Kreuz zeigt die UNGÜLTIGKEIT der Vignette an.

 

Dadurch konnten nicht alle Sicherheitsmerkmale aktiviert werden. Dies ist jedoch unbedingt notwendig um eine eventuelle Manipulation der Vignette verhindern zu können, z.B. Verwendung für ein weiteres Fahrzeug. Somit hatte die Vignette keine Gültigkeit.

 

HINWEIS:

Die Vignette muss komplett von der Trägerfolie abgelöst werden und komplett mit der Klebefläche der Vignettenvorderseite an der Innenseite der Scheibe angebracht werden.

 

Der alleinige Erwerb oder Besitz einer Vignette erfüllt nicht die gesetzlichen Bestimmungen zur korrekten Entrichtung der Maut. Der Tatbestand der Mautprellerei wurde erfüllt.

 

Dies wurde von der automatischen Vignettenkontrolle erkannt und registriert. In der Anlage übermitteln wir Ihnen auch die entsprechenden Beweisbilder zu Ihrer Information und weiteren Bearbeitung.

 

Wurde die nicht ordnungsgemäße Entrichtung der Maut durch automatische Überwachung festgestellt, ohne dass es zu einer Betretung des Kraftfahrzeuglenkers kommt, kann dem/einem der Zulassungsbesitzer gemäß der derzeit gültigen Mautordnung eine schriftliche Aufforderung zur Zahlung der Ersatzmaut übermittelt werden.

 

Der Aufforderung zur Leistung der Ersatzmaut wird entsprochen, wenn diese binnen vier Wochen ab Ausfertigung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automatisationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält. Nachdem keine fristgerechte Zahlung auf unserem Konto eingegangen ist, war eine Anzeige einzuleiten.'

Mit ha. Schreiben vom 30.10.2012 wurde Ihrer rechtsfreundlichen Vertretung die Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme samt Stellungnahme der ASFINAG vom 22.10.2012 übermittelt.

 

Sie haben keine Stellungnahme mehr dazu abgegeben.

 

Die Behörde hat wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 1 Abs 1 Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 (BStMG, BGBl I Nr 109/2002 idF BGBl I Nr 135/2008) ist für die Benützung der Bundesstraßen mit Kraftfahrzeugen Maut zu entrichten. Gemäß § 4 BStMG sind Kraftfahrzeuglenker und Zulassungsbesitzer gemeinsam Mautschuldner. Mehrere Mautschuldner haften zur ungeteilten Hand.

 

Die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, unterliegt gemäß § 10 Abs 1 BStMG der zeitabhängigen. Maut. Die zeitabhängige Maut ist gemäß § 11 Abs 1 BStMG vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

Wie der Behörde im Zuge einer Anzeige der ASFINAG mitgeteilt wurde, befand sich das auf die Firma G Gmbh, D, G M, zugelassene und von Ihnen gelenkte Kraftfahrzeug (Personenkraftwagen mit dem polizeilichen Kennzeichen X(D)) am 07.11.2011 um 14.29 Uhr auf der A1 bei km 172.020 im Gemeindegebiet von Ansfelden, in Fahrtrichtung Staatsgrenze Walserberg. Es handelt sich beim gegenständlichen Personenkraftwagen um ein mehrspuriges Kraftfahrzeug, dessen höchst zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt. Am Fahrzeug war keine gültige Mautvignette angebracht. Die Vignette war nicht komplett von der Trägerfolie abgelöst worden, weshalb das schwarze Kreuz (X) und der untere Teil (EAN-Strichcode) der Trägerfolie zu sehen war. Die Vignette war daher nicht komplett mit dem originären Kleber der Vignette an der Windschutzscheibe angebracht gewesen. Dieses schwarze Kreuz zeigt die UNGÜLTIGKEIT der Vignette an. Deshalb wurde die zeitabhängige Maut nicht entrichtet. Dies wurde von der ASFINAG unter der GZ: 770012011110713294864 angezeigt.

 

Die Mautordnung (in der zum Tatzeitpunkt geltenden Version 30) legt in Teil A I / Punkt 7 die Regeln für die Anbringung der Mautvignette fest. Teil A I / Punkt 7.1 der Mautordnung legt fest, dass an jedem mautpflichtigen Kraftfahrzeug (unter Berücksichtigung des Punktes 7.2 Mautordnung Teil A l) vor Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes eine gültige der jeweiligen Fahrzeugkategorie entsprechende Vignette ordnungsgemäß (unter Verwendung des originären Vignettenklebers) anzubringen ist.

 

Die Vignette ist - nach Ablösen von der Trägerfolie - unbeschädigt und direkt so auf die Innenseite der Windschutzscheibe anzukleben, dass sie von außen gut sicht- und kontrollierbar ist (z.B. kein Ankleben hinter einem dunklen Tönungsstreifen). Auf die Anbringungsempfehlung auf der Vignettenrückseite wird verwiesen.

 

Jede andere Art der Anbringung z.B. durch [zusätzliche] Klebestreifen) ist nicht gestattet und verwirkt den Nachweis der ordnungsgemäßen Mautentrichtung. Besondere Bestimmungen gelten für die Korridorvignette.

 

Sie hätten daher dafür sorgen müssen, dass für den Zeitraum in dem Sie Ihr Fahrzeug auf dem mautpflichtigen Straßennetz gelenkt haben, eine gültige, von der Trägerfolie abgelöste der Fahrzeugkategorie entsprechende Vignette ordnungsgemäß angebracht ist.

 

Gemäß § 20 Abs 1 BStMG (BGBl I Nr 109/2002 idF BGBl I Nr 135/2008) begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von € 300,-- bis zu € 3.000,-- zu bestrafen. § 20 Abs 3 BStMG legt fest, dass Taten gemäß Abs 1 und 2 straflos werden, wenn der Mautschuldner fristgerecht die in der Mautordnung festgesetzte Ersatzmaut zahlt.

 

Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 BStMG zu keiner Betretung, so ist die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft gemäß §19 Abs 4 BStMG ermächtigt, im Falle einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 1 BStMG den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung beruht, im Falle einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen vier Wochen ab Ausfertigung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält.

 

Nach Angaben der ASFINAG, wurde der Zulassungsbesitzer am 13.12.2011 schriftlich zur Zahlung der Ersatzmaut aufgefordert. Es wurde Ihnen somit die Möglichkeit gegeben die Ersatzmaut innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Frist zu begleichen. Da die Ersatzmaut nicht zur Einzahlung eingebracht wurde, wurde Anzeige erstattet.

 

Da die vorgeschriebene Maut weder durch ordnungsgemäße Anbringung einer der Fahrzeugkategorie entsprechenden Vignette vor der Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes, noch im Wege der Zahlung der Ersatzmaut erfolgte, haben Sie den objektiven Tatbestand zweifelsfrei verwirklicht.

 

Gemäß § 5 Abs 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhaften. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Bei bloßen Ungehorsamsdelikten wird das Verschulden daher widerleglich vermutet. Die Glaubhaftmachung hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch das Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die 'Glaubhaftmachung' nicht. § 20 Abs 2 BStMG enthält kein Erfordernis einer bestimmten Verschuldensform. Daher reicht fahrlässiges Handeln aus.

 

Da es sich bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung um ein bloßes Ungehorsamsdelikt handelt, hätten Sie glaubhaft machen müssen, dass Sie an der Verletzung der Mautpflicht kein Verschulden trifft, weil Ihnen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschrift unmöglich war. Sie hätten initiativ alles darzutun gehabt, was für Ihre Entlastung spricht. Insbesondere hätten Sie glaubhaft machen müssen, dass Sie alle Maßnahmen getroffen haben, um unter den gegebenen Umständen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschrift zu gewährleisten.

 

Bezüglich Ihres Verschuldens hat Ihre rechtsfreundliche Vertretung hs. Behörde mitgeteilt, dass Sie, wenn Sie mit ihrem PKW in Österreich waren, immer eine gültige Mautvignette an der Frontscheibe angebracht hätten.

 

Da die Vignette im gegenständlichen Fall nicht ordnungsgemäß angebracht war, ist von (zumindest) fahrlässigem Handeln auszugehen. Ein Irrtum Ihrerseits als Schuldausschließungsgrund liegt ebenfalls nicht vor, da die vorschriftsmäßige Anbringung der Vignette, dh das ordnungsgemäße Aufkleben der Vignette auf die Windschutzscheibe, bei jedem mautpflichtigen Kraftfahrzeug gesetzlich festgelegt ist.

 

Die Tat ist Ihnen daher in objektiver und - da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind - auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Im Zweifel ist zu Ihren Gunsten von Fahrlässigkeit auszugehen, nämlich in dem Sinne, dass Sie über die ordnungsgemäße Anbringung der Mautvignette, nicht ausreichend informiert waren.

 

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. § 19 Abs 2 VStG sieht vor, dass im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen sind. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden.

 

Zu Ihren Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen teilte Ihre rechtsfreundliche Vertretung mit, dass Ihr monatliches Einkommen € 900,-- und die Kosten für die Miete € 470,-betragen, sowie Unterhalt für 2 minderjährige Kinder in Höhe von € 180,-- anfallen.

 

Strafmildernd war zu werten, dass Sie bisher unbescholten sind. Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen.

 

Im gegenständlichen Fall war auch die lange Verfahrensdauer strafmildernd zu werten und ist die Behörde daher der Ansicht, dass im Hinblick auf Art. 6 EMRK eine Herabsetzung der gesetzlich vorgesehenen Mindeststrafe gemäß § 20 VStG gerechtfertigt ist, zumal keine Straferschwerungsgründe vorliegen.

 

Die gegen Sie verhängte Strafe erscheint als tat- und schuldangemessen und geeignet, Sie in Hinkunft von gleichartigen Verwaltungsübertretungen abzuhalten."

 

 

2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht:

 

"In vorbezeichneter Sache lege ich hiermit gegen das Straferkenntnis der Be­zirkshauptmannschaft Linz-Land vorn 21.05.13, zugestellt am 31.05.13,

 

Berufung

ein.

 

Zur Begründung wird neuerlich darauf hingewiesen,  daß der Betroffene immer, wenn er sich in Österreich aufgehalten hat, jeweils auch eine Maut-Vig­nette an der Frontscheibe des Fahrzeuges angebracht hat. Es wird daher weiter bestritten,  daß Herr A das Fahrzeug am 07.11.11 um 14.29 Uhr an dem bezeichneten Tatort  führte.

 

Im Übrigen trägt die Behörde selbst vor, daß eine Vignette in dem Fahrzeug angebracht worden war. Die technischen Details der Anbringung werden in Frage gestellt.

 

Im Vordergrund steht allerdings die Unschuldsvermutung der Menschenrechts­konvention, wonach selbst dann, wenn man meinen Mandanten für verdächtig halten würde, zu vermuten ist, daß er nicht der Täter war. Für das Gegen­teil muß der volle Beweis erbracht werden. Diesbezüglich ist aus den Akten nichts ersichtlich."

 

3. Der Akt enthält die im angefochtenen Straferkenntnis bezogenen Aktenstücke.

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde Einsicht genommen in den Akt und insbesondere in die Kontrollfotos, auf denen nicht nur das gegenständliche Fahrzeug (gekennzeichnet als Taxi) ersichtlich ist, sondern auch die gegenständliche Vignette. Dazu führte der Amtssachverständige aus: "Aus den Kontrollfotos ist deutlich erkennbar, dass auf der Vignette das sogenannte 'schwarze Kreuz' ersichtlich ist. Dieses scheint dann auf, wenn die Vignette ohne Ablösen der Trägerfolie an der Windschutzscheibe befestigt wurde. Dies widerspricht aber genau der Vorgangsweise, die in Pkt. 7.1 der Mautordnung vorgesehen ist. Es ist nämlich vorgeschrieben, dass die Vignette unter Ablösung der Trägerfolie und Verwendung des Originalklebers an der Windschutzscheibe zu befestigen ist. Es ist hiermit eindeutig, dass die Mautvignette nicht ordnungsgemäß im Sinne der Mautordnung aufgeklebt war."

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Diesen Ausführungen des Amtssachverständigen, die dem evidenten Augenschein, dem technischen Hintergrund der Mautordnung und dem Ergebnis zahlreicher vergleichbarer Fälle entsprechen, ist der Bw nicht (und schon gar nicht auf gleicher fachlicher Ebene) entgegengetreten. Vgl. dazu und zu den einschlägigen Regelungen der Mautordnung auch die Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und, da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind, auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Nicht entschuldigend wäre eine eventuelle Rechtsunkenntnis. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungshofes besteht auch für ausländische Kraftfahrer die Pflicht, sich mit den einschlägigen Rechtsvorschriften vertraut zu machen. Die richtige Form der Befestigung der Mautvignette ist nicht nur in der Mautordnung geregelt sondern auch auf der Rückseite der Vignette leicht verständlich ausgeführt. Als Schuldform sei zugunsten des Bw im Zweifel Fahrlässigkeit angenommen, wobei der Verschuldensgrad nicht als geringfügig eingestuft werden kann, zumal die Lektüre der Rückseite der Vignette durchaus zumutbar ist.

 

Zur Lenkereigenschaft des Bw ist auf die dem Akt beiliegende Lenkerauskunft der G GmbH vom 11.4.2012 zu verweisen.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin die gesetzlich vorgesehene Mindestgeldstrafe aus den dort angegebenen Gründen erheblich unterschritten wurde. Denselben Strafbemessungskriterien entspricht eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 23 Stunden.  Überwiegende Milderungsgründe sind nicht ersichtlich. Allein schon der Schuldgehalt der Tat schließt die Anwendung des § 45 Abs.1 Z 4 VStG aus; auch die übrigen (kumulativen) Voraussetzungen dieser Bestimmung sind nicht gegeben.

 

Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G

 

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

 

H I N W E I S

 

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

 

Dr. Ewald Langeder