Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253385/2/Kü/Ba

Linz, 29.10.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des Herrn S F S, vertreten durch H Rechtsanwälte, H, L, vom 6. Februar 2013 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 28. Jänner 2013, SV96-12-2013, wegen Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) zu Recht erkannt:

 

 

I.     Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.         Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

zu II.: § 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 28. Jänner 2013, SV96-12-2013, wurden über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 33 Abs.1 iVm § 111 Abs.1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) zwei Geldstrafen in Höhe jeweils 800 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit jeweils Ersatzfreiheitsstrafen von 48 Stunden verhängt.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Sie haben auf dem in Ihrem Eigentum stehenden Anwesen A, B (Gebäude Nachtclub 'A M') als Dienstgeber - ein verantwortl. Bevollmächtigter gem. § 35/3 ASVG wurde nicht bestellt - die am Kontrolltag, 16.10.2012, bis gegen 13.10 Uhr, gegen Entgelt, in persönl. u. wirtschafte Abhängigkeit, bei Vollwärmeschutzarbeiten beschäftigten, nicht von der Vollver­sicherung gem. § 5 ausgenommenen, damit in der Kranken-, Unfall- u. Pensionsversicherung pflichtver­sicherten Dienstnehmer:

 

1.    G M, geb X; österr.StA, wh L, B

2.    O E, geb X; österr.StA, wh L, G,

 

nicht vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger (.GKK) angemeldet (weder mit Mindestangaben- noch Vollanmeldung), obwohl Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Voll- u. Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger an- u. binnen 7 Tagen nach Ende der Pflichtversicherung abzumelden haben."

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in der beantragt wird, die angefochtene Entscheidung ersatzlos aufzuheben, in eventu die Strafhöhe herabzusetzen.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass der Bw entgegen den Feststellungen der belangten Behörde nicht Eigentümer des Anwesens A, B, (Gebäude Nachtclub "A M") sei. Auch sei der Bw nicht Geschäftsführer des Nachtclubs "A M". Ebenso wenig sei der Bw Rechtsnachfolger der N B und HandelsgmbH, welche M G bzw. E O als Dienstnehmer beschäftigt hätten.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit Schreiben vom 12.2.2013, eingelangt am 21.2.2013, die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.2 VStG entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit der Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

4.1. Dem Strafantrag des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck vom 24.1.2013, der dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren zugrunde liegt, ist zu entnehmen, dass am 24.10.2012 die Baustelle B in A (Gebäude des Nachclubs "A M") kontrolliert wurde. Bei dieser Kontrolle wurden neben dem Bw selbst Herr E O und Herr M G bei der Durchführung von Verputzarbeiten an der Außenfassade angetroffen. Sowohl Herr G als auch Herr O haben gegenüber den Kontrollorganen angegeben, bei der N B und HandelsgmbH beschäftigt zu sein.

 

Diesen Strafantrag nahm die Erstinstanz zum Anlass, ohne zuvor das Verwaltungsstrafverfahren mit Aufforderung zur Rechtfertigung einzuleiten, umgehend mit Straferkenntnis vom 28.1.2013 gegen den Bw wegen Übertretung des ASVG Verwaltungsstrafen auszusprechen. Im Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses wird aber im Gegensatz zum Strafantrag festgehalten, dass Herr M G und Herr E O am 16.10.2012 Vollwärmeschutzarbeiten beim genannten Gebäude durchgeführt haben, ohne vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherer vom Bw angemeldet worden zu sein.

 

Zu diesem Tatvorwurf ist feststellen, dass in einem – nicht diesem Verfahren zu Grunde liegenden Strafantrag des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck – beschrieben ist, dass Herr E O bereits am 16.10.2012 bei Arbeiten an diesem Gebäude angetroffen wurde. Herr M G ist in diesem Strafantrag nicht genannt, er wurde arbeitend nur am 24.10.2012 angetroffen.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den jeweils genannten Strafanträgen.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Der Spruch hat somit nicht nur die Sachverhaltselemente, von denen die Zuordnung eines Tatverhaltens zu den Merkmalen des Straftatbestandes abhängt, zu bezeichnen, sondern grundsätzlich auch die Anführung des Zeitpunkts der Begehung der Tat und falls es sich um einen Zeitraum handelt, dessen Anfang und Ende in einer kalendermäßig eindeutig umschriebenen Art zu umfassen (vgl. VwGH vom 19.5.1992, Zl. 92/04/0035 u.a.).

 

Das angefochtene Straferkenntnis enthält hinsichtlich der Beschäftigung des Herrn M G am 16.10.2012 einen Tatvorwurf, der durch den vorliegenden Strafantrag des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck eindeutig widerlegt ist. Es gibt keinen Beweis dafür, dass Herr M G auch am 16.10.2012 bei der gegenständlichen Baustelle vom Bw beschäftigt worden wäre. Eine Änderung des Tatzeitpunktes im anhängigen Berufungsverfahren ist allerdings nicht mehr möglich, zumal zwischenzeitig Verfolgungsverjährung eingetreten ist. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt würde die Änderung des Tatzeitpunktes eine im Berufungsverfahren nicht zulässige Auswechslung der Tat bedeuten.

 

5.2. Hinsichtlich der im Spruch angeführten Beschäftigung von Herrn E O ohne entsprechende Anmeldung beim Sozialversicherungsträger ist festzustellen, dass dem Bw bereits mit Straferkenntnis der Bezirkshaupt­mannschaft Vöcklabruck vom 28.1.2013, SV96-11-2013 ebenfalls angelastet wurde, Herrn E O am 16.10.2012 beschäftigt zu haben, ohne diesen vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger ange­meldet zu haben. Insofern stellt die im angefochtenen Straferkenntnis verhängte Strafe eine unzulässige Doppelbestrafung dar, weshalb auch in diesem Punkt der Berufung Folge zu geben war.

 

Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass der Bw die im angefochtenen Straferkenntnis angelasteten Verwaltungsübertretungen nicht zu verantworten hat, weshalb insgesamt der Berufung Folge zu geben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

 

6. Aufgrund der Einstellung des Strafverfahrens entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G

 

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

 

H I N W E I S

 

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger