Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-330024/20/Lg/TO/Ba

Linz, 11.11.2013

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des H H, H, A, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. D E, W, V, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 6. Juli 2010, Zl. Wi96-3-2010/HW, wegen einer Übertretung des Maß- und Eichgesetzes nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 30. Oktober 2013 zu Recht erkannt:

 

 

  1. Die Berufung wird dem Grunde nach und hinsichtlich der Höhe der Geldstrafe abgewiesen. Die Ersatzfreiheitsstrafe wird auf 11 Stunden herabgesetzt.

 

  1. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.  Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 365 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48  Stunden verhängt, weil ihm Folgendes vorgeworfen wurde:

 

"Sie haben es als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit verwaltungsstrafrechtlicher Verantwortlicher gem. § 9 Abs. 1 VStG der C P H GmbH, Geschäftsanschrift P, H, zu verantworten, dass von der C P H GmbH als Herstellerin der nachfolgenden Fertigpackungen die Bestimmungen der Fertigpackungsverordnung nicht eingehalten wurden:

Von der C P H GmbH wurden am 31.12.2009 folgende Fertigpackungen an die R in S, T, entgeltlich abgegeben und somit in Verkehr gebracht:

 

Produkt: 'P K'

Hersteller: C P H GmbH in P, H Losgröße: 161

Nennfüllmenge: 8 Liter

Chargennummer: X

EAN: X

 

Entgegen des Handelsbrauches war bei den o.a. Fertigpackungen die Nennfüllmenge in Liter angegeben. Auf Grund der Bestimmungen des § 11 Abs.2 FPVO ist die Angabe der Nennfüllmenge bei festen Produkten in Kilogramm/Gramm erforderlich.

 

Von der Wirtschaftskammer wurde in einer Handelsbrauchumfrage festgestellt, dass betreffend der Kennzeichnung von Katzenstreu nach Litern an Stelle von kg ein Handelsbrauch dahingehend nicht feststellbar ist.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

 

§ 63 Abs. 1 i.V.m. § 26 Abs. 1 Maß- und Eichgesetz (MEG), BGBl. Nr. 152/1950 i.d.F. BGBl. I Nr. 137/2004 i.V.m. § 11 Abs. 2, § 12 Abs.1 der Fertigpackungs­verordnung (FPVO), BGBl. Nr. 867/1993 i.d.F. BGBl. II Nr. 115/2009"

 

Begründend führt das angefochtene Straferkenntnis aus:

 

"Aufgrund der Anzeige des Eichamtes Innsbruck vom 08.02.2010 wurde Ihnen die im Spruch angeführte Übertretung mit ha. Strafverfügung vom 12.02.2010, GZ: Wi96-3-2010/HW, zur Last gelegt.

 

Gegen die Strafverfügung erhoben Sie im Wege Ihrer rechtsfreundlichen Vertretung fristgerecht Einspruch und beantragten das ordentliche Verfahren einzuleiten.

 

Deshalb erging an Sie mit Schreiben vom 23.03.2010 die Aufforderung, sich zu der angelasteten Übertretung zu rechtfertigen.

 

Mit Schreiben vom 18.03.2009 wurde von Ihnen folgende Stellungnahme abgegeben:

'Die Angabe der Nennfüllmenge in Liter bei Katzenstreu ist allgemeiner Handelsbrauch. Ein Verstoß gegen § 11 Abs 1 und 2, § 12 Abs 1 Fertigpackungsverordnung liegt nicht vor. Aufgrund entgegengesetzter Handelsbräuche sind Katzenstreuprodukte in Liter zu deklarieren. Die Beanstandungen des Eichamtes Linz (gemeint wohl Eichamtes Innsbruck) gegenüber gegenständlicher Katzenstreuprodukte sind nicht berechtigt. Seit rund 40 Jahren existieren am Markt parallel Katzenstreuprodukte die in Kilogramm oder Volumen gekennzeichnet werden. Gleiches gilt für andere Einstreuartikel für kleine Nager. Daneben gibt es noch verschiedene Spezialprodukte wie Schildkrötenfutter, Teichsticks, etc., die vom Wesen her sehr voluminös sind und deren Inhaltsangabe in Volumen erfolgt. Anzumerken ist, dass ein nicht unbeträchtlicher Marktanteil dieser Produkte aus dem europäischen Raum, insbesondere aus Deutschland kommt.

 

Im Eu-weiten Vergleich - insbesondere in Gegenüberstellung der österreichischen und der deutschen Rechtsordnung - wird die Diskrepanz der unterschiedlich geregelten nationalen Rechtsordnungen deutlich aufgezeigt:

In Gegenüberstellung der österreichischen und der deutschen Normen betreffend Fertigpackungen ist insbesondere auf die deutschen Bestimmungen betreffend der Kennzeichnung der Füllmenge zu verweisen:

§ 6 Fertigpackungsverordnung - Kennzeichnung der Füllmenge

(1)        Fertigpackungen dürfen gewerbsmäßig nur in den Verkehr gebracht werden, wenn die Füllmenge nach Gewicht, Volumen oder Stückzahl oder in einer anderen Größe angegeben ist. Sofern nicht nach den §§ 7 bis
9 die Angabe in einer bestimmten Größe vorgeschrieben ist, hat die Angabe der allgemeinen Verkehrsauffassung zu entsprechen.

§ 7 (6) Fertigpackungen mit Futtermitteln für Heimtiere und frei lebende Vögel sind nach Gewicht oder Volumen zu kennzeichnen.

In diesem Zusammenhang wird auf nachfolgende österreichische Norm verwiesen:

§11 Fertigpackungsverordnung 1993

(2) Andere als die im Anhang 3 genannten Erzeugnisse müssen, soweit nicht entgegengesetzte Handelsbräuche bestehen, bei flüssigem Inhalt die Angabe des Nennvolumens und bei anderem Inhalt die Angabe eines Nenngewichtes auf der Verpackung tragen.

Während die deutsche Verordnung über Fertigpackungen durchgängig auf die 'allgemeine Verkehrsauffassung' abstellt, wird im § 11 (2) der Fertigpackungsverordnung 1993 auf 'entgegengesetzte Handelsbräuche' abgestellt. Bereits dadurch ergeben sich maßgebliche Widersprüche im EU-weiten Raum bzgl. der Füllmengenkennzeichnung von Fertigpackungen. Handelsbräuche sind von den beteiligten kaufmännischen Verkehrsreisen anerkannte Gewohnheiten, welche in einem bestimmten Bereich (etwa innerhalb einer Branche) tatsächlich angewendet werden. Zur Feststellung von Handelsbräuchen wird in Österreich von der Wirtschaftskammer einer großen Anzahl von Betrieben der beteiligten Verkehrskreise Fragebögen samt einer kurzen, anonymisierten Sachverhaltsdarstellung übermittelt und werden diese Fragebögen nachfolgend ausgewertet. Eine Verfahrenseinbindung der Endverbraucher bzw. Abnehmer - wie dies im deutschen Verfahren bei der Ermittlung von Handelsbräuchen und der allgemeinen Verkehrsauffassung der Fall ist - ist im genannten österr. Bewertungsverfahren nicht vorgesehen. In Abgrenzung dazu sind die 'allgemeinen Verkehrssitten' Bräuche, die im allgemeinen Geschäftsverkehr vorkommen, das heißt im Geschäftsverkehr übliche Handlungsweisen. Bei der Ermittlung der allgemeinen Verkehrsauffassung wird auf die schon längere Zeit den Rechtsverkehr beherrschende tatsächliche Übung abgestellt. Es kommt dadurch jedenfalls zur Berücksichtigung der Verkehrsauffassung der Endverbraucher und Abnehmer.

Dass nach allgemeiner Verkehrsauffassung die Deklaration von Katzenstreuprodukten sowohl in Liter als auch in Kilogramm (wie auf dem deutschen Markt) erfolgen kann, entspricht der jahrzehntelangen tatsächlichen Übung. Durch eine über Veranlassung des Antragstellers am 14.05.2009 durchgeführten Markterhebung wird deutlich dokumentiert, dass ein überwiegender Teil der Produkte ausschließlich Volumsangaben aufzeichnen. Anzumerken ist, dass die erhobenen Heu-items Futterartikel darstellen. Diese fallen daher nicht unter Einstreu sondern sind Ergänzungsfutter für kleine Nager.

 

Durch die unterschiedlichen Bewertungsvorgänge - die zudem im europäischen Raum im Einzelnen nicht vereinheitlicht sind - ergeben sich in logischer Konsequenz im europäischen Raum unerwünschte Differenzen auf dem Gebiet der Rechtsanwendung. Im gegebenen Fall betrifft es den Bereich der Fertigpackungen und deren Füllmengenbezeichnung. Bei gegenständlichem Produkt der Katzenstreu verdeutlicht sich dies dahingehend, dass es im österreichischen und im deutschen Raum zu unterschiedlichen Kennzeichnungen kommt. Zur Herstellung einer EU-konformen Rechtslage, ist daher im nationalen Recht auch durchgängig auf die 'allgemeine Verkehrsauffassung' abzustellen. Durch die unterschiedlichen europäischen Regelungen kommt es zu einer Diskriminierung der österreichischen Anbieter betreffend dem freien Warenverkehr. Eine Umstellung der bisherigen Abfüllsysteme ist mit enorm hohem Kostenaufwand verbunden und wäre dadurch die Konkurrenzfähigkeit im österreichischen und gesamteuropäischen Raum nicht mehr gegeben. Um im europäischen Raum - insbesondere in Deutschland - am Markt weiterhin präsent zu sein, müssten aufgrund der unterschiedlichen Regelungen, die österreichischen Produzenten in Entsprechung der divergierenden österreichischen und deutschen Rechtsnormen unterschiedliche Abfüllsysteme einführen. Der Kostenaufwand wäre enorm und die mangelnde Konkurrenzfähigkeit ist evident.

Unter Verweis auf die Klassifizierung der Erzeugnisse betreffend der zulässigen Minusabweichung der Füllmenge einer Fertigpackung ist anzumerken, dass Erzeugnisse, deren Schüttdichte nicht mit angemessenem technischen Aufwand hinreichend konstant gehalten werden kann, gleich wie flüssige Erzeugnisse klassifiziert werden. Darauf ist eindeutig zu schließen, dass gegenständliche Katzenstreu, die aufgrund ihrer Eigenschaften zweifelsfrei in genannte Klassifizierung fällt, aufgrund der Richtlinien der europäischen Union in Volumen zu kennzeichnen ist.'

 

Die Behörde hat wie folgt erwogen:

 

Maßgebliche Rechtsvorschriften:

 

Nach § 63 Abs.1 MEG werden Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes ergangenen Verordnungen, Entscheidungen oder Verfügungen, sofern sie nicht nach anderen Vorschriften mit einer strengeren Strafe bedroht sind oder ein gerichtlich zu ahndender Tatbestand vorliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe bis zu 10 900 € bestraft, auch wenn es beim Versuch geblieben ist.

 

 

§ 7 Fertigpackungsverordnung bestimmt:

 

(1) Die Bestimmungen dieses Abschnittes gelten für Fertigpackungen, in denen Erzeugnisse in konstanten, einheitlichen Nennfüllmengen in den Verkehr gebracht werden sollen, die

a)    bestimmten, vom Hersteller im voraus festgelegten Werten entsprechen,

b)    in Gewichts- oder Volumeneinheiten ausgedrückt werden,

c)    nicht kleiner als 5 g oder 5 ml und nicht größer als 10 kg oder 10 l sind.

 

(2) Die Bestimmungen dieses Abschnittes gelten nicht

1.    für Erzeugnisse nach Anhang 3, die in Duty-free-Geschäften für den Verzehr außerhalb der Europäischen Union verkauft werden;

2.    für Fertigpackungen, die ausschließlich für die Ausfuhr in Länder außerhalb der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraumes bestimmt sind und nicht das Zeichen nach § 10 Abs. 1 tragen;

3.    für als solche gekennzeichnete Gratisproben;

4.    für geeichte formbeständige Behältnisse;

5.    für Erzeugnisse, die an Letztverbraucher abgegeben werden, die das Erzeugnis in ihrer selbstständigen beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit verwenden, und für die in dieser Verordnung keine verbindlichen Werte festgelegt sind.

 

Gemäß § 11 Abs.2 der Fertigpackungsverordnung müssen andere als die in den Anhängen 4 und 5 genannten Erzeugnisse, soweit nicht entgegengesetzte Handelsbräuche bestehen, bei flüssigem Inhalt die Angabe des Nennvolumens und bei anderem Inhalt die Angabe ihres Nenngewichtes auf der Fertigpackung tragen.

 

Gemäß § 12 Abs. 1 der Fertigpackungsverordnung ist der Hersteller oder der Importeur dafür verantwortlich, daß die Fertigpackungen den Vorschriften dieser Verordnung entsprechen. Die in einer Fertigpackung enthaltene Füllmenge muß nach Gewicht oder Volumen gemessen oder kontrolliert werden. Die Messungen oder die Kontrollen sind nach den allgemein anerkannten Regeln der statistischen Qualitätskontrolle mit geeichten und für den vorgesehenen Verwendungszweck geeigneten Meßgeräten vorzunehmen. Die Ergebnisse der Überprüfung sind entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der statistischen Qualitätskontrolle aufzuzeichnen und mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren.

 

Die im Spruch angeführte Übertretung wurde anlässlich der am 02.02.2010 in den Räumlichkeiten der Firma R in S, T, von einem Organ des Eichamtes Innsbruck durchgeführten Fertigpackungskontrolle festgestellt. Dabei wurde festgestellt, dass bei der Fertigpackung 'P K' entgegen des Handelsbrauches die Nennfüllmenge in Liter angegeben war. Die Fertigpackungen wurden am 31.12.2009 entgeltlich abgegeben und somit in Verkehr gebracht.

Da in Österreich kein Handelsbrauch für die Kennzeichnung von Katzenstreu in Litern feststellbar ist, wurde § 11 Abs.2 der Fertigpackungsverordnung übertreten.

 

Die C P H GmbH ist als Herstellerin der Produkte gem. § 12 Abs. 1 Fertigpackungsverordnung dafür verantwortlich, dass die Fertig­packungen den Vorschriften der Fertigpackungsverordnung entsprechen.

 

Der objektive Tatbestand ist daher als erfüllt anzusehen.

 

Entgegen Ihren Rechtfertigungsangaben besteht in Österreich kein Handelsbrauch für die Kennzeichnung von Katzenstreu in Litern:

Der Behörde liegt das Umfrageverfahren der Wirtschaftskammer Österreich vom 25.09.2007 betreffend des Handelsbrauches 'Katzenstreu' vor.

Demnach ist betreffend der Kennzeichnung von Katzenstreu nach Litern an Stelle von kg ein Handelsbrauch dahingehend nicht feststellbar. Weiters wurde ausgeführt:

'Um Zufallsergebnisse zu vermeiden, nimmt die Wirtschaftskammer Österreich das Bestehen eines Handelsbrauchs erst dann als gegeben an, wenn mehr als zwei Drittel der Befragten aus den betroffenen Verkehrskreisen positiv antworten. Wenn weniger als zwei Drittel der Antworten positiv sind, nehmen wir an, dass ein Handelsbrauch nicht feststellbar ist. Wenn nicht mehr als die Hälfte positiv antworten, gehen wir davon aus, dass ein Handelsbrauch nicht besteht.'

 

Das Umfrageverfahren ist als Sachverständigengutachten zu qualifizieren und somit unterliegt es gern § 45 Abs 2 AVG der freien Beweiswürdigung durch die Behörde.

Für die hs. Behörde ist das Umfrageverfahren schlüssig und steht somit fest, dass kein entgegengesetzter Handelsbrauch besteht.

 

Zum Einwurf, dass im europäischen Raum unerwünschte Differenzen auf dem Gebiet der Rechtsanwendung betreffend der unterschiedlichen Bewertungsvorgänge bestehen würden - darf auf die Bestimmungen der Richtlinie 76/211/EWG (in der Fassung der RL 2007/45/EG) verwiesen werden:

Artikel 4 Abs.1 bis 3 der Richtlinie lauten:

(1) Auf allen in Artikel 3 genannten Fertigpackungen muß stets das als Nenngewicht oder Nennvolumen bezeichnete Gewicht oder Volumen des Erzeugnisses angegeben sein, das sie gemäß Anhang I jeweils enthalten müssen.

(2) Fertigpackungen mit flüssigen Erzeugnissen müssen die Angabe ihres Nennvolumens, Fertigpackungen mit anderen Erzeugnissen die Angabe ihres Nenngewichts tragen, es sei denn, daß in allen Mitgliedstaaten die gleichen entgegengesetzten Handelsbräuche oder einzelstaatliche Regelungen oder daß entgegengesetzte gemeinschaftliche Regelungen bestehen.

(3) Sind die Handelsbräuche oder die einzelstaatlichen Regelungen für bestimmte Arten von Erzeugnissen oder bestimmte Arten von Fertigpackungen nicht in allen Mitgliedstaaten gleich, so müssen diese Fertigpackungen zumindest die Füllmengenangabe tragen, die dem Handelsbrauch oder der geltenden einzelstaatlichen Regelung des Bestimmungslandes entspricht.

 

In einem von der Wirtschaftskammer Österreich im Jahre 2007 durchgeführten Umfrageverfahren wurde festgestellt, dass betreffend der Kennzeichnung von Katzenstreu nach Litern an Stelle von Kilogramm ein Handelsbrauch dahingehend nicht feststellbar ist.

 

Auf Grund des Artikels 4 Abs.2 der Richtlinie 76/211/EWG müssen daher die Fertigpackungen die Angabe ihres Nenngewichts tragen.

Ihre Behauptung, in Österreich und Deutschland läge ein gleichartiger Handelsbrauch vor, ist somit nicht zutreffend.

 

Zum Grad des Verschuldens wird festgehalten, dass gemäß § 5 Abs. 1 VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhaften genügt, wenn eine Verhaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung gehört zum Tatbestand weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr, weshalb es sich um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt handelt. Bei Ungehorsamsdelikten belastet der Gesetzgeber den Täter schon durch den objektiven Tatbestand und präsumiert die Schuld, solange der Beschuldigte nicht das Gegenteil glaubhaft macht.

 

Sie haben durch Ihr Verhalten einen tatbildmäßigen Sachverhalt verwirklicht; eine nähere Prüfung des Vorsatzes kann aufgrund der oben geschilderten Rechtslage jedoch entfallen, weshalb die Behörde bezüglich des Grades Ihres Verschuldens zumindest Fahrlässigkeit annehmen kann.

 

Bemessung der Strafe:

 

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögen- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Bei der Bemessung der Strafe wurde auf das öffentliche Interesse der Einhaltung der Vorschriften der Fertigpackungsverordnung Bedacht genommen, da durch eine falsche Kennzeichnung der Produkte die Verbraucher getäuscht werden,

 

Als strafmildernd wurde gewertet, dass keine einschlägigen Verwaltungs­vorstrafen gegen Sie aufscheinen. Straferschwerende Umstände konnten nicht gefunden werden.

 

Es wird - wie von der Behörde in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 11.05.2009 angenommen wurde - von folgenden Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen ausgegangen:

Sie besitzen kein Vermögen, haben keine Sorgepflichten und Ihr monatliches Nettoeinkommen beträgt 2.000 Euro.

 

Die verhängte Geldstrafe, die im untersten Bereich des Strafrahmens angesiedelt ist, ist dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat angemessen."

 

 

2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht:

 

"In umseits bezeichneter Verwaltungsstrafsache erhebt der Berufungswerber gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 6. Juli 2010, Wi96-3-2010

 

BERUFUNG

 

1.    Die erstinstanzliche Behörde erließ am 12. Februar 2010 eine Strafverfügung und führt u.a. aus:

 

'Anlässlich der am 2. Februar 2010 in den Räumlichkeiten der Firma R-S Lagerleitung, S, T durch ein Organ des Eichamtes Innsbruck durchgeführten Fertigpackungskontrolle wurden folgende Fertigpackungen am 2. Februar 2010 gewerbsmäßig feilgehalten und somit in Verkehr gebracht: ...'

 

Der Berufungswerber erhob Einspruch und wurde mit Schreiben vom 23. März 2010 aufgefordert eine Rechtfertigung abzugeben. In diesem Schreiben wurde wie folgt ausgeführt:

 

'Von der C P H GmbH wurden am 31.12,2009 folgende Fertigpackungen an die R in S, T, entgeltlich abgegeben und somit in Verkehr gebracht: ...'

 

In dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber ebenfalls zur Last gelegt, dass von der C P H GmbH am 31.12.2009 folgende Fertigpackungen an die R in S, T, entgeltlich abgeben und somit in Verkehr gebracht worden seien.

 

In dem abgeführten Verwaltungsstrafverfahren wurden somit 2 Zeitpunkte genannt, einmal der 31.12.2009 und einmal der 2.2.2010. Es ist daher unklar, welcher der beiden Tage als Tattag gelten soll.

 

Durch diese Unklarheiten in der Spruchformulierung wurde der Berufungswerber in seinen Rechtsverteidigungsmöglichkeiten eingeschränkt, sodass allein aus diesem Grund das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen ist.

 

2.    Zweitens ist der Tatbestand des 'In-Verkehr-Bringens' nicht erfüllt, da keine Beweisergebnisse dahingehend vorliegen, dass die im Straferkenntnis zitierten Produkte tatsächlich entgeltlich an die Firma R abgegeben und somit in Verkehr gebracht worden seien.

 

3.    Auf Seite 4 des angefochtenen Straferkenntnisses wird u.a. ausgeführt;

'Die im Spruch angeführte Übertretung wurde anlässlich der am 2,2,2010 ... durchgeführten Fertigpackungskontrolle festgestellt. Dabei wurde festgestellt, dass bei der Fertigpackung 'P K' entgegen des Handelsbrauches die Nennfüllmenge in Liter angegeben war. Die Fertigpackungen wurden am 31.12.2009 entgeltlich abgegeben und somit in Verkehr gebracht.'

 

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen zur Bekämpfung des Spruches verwiesen.

 

4.    Unklar ist vor allem, wie die Behörde zu dem Schluss kommt, dass die genannten Produkte am 31.12.2009 entgeltlich abgegeben und in Verkehr gebracht wurden, wenn die Kontrolle am 2.2.1010 erfolgt ist und Beweisergebnisse hinsichtlich des Inverkehrbringens zum 31.12.2009 sich nicht im Akt befinden.

 

Zur Vermeidung von weitwendigen Wiederholungen wird auf die Rechtfertigung in gegenständlichem Verwaltungsstrafverfahren vom 29. März 2010 verwiesen.

 

5.    Weiters wird den Ausführungen der erstinstanzlichen Behörde entgegengehalten:

 

Eine Analyse Fertigpackungsverordnung (Vergleich Österreich: Deutschland) ergibt:

 

Die Beanstandungen des Eichamts gegenüber Katzenstreu - Produkten, diversen Einstreuartikeln für kleine Heimtiere und Spezialfutterartikel wie Fischfutter / Teichsticks beziehen sich auf § 11 (2):

 

'Andere als in den Anhängen 4 + 5 genannten Erzeugnissen müssen, soweit nicht entgegengesetzte Handelsbräuche bestehen, bei flüssigem Inhalt die Angabe des Nennvolumens und bei anderem Inhalt die Angabe ihres Nenngewichtes auf der Fertigpackung tragen.'

 

Auch wenn es in Österreich keine offiziellen Usancen dafür gibt, so bestehen de facto in der Praxis entgegengesetzte Handelsbräuche:

 

-      Seit rund 40 Jahren existieren am Markt parallel Katzenstreuprodukte die in Ki­logramm oder Volumen gekennzeichnet werden. Die Konsumenten haben dies auch so gelernt und offensichtlich keinerlei Probleme damit.

-      Gleiches gilt für andere Einstreuartikel für kleine Nager.

-      Unter der weltweit vertriebenen Marke T Fischfutter gab es auch immer schon Artikel, die ausschließlich in ml (250 ml) verkauft wird.

-      Daneben gibt es noch verschiedene Spezialprodukte wie Schildkrötenfutter, Teichsticks etc., die vom Wesen her sehr voluminös sind und bei denen die In­haltsangabe in Volumen erfolgt. Viele dieser Artikel kommen über deutsche Pro­duzenten / Anbieter auf den österreichischen Markt.

 

Die Diskrepanzen zur deutschen Fertigpackungsverordnung machen dies im § 6 (1)klar:

 

'Fertigpackungen dürfen gewerbsmäßig nur in den Verkehr gebracht werden, wenn die Füllmenge nach Gewicht, Volumen oder Stückzahl oder in einer anderen Große angegeben ist. Sofern nicht nach §§ 7-9 die Angabe in einer bestimmten Größe vorgeschrieben ist, hat die Angabe der allgemeinen Verkehrsauffassung zu entsprechen.'

 

Anmerkung zum Thema Katzenstreu, Einstreumittel für Heimtiere:

Diese werden in §§ 7-9 nicht erwähnt und daraus erklärt sich die Praxis, dass diese Artikel in Deutschland teils in Kilogramm und teils in Volumen deklariert werden. Es gibt hier also die 'allgemeine Verkehrsauffassung', dass beides möglich ist.

 

Heimtierfuttermittel werden in §§ 7-9 nochmals extra erwähnt:

 

§ 7 (6): 'Fertigpackungen mit Futtermitteln für Heimtiere und freilebende Vogel sind nach Gewicht oder Volumen zu kennzeichnen.'

 

Anmerkung: Daraus ergibt sich, dass z.B. Fischfutter-Artikel mit Volumsdeklaration und deutschsprachiger Aufmachung existieren, die aufgrund der Verflechtung Österreichs mit dem Deutschen Markt auch in Österreich erhältlich sind (z.B. auch Eigenmarkenprodukt von R K wie F oder D).

 

§ 9 (4). Zur Kennzeichnung der Stückzahl bei Fertigpackungen mit anderen Erzeugnissen:

 

'Futtermittel für Heimtiere und freilebende Vogel, wenn die Futtermittel der altgemeinen Verkehrsauffassung entsprechend nur nach Stückzahl gehandelt werden.'

 

Diskrepanz:

Österreich = Handelsbräuche: Deutschland

= allgemeine Verkehrsauffassung

 

Somit liegt jedenfalls ein entsprechender Handelsbrauch vor und ist das Straferkenntnis zu Unrecht ergangen.

 

Abschließend stellt der Berufungswerber die

 

BERUFUNGSANTRÄGE:

 

1)    das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 6. Juli 2010, Wi96-3-2Ö 10 ersatzlos aufzuheben

 

2)    in eventu die Strafhöhe herabzusetzen."

 

 

3. Der Akt enthält die im angefochtenen Straferkenntnis bezogenen Aktenstücke.

 

Beigelegt ist u.a. die Anzeige des BEV, Eichamt Innsbruck, vom 8.2.2010:

 

"Anzeige wegen Übertretung von Bestimmungen des Maß und Eichgesetzes

 

Gegen den Verantwortlichen der Firma C P H GmbH, P, H, wird gemäß § 63 Abs.1 des Maß- und Eichgesetzes (MEG), BGBl.Nr. 152/1950 zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 137/2004, wegen Übertretung des § 11(2) der Fertigpackungsverordnung 1993 BGBl. Nr. 867/1993 i.d.F. BGBl.Nr. II-115/2009 die Anzeige erstattet.

 

Anlässlich der am 02.02.2010 in den Räumlichkeiten der Firma R-S/TIROL Lagerleitung, S, T, gemäß § 19 MEG durchgeführten Fertigpackungskontrolle wurden bei den nachstehend angeführten Fertigpackungen folgende Verstöße festgestellt:

 

Produkt: P K 8 Liter, Ch.Nr. X, EAN X

 

Entgegen des Handelsbrauches wird die Nennfüllmenge in Liter angegeben.

 

Nicht zulässig nach Fertigpackungsverordnung.

 

§ 11(2) FPVO 1993 i.d.g.F.: Andere als die im Anhang 3 genannten Erzeugnisse müssen, soweit nicht entgegen gesetzte Handeisbräuche bestehen, bei flüssigem Inhalt die Angabe des Nennvolumens und bei anderem Inhalt die Angabe ihres Nenngewichtes auf der Fertigpackung tragen.

 

Laut Aussage der Wirtschaftskammer Österreich besteht für die Produkte Katzenstreu kein Handelsbrauch."

 

Der Anzeige liegt eine "Niederschrift über Füllmengenkontrollen von Fertigpackungen" mit einem "Ergebnis von Füllmengenkontrollen" bei:

 

Probe Nr.

1

Erzeugnis

P K

Anlieferungsdatum:

31.12.2009

Ch.Nr. / Ablaufdatum

X

Firma:

C H GmbH

H

P

Land:

Österreich

Import/Handel

Handel

Nennfüllmenge

8 Liter

Prüfungsart

Formalprüfung

e-Kennzeichnung

nein

Losgröße l

161

 

Beigelegt ist der Anzeige ferner das im angefochtenen Straferkenntnis zitierte Ergebnis des Umfrageverfahrens der WKO zur Frage des Handelsbrauchs betreffend die Kennzeichnung von Katzenstreu.

 

Die Strafverfügung vom 12.2.2010 hat folgenden Wortlaut:

 

"Sehr geehrter Herr H!

 

Sie haben als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit verwaltungsstrafrechtlicher Verantwortlicher gem. § 9 Abs. 1 VStG der C P H GmbH, Geschäftsanschrift P, H, zu vertreten, dass von der C P H GmbH als Herstellerin der nachfolgenden Fertigpackungen die Bestimmungen der Fertigpackungsverordnung nicht eingehalten wurden:

 

Anlässlich der am 02.02.2010 in den Räumlichkeiten der Firma R-S Lagerleitung, S, T, durch ein Organ des Eichamtes Innsbruck durchgeführten Fertigpackungskontrolle wurden folgende Fertigpackungen am 02.02.2010 gewerbsmäßig feilgehalten und somit in Verkehr gebracht:

 

Produkt: 'P K'

Hersteller: C P H GmbH in P, H Inverkehrbringer: R-S, S, T

Anlieferung 31.12.2009 

Losgröße: 161

Nennfüllmenge: 8 Liter

Chargennummer: X

EAN: X

 

Entgegen des Handelsbrauches war bei den o.a. Fertigpackungen die Nennfüllmenge in Liter angegeben. Auf Grund der Bestimmungen des § 11 Abs.2 FPVO ist die Angabe der Nennfüllmenge bei festen Produkten in Kilogramm/Gramm erforderlich.

 

Von der Wirtschaftskammer wurde in einer Handelsbrauchumfrage festgestellt, dass betreffend der Kennzeichnung von Katzenstreu nach Litern an Stelle von kg ein Handelsbrauch dahingehend nicht feststellbar ist."

 

Der Wortlaut der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 23.3.2010 ist identisch mit jenem des Spruchs des angefochtenen Straferkenntnisses.

 

4. Nach Ladung zur öffentlichen mündlichen Verhandlung brachte der rechtsfreundliche Vertreter des Bw vor, dass die dem Bw zur Last gelegte Verwaltungsübertretung im Grunde des § 31 Abs.3 VStG verjährt sei.

 

5. Zur öffentlich mündlichen Verhandlung erschien lediglich der Vertreter des BEV. Beweisanträge wurden nicht gestellt.

 

6.    Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Zum Argument der Strafbarkeitsverjährung ist festzuhalten, dass gemäß § 31 Abs.3 iVm mit Abs.2 zweiter Satz VStG ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden darf, wenn seit dem Tatzeitpunkt, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat, drei Jahre vergangen sind. Die Zeit des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof ist dabei nicht einzurechnen (vgl. § 31 Abs.3 dritter Satz leg cit). Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH bedeutet dies, dass die Zeit vom Einlangen der Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof bis zur Zustellung des Erkenntnisses über die Beschwerde an die belangte Behörde nicht in die Verjährungsfrist einzurechnen ist (vgl. das hg Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 5. November 1987, VwSlg. 12570/A).

Das dem Bw vorgeworfene Verhalten wurde am 31.12.2009 gesetzt. Die Beschwerde des Bw gegen den im Jahr 2010 erlassenen Bescheid langte am 6.9.2011 beim Verwaltungsgerichtshof ein und das Erkenntnis über die Beschwerde wurde mit 8.5.2013 der belangten Behörde zugestellt. Vorliegend endet die dreijährige Strafverjährungsfrist somit am 31.3.2014.

 

Zur Frage der Verfolgungsverjährung (§ 31 Abs.1 und 2 VStG) ist zu bemerken, dass in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 23.3.2010 der Spruchinhalt des angefochtenen Straferkenntnisses ("31.12.2009 ... entgeltlich abgegeben") aufscheint. Die Aufforderung zur Rechtfertigung ist innerhalb der Sechsmonatsfrist des § 31 Abs.2 VStG ergangen. Somit liegt eine rechtzeitige Unterbrechung der Verfolgungsverjährungsfrist vor. Daran ändert auch die abweichende Fassung der Strafverfügung nichts.

Zum Argument des Handelsbrauchs ist auf das (das hier gegenständliche Verfahren betreffende) Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12.06.2013, Zl. 2011/04/0161 zu verweisen.

 

Weiters ist in rechtlicher Hinsicht auf die Legaldefinition des § 24 Abs.3 Z 3 MEG zu verweisen, wonach "In-Verkehr-Bringen das Anbieten, Importieren, Vorrätighalten zum Verkauf oder zur sonstigen Abgabe" ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 8.5.2011, Zl. 2011/04/0160 ausdrücklich ausgesprochen, dass ein Kontakt mit Kunden oder Verbrauchern nicht Voraussetzung für das Inverkehrbringen nach dem MEG ist.

 

Nach dem diesem Erkenntnis zugrundeliegenden Sachverhalt war, wie hier, der Bw als Außenvertretungsbefugter der C P H GmbH Beschuldigter, das Vorrätighalten geschah (zum dort vorgeworfenen Tatzeitpunkt) jedoch durch die H KG. Eine solche Differenz zwischen Hersteller und Händler liegt gegenständlich nicht vor. Im Gegensatz zu dem dem zitierten Erkenntnis des VwGH zugrundeliegenden Sachverhalt stellt der im Spruch des hier angefochtenen Straferkenntnisses der vorgeworfene Tatzeitpunkt (nicht auf das Vorrätighalten durch die Firma R sondern) auf die Anlieferung durch die C P H GmbH an die Firma R am 31.12.2009 ab. Die Frage, ob auch die – hier unstrittige – "entgeltliche Abgabe"  durch den Hersteller an den Verkäufer unter die Legaldefinition des § 24 Abs.3 Z3 MEG zu subsumieren ist, ist zu bejahen. Nach Twaroch, Christoph / Freistetter, Gerald / Leitner, Arnold: Maß- und Eichrecht, Wien 2004, Anm 8 zu § 24 MEG  ist "ein Produkt ... in den Verkehr gebracht, sobald es der Unternehmer, gleich auf Grund welchen Titels, einem anderen in dessen Verfügungsmacht oder dessen Gebrauch übergeben hat. Inverkehrbringen bedeutet die auf Grund eines Rechtsverhältnisses vorgenommene freiwillige Übertragung der selbständigen Gewahrsame an einem Produkt und die sonstige Einräumung des Gebrauches daran. Da es auf die willentliche Aufgabe der eigenen Verfügungsmacht ankommt, genügt schon die Erteilung einer Verfügungsermächtigung oder die Versendung an den Abnehmer." Demnach fällt die Abgabe durch den Hersteller an den Händler ohne Zweifel unter die in Rede stehende Begriffsbestimmung. Hält man sich vor Augen, dass gemäß § 12 Abs.1 der Fertigpackungsverordnung der Hersteller dafür verantwortlich ist, dass die Fertigpackungen den Vorschriften der Fertigpackungsverordnung entsprechen, so stellt die "entgeltliche Abgabe" durch den Hersteller an den Händler geradezu eine "klassische" Sachverhaltsvariante dar.

 

Die "entgeltliche Abgabe" ergibt sich aus der dem Akt beiliegenden Niederschrift des BEV vom 2.2.2010, wo als "Anlieferungsdatum" der 31.12.2009 angegeben ist. Diese Niederschrift wurde von einem Vertreter der Lagerleitung der R unterfertigt. Der Unabhängige Verwaltungssenat sieht keinen Anlass, die Richtigkeit dieser Datumsangabe zu bezweifeln, zumal substantiierte Einwendungen fehlen. Auch die Gleichsetzung von "Anlieferung" und "Abgabe" erscheint unproblematisch; auf die (im Geschäftsverkehr freilich ohne weiteres anzunehmende) Entgeltlichkeit stellt § 24 Abs.3 Z 3 MEG im Übrigen nicht ab.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und, da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind, auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Der Rechtsirrtum des Bw entschuldigt die Tat nicht. Als Schuldform ist infolge der Rechtsunkenntnis des Bw  Fahrlässigkeit anzunehmen.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist festzuhalten:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die Einstufung der Tat ist unter dem Blickwinkel der Kriterien des § 19 Abs.1 als durchschnittlich zu bewerten. Hinsichtlich des Verschuldens ist Fahrlässigkeit zugrunde zu legen, wobei der in der Nichteinholung der Rechtsauskunft bei der zuständigen Behörde liegende Sorgfaltsverstoß nicht als geringfügig einzustufen ist. Mildernd wirken die Unbescholtenheit des Bw sowie die lange Verfahrensdauer. Unter Berücksichtigung dieser Umstände sowie der behördlich geschätzten finanziellen Verhältnisse des Bw ist die im angefochtenen Straferkenntnis verhängte Geldstrafe als angemessen zu bewerten. Denselben Strafbemessungskriterien entspricht eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 11 Stunden. Die Herabsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe erspart dem Bw die Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

 

Dr. Ewald Langeder