Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-301091/27/MB/WU

Linz, 21.11.2013

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 11. Kammer (Vorsitzender: Dr. Weiß; Berichter: Dr. Brandstetter; Beisitzer: Dr. Gròf) über die Berufung des X, geb. X, vertreten durch Rechtsanwalt X, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 6. September 2011, Zl. S-52783/10-2, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Glücksspielgesetz zu Recht erkannt:

I.            Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

II.         Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 Abs 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz (nunmehr: Landespolizeidirektion Oberösterreich; im Folgenden: belangte Behörde) vom 6. September 2011, Zl. S-52783/10-2, wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt:

 

"Sie haben, wie am 15.10.2010, um 13.45 Uhr in X, im Lokal ‘X von Organen des Finanzamtes Linz anlässlich einer Kontrolle festgestellt worden ist, als Unternehmer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen veranstaltet, da Sie drei Glücksspielautomaten mit der Gehäusebezeichnung ‘KAJOT Multi Game’ mit den Seriennummern 1) X, 2) X und 3) X, betrieben haben, bei welchen seit 15.9.2010 wiederholt Glücksspiele in Form von virtuellen Walzenspielen, Kartenpokerspielen und Zahlenratespielen durchgeführt wurden und aufgrund der möglichen Einsätze von € 0,20 bis € 5,- und der in Aussicht gestellten Gewinne in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wurde, weil die dafür erforderliche Konzession des Bundesministeriums für Finanzen nicht vorlag.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:   

§§ 2 Abs. 1 und 4 GlücksspielG und 52 Abs. 1 Zi. 1 1. Tatbild GSpG

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

           

Geldstrafe in Euro                falls diese uneinbringlich ist,                      Freiheitsstrafe von                                Gemäß §

                                                Ersatzfreiheitsstrafe von

 

€ 4000,-                        8 Tage                                                            52 Abs. 1 Zi. 1 1 .Tatbild GSpG

 

Weitere Verfügungen (zB Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft): Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

•            400,- Euro   als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 € angerechnet);

•            _     Euro als Ersatz der Barauslagen für

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 4.400,- Euro"

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass bei der von der Finanzpolizei durchgeführten Kontrolle die im Spruch angeführten Geräte betriebsbereit und eingeschaltet vorgefunden worden seien. Mit diesen Geräten seien Glücksspiele, d.h. Spiele, bei denen die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich vom Zufall abhänge, in der Form von Ausspielungen durchgeführt worden, obwohl dafür keine Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz oder für eine Landesausspielung vorgelegen habe. Aus diesem Grund handle es sich um verbotene Ausspielungen und sei daher auf diesem Wege in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen worden.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, zugestellt am 8. September 2011, richtet sich die rechtzeitige Berufung vom 21. September 2011.

Darin wird – auf das Wesentliche zusammengefasst – vorgebracht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufgrund seines Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rechtswidrig sei. Der Bw beantragt daher sinngemäß, der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

1.3. Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 26. September 2011 die Berufung samt bezughabendem Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vor.

1.4. Mit Schreiben vom 16. Juli 2012 hat der Oö. Verwaltungssenat gegen den Beschuldigten des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 78 Abs 1 StPO Anzeige an die zuständige Staatsanwaltschaft wegen Verdachts einer gemäß § 168 StGB gerichtlich strafbaren Handlung erstattet und das anhängige Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 30 Abs 2 VStG ausgesetzt.

Der beim Oö. Verwaltungssenat entstandene Verdacht einer gemäß § 168 StGB gerichtlich strafbaren Handlung wurde der zuständigen Staatsanwaltschaft mit dem genannten Schreiben wie folgt dargelegt:

 

"Sehr geehrte Damen und Herren!

Aufgrund der Ergebnisse einer am 15. Oktober 2010 von den Organen der nach dem Glücksspielgesetz (GSpG) zuständigen Abgabenbehörde durchgeführten Glücksspielkontrolle wurde von der zuständigen Verwaltungsstrafbehörde I. Instanz ein Verwaltungsstrafverfahren nach § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG eingeleitet, welches nunmehr beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich anhängig ist.

Gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 (GSpG) begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, ‘wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt’.

Nach § 168 Abs. 1 StGB ist derjenige mit einer Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder mit einer Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, der ‘ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, [...] es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird’.

Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts ist im Falle der Tateinheit einer unter beide Strafdrohungen fallenden Handlung davon auszugehen, dass das Delikt des Glücksspieles gemäß § 168 Abs. 1 StGB den Unrechts- und Schuldgehalt der einschlägigen Verwaltungsstrafbestimmung des GSpG vollständig erschöpft und daher unter Berücksichtigung des Doppelbestrafungs- und Doppelverfolgungsverbotes gemäß Art. 4 Abs. 1 7. ZPzEMRK eine verfassungskonforme Interpretation insofern geboten ist, als eine Bestrafung nach § 168 Abs. 1 StGB eine solche nach dem GSpG wegen desselben Verhaltens ausschließt (vgl. VfSlg 15.199/1998; VwGH 22.3.1999, 98/17/0134; VwGH 8.9.2008, 2009/17/0181).

Mit der Glücksspielgesetz-Novelle 2008, BGBl. I Nr. 54/2010, wurde in § 52 Abs. 2 GSpG nunmehr eine ausdrückliche, an Wertgrenzen orientierte Zuständigkeitsklausel zur Abgrenzung zwischen verwaltungsbehördlicher und gerichtlicher Strafbarkeit eingefügt. Danach handelt es sich dann, wenn im Zusammenhang mit der Teilnahme an einer Ausspielung (mit oder ohne Glücksspielautomaten) von einem Spieler vermögenswerte Leistungen von über 10 Euro pro Spiel geleistet werden, schon ex lege nicht mehr um "geringe Beträge’ i.S.d. § 168 Abs. 1 StGB, sodass eine allfällige Strafbarkeit nach dem GSpG hinter eine allfällige Strafbarkeit gemäß § 168 Abs. 1 StGB zurücktritt. Sobald daher im Verwaltungsstrafverfahren der Verdacht entsteht, dass Einsätze von mehr als 10 Euro pro Spiel tatsächlich geleistet wurden, ist das Verwaltungsstrafverfahren gem. § 30 Abs. 2 VStG auszusetzen und gem. § 78 Abs. 1 StPO Anzeige an die Staatsanwaltschaft zu erstatten (vgl. dazu VwGH 14.12.2011, 2011/17/0233).

Selbst wenn jedoch im Strafverfahren nicht eindeutig nachgewiesen werden sollte, dass Einsätze von mehr als 10 Euro pro Spiel tatsächlich geleistet wurden, kommt nach Auffassung des UVS OÖ auch bei einer bloß potentiellen Möglichkeit von Einsatzleistungen in dieser Höhe eine gerichtliche Strafbarkeit jedenfalls wegen versuchter Veranstaltung eines Glücksspiels gem. § 168 Abs. 1 i.V.m. § 15 Abs. 1 StGB dennoch in Betracht. Wenngleich nämlich für die Vollendung der Tathandlung ‘Veranstalten’ gemäß § 168 Abs. 1 StGB ein Spiel auch tatsächlich stattgefunden haben muss, kann vor dem ersten Spielgeschehen jedenfalls ein strafbarer Versuch gegeben sein (vgl. Rainer in SbgK § 168 Rz. 12; Kirchbacher/Presslauer in WK² § 168 Rz. 9) und somit die Anwendbarkeit der Verwaltungsstrafbestimmungen des GSpG zurückgedrängt werden.

Überdies ist eine Strafbarkeit nach § 168 StGB – selbst bei Einsatzleistungen von unter 10 Euro pro Einzelspiel – auch aus anderen Gründen in Betracht zu ziehen. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes – welcher sich auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. März 1999, Zl. 98/17/0134, angeschlossen hat – ist die Frage, ob um geringe Beträge gespielt wird, nämlich nur so lange am Einzelspiel orientiert zu lösen, als nicht der Spielveranstalter vorsätzlich Serienspiele veranlasst oder zu solchen Gelegenheit bietet (vgl. OGH 3.10.2002, 12 Os 49/02; OGH 2.7.1992, 15 Os 21/92; OGH 22.8.1991, 15 Os 27/91). Das diesbezügliche Korrektiv bildet die in § 168 Abs. 1 StGB negativ umschriebene Voraussetzung, dass bloß zum Zeitvertreib gespielt wird. Dies ist etwa dann nicht mehr der Fall, wenn das Gewinnstreben soweit in den Vordergrund tritt (z.B. bei zu Serienspielen verleitender günstiger Relation zwischen Einsatz und Gewinn), dass es dem Spieler darauf ankommt, Geld zu gewinnen, wenn er also in gewinnsüchtiger Absicht (§ 5 Abs. 2 StGB) spielt (vgl. Leukauf/Steininger in StGB3 § 168 Rz. 19; Rainer in SbgK § 168 Rz. 10).

Die technische Ausgestaltung der gegenständlichen Glücksspielgeräte mit einer sog. ‘Automatic-Start-Taste’, welche nur einmal betätigt werden muss, um eine beliebige Anzahl an Spielvorgängen mit jeweils zuvor bestimmten Teileinsatzbeträgen rasch hintereinander ablaufen zu lassen, indiziert nach Auffassung des UVS OÖ die vorsätzliche Veranstaltung von Serienspielen und bewirkt damit die Zurückdrängung der Strafbestimmungen des GSpG hinter jene des StGB.

Aus all diesen Gründen ist beim UVS OÖ im vorliegenden Fall der begründete Verdacht einer Strafbarkeit gem. § 168 Abs. 1 StGB entstanden. Somit ist der UVS OÖ nach ständiger Rechtsprechung des VwGH (vgl. VwGH 22.3.1999, 98/17/0134; VwGH 14.12.2011, 2011/17/0233) verpflichtet, das anhängige Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 30 Abs. 2 VStG auszusetzen und gem. § 78 StPO Anzeige an die Staatsanwaltschaft wegen Verdachts einer gerichtlich strafbaren Handlung zu erstatten. Letzterem wird mit diesem Schreiben, welchem der relevante Verfahrensakt beigelegt ist, entsprochen."

 

1.5. Mit Schreiben vom 4. Oktober 2012 wurde der Oö. Verwaltungssenat von der zuständigen Staatsanwaltschaft davon benachrichtigt, dass das Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten gemäß § 190 Z 1 StPO aus dem Grund des § 57 StGB (Verjährung) eingestellt wurde.

1.6. Der Oö. Verwaltungssenat erhob sodann durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde (einschließlich der Schriftsätze der Parteien) Beweis. Da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben war, konnte gemäß § 51e Abs 2 Z 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

Gemäß § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil hier eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde – durch eine Kammer zu entscheiden und führte darin wie folgt aus.

„Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 Glücksspielgesetz (GSpG) in der zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 111/2010 begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, "wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt".

Nach § 168 Abs 1 StGB ist derjenige mit einer Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder mit einer Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, der "ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, [...] es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird".

Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist im Lichte des verfassungsrechtlichen Doppelbestrafungs- und -verfolgungsver­botes gemäß Art 4 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK (ZPzEMRK) von einer stillschweigenden Subsidiarität der allenfalls anzuwendenden glücksspielgesetzlichen Verwaltungsstrafbestimmung gegenüber dem gerichtlichen Straftatbestand des § 168 StGB auszugehen (vgl VwGH 8.9.2009, Zl. 2009/17/0181; VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134; VfSlg 15.199/1998). Daraus folgt, dass eine Bestrafung nach der Verwaltungsstrafbestimmung dann zu unterbleiben hat, wenn sich der Täter nach dem § 168 StGB strafbar gemacht hat. Auch der Wegfall der Strafbarkeit nach dem primär heranzuziehenden Tatbestand infolge Eintritt eines Strafaufhebungsgrundes (Verjährung gemäß § 57 StGB) könne nicht die Anwendbarkeit des subsidiären Straftatbestandes (neu) begründen, handelt es sich bei dieser Form der Konkurrenz doch um die Verdrängung des subsidiären Tatbestandes durch den vorrangig anzuwendenden (so VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134).

Mit der Glücksspielgesetz-Novelle 2008, BGBl. I Nr. 54/2010, wurde nunmehr in § 52 Abs 2 GSpG eine ausdrückliche Zuständigkeitsklausel zur Abgrenzung zwischen verwaltungsbehördlicher und gerichtlicher Strafbarkeit eingefügt. Danach handelt es sich dann, wenn im Zusammenhang mit der Teilnahme an einer Ausspielung (mit oder ohne Glücksspielautomaten) von einem Spieler vermögenswerte Leistungen von über 10 Euro pro Spiel geleistet werden, schon ex lege nicht mehr um "geringe Beträge" i.S.d. § 168 Abs 1 StGB, sodass insoweit "eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz [GSpG] hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück[tritt]".

Da die Wendung "geringe Beträge" lediglich eine der beiden kumulativen Voraussetzungen für die in § 168 Abs 1 letzter Teilsatz StGB normierte Straffreiheit bildet, ist von einer gerichtlichen Strafbarkeit auch hinsichtlich jener Glücksspiele auszugehen, bei denen die Einsätze pro Einzelspiel zwar unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze liegen, die aber nicht nur "bloß zum Zeitvertreib" gespielt werden. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes – welcher sich auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. März 1999, Zl. 98/17/0134, angeschlossen hat – etwa dann der Fall, wenn der Spielveranstalter vorsätzlich Serienspiele veranlasst oder zu solchen Gelegenheit bietet (vgl OGH 3.10.2002, Zl. 12 Os 49/02; OGH 2.7.1992, Zl. 15 Os 21/92; OGH 22.8.1991, Zl. 15 Os 27/91). Da somit auch dann eine Strafbarkeit gemäß § 168 StGB gegeben sein kann, wenn zwar Einsätze von unter 10 Euro pro Einzelspiel geleistet werden, es sich aber um Serienspiele iSd OGH-Judikatur handelt, ist in diesen Fällen hinsichtlich des Verhältnisses zu den Verwaltungsstraftatbeständen des GSpG nicht auf § 52 Abs 2 GSpG, sondern auf die eingangs zitierte Judikatur zurückzugreifen, derzufolge eine allenfalls anzuwendende glücksspielgesetzliche Verwaltungsstrafbestimmung hinter den gerichtlichen Straftatbestand des § 168 StGB stillschweigend zurücktritt.

Da beim Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren – wie unter Pkt. 2.1. des Erkenntnisses dargelegt – der begründete Verdacht einer Strafbarkeit gemäß § 168 StGB entstanden ist, war der Oö. Verwaltungssenat verpflichtet, gemäß § 78 Abs 1 StPO Anzeige an die Staatsanwaltschaft zu erstatten und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 30 Abs 2 VStG bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Gerichts auszusetzen (vgl. VwGH 14.12.2011, 2011/17/0233; VwGH 8.9.2009, 2009/17/0181).

Aus der in weiterer Folge von der zuständigen Staatsanwaltschaft gemäß § 190 Z 1 2. Fall StPO aus dem Grund der Verjährung gemäß § 57 StGB verfügten Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens ergibt sich, dass eine Verfolgung des Beschuldigten wegen des Vergehens nach dem § 168 StGB infolge Eintrittes eines Strafaufhebungsgrundes unzulässig war. Da eine Verjährung freilich nur bei einer dem Grunde nach bestehenden Zuständigkeit der Gerichte eintreten kann, ist nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenat der angelastete Sachverhalt jedenfalls unter § 168 StGB zu subsumieren. Dies insbesondere vor dem Hintergrund des § 190 Z 1 1. Fall StPO, der ausdrücklich die Möglichkeit einer Verfahrenseinstellung für den Fall vorsieht, dass die Tat "nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht ist" (vgl. Nordmeyer, WK-StPO § 190 Rz. 12).

Im Hinblick auf die im vorliegenden Fall grundsätzlich gegebene gerichtliche Strafbarkeit des angelasteten Sachverhalts kann auf Grund des § 52 Abs 2 GSpG in Verbindung mit der von den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts judizierten stillschweigenden Subsidiarität der glücksspielrechtlichen Strafbestimmungen, nach der eine Strafbarkeit nach dem Glücksspielgesetz hinter eine Strafbarkeit nach § 168 StGB zurücktritt, keine strafbare Verwaltungsübertretung vorliegen. Auch der Wegfall der Strafbarkeit nach dem primären Straftatbestand des § 168 StGB (etwa durch den Strafaufhebungsgrund der Verjährung) kann nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs die Anwendbarkeit des subsidiären Straftatbestandes des § 52 Abs 1 GSpG nicht neu begründen (vgl. die unter Pkt. 4.2. des Erkenntnisses zitierte Judikatur).

Infolge dieser – in § 52 Abs 2 GSpG teilweise normierten bzw. sich im Lichte des verfassungsgesetzlich verankerten Doppelbestrafungs- und -verfolgungs­verbots gemäß Art. 4 des 7. ZPzEMRK stillschweigend ergebenden – Subsidiarität hat somit eine Verfolgung nach dem subsidiären Verwaltungsstraftatbestand des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG zu unterbleiben. Schon aus diesem Grund war daher der gegenständlichen Berufung stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen.

Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw gemäß § 66 Abs 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorzuschreiben.“

 

2. Gegen dieses Erkenntnis erhob sodann die Bundesministerien für Finanzen Beschwerde. Der Verwaltungsgerichtshof gab sodann dieser Beschwerde Folge und hob den Bescheid des Oö. Verwaltungssenates auf (VwGH vom 30. August 2013, Zlen. 2012/17/0534 bis 0535).

Der Verwaltungsgerichtshof führt darin im Wesentlichen aus, dass die angefochtenen Bescheide keine ausdrücklichen Feststellungen enthalten, ob eines der auf den konkreten, gesondert zu beurteilenden Glücksspielgeräten installierten Programme Spiele mit Einsätzen von über 10 Euro ermöglichte. Dies insofern, als die Feststellung fehle, welcher mögliche Höchsteinsatz an den verfahrensgegenständlichen Glücksspielautomaten jeweils geleistet werden könne (bzw. ob Serienspiele veranlasst werden können). Eine abschließende Beurteilung des allfälligen Vorliegens eines gerichtlichen Straftatbestandes kann sohin auf dieser Basis nicht erfolgen. Zudem gehe aus der vom Oö. Verwaltungssenat angeführten Einstellung nicht der Grund der Einstellung eindeutig hervor.

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat in Bindung an die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes erwogen:

Im Hinblick auf das Doppelbestrafungsverbot (§ 19 StPO; Art 4 7. ZPEMRK) ist auf das Schreiben der Staatsanwaltschaft Linz vom 4. Oktober 2012 zu GZ: 47 BAZ 626/12z-10 hinzuweisen, wo zur verfahrensgegenständlichen GZ: VwSen301091/6/MB/CA/JO wie folgt mitgeteilt wird: „Die Einstellung erfolgt nur hinsichtlich: ... Verdacht nach dem Glücksspielgesetz vom 15.10.2010. Die Einstellung erfolgte gemäß § 190 Z 1 StPO aus dem Grund des § 57 StGB (Verjährung) weil die dem Ermittlungsverfahren zu Grunde liegende Tat nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht ist oder sonst die weitere Verfolgung aus rechtlichen Gründen unzulässig wäre.“ Der Grund der Einstellung ist somit die Verjährung. In weiterer Folge wird der Text des § 190 Z 1 StPO vollständig wiedergegeben und die angenommene Zuordnung des Grundes der Verjährung zu den Varianten der Z 1 – wie in staatsanwaltlichen Formularen üblich – nicht weiter vorgenommen. Eine derartige Einstellung entfaltet aufgrund § 193 Abs 2 StPO Sperrwirkung. Eine formlose Fortführung des Ermittlungsverfahrens durch Anordnung der Staatsanwaltschaft ist nicht mehr möglich. Eine erneute Verfolgung der Tat würde sohin § 17 StPO und Art 4 7. ZPEMRK verletzen (siehe dazu OGH vom 21. August 2013, 15 Os 94/g, 15 Os 95/13d und 15 Os 96/13a sowie Nordmeyer, WK-StPO § 190 Rz 20).

3.2. Im Folgenden sind die notwendigen Feststellungen zu treffen. Für die zu Grunde liegende Bejahung der Glücksspieleigenschaften der einzelnen Geräte und die sonst zu treffenden Feststellungen und Ausführungen ist auf die unter Punkt 1. vorzufindenden Passagen zu verweisen.

3.2.1. Der Spielablauf kann für sämtliche (FA-Nr. 1, 2 und 3) Geräte generalisierend wie folgt festgestellt werden:

Alle Spiele können als virtuelle Walzenspiele erkannt werden. Auf Basis der Anzeige ergibt sich, dass auf jedem Gerät zumindest ein Spiel dieses Typs verfügbar und spielbereit vorhanden war. Der Spielablauf für diesen Spieletyp lässt sich generalisieren und stellt sich wie folgt dar: Nach Eingabe von Geld für das Spielguthaben, Auswahl des Spieles und Aufrufen zur Durchführung kann ein Spieleinsatz ausgewählt werden, dem jeweils ein entsprechender Gewinnplan mit den in Aussicht gestellten, unterschiedlich hohen Gewinnen in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen zugeordnet ist. Das Spiel wird mit der Starttaste ausgelöst. Damit wird zunächst der gewählte Einsatzbetrag vom Spielguthaben abgezogen und danach das Walzenspiel ausgelöst. Dabei werden die in senkrechten Reihen angeordneten Symbole so in ihrer Lage verändert, dass der optische Eindruck von rotierenden Walzen entsteht. Der Ausgang dieses Spiels (Stellung der "rotierenden" Walzen) konnte vom Spieler nicht beeinflusst werden; die über einen Gewinn entscheidende Stellung der entsprechenden Symbole wird vom Gerät selbsttätig herbeigeführt. Die Entscheidung über das Spielergebnis hängt somit jedenfalls vorwiegend vom Zufall ab.

Die Einsatzsteigerung erfolgt durch Betätigung einer entsprechenden mechanischen Taste (Start) oder virtuellen Bildschirmtaste (Bet). Ab einem gewählten Spieleinsatz kann durch fortgesetzte Bedienung einer Taste der Einsatz in Stufen weiter bis zum programmbedingt höchst möglichen Einsatz gesteigert werden.

Wird der Einsatz über den Maximalbetrag hinaus erhöht, kann mit der Würfelfunktion (FA-Nr. 1: z.B.: Bild 2,3,4 Bildschirm links unten [X/X]; FA-Nr. 2: Bild 6,7,8 Bildschirm links unten [X/X]; FA-Nr. 3: Bild 11, 12 Bildschirm links unten [X/X]) mit jeder Tastenbetätigung in einem der kleinen, nebeneinander angeordneten Feldern in unmittelbarer Nähe des Einsatzbetragsfeldes am Bildschirm "Augen" bis zu einer bestimmten Höchstzahl eingeblendet (links unten neben den Feld „Credit“). Nach der "Augendarstellung der Würfel" bewirkt die weitere Tastenbedienung das Einblenden eines oder mehrerer Symbole. Damit wird dem Spieler verschlüsselt der ausgewählte Einsatzwert angezeigt.

Im Falle von Spielen mit diesen "vorgeschalteten Würfelspielen" kann auf diese nicht verzichtet werden, wenn um entsprechend hohe in Aussicht gestellte Gewinne gespielt werden soll. Dieses "Würfelspiel" kann auch nicht gesondert für sich alleine ausgewählt und zur Durchführung alleine aufgerufen werden. Beim "vorgeschalteten Würfelspiel" fehlt zudem jede Geschicklichkeitskomponente, und trifft der gewünschte und erwartete Spielerfolg, nämlich der Walzenlauf, nicht zufällig ein, sondern mit weitaus überwiegender Regelmäßigkeit nach vollständigem Abzug des verschlüsselt vorgewählten Spieleinsatzes. Das "vorgeschaltete Würfelspiel" stellt damit nicht ein Spiel, sondern nur eine verschlüsselte Einsatzleistung in Form von Teileinsatzbeträgen dar.

Bei Auslösung des Spieles im Wege der Automatic-Start-Taste muss diese Taste nur einmal betätigt werden, um die beschriebenen Abläufe sehr rasch kontinuierlich hintereinander ablaufen zu lassen. Der wechselnde Vorgang von Einsatzabbuchung vom Spielguthaben und Walzenlauf erfolgt so lange fortgesetzt nacheinander, bis das Spielguthaben verbraucht ist, der Einsatz höher als das Spielguthaben ist oder die Taste erneut betätigt wird. Mit jeder Steigerung des Einsatzbetrages werden auch sämtliche Werte im zugehörigen Gewinnplan erhöht. Mit der Automatic-Start-Taste kann auch das vorgeschaltete Würfelspiel bedient werden.

Der Spielerfolg steht nach jedem Stillstand der Walzen in Form eines Gewinnes oder des Verlustes des getätigten Einsatzes fest.

3.2.2. Weiters ist festzustellen, dass sämtliche verfahrensgegenständliche Geräte nur mit einem Banknoteneinzug ausgestattet sind. Dies ergibt sich unwidersprochen aus der Niederschrift vom 15. Oktober 2010 („...Nein, nur Bargeld. Ab Euro 5, nur Papiergeld, Münzen gehen nicht...“). Aus dieser Feststellung ist wiederum zu erschließen, dass der jeweilige Spieler mindestens 5 Euro in das Gerät einspeisen muss. Die eingespeiste Summe wird sodann als Credit im jeweiligen Gerät ausgewiesen. Blickt man alleine auf die Mindesteinsätze der jeweiligen Probespiele bei den einzelnen Geräten (siehe dazu die Gewinnpläne in der Fotodokumentation) so ergibt sich, dass der Spieler bei Einsätzen von 0,2 Euro mit dem geringsten Geldschein schon 25 Einzelspiele durchführen kann. Da nun schon die Auszahlung eines erspielten Gewinnes nicht durch den Automaten selbst erfolgt, sondern entweder über den Bw oder über Lokalangestellte erfolgt – somit schon organisatorisch nicht unerhebliche Zwischenschritte zur Restgelderlangung notwendig sind – ist es wiederum wahrscheinlich, dass Restbeträge gesetzt werden. Insofern wird mit einer derartigen Geräteausstattung die Ketteneinsatzleistung provoziert.

Dass die Art und Weise der Auszahlung und die dahingehende Ausgestaltung der Gerätschaft dem Bw als zumindest ernstlich möglich erscheint und er sich auch damit zumindest abfindet kann gesichert daraus geschlossen werden, dass der Bw für höhere Auszahlungen selbst zuständig ist und er auch als Ansprechperson bei Fehlfunktion fungiert.

3.2.3. Zu diesem, über alle Geräte stehenden, Sachverhaltselementen treten nun spezifische Ausgestaltungen der einzelnen Geräte hinzu, welche weitere Begleitumstände, die zu Serienspielen veranlassen bzw. eine Klammer über die „geringen Beträge“ legen, darstellen und als solche festgestellt werden:

Bei sämtlichen Geräten tritt der Umstand hinzu, dass diese mit einer Supergame- und mit der Würfelspiel-Funktion ausgestattet sind (s dazu jeweils die Fotodokumentation). Durch minimale Einsätze wird bei diesen Spielen wiederum suggeriert, dass es sich jeweils um eigenständige Spiele handeln solle. Bei dem vorhandenen Würfelspiel handelt es sich um einen versteckten „Einsatzmultiplikator“ in der Form eines Würfelspiels. Wobei dieser bewirkt, dass bei einem Gewinn dieses vorgeschalteten Spiels mit einem normalen Einsatz erhöhte Gewinnlinien zur Verfügung stehen. Diese Funktion schafft für den Spieler Rahmenbedingungen, die ihn durch den möglichen hohen Gewinn in Relation zum jeweils geringen Einsatz, zu Serienspielen veranlasst.

In diese Kerbe schlägt auch die Ausstattung der angesprochenen Gerätschaften mit der Supergame-Funktion. Auch hier hat der Spieler wiederum mit einem geringen Einsatz – bei „Gewinn eines Supergames“ – die Möglichkeit in lukrativere (sei es „Gewinnwahrscheinlichkeit“ oder „Gewinnhöhe“) Gewinnautomatismen zu gelangen. Insofern ist ein Supergame auch mit dem Wert von 10 Euro zu bewerten (s dazu OGH vom 20. März 2013, 6 Ob 118/12i). Der Anreiz durch diese höheren Gewinnmöglichkeiten, die in Aussicht gestellt werden, ist der gleiche, wie bei einer Ausweisung der Gewinne in Geldbeträgen. Insofern ist es letztlich für den Spieler von gleicher Bedeutung, wenn Bspw.: 20 Euro plus 100 Supergames oder 1020 Euro an Gewinnmöglichkeit ausgewiesen wird (s dazu OGH vom 20. März 2013, 6 Ob 118/12i, Seite 4 aE). Im konkreten Fall ergeben sich daher folgende Einsatz-Gewinn-Relationen: Gerät FA Nr. 1 = 5, Euro zu 20 Euro + 898 SG (= 10.000 Euro = 1/2000); Gerät FA Nr. 6 = 5 Euro zu 20 Euro + 58 SG (= 600 Euro = 1/120); Gerät FA Nr. 3= 5 Euro zu 20 Euro + 498 SG (= 5000 Euro = 1/1000). Insofern ergibt sich in Umlegung der Judikatur zu den Einsatz-Gewinnrelationen ebenfalls, dass hiermit der Spieler vorsätzlich zu Serienspielen veranlasst wird.

Weiters ist aus der Ausgestaltung mit „Würfelspielmultiplikatoren“ und der „Supergame-Funktion“ zu erkennen, dass die Gerätschaften schon per se (wie dies schon aus dem Banknoteneinzug, der Autostart-Taste und der Relation an sich abzuleiten ist) derart ausgestaltet sind, dass der Spieler eine erhebliche Anzahl an Einzelspielen tätigen soll, denn aus der Quantität der Spielabläufe werden nicht nur direkt sondern vielmehr indirekt Berechtigungen erworben, die es ermöglichen, besser bewertete Spiele durchführen zu können (ob dies wiederum als ein Spiel im Spiel oder als einheitliches Spiel gesehen wird, ist für die Serienspielindikation zu vernachlässigen). Das einfache Spiel stellt lediglich die Möglichkeit dar, den „Zugang“ zu weiteren „höherwertigen“ Spielen zu erlangen und muss wiederum zufallsabhängig gewonnen werden. Mit diesen „besseren“ Spielen wird der Spieler insofern an das Gerät gebunden, da – entsprechend des geräteinternen Spielplanes – der Gewinn von Supergames oder die „Einsatzmultiplikation mit anschließenden höheren Gewinnplänen“ vorgesehen ist und dem Spieler suggeriert wird, dass er lediglich diese Hürde überwinden muss, um in seine „Gewinnzone“ zu kommen. Nicht das einzelne Spiel wird dem Spieler „schmackhaft“ gemacht, sondern eine „Spielphase“. Damit wird der Spieler auf derartigen Automaten absichtlich dazu veranlasst „dabei“ zu bleiben – eben Serienspiele durchzuführen. Insofern wird auch durch die Ausstattung mit der Super-Game- und der Würfelfunktion der Unterhaltungsfaktor zu Gunsten der Gewinnerzielungsabsicht zur Gänze in den Hintergrund gedrängt.

3.2.4. Weiters sind sämtliche Geräte mit einer funktionsfähigen „Automatik-Start-Taste“ ausgestattet. Bei Auslösung eines Spiels durch die „Automatik-Start-Taste“ muss diese Taste nur einmal betätigt werden, um die einzelnen Spielabläufe (Spiel + Würfelspiel + SG-Funktion) sehr rasch und kontinuierlich ablaufen zu lassen. Der wechselnde Vorgang von Einsatzbuchung vom Spielguthaben und Walzenlauf erfolgt so lange fortgesetzt nacheinander, bis das Spielguthaben verbraucht ist, der Einsatz höher als das Spielguthaben ist oder die Taste vom Spieler erneut betätigt wird. Durch das Betätigen der „Automatik-Start-Taste“ werden somit aufgrund ihrer Funktion die Spielabläufe extrem verkürzt. Es sind letztlich 2 Spiele innerhalb von ca. 5 Sekunden möglich (s dazu OGH vom 20. März 2013, 6 Ob 118/12i zu Ring of Fire). Insoweit ist bei Automaten, welche mit einer Automatik-Start-Taste ausgestattet sind, davon auszugehen, dass der Unterhaltungswert bei Betätigung dieser Taste zu Gunsten des Gewinnstrebens völlig in den Hintergrund tritt (vgl. OGH vom 20. März 2012, 6 Ob 118/12i). Die Ausstattung selbst stellt somit eine wesentliche und auch hinreichende Rahmenbedingung dar, die den Spieler vorsätzlich dazu veranlasst, Serienspiele zu tätigen (vgl zum Erfordernis der Rahmenbedingungen VwGH vom 7. Oktober 2013, Zl. 2013/17/0210 und 0211).

3.3. Im gegebenen Zusammenhang liegt daher zumindest der strafbare Versuch einer gemäß § 168 StGB iVm § 15 StGB mit gerichtlicher Strafe bedrohten Glücksspielveranstaltung vor, da allein schon das unternehmerische Zugänglichmachen ebenso wie das Aufstellen bzw. zur Verfügung Stellen von Glücksspielgeräten eine Versuchshandlung iSd § 15 Abs 2 StGB hinsichtlich des Tatbildes der Förderung einer Glücksspielzusammenkunft (vgl dazu § 168 Abs 1 StGB 2. Tabildvariante) und überhaupt das vorsätzliche Verschaffen einer Spielgelegenheit – etwa durch den "Spielautomatenaufsteller" oder einen "die Gewinnabgeltung besorgenden Gastwirt" (Kirchbacher/Presslauer in WK² § 168 Rz 14 uHa Rainer, SbgK § 168 Rz 12) – auf mit "Automatik-Start-Taste" ausgestatteten Glücksspielgeräten schon vor dem ersten Spielgeschehen den strafbaren Versuch der Veranstaltung von Serienglücksspielen im Sinne der 1. Tatbildvariante des § 168 Abs 1 StGB darstellt (vgl allgemein zu den Begehungsweisen Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 168 Rz 14 ff, die etwa die Förderung einer Glücksspielzusammenkunft schon "durch Beistellung entsprechender Räume oder Spielutensilien, durch Werbung oder durch sonstige Dienstleistungen" bejahen, und Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB3 §168 Rz 9 ff). Allein der Umstand des zur Verfügung Stellens derartiger Geräte durch den Geräteeigentümer stellt bei entsprechendem Tatvorsatz somit jedenfalls schon den strafbaren Versuch der Förderung einer Glücksspielzusammenkunft (§ 168 Abs 1 2. Tatbildvariante) sowie allenfalls auch die strafbare Beteiligung am Versuch der Veranstaltung eines Glücksspiels (§ 168 Abs 1 1. Tatbildvariante) dar.

Mit anderen Worten: Bereits durch die Beistellung, betriebsbereite Aufstellung und öffentliche Zugänglichmachung eines mit "Automatik-Start-Taste" ausgestatteten Glücksspielgeräts wird der strafbare Versuchsbereich der Tatbilder des § 168 Abs 1 StGB als Ausführungshandlung oder zumindest ausführungsnahe Handlung in Bezug auf die Veranstaltung von Serienglücksspielen und die Förderung der Abhaltung von Serienglücksspielen beschritten.

Darüber hinaus ist nach den gegebenen Umständen zu erkennen, dass der Bw im Sinne des § 5 Abs 1 2. Halbsatz StGB die Verwirklichung des Tatbildes ernstlich für möglich gehalten und sich damit auch abgefunden hat:

Schon die Tatsache, dass auf den mit "Automatik-Start-Taste" ausgestatteten Glücksspielgeräten Glücksspiele im Sekundentakt ablaufen, zeigt ganz offensichtlich, dass solche Ausspielungen sowohl vom Veranstalter als auch vom Lokalbetreiber und Inhaber ebenso wie von sonstigen unternehmerisch Beteiligten (etwa dem beteiligten Geräteeigentümer) in gewinnbringender Absicht beigestellt, betrieben bzw. veranstaltet werden. Dies indiziert mindestens den erforderlichen dolus eventualis in Bezug auf die beiden Tatbilder des § 168 Abs 1 StGB. So ist im Regelfall davon auszugehen, dass Veranstalter und/oder Lokalbetreiber ebenso wie sonstige unternehmerisch Beteiligte (etwa der beteiligte Geräteeigentümer) es für möglich halten und sich auch damit abfinden, dass mit der Verschaffung einer Spielgelegenheit bzw. der Zugänglichmachung von entgeltlichen Glücksspielen auf entsprechend ausgestatteten Geräten ebenso wie schon mit der erwerbsmäßigen Beistellung solcher Geräte auf unrechtmäßige (monopolwidrige) Art und Weise Geld verdient wird. Dementsprechend gehen auch Kirchbacher/Presslauer im Wiener Kommentar zum StGB (vgl dieselben in WK² § 168 Rz 13) unter Hinweis auf eine "realistische Sicht" davon aus, dass wohl "jedem Automatenbetreiber, der keine Vorkehrung gegen 'Serienspiele' trifft, ein entsprechender dolus eventualis unterstellt werden" müsse. Beim Einsatz von Glücksspielgeräten mit "Automatik-Start-Taste" werden aber sogar nicht nur keine Vorkehrungen gegen Serienspiele getroffen, sondern solche Serienspiele geradezu provoziert.

Dass der automatische Ablauf der „Automatik-Start-Taste“ durch den Spieler jederzeit abgebrochen werden kann, stellt wiederum keine Hinderung der Verneinung des negativen Tatbildmerkmales des § 168 StGB dar, zumal es für die Frage der Strafbarkeit, nicht auf das faktische Verhalten einer, von der zu bestrafenden, unabhängigen Person ankommt (vgl dazu VfGH vom 13. Juni 2013, B 422/2013). Konsequent ist auch das Erfordernis der „tatsächlichen“ Serieneinsatzleistung – etwa in Form einer Gerätebuchhaltung – nicht für die Feststellung der Versuchsstrafbarkeit im Hinblick auf §§ 15, 168 StGB notwendig, da tatbildmäßig schon das bloße Aufstellen der Gerätschaft ist und der Vorsatz des zu bestrafenden aus den Umständen des Aufstellens, Ausgestaltung des Automaten und sonstigen Begleitumständen geschlossen werden kann. Die Ermittlung, dass diese Begleitumstände auch tatsächlich zum Erfolg geführt haben (tatsächliche Serieneinsatzleistung, Vorsatz(grad) des Spielers) sind lediglich Indizien, welche die zuvor bereits möglichen Feststellungen bestätigen.

3.4. Abschließend ist zudem zu erkennen, dass bei allen vorliegenden Gerätschaften keine Auszahlung der Gewinne durch die Gerätschaften selbst erfolgt. Vielmehr erfolgt eine manuelle Auszahlung. Insofern liegt eben auch hier eine technische Ausgestaltung sämtlicher Geräte vor, welche zu Serienspielen veranlasst, da das Geld bei einem Gewinn nicht automatisch ausgeschüttet wird, sondern eine Plusbuchung beim Credit erfolgt – der Spielfluss wird somit nicht unterbrochen (s dazu die Niederschrift vom 15. Oktober 2010, Seite 3 f, Gsp1). Insofern liegt auch hier eine Rahmenbedingung vor, die den Spieler vorsätzlich zu Serienspielen veranlasst. Darüber, wie die Auszahlung bei den Geräten erfolgt, hatte der Bw im Tatzeitraum auch subjektive Gewissheit und es kam ihm auch darauf an. Insofern war auch dieser tatbildliche Aspekt vom Vorsatz des Bw mitumfasst.

3.5. Hinzutritt, dass all die soeben gewonnenen Beweisergebnisse, Feststellungen und darauf aufbauenden Schlussfolgerungen im Rahmen einer durch den Oö. Verwaltungssenat am 14. Februar 2013 durchgeführten Probebespielung von vergleichbaren beschlagnahmten Glücksspielgeräten mit vergleichbaren Spielen (Ring of Fire) Bestätigung finden (s die im Akt einliegende DVD). Ergebnis dieser Bespielung des Spieles Ring-of-Fire war, dass durch die Betätigung der Auto-Start-Taste innerhalb weniger Minuten das Spielguthaben (Credit = Euro) um ca. 500 Credits gesenkt wurde. Der monetäre Aspekt in der Form des Gewinnstrebens verdeckt somit bei derartig ausgestalteten Gerätschaften naturgemäß gänzlich den Unterhaltungsaspekt. Diese Videoaufnahmen wurden zudem in der öffentlichen mündlichen Verhandlung (9. und 11. Kammer [verbunden]) vom 13. November 2013 zu VwSen360057 und 360049 abgespielt.

4. Im Hinblick auf die im vorliegenden Fall daher grundsätzlich gegebene gerichtliche Strafbarkeit des angelasteten Sachverhalts kann im Ergebnis keine strafbare Verwaltungsübertretung mehr vorliegen und war das angefochtene Straferkenntnis daher aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen.

 

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G

 

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

H I N W E I S

 

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

D r. W e i ß

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum