Linz, 26.11.2013
E r k e n n t n i s
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 13. Kammer (Vorsitzender Mag. Dr. Bernhard Pree, Berichter Mag. Stierschneider und Beisitzer Mag. Dr. Brandstetter) über die auf die Höhe der Geldstrafe beschränkte Berufung des X, geboren am X, Staatsangehöriger von Kasachstan, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 23. August 2013, GZ.: Sich96-1033-2013, wegen einer Übertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz zu Recht erkannt:
I. Der Berufung wird mit der Maßgabe stattgegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 1.250 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 112 Stunden und der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde auf 125 Euro herabgesetzt werden.
II. Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zu leisten.
Rechtsgrundlagen:
zu I.: §§ 24 und 51 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991-VStG iVm. § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG;
zu II.: § 64ff. VStG.
Entscheidungsgründe:
1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 23. August 2013, GZ.: Sich96-1033-2013, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) gemäß § 120 Abs. 1a FPG eine Geldstrafe in der Höhe von 2.500,-- Euro sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 112 Stunden verhängt. Die belangte Behörde führt dabei folgenden Tatvorwurf aus:
2. Gegen dieses dem Bw am 28. August 2013 zu eigenen Handen zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, rechtzeitig eingebrachte Berufung (Poststempel 10. September 2013), welche der Bw wie folgt begründet:
3.1. Mit Schreiben vom 20. September 2013 übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.
Ergänzend führte die belangte Behörde zum Berufungsvorbringen aus, dass der Bw den unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet nicht bestreite und sich zum Tatzeitpunkt unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe.
3.2.1 Im Verwaltungsstrafverfahren (VwSen-750109) trat der Bw bei der öffentlichen Verhandlung als Vertrauensperson seiner Ehegattin auf. Nach Anschluss dieser brachte der Bw vor, dass er im vorliegenden Verfahren auf die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung verzichte und die Berufung auf die Höhe der Geldstrafe einschränke.
Den Ausführungen seiner Ehegattin anschließend brachte der Bw vor, dass er die ihm angelastete Verwaltungsübertretung nicht bestreite. Nach der Anerkennung als Flüchtling in Tschechien sei er mit seiner Familie nach Holland gereist, habe dort um Asyl angesucht, da er in Tschechien keine Arbeit gefunden habe und seine Kinder einer fremdenfeindlichen Stimmung ausgesetzt gewesen wären. In Holland wäre seiner Familie im Hinblick auf die Entscheidung in Tschechien Asyl verweigert worden. Tschechien hätte seine Familie nach der Rückkehr nicht mehr unterstützt. Die vor der Ausreise gewährte Unterstützung und Verpflegung wäre nicht mehr gewährt worden. So habe seine Familie fast ein halbes Jahr im Auto gelebt und sich auf Grund des unerträglichen Zustandes entschlossen, Tschechien wiederum zu verlassen. In Österreich sei er geblieben, da er Unterkunft und Arbeit gefunden habe. Er sei bestrebt, den Aufenthalt in Österreich zu legalisieren und es könnte sein, dass er eine Arbeitsbewilligung als Schlüsselarbeitskraft erlange. Zu Beweiszwecken lege er einen Vertragsentwurf vor.
3.2.2. Der Oö. Verwaltungssenat erhob Beweis durch Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsakt und das Protokoll vom 22. November 2013 zu VwSen-750109.
3.3. Der festgestellte Sachverhalt ist unbestritten.
3.4. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem unter dem unter den Punkten 1. und 3.2.1. dieses Erkenntnisses dargestellten, entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus.
Einem aktuellen Auszug aus der Fremdeninformation ist zu entnehmen, dass dem Bw bislang kein Aufenthaltstitel für das Bundesgebiet ausgestellt wurde.
3.5. Da im angefochtenen Bescheid eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich nach geltender Geschäftsverteilung zur Entscheidung durch die 13. Kammer berufen (§ 51c VStG).
4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:
4.1. Gemäß § 120 Abs. 1a des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 87/2012, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 500 Euro bis zu 2.500 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer sich als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Wer wegen einer solchen Tat bereits einmal rechtskräftig bestraft wurde, ist mit Geldstrafe von 2.500 Euro bis zu 7.500 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu vier Wochen zu bestrafen. Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltsortes; bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungsmittel die nächstgelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmers möglich ist.
Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf,
1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;
2. wenn sie aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;
3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind, sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen;
4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen zukommt;
5. (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 122/2009)
6. wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungs- gesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsendebewilligung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3 Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben oder
7. soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.
4.3.1. Gemäß § 19 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen.
4.3.2. Hinsichtlich der Strafhöhe ist anzumerken, dass die belangte Behörde ohne umfassende Abwägung die Mindeststrafe verhängt hat.
Zutreffend hat sie zwar auf eine wiederholte Tatbegehung hingewiesen und diesen Umstand erschließbar als erschwerend gewertet. Milderungsgründe wurden augenscheinlich der Beurteilung nicht zugrunde gelegt.
Im gegenständlichen Verfahren liegen jedoch Milderungsgründe vor, die die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen.
Der Bw hat im bisher geführten Verwaltungsstrafverfahren die ihm zur Last gelegte Tat nie bestritten. Er hat diese auch im Anschluss an die öffentliche Verhandlung (Verwaltungsstrafverfahren gegen seine Gattin) reumütig eingestanden. Abgesehen von diesen Übertretungen ist dem Bw ein ordentlicher Lebenswandel zu attestieren. Während der Zeit, in der die Asylverfahren seiner Familienangehörigen geführt wurden, war dem Bw die Ausreise nicht zuzumuten. Wie die Aktenlage zeigt, hat dies auch die belangte Behörde so gesehen. Nach Abschluss dieser Asylverfahren sah sich der Bw außerstande den gesetzlichen Zustand herzustellen und alleine nach Tschechien auszureisen. Eine Ausreise zusammen mit seiner Familie kam für ihn schon aus Gründen der ungesicherten Versorgungs- und Wohnsituation nicht in Frage. Nach Einleitung des Verwaltungsstrafverfahrens hat der Bw die ersten Schritte zur Legalisierung seines Aufenthaltes gesetzt. Derzeit versucht er als Schlüsselarbeitskraft einen Aufenthaltstitel zu erlangen.
Dass die belangte Behörde dem illegalen Aufenthalt nicht jene erschwerende Bedeutung zugemessen hat, die die Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses erahnen lässt, zeigt sich schon daran, dass der Bw seit dem Jahr 2009 in Österreich durchgehend aufhältig ist.
Betrachtet man die gesamten Umstände des vorliegenden Falles kann nur von einem beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe ausgegangen werden. Dies auch unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK, der nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshof im Strafverfahren Anwendung zu finden hat.
4.4. Die Geld- bzw. die Ersatzarreststrafe war gemäß § 20 VStG spruchgemäß herabzusetzen.
5. Gemäß § 64ff. VStG war der Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde anzupassen. Ein Kostenbeitrag für die Verfahrensführung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oö. war dem Bw nicht aufzuerlegen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.
Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.
Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.
Bernhard Pree