Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-531382/2/BMa/HK

Linz, 22.10.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag.a Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung des W B, vertreten durch Dr. G H, Rechtsanwalt in B, vom 28. August 2013 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns von Braunau am Inn vom 19. August 2013, Ge20-125-2012, mit dem R L die Änderung der bestehenden Betriebsanlage im Standort W, O, durch Abänderung der Auftragspunkte 2 und 3 des Bescheids des Bezirkshauptmanns von Braunau am Inn vom 21. September 2012, Ge20-125-2012, genehmigt wurde, zu Recht erkannt:

 

 

Aus Anlass der Berufung wird der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung unter Einbeziehung des Nachbarn W B im Rahmen seiner beschränkten Parteistellung im Sinne des § 359b GewO und Erlassung eines neuen Bescheides an die Gewerbebehörde erster Instanz zurückverwiesen.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.2 iVm § 67a Abs.1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 idgF (im Folgenden: AVG)

 

 

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Bescheid wurden die Aufträge Punkt 2 und Punkt 3 des Bescheids des Bezirkshauptmanns von Braunau am Inn vom 21. September 2012, Ge20-125-2012, mit dem festgestellt wurde, dass die von R L, W, O, geplante Verlängerung der Betriebszeit von 23:00 Uhr auf 04:00 Uhr den Bestimmungen des § 359b GewO entspricht, mit Bescheid des Bezirkshauptmanns vom Braunau am Inn vom 19. August 2013, Ge20-125-2012, auf der Rechtsgrundlage des

§ 79c GewO 1994 idgF, wie folgt abgeändert:

 

„Auftrag Punkt 2: Bis 01:00 Uhr haben die Gäste ihre Fahrzeuge vom nordseitig der Betriebsanlage gelegenen Parkplatz zu entfernen und ist der Parkplatz mittels Absperrketten abzusperren.

Zusätzlich ist an der Absperreinrichtung ein Hinweis in gut sichtbarer und dauerhafter Form anzubringen, dass die Benützung des Parkplatzes untersagt ist.

 

Auftrag Punkt 3: Von 01:00 Uhr bis 04:00 Uhr ist der nordseitig gelegene Hauptzugang abzusperren und ist für das Verlassen und Betreten des Lokals ausschließlich der südseitig gelegene Zu- bzw. Ausgang zu verwenden.“

 

1.2. Begründend führt die belangte Behörde nach Darlegung des Verwaltungsgeschehens und der Rechtsgrundlage im Wesentlichen aus, dass es insbesondere laut dem medizinischen Gutachten zu keiner Erhöhung der gegebenen Lärmbeeinträchtigung kommen werde und die Behörde zur Überzeugung gelangt sei, dass für die Wahrnehmung der Interessen nach § 74 Abs.2 GewO auch mit den, den Inhaber der Betriebsanlage weniger belastenden Aufträgen das Auslangen gefunden werden könne. Daher seien die Aufträge Punkt 2 und 3 des Bescheids des Bezirkshauptmanns von Braunau am Inn vom 21. September 2012, Ge20-125-2012, entsprechend abzuändern gewesen.

 

1.3. Gegen diesen Bescheid, der W B am 21. August 2013 zur Kenntnis zugestellt wurde, richtet sich die rechtzeitige Berufung vom 28. August 2013.

 

1.4. Die Berufung führt im Wesentlichen aus, der bekämpfte Bescheid sei nur zur Kenntnisnahme zugestellt worden, weil der zuständige Sachbearbeiter die Ansicht vertrete, dass er in diesem Verfahren keine Parteistellung habe. Er sei von diesem Verfahren vor Zustellung des Bescheids auch niemals informiert worden und die maßgeblichen Gutachten, Anträge und andere Schriftstücke seien ihm nicht zur Verfügung gestellt worden. Der Mitarbeiterin seines ausgewiesenen Rechtsvertreters sei die Akteneinsicht verweigert worden.

 

Die Rechtsansicht der Bezirkshauptmannschaft Braunau hinsichtlich der Parteistellung des Bw sei verfehlt: Das im Jahr 2012 abgeführte Verfahren habe eine Vorgangsweise im Sinne des § 359b GewO als zulässig erkannt und der Bw habe nur bezüglich der Grundfrage, ob die Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens vorliegen würden, beschränkte Parteistellung gehabt.

Weil es sich nun um ein Folgeverfahren des seinerzeitigen Verfahrens handle und die Grundsatzfrage, bei der ihm Parteistellung zugekommen sei, bereits entschieden sei, stehe ihm nach Meinung der belangten Behörde keine Parteistellung mehr zu. Diese Rechtsansicht sei jedoch unrichtig, weil bereits im Mai 2013, also vor Stellung des verfahrensgegenständlichen Antrags, die Gewerbeordnung, insbesondere § 356 Abs.4 GewO, geändert worden sei. Es sei entgegen der bisherigen Rechtslage gemäß § 356 Abs.4 GewO nun so, dass Nachbarn im Verfahren betreffend die Aufhebung oder Abänderung von Auflagen (§ 79c GewO) auch insoweit Parteistellung haben würden, als damit neue oder größere nachteilige Wirkungen im Sinne des § 74 Abs.2 GewO verbunden sein könnten.

Entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde komme ihm daher im anhängigen Verfahren Pateistellung zu, er sei jedoch übergangen worden und das abgeführte Verfahren sei daher als grob mangelhaft anzusehen. Die beantragten Abänderungen der Auflagen seien mit neuen und größeren nachteiligen Wirkungen für ihn verbunden, sodass gerade jene neue Gesetzesbestimmung anzuwenden sei, aufgrund derer er im vorliegenden Verfahren sehr wohl Parteistellung habe. Nach der neuen Gesetzeslage sollten unabhängig davon, ob Nachbarn ihre Parteistellung im Grundlagenverfahren aufrecht erhalten hätten, alle Nachbarn in der Frage Parteistellung haben, ob neue oder größere nachteilige Wirkungen im Sinne des § 74 Abs.2 GewO mit Aufhebung oder Abänderung von Bescheidauflagen etc. verbunden sein könnten.

Es sei notwendig, ein Verfahren durchzuführen, in dem auf seine Nachbar- und Verfahrensrechte entsprechend Rücksicht genommen werde, und daher wurde abschließend die Aufhebung des Bescheides vom 19. August 2013, Ge20-125-2012, und die Abweisung der gestellten Anträge beantragt.

 

2.1. Die Berufung wurde dem Oö. Verwaltungssenat gemeinsam mit dem bezughabenden Verfahrensakt ohne Abgabe einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen vorgelegt.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt erster Instanz zu Ge20-125-2012, insbesondere in den Genehmigungsbescheid vom 19. August 2013, Ge20-125-2012,  und den Feststellungsbescheid vom 21. September 2012, Ge20-125-2012, sowie die der Genehmigung vom 21. September 2012 zugrundeliegenden Projektunterlagen, die ein schalltechnisches Projekt des TAS Sachverständigenbüros für Technische Akustik SV-GmbH vom 13. Juni 2012 beinhalten. Da sich bereits aus diesen Unterlagen der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 67d Abs.1 AVG von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt wird festgestellt:

 

Mit Bescheid des Bezirkshauptmanns von Braunau am Inn vom 21. September 2012, Ge20-125-2012, wurde festgestellt, dass die von R L vorgelegten Projektunterlagen der geplanten Verlängerung der Betriebszeit von 23:00 Uhr auf 04:00 Uhr gemäß der Bestimmung des § 359b GewO 1994 entsprechen. Diese Feststellung erfolgte unter Erteilung von unter anderem den Auflagenpunkten 2 und 3, die wie folgt lauten:

„2. Bis 21:00 Uhr haben die Gäste ihre Fahrzeuge vom nordseitig der Betriebsanlage gelegenen Parkplatz zu entfernen und ist der Parkplatz mittels Absperrketten abzusperren. Zusätzlich ist an der Absperreinrichtung ein Hinweis in gut sichtbarer und dauerhafter Form anzubringen, dass die Benützung des Parkplatzes untersagt ist.

 

3. Von 23:00 Uhr bis 04:00 Uhr ist der nordseitig gelegene Hauptzugang abzusperren und ist für das Verlassen und Betreten des Lokals ausschließlich der südseitig gelegene Zu- bzw. Ausgang zu verwenden.“

 

Begründend wurde abschließend festgestellt, dass das vereinfachte Genehmigungsverfahren angewendet worden sei und die entsprechenden Einwendungen hiezu als unbegründet abgewiesen würden.

Dieser Bescheid, der auch dem nunmehrigen Bw zugestellt wurde, ist in Rechtskraft erwachsen.

 

Mit Schreiben vom 13. Juni 2013 wurde von R L ein Abänderungsantrag gemäß § 79c GewO auf Abänderung der Auflagepunkte 2 und 3 des Bescheids vom 21. September 2012, Ge20-125-2012, gestellt, wonach die Auflagenpunkte 2 und 3 wie folgt lauten sollen:

 

„Auftrag Punkt 2: Bis 01:00 Uhr haben die Gäste ihre Fahrzeuge von nordseitig der Betriebsanlage gelegenen Parkplatz zu entfernen und ist der Parkplatz mittels Absperrketten abzusperren.

Zusätzlich ist an der Absperreinrichtung ein Hinweis in gut sichtbarer und dauerhafter Form anzubringen, dass die Benützung des Parkplatzes untersagt ist.

 

Auftrag Punkt 3: Von 01:00 Uhr bis 04:00 Uhr ist der nordseitig gelegene Hauptzugang abzusperren und ist für das Verlassen und Betreten des Lokals ausschließlich der südseitig gelegene Zu- bzw. Ausgang zu verwenden.“

 

Dieser Antrag wurde von einem Sachverständigen des Amtes der Oö. Landesregierung, Direktion Umwelt und Wasserwirtschaft, Abteilung Umwelt-, Bau- und Anlagentechnik, Bezirksbauamt Ried im Innkreis unter Einbeziehung des schalltechnischen Projekts der TAS Sachverständigen Büro für Technische Akustik SV-GmbH, dem Messungen am 27. bzw. 28. April 2012 im Zeitraum von 22:00 Uhr – 04:00 Uhr zugrunde liegen, beurteilt. Zusammenfassend wurde aus technischer Sicht festgestellt, dass sich der Immissionspegel des Parkplatzes mindestens 6dB unter der Schall- Ist-Situation befinde und daher keine nachteilige Veränderung der Schall- Ist-Situation in den Wohnräumen zu erwarten sei. Im ungünstigsten Fall (Fenster völlig geöffnet) sei jedoch mit einer geringfügigen Erhöhung des Spitzenpegels von 2 dB zu rechnen.

 

Das amtsärztliche Gutachten vom 13. August 2013, dem die Beweisfrage zugrunde lag, ob aufgrund der geänderten Aufträge Punkt 2 und Punkt 3 sowie mit der damit verbundenen Anhebung des Spitzenpegels um 2 dB eine nachteilige Auswirkung auf die Gesundheit bzw. das Wohlbefinden (Lärmbelästigung) erwartet werden könne, führt zusammenfassend aus:

 

„1. Ausgehend von der Fragestellung kann zusammenfassend festgestellt werden, dass im Rahmen dieser Untersuchung und Gutachtenserstellung eine direkte Gesundheitsgefährdung für die Anrainer der eingangs angeführten Grundstücke durch einen Betrieb des Gasthauses nicht festgestellt oder nachgewiesen werden konnte.

 

2. Zur Frage, ob durch eine eventuell zu erwartende zusätzliche Lärmentwicklung eine Belästigung für die Anrainer entstehen könnte, ließen sich keine fassbaren Hinweise feststellen. Es sei ausdrücklich festgehalten, dass es zu keiner Erhöhung der gegebenen Lärmbelastung kommen wird, da die Gebäudeabstrahlung des Gasthauses um ca. 17 dB geringer zu veranschlagen ist als der bestehende Ist-Lärmpegel durch den vorherrschenden Verkehrslärm. Dies jedoch nur dann, wenn die Auflagen des gewerbetechnischen Sachverständigen (Sperrung bzw. Verlegung des nordseitig gelegenen Parkplatzes am späten Abend) auch strikt eingehalten werden.“

 

Daraufhin erging der nunmehr bekämpfte Bescheid.

 

3.2. Beweiswürdigend wird ausgeführt, dass sich der festgestellte Sachverhalt widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt.

 

3.3. In rechtlicher Hinsicht hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.3.1. Gemäß § 359b Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn sich aus dem Genehmigungsansuchen und dessen Beilagen ergibt, dass

1.    jene Maschinen, Geräte und Ausstattungen der Anlage, deren Verwendung die Genehmigungspflicht begründen könnte, ausschließlich solche sind, die in Verordnungen gemäß § 76 Abs. 1 oder Bescheiden gemäß § 76 Abs. 2 angeführt sind oder die nach ihrer Beschaffenheit und Wirkungsweise vornehmlich oder auch dazu bestimmt sind, in Privathaushalten verwendet zu werden, oder

2.    das Ausmaß der der Betriebsanlage zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und sonstigen Betriebsflächen insgesamt nicht mehr als 800 m2 beträgt, die elektrische Anschlussleistung der  zur  Verwendung  gelangenden  Maschinen  und  Geräte  300 kW nicht übersteigt und auf Grund der geplanten Ausführung der Anlage zu erwarten ist, dass Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des   § 74 Abs. 2 oder Belastungen der Umwelt (§ 69 a) vermieden werden,

 

das Projekt durch Anschlag in der Gemeinde und durch Anschlag in den der Anlage unmittelbar benachbarten Häusern mit dem Hinweis bekannt zu geben, dass die Projektunterlagen innerhalb eines bestimmten, 4 Wochen nicht überschreitenden Zeitraumes, bei der Behörde zur Einsichtnahme aufliegen und dass die Nachbarn innerhalb dieses Zeitraumes von ihrem Anhörungsrecht Gebrauch machen können; die Eigentümer der betroffenen Häuser haben derartige Anschläge in ihren Häusern zu dulden; statt durch Hausanschlag kann das Projekt aus Gründen der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Einfachheit durch persönliche Verständigung der Nachbarn bekannt gegeben werden; nach Ablauf der im Anschlag oder der persönlichen Verständigung angeführten Frist hat die Behörde unter Bedachtnahme auf die eingelangten Äußerungen der Nachbarn, die die Anwendung des vereinfachten Verfahrens begründende Beschaffenheit der Anlage mit Bescheid festzustellen und erforderlichenfalls Aufträge zum Schutz der gemäß § 74 Abs.2 sowie der gemäß § 77 Abs.3 und 4 wahrzunehmenden Interessen zu erteilen; dieser Bescheid gilt als Genehmigungsbescheid für die Anlage .... . Nachbarn (§ 75 Abs.2) haben eine auf die Frage, ob die Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens vorliegen, beschränkte Parteistellung.... .

 

3.3.2. Weil es sich unstrittig um eine den Kriterien des § 359b GewO unterliegende Betriebsanlage handelt, ist von einer auf die Frage, ob die Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens vorliegen, beschränkten Parteistellung der Nachbarn auszugehen. Aus dieser Gesetzesbestimmung ergibt sich auch, dass die erforderlichen Aufträge zum Schutz der gemäß § 74 Abs.2 GewO sowie der gemäß § 77 Abs.3 und 4 GewO wahrzunehmenden Interessen zu erteilen sind.

 

Die beantragte Änderung der Betriebszeiten dahingehend, dass diese hinsichtlich der nordseitig der Betriebsanlage gelegenen Parkplätze erweitert werden und der nordseitig gelegenen Hauptzugang erst zu einem späteren Zeitpunkt abzusperren ist, ist nicht als Änderung gemäß § 79c GewO zu qualifizieren. Vielmehr entspricht dies einer Änderung des Betriebsablaufs und ist damit eine Änderung des gemäß Bescheid vom 21. September 2012, Ge20-125-2012, genehmigten Betriebszustandes.

 

Eine solche Änderung aber ist dem vereinfachten Verfahren gemäß § 359b GewO (und nicht etwa einem Verfahren gem. § 79c GewO) zu unterziehen, verliert doch die Betriebsanlage durch die Ausweitung der Betriebszeiten bzw. verspätete Räumung des Parkplatzes nicht den Charakter einer Anlage gemäß § 359b Z2.

 

In diesem Verfahren aber ist dem Nachbarn die beschränkte Parteistellung hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen zur Durchführung des vereinfachten Verfahrens einzuräumen. Es entspricht den Verfahrensgrundsätzen, ihm die Möglichkeit zu geben, seine Einwendungen darzulegen und ihm diesbezüglich Gehör zu gewähren.

 

Soweit die Berufung in diesem Zusammenhang den mit der Novelle BGBl I Nr. 85/2013 dem § 356 GewO angefügten Absatz 4 ins Treffen führt, wonach Nachbarn in den Verfahren betreffend die Aufhebung oder Abänderung von Auflagen (§ 79c Abs.1), Abweichungen vom Genehmigungsbescheid einschließlich seiner Bestandteile (§ 79c Abs.2) und Betriebsübernahmen (§ 79d) auch insoweit Parteistellung haben, als damit neue oder größere nachteilige Wirkungen im Sinne des § 74 Abs.2 GewO verbunden sein können, ist dem entgegenzuhalten, dass der Gesetzgeber mit der Anfügung des Abs.4 zu § 356 GewO die beschränkte Parteistellung des § 359b GewO nicht erweitern wollte.

 

Der Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie, 2261 der Beilagen zu den stenografischen Protokollen des Nationalrats XXIV.GP, führt dazu aus, dass die Parteistellung der Nachbarn an die neuen Möglichkeiten für den Betriebsinhaber angepasst werden sollen. Auch Nachbarn, die im Genehmigungsverfahren keine Parteistellung hatten (z.B. weil sie erst nachträglich zugezogen sind oder aus sonstigen Gründen die Parteistellung im Genehmigungsverfahren nicht aufrecht geblieben ist), sollen Parteistellung in den im Interesse des Betriebsinhabers geführten Verfahren haben, wenn damit neue oder größere nachteilige Wirkungen im Hinblick auf die Schutzinteressen verbunden sein können.

 

§ 359b GewO aber stellt nur auf die in Z1 und 2 der Bestimmung normierten Kriterien ab und  § 356 Abs.4 GewO  bezieht sich hingegen nur auf Auflagen gemäß § 79c und § 79d, nicht jedoch auf Aufträge die gemäß § 359b erteilt werden.

 

Der Berufung ist zuzugestehen, dass mit § 356 Abs.4 eine Erweiterung der Parteienrechte der Nachbarn, in den in dieser Bestimmung angeführten Verfahren, normiert wurde.

§ 359b GewO enthält jedoch keine Einschränkung der beschränkten Parteistellung, vergleichbar dem § 356 Abs.3 GewO. Daraus ist ersichtlich, dass sich schon aus dem Gesetzestext des § 359b GewO ergibt, dass es nicht einer expliziten Erweiterung der beschränkten Parteistellung bedarf, um in einem weiteren die Betriebsanlage gemäß § 359b GewO betreffenden Verfahren eine Parteistellung hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen für ein vereinfachtes Verfahren anzunehmen. Vielmehr ist die Parteistellung im Hinblick auf diese Frage einem Verfahren gemäß § 359b GewO implizit.

Dies wird umso deutlicher durch verfassungsgemäße Interpretation im Sinne des Gleichheitsgrundsatzes  durch die Ausdehnung der Nachbarrechte gemäß § 356 Abs.4 GewO in den dort angeführten Verfahren.

 

3.3.3. Gemäß § 66 Abs.2 AVG kann die Berufungsbehörde den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.

 

Weil der Nachbar W B in seinen Parteirechten, nämlich in seiner beschränkten Parteistellung zur Geltendmachung von Einwänden zum Vorliegen der Voraussetzungen für ein vereinfachtes Verfahren, übergangen wurde, hat die belangte Behörde dem Rechtsmittelwerber nachträglich Parteistellung zu dieser Frage einzuräumen. Denn Nachbarn sind berechtigt, Einwendungen im Hinblick auf die Überprüfung des Vorliegens der Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens zu erheben bzw. eine auf die Prüfung dieser Frage beschränkte Berufung zu erheben. Die belangte Behörde hat das Verfahren gemäß § 359b GewO daher unter Beiziehung des Nachbars im Hinblick auf seine beschränkten Parteirechte durchzuführen.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G

 

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

 

H I N W E I S

 

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

 

Mag.a Gerda Bergmayr-Mann

 

 

 

 

VwSen-531382/2/BMa/HK vom 22. Oktober 2013

 

GewO 1994 §356 Abs4;

GewO 1994 §359b

 

* Eine beantragte Änderung der Betriebzeiten dahingehend, dass diese hinsichtlich der nordseitig der Betriebsanlage gelegenen Parkplätze erweitert werden und der nordseitig gelegene Hauptzugang erst zu einem späteren Zeitpunkt abzusperren ist, ist eine Änderung des genehmigten Betriebsablaufs und dem vereinfachten Verfahren gemäß § 359b GewO 1994 (und nicht etwa einem Verfahren gemäß § 79c GewO 1994) zu unterziehen, wenn die Betriebsanlage durch die Ausweitung der Betriebszeiten bzw. verspätete Räumung des Parkplatzes nicht den Charakter einer Anlage gemäß § 359b Z 2 GewO 1994 verliert.

 

* Der Gesetzgeber wollte mit der Anfügung des Abs. 4 zu § 356 GewO 1994 die beschränkte Parteistellung des § 359b GewO 1994 nicht erweitern, denn § 359b GewO 1994 stellt nur auf die in Z 1 und 2 der Bestimmung normierten Kriterien ab; § 356 Abs. 4 GewO 1994 hingegen bezieht sich nur auf Auflagen gemäß § 79c und § 79d GewO 1994, nicht jedoch auf Aufträge, die gemäß § 359b GewO 1994 erteilt werden.

 

* § 359b GewO 1994 enthält keine dem § 356 Abs. 3 GewO 1994 vergleichbare Einschränkung der beschränkten Parteistellung. Daraus ist ersichtlich, dass sich schon aus dem Gesetzestext des § 359b GewO 1994 ergibt, dass es nicht einer expliziten Erweiterung der beschränkten Parteistellung bedarf, um in einen weiteren, die Betriebsanlage gemäß § 359b GewO 1994 betreffenden Verfahren die Parteistellung hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen für ein vereinfachtes Verfahren anzunehmen. Vielmehr ist die Parteistellung im Hinblick auf diese Frage einem Verfahren gemäß § 359b GewO 1994 implizit. Dies wird umso deutlicher durch verfassungsgemäße Interpretation im Sinne des Gleichbehandlungsgrundsatzes durch die Ausdehnung der Nachbarrechte gemäß § 356 Abs. 4 GewO 1994 in den dort angeführten Verfahren.

 

 

 

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