Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523115/30/Zo/CG

Linz, 27.11.2013

 

                                                                                                                                                                                                           

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn x, geb. x, vertreten durch Rechtsanwalt x, vom 16.03.2012, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Braunau vom 27.02.2012, wegen Abweisung des Antrages auf Erteilung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

 

 

Aus Anlass der Berufung wird festgestellt, dass der Berufungswerber unter folgenden Einschränkungen zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B gesundheitlich geeignet ist:

 

-      Befristung bis 18.05.2013

-      Drogenhaaranalyse betreffend Cannabinoide, Kokaingruppe, Amphetamingruppe, Opiate und Benzodiazepine, bis zu diesem Zeitpunkt, wobei das Kopfhaar ca. 6 cm lang sein soll.

-      Nachuntersuchung durch den Amtsarzt bis spätestens 18.05.2013

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a Z.1 AVG iVm §§ 3 Abs.1 Z.3, 5 Abs.1, 8 Abs.2 und 3 FSG iVm § 14 Abs.5 FSG-GV

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.            Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag des Berufungswerbers auf Wiedererteilung der Lenkberechtigung für die Klasse B mangels gesundheitlicher Eignung abgewiesen.

Dieser Bescheid wurde mit dem negativen amtsärztlichen Gutachten vom 20.02.2012 begründet, welches sich im Wesentlichen auf die (zweite) verkehrspsychologische Stellungnahme vom 05.12.2011 stützte.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung machte der Berufungswerber nach Darstellung des bisherigen behördlichen Verfahrensganges zusammengefasst geltend, dass der Facharzt für Psychiatrie seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von KFZ der Gruppe 1 bejaht habe, wobei zum Nachweis der Abstinenz (betreffend Alkohol und Cannabis) Kontrollen in 3-monatigen Abständen empfohlen wurden. In der verkehrspsychologischen Stellungnahme wurde ebenfalls eine bedingte Eignung festgestellt. Erst nach einem Hinweis durch die Amtsärztin habe der Verkehrspsychologe seine Stellungnahme dahingehend abgeändert, dass die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung nicht ausreichend gegeben sei.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Braunau am Inn hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt, Einholung weiterer verkehrspsychologischer sowie fachärztlicher Stellungnahmen und amtsärztlicher Gutachten und Wahrung des Parteiengehörs.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Dem Berufungswerber wurde im August 2004 die Lenkberechtigung der Klasse B mangels gesundheitlicher Eignung entzogen (Cannabiskonsum). Am 25.08.2004 verschuldete er als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen x einen Verkehrsunfall, bei dem ein Radfahrer tödlich verletzt wurde. Zu diesem Zeitpunkt befand er sich in einem durch Alkohol und Suchtmittel (Cannabis) beeinträchtigten Zustand und war nicht im Besitz einer Lenkberechtigung. Wegen dieses Vorfalles wurde rechtskräftig ein „Mopedfahrverbot“ für die Dauer von 36 Monaten verhängt und ausgesprochen, dass dem Berufungswerber in dieser Zeit keine Lenkberechtigung erteilt werden darf. Weiters wurde er aufgefordert, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten hinsichtlich seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen beizubringen. Vom OLG Linz wurde er zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten verurteilt.

 

Der Berufungswerber beantragte am 15.10.2010 die Wiedererteilung der Lenkberechtigung für die Klasse B. Im erstinstanzlichen Verfahren brachte er  mehrere unauffällige CDT-Werte und einen unauffälligen Harnbefund bei. Die fachärztliche psychiatrische  Stellungnahme vom 29.06.2011 ergab seine Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 unter der Bedingung einer konsequenten Abstinenz bezüglich Alkohol und Cannabis. Die verkehrspsychologische Stellungnahme vom 25.10.2011 ergab eine bedingte Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen unter der Voraussetzung, dass sich die alkoholspezifischen Laborparameter im Normbereich befinden. Es wurden verschiedene Einschränkungen empfohlen. Aufgrund eines Schreibens der Amtsärztin der Bezirkshauptmannschaft Braunau, in welcher der Vorfall vom August 2004 sowie die damalige Cannabisproblematik dargestellt wurde, änderte die verkehrspsychologische Untersuchungsstelle ihre Stellungnahme dahingehend ab, dass der Berufungswerber nicht zum Lenken von Kraftfahrzeugen geeignet ist. Daraufhin erging der nunmehr angefochtene Bescheid.

 

Im Berufungsverfahren wurde vorerst eine verkehrspsychologische Stellungnahme vom 02.05.2012 eingeholt, wonach der Berufungswerber aus verkehrspsychologischer Sicht zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B geeignet sei. Im Rahmen der Untersuchung hätten sich keine Gefährdungsmomente ergeben, welche eine Verlaufskontrolle betreffend Alkohol und Drogen rechtfertigen könnte. Die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit sei insgesamt ausreichend gegeben. Bei der amtsärztlichen Untersuchung am 25.05.2012 verlangte die Amtsärztin die Durchführung einer Haaruntersuchung auf Drogen und Ethylglucuronid, um die behauptete Drogen- und Alkoholabstinenz überprüfen zu können. Dies sei auch durch die eher schlechten Ergebnisse der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit begründet.

 

Der Berufungswerber legte unauffällige Laborwerte (Gamma-GT und CDT) vom 20.06.2012 vor. Die verkehrspsychologische Stellungnahme wurde auf Ersuchen des UVS unter Berücksichtigung der Abweichungen zwischen dem Unfallbericht und der Darstellung des Berufungswerbers dieses Vorfalles ergänzt. Dabei führte der Verkehrspsychologe aus, dass Abweichungen von der Aktenlage nach 8 Jahren aufgrund der möglichen Gedächtnisverzerrungen nicht zwingend auf eine bewusste Beschönigung schließen lassen. Aus verkehrspsychologischer Sicht werde an der Eignung festgehalten. Am 25.09.2012 wurde beim Berufungswerber eine Haarprobe durchgeführt, welche bei Amphetaminen eine „Spur“ und bei Methamphetaminen einen Wert von 0,11 ng/mg ergaben. Alle anderen Ergebnisse verliefen negativ. Entsprechend dem Gutachten des Untersuchungslabors spricht dieses Ergebnis für eine gelegentliche Aufnahme von Amphetaminen („Ice“ oder „Crystal Meth“). Unter Berücksichtigung dieses Untersuchungsergebnisses kam die Amtsärztin zu dem Ergebnis, dass der Berufungswerber trotz des ihm bekannten Termines der bevorstehenden Haaruntersuchung Drogen konsumiert habe. Um seine gesundheitliche Eignung bejahen zu können, sei jedoch eine stabile Drogenabstinenz von mindestens 12 Monaten zu fordern. Es bestehe der dringende Verdacht auf Alkohol- und Drogenmissbrauch bzw. Abhängigkeit.

 

Am 19.06.2013 wurde beim Berufungswerber nochmals eine Haarprobe entnommen, wobei die Untersuchung diesmal auf alle Drogen negativ verlief. Es wurde nochmals eine verkehrspsychologische Stellungnahme eingeholt, welche wiederum die Eignung des Berufungswerbers zum Lenken von Kraftfahrzeugen ergab. Eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme vom 16.09.2013 ergab die Eignung des Berufungswerbers zum Lenken von Kraftfahrzeugen. Da diese Stellungnahme das Ergebnis der ersten Haaranalyse nicht berücksichtigte, wurde der Facharzt um eine Ergänzung gebeten, wobei er ausführte, dass aus der Untersuchung, der Anamnese und den gesamten Laborbefunden der Gesamteindruck einer sehr günstigen Prognose bestehe. Der Berufungswerber habe klare Lebensziele und ein gutes Problembewusstsein, er sei überzeugend motiviert, auch weiterhin abstinent zu leben und Verantwortung zu übernehmen und seine psychosoziale Situation sei als stabil einzustufen.

 

Unter Berücksichtigung aller dieser Untersuchungsergebnisse kam die Amtsärztin der Abteilung Gesundheit in ihrem Schreiben vom 18.11.2013 zusammengefasst zu dem Schluss, dass – sofern von einer gesundheitlichen Eignung des Probanden zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 ausgegangen werden könne - in jedem Fall eine weitere Verlaufskontrolle bezüglich der Einnahme von Drogen in Form von Haaranalysen über einen längeren Zeitraum erforderlich sei, weil ein objektivierbarer Abstinenznachweis derzeit nur für einen Zeitraum von 6 Monaten vorliege.

 

Dieses Gutachten wurde dem Vertreter des Berufungswerbers und der Verwaltungsbehörde zur Kenntnis gebracht, beide erklärten sich mit einer entsprechenden Einschränkung der Lenkberechtigung einverstanden.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 3 Abs.1 Z.3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken.

 

Gemäß § 14 Abs.5 FSG-GV ist Personen, die Alkohol, Sucht- oder Arzneimittel abhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.

 

Gemäß § 2 Abs.3 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung (FSG-GV) ist die Lenkberechtigung nur bis zu dem Zeitpunkt der nächsten amtsärztlichen Nachuntersuchung befristet, erforderlichenfalls unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen, zu erteilen, wenn das ärztliche Gutachten eine amtsärztliche Nachuntersuchung oder ärztliche Kontrolluntersuchungen vorschreibt. Die Befristung ist gemäß § 13 Abs.2 FSG in den Führerschein einzutragen. Werden ärztliche Kontrolluntersuchungen als Auflage vorgeschrieben, so ist der Befund oder das Gutachten in den vorgeschriebenen Zeitabständen gemeinsam mit dem Führerschein der Behörde vorzulegen.

 

5.2. Die fachärztlichen psychiatrischen Stellungnahmen vom Juni 2011 und vom September 2013 sowie die verkehrspsychologischen Untersuchungen vom Oktober 2011 und Juli 2013 ergaben die Eignung des Berufungswerbers zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B. Richtig ist allerdings, dass alle diese Stellungnahmen die Vorgeschichte des Berufungswerbers (bis zum Jahr 2004) bzw. das Ergebnis der Haaranalyse vom September 2012 nicht zur Gänze berücksichtigen. Die Amtsärztin kam unter Berücksichtigung sämtlicher in den letzten Jahren durchgeführten Untersuchungsergebnisse zu dem Schluss, dass – sofern von einer gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausgegangen werden könne - in jedem Fall eine weitere Verlaufskontrolle erforderlich sei.

 

Im Hinblick auf die umfangreichen Untersuchungen und deren Ergebnisse ist das zuständige Mitglied des UVS davon überzeugt, dass der Berufungswerber derzeit zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse 1 geeignet ist. Eine derartige Eignung wäre nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann ausgeschlossen, wenn der Berufungswerber suchtmittelabhängig wäre oder aufgrund der Untersuchungsergebnisse begründet davon ausgegangen werden müsste, dass er in einem durch Suchtmittel beeinträchtigten Zustand ein Kraftfahrzeug lenken würde. Das Verfahren hat dahingehend jedoch keine ausreichend konkreten Anhaltspunkte ergeben. Auch die Amtsärztin schloss die Eignung nicht mehr aus. Zu dem positiven Ergebnis der Haaranalyse vom September 2009 ist darauf hinzuweisen, dass Amphetamin lediglich im Grenzbereich festgestellt wurde, was nach der Beurteilung durch das Untersuchungslabor auf einen gelegentlichen Konsum hinweist. Im Hinblick darauf erscheint zwar eine weitere Überprüfung der Drogenabstinenz durch eine Haaranalyse in 6 Monaten sachlich gerechtfertigt und erforderlich, die Eignung des Berufungswerbers zum Lenken von Kraftfahrzeugen kann durch dieses grenzwertige Untersuchungsergebnis jedoch nicht begründet in Frage gestellt werden.

 

Sollte auch die nächste Haaranalyse keinen Hinweis auf einen Drogenkonsum des Berufungswerbers ergeben, so ist – sofern nicht sonstige Umstände auftauchen, welche Zweifel an der gesundheitlichen Eignung des Berufungswerbers begründen könnten – nach Ansicht des zuständigen Mitgliedes des UVS kein Grund gegeben, noch weitere Untersuchungen anzuordnen oder die Lenkberechtigung des Berufungswerbers nochmals einzuschränken.

 

 

 

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G

 

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

 

H I N W E I S

 

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 18,20 Euro angefallen.

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

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