Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-151054/5/Lg/Ba

Linz, 04.11.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des W H, vertreten durch Rechtsanwalt D C, N, G, Deutschland, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 4. Juli 2013, Zl. BZ-BauR-11016-2013, wegen Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes (BStMG) zu Recht erkannt:

 

 

I. Das ange­fochtene Straferkenntnis wird dem Grunde nach bestätigt und die Berufung insoweit abgewiesen. Die Geldstrafe wird jedoch auf 150 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 17 Stunden herabgesetzt.

 

II. Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich auf 15 Euro. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: §§ 16 Abs.2, 19, 20, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: §§ 64f VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.  Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 300 Euro bzw. eine Ersatzfrei­heitsstrafe in Höhe von 30 Stunden verhängt, weil ihm Folgendes vorgeworfen wurde:

 

"Sie haben am 19.09.2012 gegen 17:10 Uhr das Kfz mit dem Intern. Kennzeichen D, Kennzeichen X, im Gemeindegebiet Wels, Bezirk Wels-Stadt auf der A 25, Fahrtrichtung Knoten Wels, bis zu km 14.580, gelenkt, ohne dass die für die Benützung vorgeschriebene Maut ordnungsgemäß entrichtet wurde und am Kraftfahrzeug die für die Benützung von Autobahnen vorgeschriebene Vignette ordnungsgemäß angebracht war. Diese Verwaltungsübertretung wurde von den automatischen Kontrolleinrichtungen des Mautsystems Österreich erkannt und im System unter der Deliktsnummer 770002012091917104317 registriert. (Es war am Fahrzeug keine gültige Mautvignette angebracht.)

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§§ 10, 11 und 20 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Mauteinhebung auf Bundesstraßen (Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 - BStMG) BGBl.Nr. 109/2002"

 

Begründend führt das angefochtene Straferkenntnis aus:

 

"Mit Strafverfügung vom 18.02.2013, BZ-BauR-11016-2013 wurde über Sie eine Geldstrafe von € 300,-- (30 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) gemäß Bundesstraßenmautgesetz 2002 verhängt, weil Ihnen folgendes zur Last gelegt wurde:

'Sie haben am 19.09.2012 gegen 17:10 Uhr das Kfz mit dem Intern. Kennzeichen D, Kennzeichen X, im Gemeindegebiet Wels, Bezirk Wels-Stadt auf der A 25, Fahrtrichtung Knoten Wels, bis zu km 14.580, gelenkt, ohne dass die für die Benützung vorgeschriebene Maut ordnungsgemäß entrichtet wurde und am Kraftfahrzeug die für die Benützung von Autobahnen vorgeschriebene Vignette ordnungsgemäß angebracht war. Diese Verwaltungsübertretung wurde von den automatischen Kontrolleinrichtungen des Mautsystems Österreich erkannt und im System unter der Deliktsnummer 770002012091917104317 registriert.

(Es war am Fahrzeug keine gültige Mautvignette angebracht.)'

 

Aufgrund Ihres Einspruches vom 28.02.2013 gegen die Strafverfügung vom 18.02.2013 wird nunmehr ein ordentliches Verfahren eingeleitet. In Ihrem Einspruch geben Sie unter anderem folgendes an:

 

'Namens und in Vollmacht unseres Mandanten legen wir hiermit gegen Ihre Strafverfügung vom 18.02.2013 Einspruch ein.'

 

Dazu wurde seitens der Behörde mit Schreiben vom 12.03.2013 eine Stellungnahme der ASFINAG eingeholt. In dieser Stellungnahme vom 23.04.2013 wird unter anderem folgendes festgehalten:

 

'In Österreich besteht auf dem hochrangigen Straßennetz eine Mautpflicht. Demnach darf das mautpflichtige Straßennetz nur benutzt werden, sofern man die Maut ordnungsgemäß entrichtet. Gemäß § 3 BStG sind auch die Autobahnrastplätze Teil des hochrangigen Straßennetzes. Mautordnung Teil A I findet Anwendung auf alle Kraftfahrzeuge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht bis einschließlich 3,5t. Im gegenständlichen Fall benutzte der Lenker des Fahrzeuges das mautpflichtige Straßennetz mit einer nicht ordnungsgemäß geklebten Vignette. Die Vignette war nicht komplett von der Trägerfolie abgelöst worden, weshalb auch das schwarze Kreuz (x) der Trägerfolie ersichtlich ist. Die Vignette muss mit dem originären Klebstoff -komplett - an der Scheibe angebracht werden. Das war nicht der Fall. Dadurch konnten die Sicherheitsmerkmale nicht aktiviert werden die eine eventuelle Manipulation der Vignette verhindern sollen, z.B. Verwendung für ein weiteres Fahrzeug. Somit hatte die Vignette keine Gültigkeit.

Der alleinige Erwerb oder Besitz einer Vignette erfüllt nicht die gesetzlichen Bestimmungen zur korrekten Entrichtung der Maut.'

 

Die Behörde hat darüber wie folgt erwogen:

Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG 2002 i.d.g.F. ist die zeitabhängige Maut (Vignette) vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten. Im weiteren wird die Anbringung dieser Mautvignette durch Teil A I 7.1 der Mautordnung für die Autobahnen und Schnellstraßen Österreichs wie folgt normiert: 'Die Vignette ist - nach Ablösen von der Trägerfolie - unbeschädigt und direkt so auf die Innenseite der Windschutzscheibe anzukleben, dass sie von außen gut sicht- und kontrollierbar ist. Das Ablösen und Umkleben einer bereits geklebten gültigen Vignette ist unzulässig.'

Im konkreten Fall wurde eine Vignette gekauft, jedoch wurde, wie auf den Beweisbildern der ASFINAG erkenntlich, diese nicht ordnungsgemäß an der Windschutzscheibe angebracht. (Diese Beweisbilder liegen diesem Schreiben bei.)

Dies steht im Widerspruch zur o.a. Rechtsvorschrift und besteht hier somit eine Verwaltungsübertretung, welche zu einer Verwaltungsstrafe führt. Hinsichtlich der Strafhöhe wird seitens der Behörde darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Betrag von € 300,-- um die Mindeststraße lt. Bundesstraßenmautgesetz 2002 i.d.g.F. handelt. Der Strafrahmen beträgt lt. dem zitierten Gesetz € 300,-- bis € 3.000,--."

 

 

2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht:

 

"Es wird beantragt,

 

die Strafverfügung der Stadt Wels vom 18.02.2013 in Gestalt des Strafer­kenntnisses vom 04.07.2013, jeweils ergangen zu Aktenzeichen BZ-BauR-11016-2013, aufzuheben und den Betroffenen freizusprechen.

 

Zur Begründung dieses Antrages führen wir aus, dass die Ermittlungen ergeben haben, dass der Betroffene eine Vignette korrekt erworben hatte. Dem Betroffenen wird lediglich vorgeworfen, diese nicht korrekt an der Windschutzscheibe angebracht zu haben. Dass der Betroffene die Vignette angebracht hatte, steht fest. Nach Meinung der Stadt Wels war dies lediglich in nicht ordnungsgemäßer Art und Weise erfolgt.

 

Der Betroffene hat die Vignette allerdings nach bestem Wissen und Gewissen an der Wind­schutzscheibe angebracht. Nähere Instruktionen darüber, wie die Vignette korrekt anzubrin­gen ist, hat der Betroffene nicht erhalten. Dies wurde ihm bei Erwerb der Vignette nicht gesagt und schriftliche Anbringungshinweise hat der Betroffene auch nicht erhalten.

 

Vielmehr konnte und durfte der Betroffene davon ausgehen, dass er die Vignette korrekt angebracht hatte, sodass sich ihm auch nicht aufdrängen musste, diese falsch angebracht zu haben.

 

Dann aber hat der Betroffene nicht vorsätzlich gehandelt. Nicht einmal fahrlässiges Verhal­ten ist dem Betroffenen insoweit vorzuwerfen.

 

Um in irgendeiner Art und Weise ordnungswidrig zu handeln ist allerdings ein vorsätzliches, zumindest jedoch fahrlässiges Verhalten notwendig. Dies liegt nicht vor, sodass der Betrof­fene freizusprechen ist."

 

 

3. Dem Bw wurde ein Gutachten des Amtssachverständigen folgenden Inhalts übermittelt:

 

"Auf der Bildvergrößerung ist im Kreis der Vignette das auf der Deckfolie abgedruckte Kreuz eindeutig erkennbar. Am linken Musterfoto einer Jahresvignette ist dieses Kreuz als Beispiel dargestellt.

 

Auf der Vergrößerung ist weiters ersichtlich, das sich am unteren Kreisrand der Vignette wahrscheinlich ein Barcode befindet, der dort im Orginalzustand der Vignette nicht vorhanden ist. Auf der Deckfolie einer Vignette ist an der Vorder- und an der Rückseite ein Barcode aufgedruckt. In irgendeiner unzulässigen Art und Weise wurde die Trägerfolie mit der Vignette kombiniert, sodass mit der dokumentierten Anbringung der Vignette das 'Kreuz' und wahrscheinlich ein Barcode der Vignette erkennbar ist.

 

Bei einer ordnungsgemäß an der Windschutzscheibe angeklebten Vignette, die vorher zur Gänze von der Trägerfolie abgelöst worden ist und direkt auf die Windschutzscheibe geklebt wird, ist weder ein Barcode noch das 'Kreuz' augenscheinlich erkennbar, da sich diese Merkmale auf der Trägerfolie befinden, die bei korrekter Anbringung nicht mehr vorhanden sein dürfen. Im gegenständlichen Fall wurde die Vignette daher nicht wie vorgeschrieben an der Windschutzscheibe montiert.

 

An der Rückseite jeder Vignette befindet sich ein einfach verständlicher Montagehinweis in deutscher Sprache, aus dem hervorgeht, dass die Vignette zur Gänze von der Trägerfolie abgelöst werden muss und dann direkt auf die Windschutzscheibe geklebt werden muss."

 

 

4. Dazu nahm der Bw wie folgt Stellung:

 

"Unser Mandant hat die Vignette ordnungsgemäß erworben. Es steht auch fest, dass er die Vignette an der Windschutzscheibe angebracht hatte.

 

Ein nicht ordnungsgemäßes Anbringen löst keinen Straftatbestand aus, erst recht kann von vorsätzlichem Handeln nicht die Rede sein.

 

Es wird daher angeregt, das Verfahren einzustellen.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wird nicht begehrt."

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt (Befestigung der Vignette ohne Ablösen der Trägerfolie) ist unbestritten. Die rechtliche Beurteilung dieses Sachverhalts durch das angefochtene Straferkenntnis ist – aus den dort angegebenen Gründen – korrekt. Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und, da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind, auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Nicht entschuldigend wirkt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Rechtsunkenntnis des Bw; in diesem Zusammenhang sei auch auf die Befestigungsanleitung auf der Rückseite der Vignette verwiesen. Auszugehen ist daher von Fahrlässigkeit bzw. nicht geringfügigem Verschulden.

Hinsichtlich der Bemessung der Strafhöhe ist zu berücksichtigen, dass es sich gegenständlich um eine 10-Tages-Vignette gehandelt hat, bei der die Missbrauchsgefahr durch Verwendung der Vignette für mehrere Fahrzeuge im Vergleich zu einer Jahresvignette entsprechend herabgesetzt ist. Unter dem Aspekt der Lochung war die Vignette am Tattag gültig. Daher erscheint die Anwendung und Ausschöpfung des außerordentlichen Milderungsrechts (§ 20 VStG) vertretbar. Die Einstellungskriterien des § 45 Abs.1 Z 4 VStG sind im Hinblick auf den angesprochenen Verschuldensgrad und die Intensität der Rechtsgutverletzung nicht erfüllt.

 

Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G

 

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

 

H I N W E I S

 

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

 

Dr. Ewald Langeder