Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-560285/3/Kl/TK

Linz, 29.11.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 5. Kammer (Vorsitzende: Mag. Michaela Bismaier; Berichterin: Dr. Ilse Klempt; Beisitzer: Mag. Thomas Kühberger) über die Berufung des X, X, gegen den Bescheid der Oö. Landesregierung vom 22.04.2013, Zl. SO-130501/16-2013-Pf, wegen Kosten für Leistungen sozialer Hilfe nach dem Oö. Sozialhilfegesetz zu Recht erkannt:

Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als der Spruch wie folgt abgeändert wird:

„X ist verpflichtet, dem Sozialhilfeverband X die Kosten der sozialen Hilfe zum Lebensunterhalt für X, geb. x, vom 04.05.2010 bis zum 31.12.2010 zu ersetzen.“

Im Übrigen wird die Berufung abgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idgF, iVm §§ 41 Abs 1,  41 Abs 3 Z 2 und 5,  44 Abs 1 und 66 Abs.3  Oö. Sozialhilfegesetz – Oö. SHG 1998, LGBl.Nr. 82/1998 idF. LGBl.Nr. 74/2011  sowie § 53 Abs. 5 Oö. Mindestsicherungsgesetz – Oö. BMSG, LGBl Nr. 74/2011


Entscheidungsgründe:

1. Mit Bescheid der Oö. Landesregierung vom 22.04.2013, Zl. SO-130501/16-2013-Pf, erging über den vom Sozialhilfeverband X mit Schreiben vom 05.07.2010, Zl. SHV-17.128-2010-SG/Kj, eingebrachten Antrag auf Entscheidung gemäß § 44 Oö. Sozialhilfegesetz nachfolgender Spruch:

 

„X ist verpflichtet, dem Sozialhilfeverband X die Kosten der sozialen Hilfe zum Lebensunterhalt für X, geb- x, ab dem 4. Mai 2010 zu ersetzen.“

 

Begründend führte die belangte Behörde – nach Schilderung des Sachverhalts und Wiedergabe der gesetzlichen Bestimmungen – im Wesentlichen aus, dass der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 11.05.2010, mit dem X Hilfe zum Lebensunterhalt zuerkannt worden sei, in Rechtskraft erwachsen sei.

Eine zu Unrecht bezogene Leistung sei gemäß § 35 Abs. 8 Oö. Mindestsicherungsgesetz zurückzufordern. Der Gesetzgeber habe in der zitierten Norm festgelegt, dass für Leistungsbezieher eine Rückerstattungspflicht bestehe, wenn die Leistung wegen bewusst unwahrer Angaben oder bewusster Verschweigung wesentlicher Tatsachen zu Unrecht zugekommen sei. Korrekturen für die Vergangenheit seien nicht im Leistungsverfahren selbst, sondern in einem gesonderten Verfahren vorzunehmen.

Herr X habe vor der Gewährung der Sozialhilfeleistung durch die Bezirkshauptmannschaft X mehr als 150 Tage lang seinen Aufenthalt im Gebiet der Bezirkshauptmannschaft X gehabt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.

 

2. Gegen diesen Bescheid wurde rechtzeitig Berufung eingebracht. In der Berufung macht x als Berufungswerber (im Folgenden Bw) falsche rechtliche Beurteilung geltend und führt im Wesentliche dazu aus, dass nicht nachvollziehbar sei, warum der Rückersatzanspruch auf § 35 Abs. 8 Oö. Mindestsicherungsgesetz gestützt werde, da hier nur geregelt sei, dass eine Rückerstattungspflicht auch für Überbezüge iSd § 13 Abs. 6 leg.cit. bestehe, wenn deren Abrechnung auf Grund deren Einstellung der Leistung oder auf Grund der Wertgrenze nicht durch Einbehaltung von Leistungsbestandteilen durchgeführt werden könne. Tatsächlich handle es sich bei dem genannten Vergleich um den Ausfluss der Rückerstattungspflicht gemäß § 35 Abs. 2 Oö. Mindestsicherungsgesetz. Danach hätten Hilfsbedürftige oder deren gesetzliche Vertreter, denen bedarfsorientierte Mindestsicherung unter anderem wegen bewusst unwahrer Angaben oder bewusster Verschleierung wesentlicher Tatsachen zu Unrecht zugekommen ist, diese zurückzuerstatten oder dafür angemessen Ersatz zu leisten. Rückerstattungspflichten wegen bewusst unwahrer Angaben oder bewusster Verschweigung wesentlicher Tatsachen würden nicht der Verjährung unterliegen.

Mit dem Nichtbestehen der Leistungspflicht sei zwingend verbunden, dass auch keine Kostentragungspflicht des Bw bestehe. Es handle sich beim Rückersatzverfahren nicht um ein völlig isoliertes und vom Leistungsverfahren losgelöstes Verfahren, sondern sei eine gegenseitige Wechselwirkung zu berücksichtigen. Eine gegenteilige Auffassung würde dazu führen, dass etwa bei einer einmaligen bewusst unwahren Angabe bei grundsätzlichem Vorliegen der zeitlichen Verhältnisse gemäß § 41 Oö. SHG immer der ursprüngliche Wohnsitz-Sozialhilfeverband zahlungspflichtig wäre, obwohl klar feststehe, dass die grundsätzliche Anspruchsberechtigung zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht bestanden habe und somit – wie im konkreten Fall - bei späterem tatsächlichen Leistungsanspruch die zeitlichen Voraussetzungen des § 41 Abs. 1 Oö. SHG gar nicht (mehr) vorliegen würden.

Da vom 04.05.2010 bis zum 31.10.2010 keine Leistungspflicht nach dem Oö. SHG bestanden habe, seien die zeitlichen Anforderungen des § 41 Abs. 1 Oö. SHG nicht gegeben. Daher bestehe auch keine Kostenersatzpflicht des X. Der angefochtene Bescheid sei zu Unrecht ergangen.

 

Durch die Nachzahlung der Familienbeihilfe sei auch zu diesem Zeitpunkt wieder ein verwertbares Vermögen vorhanden gewesen, welches dazu geführt habe, dass kein Anspruch auf eine Leistung von Sozialhilfe bestanden habe. Damit sei ab diesem Zeitpunkt, nachdem dadurch mindestens drei Monate kein Rechtsanspruch mehr bestanden habe, gemäß § 41 Abs. 2 die Verpflichtung zum Kostenersatz durch den Bw nicht weiter gegeben gewesen.

 

Der Bw beantragt die Abänderung des angefochtenen Bescheides dahingehend, dass der Bw nicht verpflichtet ist, dem Sozialhilfeverband X die Kosten der sozialen Hilfe zum Lebensunterhalt für X, geb. x, für die Zeit ab dem 04.05.2010 zu ersetzen.

 

3.1. Die Oö. Landesregierung als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt.

Gemäß § 66 Abs. 3 Oö. SHG entscheidet über Berufungen gegen Bescheide gemäß §§ 28, 44, 52, 61 und 65 leg.cit. der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in zweiter Instanz durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer (§ 67a AVG).

 

3.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu GZ SO-130501/16-2013-Pf.

Da schon aufgrund der Aktenlage der Sachverhalt zweifelsfrei feststeht, eine mündliche Verhandlung nicht beantragt wurde und auch nicht für erforderlich erachtet wurde, ist eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 67d AVG nicht durchzuführen.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht als erwiesen fest und wird der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

Herr X, geb. x, war lt. Zentralem Melderegister vom 30.10.1996 bis zum 04.09.2008 im Haus seines Bruders in x, X, Bezirk X gemeldet.

Herr X wurde mit Urteil des LG Linz vom 10.02.1998, Zl. Vr 1563/97, 26 Hv 25/97, in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen und am 12.04.2010 bedingt entlassen. Herr X war während seiner Anhaltung in der JA X in einer Einrichtung von x bzw. im X-Krankenhaus untergebracht. Diese Unterbrechung der Unterbringung zur Erreichung der Vollzugszwecke erfolgte auf Anweisung der Justizanstalt X auf Basis des § 166 StVG, um den Betroffenen entsprechend seinem Zustand ärztlich, insbesondere psychiatrisch, psychotherapeutisch, psychohygienisch und erzieherisch zu betreuen.

Vom 05.01.2010 bis zum 12.04.2010 war Herr X in der X-Klinik, Psychiatrie, in stationärer Behandlung. Herr X wurde am 12.04.2010 gemäß § 47 StGB aus der Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher bedingt entlassen (LG Linz 20 BE 612/091-9). Die Probezeit wurde mit fünf Jahren festgelegt. Herrn X wurde die Weisung erteilt, seinen Wohnsitz in einer engmaschig betreuten Wohneinrichtung zu nehmen.

Vom 04.11.2008 bis zum 18.06.2011 war er an der Adresse x, X (x) gemeldet. Der Verein x ist eine forensisch - psychiatrische Einrichtung und betreibt an obiger Adresse die Wohneinrichtung X, welche ein Übergangswohnen zur Delogierungsprävention anbietet.

 

Bei Herrn X wurde im Kurzarztbericht der Nervenklinik X vom 12.04.2010 eine leichte Intelligenzminderung mit Verhaltensstörung diagnostiziert. Frau Dr. X von der Forensischen Ambulanz stellte Herrn X den Befund aus, dass dieser arbeitsunfähig ist.

 

Frau X, die Sachwalterin von Herrn X, hat im Zuge einer Vorsprache beim Stadtamt X, siehe Niederschrift vom 04.05.2010, den Antrag auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes gestellt. In diesem Antrag hat die Sachwalterin niederschriftlich angegeben, dass Herr X über keinerlei Vermögen verfüge.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 11.05.2010, SHV-17.128-2010-Sg/Kj, wurde Herrn X vom 04.05.2010 bis zum 30.06.2010 Hilfe in sozialer Notlage (Hilfe zum Lebensunterhalt)gewährt.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 19.07.2010, SHV-17.128/2010-Sg/Kj, wurde Herrn X vom 01.07.2010 bis zum 31.12.2010 Hilfe in sozialer Notlage (Hilfe zum Lebensunterhalt) gewährt.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 03.01.2011, SHV-17.128/2011-Sg/RR, wurde Herrn X ab 01.01.2011 laufend Hilfe in sozialer Notlage (Hilfe zum Lebensunterhalt) gewährt.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 19.07.2011, SHV-17.128/2011-Sg/Kj, wurde die mit Bescheid vom 03.01.2011 Herrn X gewährte laufende Hilfe mit 31.07.2011 eingestellt.

 

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft X vom 11.05.2010 erging die Anzeige gem. § 43 Abs. 1 Oö. SHG an die Bezirkshauptmannschaft X, dass Herrn X It. o.a. Bescheid Sozialhilfe geleistet wird, und wurde um Anerkennung der endgültigen Kostenersatzpflicht ersucht. Mit Schreiben vom 29.06.2010 wurde die endgültige Tragung der Kosten für Herrn X vom Bw mit der Begründung abgelehnt, dass Herr X in einer Einrichtung von x lebe, folglich zur Zielgruppe von x zähle und es ihm deshalb zumutbar sei, eine Hauptleistung nach dem Oö. ChG in Anspruch zu nehmen, um dadurch in den Genuss von Subsidiärem Mindesteinkommen zu gelangen. Dadurch wäre sein Lebensunterhalt gesichert. Mit Schreiben vom 05.07.2010 hat die Bezirkshauptmannschaft X den Antrag auf Entscheidung über die endgültige Kostentragung gemäß § 44 Oö. SHG 1998 gestellt.

 

Der Bw hat die belangte Behörde per E-Mail vom 20.07.2012 informiert, dass bei der Bezirkshauptmannschaft X am 17.03.2011 ein Antrag auf Gewährung einer Leistung nach dem Oö. ChG eingelangt sei. In diesem Antrag wurde von der Sachwalterin ein Vermögen von ca. 10.700,- Euro angegeben. Auf Grund dieser Tatsache sei die Leistung sofort einzustellen und Herr X sei zum Ersatz der aufgewendeten Kosten zu verpflichten. Weiters würde davon ausgegangen, dass Herr X in den Geltungsbereich des Oö. ChG falle.

 

Mit E-Mail vom 27.07.2012 wurden der belangten Behörde von der Bezirkshauptmannschaft X Sparbuchkopien vorgelegt, welche belegen, dass Herr X zum Zeitpunkt der Antragsstellung über ein Sparbuchvermögen in der Höhe von 4.836,24 Euro verfügt hat. Im Zuge einer Vorsprache bei der Bezirkshauptmannschaft X am 26.07.2012 habe Frau X (Sachwalterin von Herrn X) erklärt, dass anlässlich der beiden Vorsprachen im Mai und im Juli 2010 die Ersparnisse beim Stadtamt X vorgelegt worden seien. Weiters wurde eine Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes vom 19.01.2011 vorgelegt, mit welcher Herrn X die erhöhte Familienbeihilfe rückwirkend ab April 2010 zuerkannt wurde. Eine Pensionsbestätigung für die Eltern von Herrn X wurde ebenfalls beigelegt.

 

Mit E-Mail vom 06.12.2012 wurde der Behörde von der Bezirkshauptmannschaft X die Niederschrift des Stadtamtes X vom 07.07.2010 vorgelegt. In dieser wird die Aussage von Frau X, der Sachwalterin von Herrn X protokolliert, dass sich an den Einkommensverhältnissen nichts geändert hat. Dass Herr X über Vermögen verfügt, wurde im Zuge dieser Vorsprache nicht bekanntgegeben.

Am 11.01.2013 fand in der Bezirkshauptmannschaft X eine Amtshandlung statt, wobei die Sachwalterin von Herrn X, Frau X X, über die Vermögensverhältnisse ihres Mandanten befragt wurde. Sie wurde informiert, dass ca. 3.800,00 Euro an Sozialhilfe zuviel bezogen wurde. Frau X teilte mit, dass sie einem Vergleich zustimmen würde. Lt. Beiblatt wurden von Herrn X vom Mai 2010 bis zum Juli 2011 Leistungen in der Gesamthöhe von 11.523,23 Euro bezogen. Laut Vergleich vom 25.02.2013, Zl. SHV10-17128-2013, sollen 3.800,-- Euro in Ratenzahlung als Ersatz für die durch den Sozialhilfeträger für sich in der Zeit vom 04.05. – 31.10.2010 gewährte soziale Hilfe zurückbezahlt werden. Mit E-Mail vom 04.03.2013 wurde dies der Bezirkshauptmannschaft X mitgeteilt. Am selben Tag wurde von der Bezirkshauptmannschaft X geantwortet und mitgeteilt, dass auf Grund des vorhandenen Vermögens zum Zeitpunkt der Antragstellung die Leistung zu Unrecht erfolgt sei und zu einem späteren Zeitpunkt die Voraussetzung des § 41 Abs. 4 Oö. Sozialhilfegesetz 1998 nicht mehr vorgelegen sei. Das Ergebnis der ergänzenden Erhebungen über den Aufenthalt von Herrn X in der Einrichtung von x wurden den Parteien am 25.03.2013 zur Kenntnis gebracht.

 

4.2. Die aufgenommenen Beweise haben den festgestellten Sachverhalt in sich widerspruchsfrei und schlüssig dargetan. Wie der Bw in der Berufungsschrift selbst mehrfach festhält, war der der gegenständlichen Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt unstrittig, weshalb nur eine falsche rechtliche Beurteilung geltend gemacht wurde.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Allgemein gilt der Grundsatz, dass die Behörde ihrer Entscheidung jene Rechtslage zugrunde legen muss, die im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides in Geltung ist. Dies trifft auch auf die Rechtsmittelbehörde zu. Wenn sich daher zwischen Antragstellung und Erlassung des Bescheides die Rechtslage ändert, ist die neue Rechtslage maßgeblich, es sei denn, dass Übergangsbestimmungen anderes anordnen.

 

Mit dem Landesgesetz, mit dem das Gesetz über die bedarfsorientierte Mindestsicherung in Oberösterreich (Oö. Mindestsicherungsgesetz - Oö. BMSG) erlassen wird, LGBl. Nr. 74/2011, wurden Aufgaben sozialer Hilfe zur Ermöglichung und Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens aus dem Oö Sozialhilfegesetz ausgelagert und neu geregelt. Gemäß § 54 Abs. 1 Oö. BMSG trat dieses Landesgesetz mit 1. Oktober 2011 in Kraft. Das Regime des Oö. BMSG stellt grundsätzlich immer auf den Hauptwohnsitz bzw. Aufenthalt des Hilfeempfängers ab (vgl. § 28 Abs. 4 und § 49 Abs. 2 iVm. § 45 Abs.1 Oö. BMSG), sodass mit der Neuregelung der Kostentragung kein Kostenersatz zwischen den einzelnen regionalen Trägern sozialer Hilfe mehr vorgesehen ist (vgl. AB 434/2011 Blg LT XXVII. GP 64). Für vor diesem Zeitpunkt des Inkrafttretens erbrachte Leistungen wurde eine Sonderregelung getroffen.

 

Die Übergangsbestimmung des § 53 Abs. 5 Oö. BMSG lautet wie folgt:

 

„(5) Der Wegfall des Kostenersatzes zwischen den regionalen Trägern der bedarfsorientierten Mindestsicherung tritt nur hinsichtlich jener Leistungen ein, die nach dem 1. Jänner 2011 zuerkannt wurden. Für Leistungen, die bereits vor dem 1. Jänner 2011 zuerkannt wurden, gelten die §§ 41 bis 44 Oö. Sozialhilfegesetz 1998 weiter.“

 

Gemäß § 41 Abs. 1 des Landesgesetzes über die soziale Hilfe in Oberösterreich (Oö. Sozialhilfegesetz 1998 - Oö. SHG 1998), LGBl. Nr. 82/1998 idF. LGBl. Nr. 74/2011, hat für Kosten für Hilfen, auf die ein Rechtsanspruch besteht und die durch einen regionalen Träger geleistet wurden, sowie für Kosten durch Übernahme der Bestattungskosten jener regionale Träger Kostenersatz zu leisten, in dessen Bereich sich der Hilfeempfänger während der letzten sechs Monate vor Leistung der Hilfe an insgesamt mindestens 150 Tagen aufgehalten hat.

 

Gemäß § 41 Abs. 3 Z 2 und 5 Oö. SHG 1998 bleiben bei der Berechnung der Frist nach Abs. 1 Aufenthalte in Kranken- und Kuranstalten bzw. Aufenthalte in einer Justizanstalt oder einer Anstalt für mit Freiheitsentziehung verbundenen Maßnahmen (§§ 21 bis 23 des Strafgesetzbuches) außer Betracht.

 

Gemäß § 43 Abs. 1 Oö. SHG 1998 hat der regionale Träger dem vermutlich zum Kostenersatz verpflichteten regionalen Träger die Leistung sozialer Hilfe ohne unnötigen Aufschub, längstens aber innerhalb von sechs Monaten ab Beginn der Hilfeleistung, anzuzeigen und gleichzeitig alle für die Beurteilung der Kostenersatzpflicht maßgeblichen Umstände mitzuteilen. Desgleichen ist jede Änderung dieser Umstände längstens innerhalb von sechs Monaten mitzuteilen.

 

Gemäß § 43 Abs. 2 Oö. SHG 1998 gebührt, wenn die Anzeige der Leistung sozialer Hilfe nach Ablauf der im Abs. 1 genannten Frist erfolgt, nur Kostenersatz für die innerhalb von sechs Monaten vor der Anzeige und nach Anzeigeerstattung erwachsenen Kosten.

 

Gemäß § 43 Abs. 3 Oö. SHG 1998 hat der regionale Träger, dem eine Hilfeleistung nach Abs. 1 angezeigt wurde, innerhalb von sechs Monaten nach Einlangen der Anzeige die Kostenersatzpflicht schriftlich anzuerkennen oder abzulehnen. Wird keine Stellungnahme abgegeben, gilt der Kostenersatzanspruch des anzeigenden regionalen Trägers als anerkannt.

 

Gemäß § 44 Abs. 1 Oö. SHG 1998 kann der anzeigende regionale Träger innerhalb von zwei Monaten nach Ablauf der Frist nach § 43 Abs. 3 leg.cit. bei der Landesregierung die Entscheidung über die Kostenersatzpflicht beantragen, wenn der regionale Träger, dem eine Hilfeleistung angezeigt wurde, das Bestehen seiner Kostenersatzpflicht schriftlich ablehnt. Die Landesregierung hat auch über sonstige Streitigkeiten aus Kostenersatzansprüchen der regionalen Träger gegeneinander mit Bescheid zu entscheiden.

 

5.2. Aufgrund der Übergangsregelung des § 53 Abs. 5 Satz 1 Oö. BMSG wird der grundsätzliche Wegfall des Kostenersatzes (§ 45 Oö. BMSG) insofern eingeschränkt, als dieser Wegfall des Kostenersatzes nur hinsichtlich jener Leistungen eintritt, die nach dem 1. Jänner 2011 zuerkannt wurden. Im gegenständlichen Fall entfällt die Kostenersatzverpflichtung also für jene Leistungen, die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 03.01.2011, SHV-17.128/2011-Sg/RR, Herrn X von 01.01.2011 bis 31.07.2011 gewährt wurden. Im Sinn des zum Entscheidungszeitpunkt anzuwendenden § 45 Abs.1 Oö. BMSG hat daher die Bezirkshauptmannschaft X die von ihr geleistete bedarfsorientierte Mindestsicherung (vormals Hilfe zum Lebensunterhalt) selbst zu tragen.

 

5.3. Im Umkehrschluss aber fällt aufgrund der lex specialis des § 53 Abs. 5 Oö. BMSG die Kostenersatzverpflichtung für den Zeitraum der Gewährung sozialer Hilfe vom 04.05.2010 bis zum 31.12.2010 (also vor dem 1. Jänner 2011 zuerkannte Leistungen) nicht weg, und gelten gemäß § 53 Abs. 5 letzter Satz Oö. BMSG für Leistungen, die bereits vor dem 1. Jänner 2011 zuerkannt wurden, die §§ 41 bis 44 Oö. SHG 1998 weiter.

Für den Zeitraum vom 04.05.2010 bis zum 31.12.2010 ist daher zu untersuchen, welcher regionale Träger nach den Bestimmungen der §§ 41 bis 44 Oö. SHG 1998 zum Kostenersatz verpflichtet ist.

 

Die Zeit des Aufenthalts von X im Krankenhaus bzw. der Maßnahme in der Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher (vom 4.11.2008 bis 18.6.2011) ist gemäß § 41 Abs. 3 Z 2 und 5 Oö. SHG 1998 nicht in die Berechnung der Aufenthaltsdauer der letzten sechs Monate einzurechnen. Da unter Berücksichtigung dieser neutralen Zeiten zum Zeitpunkt der Gewährung der Hilfe zum Lebensunterhalt sich Herr X während der letzten sechs Monate vor Leistung der Hilfe (vom 30.10.1996 bis 4.11.2008) an insgesamt mindestens 150 Tagen im Bezirk X aufgehalten hat, war x der gemäß § 41 Abs. 1 Oö. SHG 1998 zum Kostenersatz verpflichtete regionale Träger.

 

5.4. Unstrittig wurden im vorliegenden Fall Sozialhilfeleistungen an X zu Unrecht zuerkannt.

Wie die belangte Behörde zutreffend ausführte, kommt der Landesregierung jedoch keine Kompetenz dahingehend zu, auf Grundlage von § 44 Abs. 1 Oö. SHG 1998 über die Rechtsrichtigkeit der ursprünglichen Entscheidung über die Gewährung von Sozialhilfe zu entscheiden. Vielmehr sieht das Oö. SHG 1998 in § 28 Abs. 2 bis 6 leg.cit. bzw. das Oö. BMSG in § 35 Abs. 2 bis 6 leg.cit. ein eigenes Verfahren zur Rückabwicklung von zu Unrecht zuerkannten Sozialhilfeleistungen vor, welches die Rechtskraft des (im Rahmen des Fehlerkalküls rechtskräftig gewordenen) Bescheides unberührt lässt. Der vorliegende und von der Behörde beurkundete Vergleich über die Rückerstattung hat gemäß § 28 Abs. 3 SHG 1998 die Wirkung eines gerichtlichen Vergleichs (§ 1 Z 15 Exekutionsordnung). Jedenfalls handelt es sich dabei mangels ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung um keinen Verwaltungsakt, der die Rechtskraft des ursprünglichen Bescheides der Bezirkshauptmannschaft X vom 11.05.2010, Zl. SHV-17.128-2010-SG/Kj, durchbrechen würde. Durch den Abschluss des (zivilrechtlichen) Vergleichs trat keine Änderung der Bescheidwirkungen ein.

 

Im vorliegenden Fall liegt rechtlich gerade keine vom Bw behauptete „gegenseitige Wechselwirkung“ zwischen dem Leistungsverfahren und dem Rückersatzverfahren vor, wenngleich beide faktisch verknüpft sind.

Daraus ergibt sich, dass im Sinne des angefochtenen Bescheides der Bw verpflichtet ist, dem Sozialhilfeverband X die Kosten der sozialen Hilfe zum Lebensunterhalt von X ab dem 04.05.2010 bis zum 31.12.2010 zu ersetzen.

 

Entgegen den Berufungsausführungen, dass kein Anspruch bzw. keine Verpflichtung zum Kostenersatz bestehe, wird auf § 41 Abs. 2 Oö. SHG 1998 hingewiesen, wonach die Verpflichtung zum Kostenersatz so lange dauert, „solange die Hilfe suchende Person Anspruch auf Sozialhilfe hat oder eine solche erhält.“ Auch endet die Verpflichtung zum Kostenersatz, wenn mindestens drei Monate keine Hilfe „geleistet wurde“ (§ 41 Abs. 2 letzter Satz Oö. SHG 1998). Nach dem eindeutigen Wortlaut des Oö. SHG wird daher auf die tatsächliche Leistung abgestellt und nicht – wie der Berufungswerber behauptet – bloß auf den Anspruch bzw. die Möglichkeit einer Leistung. Dass durch nachträgliche Kenntniserlangung der Behörde (zum Beispiel über Vermögen) zu Tage tritt, dass die ursprünglich erbrachte Leistung sozialer Hilfe zu Unrecht empfangen wurde, beeinträchtigt nicht den Kostenersatz, sondern ist – wie oben ausgeführt - Gegenstand eines gesondert anzustrengenden Rückersatzverfahrens nach § 28 Oö. SHG bzw. § 35 Oö. BMSG.

 

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.  

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw. als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Mag. Michaela Bismaier

 

VwSen-560285/3/Kl/TK vom 29. November 2013

 

Rechtssatz

 

Erkenntnis

 

§ 41 Abs.1 und Abs. 3 Z. 2 und 5 Oö. SHG 1998, LGBl. Nr. 82/1998 idF. LGBl. Nr. 74/2011

§ 44 Abs.1 Oö. SHG 1998

§ 53 Abs.5 Satz 1 Oö. BMSG, LGBl. Nr. 74/2011

 

Der Aufenthalt in einer Justizanstalt oder in einer Anstalt für mit Freiheitsentziehung verbundenen Maßnahmen ist für die Fristberechnung nach § 41 Abs. 1 Oö. SHG 1998 als „neutrale Zeit“ zu qualifizieren.

Wegfall der Kostenersatzpflicht durch das Oö. BMSG nur hinsichtlich jener Leistungen, die nach dem 1. Jänner 2011 zuerkannt wurden.

Zu Unrecht empfangene Leistungen sind nicht im Rahmen des § 44 Abs. 1 Oö. SHG zu prüfen und zurückzufordern; hierfür ist ein gesondertes Verfahren  vorgesehen.

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum