Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-167369/16/Kei/Bb/Bu

Linz, 05.12.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Michael Keinberger über die Berufung des x, geb. x, vertreten durch den Rechtsanwalt x, x, x, vom 29. Oktober 2012 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 10. Oktober 2012, GZ VerkR96-1219-2001-STU, betreffend Verwaltungsübertretungen nach dem Kraftfahrgesetz 1967 (KFG) und der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), nach Durchführung von öffentlichen mündlichen Verhandlungen am 17. Oktober 2013 und 5. November 2013, zu Recht erkannt:

 

I.            Die Berufung wird hinsichtlich Tatvorwurf 1) und 2) abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis wird diesbezüglich vollinhaltlich bestätigt.

 

Hinsichtlich Tatvorwurf 3) und 4) wird der Berufung stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.         Der Berufungswerber hat zu Tatvorwurf 1) und 2) zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren einen Kostenbeitrag in der Höhe von insgesamt 20 Euro (= 10 Euro + 10 Euro) zu bezahlen.

 

Bezüglich Tatvorwurf 3) und 4) hat der Berufungswerber keine Verfahrenskostenbeiträge zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 51, 51c, 51e, 19 und 45 Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II.: §§ 64 Abs.1 und 2, 65 und 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

 

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat x (dem Berufungswerber) im angefochtenen Straferkenntnis vom 10. Oktober 2012, GZ VerkR96-1219-2001-STU, die Begehung von Verwaltungsübertretungen nach 1) und 2) § 102 Abs.10 KFG, 3) § 102 Abs.1 iVm § 7 Abs.1 KFG und 4) § 11 Abs.2 StVO zur Last gelegt und über ihn Geldstrafen in der Höhe von 1) und 2) gemäß § 134 Abs.1 KFG je 30 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafen eine Ersatzfreiheitsstrafe von je 12 Stunden, 3) gemäß § 134 Abs.1 KFG eine Geldstrafe im Ausmaß von 80 Euro, im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 16 Stunden und 4) gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO eine Geldstrafe in der Höhe von 50 Euro, ersatzweise eine Freiheitsstrafe von 23 Stunden, verhängt. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages erster Instanz in der Höhe von insgesamt 19 Euro verpflichtet.

 

Dem Schuldspruch liegen folgende Tatvorwürfe zu Grunde (auszugsweise Wiedergabe):

 

„1) Sie haben als Lenker kein geeignetes Verbandszeug, das zur Wundversorgung geeignet und in einem widerstandsfähigen Behälter staubdicht verpackt und gegen Verschmutzung geschützt war, mitgeführt. Es wurde überhaupt kein Verbandszeug mitgeführt.

2) Sie haben keine geeignete, der ÖNORM EN 471 entsprechende Warnkleidung mit weiß reflektierenden Streifen mitgeführt.

3) Sie haben sich als Lenker, obwohl es Ihnen zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt, dass das von Ihnen verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass beim betroffenen Fahrzeug keine Radabdeckungen angebracht waren, obwohl Räder von Kraftfahrzeugen mit einer Bauartgeschwindigkeit von mehr als 25 km/h und Räder von Anhängern, mit denen eine Geschwindigkeit von 25 km/h überschritten werden darf, mit ausreichenden Radabdeckungen wie Kotflügeln und dergleichen versehen sein müssen. Position des Rades: stand deutlich sichtbar unter dem Kotflügel vor (2-3 cm).

 

Tatort: Gemeinde Engerwitzdorf, Gemeindstraße Freiland, x auf Höhe Haus „x“.

Tatzeit: 28.02.2011, 15.44 Uhr.

 

4) Sie haben die bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung nicht rechtzeitig angezeigt, wodurch sich andere Straßenbenützer auf den bevorstehenden Vorgang nicht einstellen konnten.

 

Tatort: Gemeinde Engerwitzdorf, Landesstraße Ortsgebiet, Engerwitzdorfer Straße, Kreuzungsbereich mit der x x in Fahrtrichtung Engerwitzdorf.

Tatzeit: 28.02.2011, 15.40 Uhr.

 

Fahrzeug: Kennzeichen x, PKW, Peugeot, 306, rot.“

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Berufungswerber im Wege seines ausgewiesenen Rechtsvertreters nach dem im Akt befindlichen Rückschein nachweislich am 15. Oktober 2012 zugestellt wurde, richtet sich die rechtzeitig – mit Schriftsatz vom 29. Oktober 2012 – erhobene Berufung, mit der beantragt wird, eine mündliche Berufungsverhandlung durchzuführen, der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben und die Einstellung zu verfügen, in eventu eine Ermahnung im Sinne des § 21 VStG auszusprechen bzw. die verhängten Geldstrafen auf ein angemessenen Maß von maximal je 30 Euro herabzusetzen.

 

Eingangs rügt der Berufungswerber zunächst das Unterbleiben von ihm im erstinstanzlichen Verfahren gestellten Beweisanträgen und beanstandet das erstinstanzliche Sachverständigengutachen. Er bestreitet sämtliche ihm zur Last gelegten Tatvorwürfe und führt im Wesentlichen aus, dass er sehr wohl ein Verbandszeug und eine Warnkleidung mitgeführt habe. Er habe diese Gegenstände lediglich dem Meldungsleger nicht vorgewiesen, was jedoch für sich nicht strafbar sei.

 

Des Weiteren führt er an, dass aus den Aktenunterlagen, insbesondere dem zu Grunde liegenden Lichtbild nicht erkennbar sei, ob an seinem Fahrzeug an der Vorderachse Radabdeckungen (Kotflügelverbreiterungen) vorhanden waren bzw. diese ausreichend waren oder nicht.  

 

Betreffend des Vorwurfes der Fahrtrichtungsänderung hielt der Berufungswerber fest, dass keine anderen Straßenbenützer durch seinen Richtungswechsel gefährdet oder behindert hätte werden können, sodass keine Verpflichtung zu einer entsprechenden Anzeige bestanden habe. Für das nachfolgende Dienstfahrzeug der Polizei, welches ihm offenbar in einem größeren Abstand nachgefolgt sei, sei die von ihm durchgeführte Fahrtrichtungsänderung in keiner Weise relevant gewesen, zumal sich durch sein Abbiegemanöver keinerlei notwendige Veranlassungen für allenfalls nachfolgende Fahrzeuge ergeben hätten.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat die Berufungsschrift unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsstrafaktes mit Vorlageschreiben vom 9. November 2012, GZ VerkR96-1219-2011, ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates zur Entscheidungsfindung (§ 51 Abs.1 VStG). Gemäß § 51c VStG entscheidet der Unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt und Durchführung von öffentlichen mündlichen Verhandlungen am 17. Oktober 2013 und 5. November 2013.

 

An der mündlichen Verhandlung am 17. Oktober 2013 haben der Berufungswerber und sein Rechtsvertreter sowie die Zeugen RI x, RI x und der Amtssachverständige für Verkehrstechnik Dipl.-HTL-Ing. x vom Amt der Oberösterreichischen Landesregierung, Direktion Straßenbau und Verkehr, Abteilung Verkehr, teilgenommen. Im Rahmen der Fortsetzungsverhandlung am 5. November 2013 waren der Rechtsvertreter des Berufungswerbers und der Amtssachverständige für Verkehrstechnik Dipl.-HTL-Ing. x anwesend. Ein Vertreter der erstinstanzlichen Behörde hat an beiden Verhandlungen entschuldigt nicht teilgenommen.

 

Der Berufungswerber bzw. dessen Rechtsvertreter wurden im Zuge der Verhandlungen gehört, die genannten Zeugen zum Sachverhalt befragt und der Amtssachverständige erstattete ein verkehrstechnisches Gutachten.

 

4.1. Es ergibt sich daraus für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender für die Entscheidung wesentlicher Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte am 28. Februar 2011 um 15.44 Uhr den – auf ihn zugelassenen – Pkw, Peugeot 306, rot, mit dem Kennzeichen x, im Gemeindegebiet von Engerwitzdorf, auf der x Straße (L x), in Richtung Kreuzungsbereich mit der x. Im Zuge einer Nachfahrt stellte die Außendienststreife Gallneukirchen x, besetzt mit RI x und RI x, fest, dass der Berufungswerber im Kreuzungsbereich x Straße – x nach links abbog, den bevorstehenden Linksabbiegevorgang jedoch nicht durch entsprechende Blinkzeichen angezeigte.   

 

Der Berufungswerber bestritt zwar nicht das Unterlassen der Anzeige seiner Fahrtrichtungsänderung, führte jedoch an, zur Abgabe von Blinkzeichen nicht verpflichtet gewesen zu sein. Er erläuterte dazu, sich in Annäherung an die Kreuzung x – x vor dem Linksabbiegen davon überzeugt zu haben, dass er von keinem anderen Fahrzeug überholt werde und er niemanden gefährde und behindere. Zum Zeitpunkt des Abbiegemanövers habe sich in der unmittelbaren Umgebung seines Fahrzeuges weder Gegenverkehr noch nachfolgend ein anderes Fahrzeug befunden, welches durch sein Abbiegemanöver gefährdet oder behindert hätte werden können. Deshalb sei auch zur Anzeige der Fahrtrichtungsänderung nicht erforderlich gewesen.

 

Auf Höhe des Hauses „x“ wurde der Berufungswerber schließlich von den beiden Polizeibeamten zum Zwecke der Durchführung einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle angehalten. Bei der polizeilichen Kontrolle wurde festgestellt, dass der Berufungswerber kein geeignetes Verbandzeug und keine entsprechende Warnkleidung mit weiß retroreflektierenden Streifen mitführte, da er trotz polizeilicher Aufforderung diese Ausrüstungsgegenstände nicht vorweisen konnte. Des Weiteren nahmen die Beamten wahr, dass am Fahrzeug des Berufungswerbers keine ausreichenden Radabdeckungen angebracht gewesen seien, da die Vorderräder deutlich sichtbar in einem Ausmaß von ca. 2 bis 3 cm unter den Kotflügeln vorstanden. Es wurde diesbezüglich von den Beamten an Ort und Stelle ein Lichtbild angefertigt.

 

Während der Berufungswerber auch den Vorwurf der mangelnden Radabdeckungen als auch das Nichtmitführen eines Verbandszeugs sowie einer entsprechenden Warnbekleidung in Abrede stellte, bestätigten die Meldungsleger als Zeugen den diesbezüglich angezeigten Sachverhalt. Der Berufungswerber legte von ihm eigens angefertigte Lichtbilder über den Zustand der Räder seines Fahrzeuges vor. Auch von Verbandszeug und Warnkleidung brachte der Berufungswerber Lichtbilder bei, und verantwortete sich damit, dass er das Verbandszeug und die Warnkleidung im Kontrollzeitpunkt nicht auffinden habe können, da diese auf Grund einer Bremsung unter den Fahrersitz gerutscht seien.

 

Der Amtssachverständige für Verkehrstechnik stellte dazu fest, dass unter Zugrundelegung vom Berufungswerber vorgelegten Lichtbilder von einer korrekten Radabdeckung auszugehen sei. Aus dem im Rahmen der polizeilichen Anhaltung angefertigten Lichtbild, das dem erstinstanzlichen Verfahren zu Grunde gelegt worden sei, werde augenscheinlich zwar der Eindruck erweckt, dass das rechte Vorderrad möglicher Weise vorsteht, jedoch könne nicht ausgeschlossen werden, dass bei dieser Aufnahme die Räder des Fahrzeuges nicht gerade, sondern zumindest leicht nach rechts eingeschlagen sind. Wenn man von einem leichten Rechtseinschlag der Räder ausgehe, dann sei es nachvollziehbar, so der Sachverständige, dass die Radabdeckungen als nicht ausreichend eingestuft worden seien. Die Vorschrift über die Radabdeckung gelte hingegen nur für gerade eingeschlagene Räder.

 

Bezüglich Verbandspaket und Warnkleidung führte der Sachverständige an, dass theoretisch die Möglichkeit bestehe, dass diese durch mehrere starke Bremsungen von der Rücksitzbank auf den Boden gefallen und in weiterer Folge unter den Fahrzeugsitz gerutscht sein könnten; dies aber nur dann, wenn der Abstand zwischen Fahrersitz und Boden des Fahrzeuges groß genug gewesen sei, dass das Verbandszeug auf Grund seiner Höhe überhaupt hinein rutschen hätte können. Auf Grund der vorgelegten Lichtbilder des Berufungswerbers könne aber nicht festgestellt werden kann, ob das Verbandspaket mit „leichten Druck“ unter den Sitz geschoben wurde, oder, ob die Höhe zwischen Fahrersitz und Boden soweit ausreichend gewesen sei, dass man davon ausgehen könnte, dass bei einer entsprechend starken Verzögerung das Verbandspaket nach vorne rutsche. Weiter wurde festgehalten, dass, wie auf seinen vorgelegten Lichtbildern ersichtlich sei, unter der Rücksitzbank oder hinter dem Fahrersitz eine Matte auf dem Boden liege, welche das Verrutschen des Verbandspaketes erschwere.

 

4.2. In freier Beweiswürdigung wird Folgendes festgehalten:

 

Der Vorwurf des Nichtmitführens von Verbandszeug und Warnkleidung wird auf Grund der übereinstimmenden zeugenschaftlichen Aussagen der Sicherheitsorgane für wahr angenommen. Dabei wurde berücksichtigt, dass die Polizeibeamten einen Diensteid abgelegt haben und sich durch eine vorsätzliche falsche Aussage einer strafgerichtlichen und disziplinarrechtlichen Verfolgung aussetzen würden, und dass schließlich die Beamten des Verkehrsüberwachungsdienstes eine besondere Schulung über richtige Wahrnehmung von Verkehrsvorgängen genossen haben.  

 

Der Amtssachverständige hat zwar ausgeführt, dass es theoretisch möglich sein könnte, dass das Verbandszeug und die Warnkleidung auf Grund von starken Bremsungen unter den Fahrersitz gerutscht sein könnten, allerdings ist dies für den Oö. Verwaltungssenat sehr unwahrscheinlich, da Zweifel daran bestehen, dass der Abstand zwischen Fahrersitz und Boden des Fahrzeuges so groß war, dass das Verbandszeug auf Grund seiner Höhe überhaupt hinter den Fahrersitz rutschen konnte, wobei hinzu kommt, dass die möglicherweise zum damaligen Zeitpunkt im Fond des Fahrzeuges auf dem Boden liegende Matte das Verrutschen zusätzlich erschwerte.

 

Selbst unter der Annahme, dass sich das Verbandzeug und die Warnkleidung zum Kontrollzeitpunkt unter dem Fahrersitz befunden haben, ist diese bloße Behauptung alleine nicht ausreichend, um den Tatvorwurf zu entkräften, stellt doch das Nichtvorweisen trotz entsprechender polizeilicher Aufforderung ein begründetes Indiz für das Nichtmitführen dar. Das Vorbringen des Berufungswerbers ein geeignetes Verbandzeug und Warnkleidung mitgeführt zu haben, wird daher als Schutzbehauptung gewertet werden.

 

Bezüglich der mangelnden Radabdeckung war den schlüssig und gut nachvollziehbaren Darstellungen des Sachverständigen dahingehend zu folgen, dass auf Grund der vom Berufungswerber beigebrachten Lichtbilder von einer korrekten Radabdeckung auszugehen sei. Zum Kontrollzeitpunkt seien die Räder des Fahrzeuges möglicher Weise leicht nach rechts eingeschlagen gewesen, sodass sich daraus für die Polizeibeamten der Mangel an den Radabdeckungen ergeben habe. Die Vorschrift über die Radabdeckung sei nur auf gerade eingeschlagene Räder anwendbar.

 

Hinsichtlich seiner Fahrtrichtungsänderung verantwortete sich der Berufungswerber von Anfang an damit, es hätte keiner Anzeige bedurft, da sich kein anderer Straßenbenützer in seiner unmittelbarer Nähe befunden hätte, der durch seinen unternommenen Wechsel der Fahrtrichtung betroffen gewesen wäre. Im Ergebnis ist diesbezüglich der Version des Berufungswerbers zu folgen, da sich aus der Anzeige und den Zeugenaussagen der Beamten nur ergibt, dass der Berufungswerber seine Fahrtrichtungsänderung nicht angezeigt hat. Es fehlt aber jeder Hinweis darauf, dass sich die Beamten oder andere Verkehrsteilnehmer auf den Fahrstreifenwechsel nicht hätten einstellen können. Der Umstand, dass der Streifenwagen dem Fahrzeug des Berufungswerbers folgte, besagt allein noch nichts über die Notwendigkeit einer Anzeige der Fahrtrichtungsänderung, da im Verfahren weder nicht bekannt wurde, in welchem Abstand sie hinterem dem Fahrzeug des Berufungswerbers nachfuhren, noch, ob sich noch weitere Straßenbenützer im Nahbereich des Fahrzeuges des Berufungswerbers befunden haben, etc.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht darüber Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 102 Abs.10 erster Satz KFG hat der Lenker auf Fahrten Verbandzeug, das zur Wundversorgung geeignet und in einem widerstandsfähigen Behälter staubdicht verpackt und gegen Verschmutzung geschützt ist, sowie bei mehrspurigen Kraftfahrzeugen eine geeignete Warneinrichtung und eine geeignete, der ÖNORM EN 471 entsprechende Warnkleidung mit weiß retroreflektierenden Streifen mitzuführen.

 

5.1.1. Wie bereits oben dargelegt, wurde der Berufungswerber zum Vorzeigen von Verbandspacket und Warnweste aufgefordert. Er hat diese Ausstattungsgegenstände nicht vorgezeigt bzw. den Polizisten nicht zugänglich gemacht, weshalb er die ihm vorgeworfenen Übertretungen zu Tatvorwurf 1) und 2) des angefochtenen Straferkenntnisses objektiv betrachtet begangen hat.

 

Auf Grund der Fahrlässigkeitsfiktion gemäß § 5 Abs.1 VStG hat der Berufungswerber seine Verhaltensweise auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten; gegenteiliges lässt sich weder aus dem Sachverhalt noch aus den Ausführungen des Berufungswerbers schließen.

 

5.2. Gemäß § 102 Abs.1 erster Satz KFG darf der Kraftfahrzeuglenker ein Kraftfahrzeug erst in Betrieb nehmen, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, davon überzeugt hat, dass das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug und ein mit diesem zu ziehender Anhänger sowie deren Beladung den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entsprechen;

 

Gemäß § 7 Abs.1 KFG müssen Kraftfahrzeuge und die mit ihnen gezogenen Anhänger außer Anhängeschlitten mit Reifen oder Gleisketten versehen sein, die nach ihrer Bauart, ihren Abmessungen und ihrem Zustand auch bei den höchsten für das Fahrzeug zulässigen Achslasten und bei der Bauartgeschwindigkeit des Fahrzeuges verkehrs- und betriebssicher sind, und durch die die Fahrbahn bei üblicher Benützung nicht in einem unzulässigen Ausmaß abgenützt werden kann; Räder von Kraftfahrzeugen mit einer Bauartgeschwindigkeit von mehr als 25 km/h und Räder von Anhängern, mit denen eine Geschwindigkeit von 25 km/h überschritten werden darf, müssen mit ausreichenden Radabdeckungen wie Kotflügeln und dergleichen versehen sein.

 

Gemäß § 11 Abs.2 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges die bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung oder den bevorstehenden Wechsel des Fahrstreifens so rechtzeitig anzuzeigen, dass sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellen können. Er hat die Anzeige zu beenden, wenn er sein Vorhaben ausgeführt hat oder von ihm Abstand nimmt.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

5.2.1. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlungen, insbesondere den diesbezüglichen Erläuterungen des Amtssachverständigen für Verkehrstechnik und den zeugenschaftlichen Ausführungen der Meldungsleger sowie den Überlegungen zur Beweiswürdigung (4.2) kann nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass die Radabdeckungen an den Vorderrädern des Fahrzeuges des Berufungswerbers mangelhaft waren, noch, dass der Berufungswerber zur Anzeige seiner bevorstehenden Fahrtrichtungsänderung tatsächlich verpflichtet gewesen wäre.

 

Es war daher der Berufung zu Tatvorwurf 3) und 4) stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis in diesen Spruchpunkten aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen. 

 

Nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Judikatur braucht der Lenker eines Fahrzeuges die bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung nur dann anzuzeigen, wenn andere Straßenbenützer durch die beabsichtigte Änderung der Fahrtrichtung gefährdet oder behindert werden könnten (z. B. VwGH 15. Dezember 1989, 89/18/0116).

 

5.3. Strafbemessung zu Tatvorwurf 1) und 2)

 

5.3.1 Gemäß § 19 Abs.1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Nach der anzuwendenden Verwaltungsstrafbestimmung des § 134 Abs.1 erster Satz KFG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5.000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer unter anderem diesem Bundesgesetz zuwiderhandelt.

 

5.3.2. Der Berufungswerber hat nach eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung ein monatliches Einkommen in der Höhe von ca. 1.400 Euro netto, er hat kein Vermögen und keine Sorgepflicht. Strafmildernd ist seine bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit und die lange Verfahrensdauer zu werten, ein Straferschwerungsgrund liegt nicht vor.

 

Die von der belangten Behörde zu Tatvorwurf 1) und 2) verhängten Geldstrafen in der Höhe von je 30 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe je 12 Stunden) bewegen sich im ganz untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens des § 134 Abs.1 KFG, sind tat- und schuldangemessen und aus spezial- und auch generalpräventiven Erwägungen in der festgesetzten Höhe erforderlich, um den Berufungswerber in Hinkunft von weiteren einschlägigen Tatbegehungen abzuhalten und ihn und auch die Allgemeinheit darauf hinzuweisen, dass Verbandszeug und Warnkleidung im Bedarfsfalle wichtige Gegenstände sind, die im Interesse der Verkehrssicherheit auf jeder Fahrt mitzuführen sind. Eine Herabsetzung der Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafen war daher insgesamt auch unter Berücksichtigung des Milderungsgrundes der langen Verfahrensdauer aus den dargestellten Gründen nicht möglich. Sein Einkommen wird dem Berufungswerber die Bezahlung der Verwaltungsstrafen zu 1) und 2) in jedem Fall ermöglichen.

 

Auch ein Absehen von der Bestrafung und Erteilung einer Ermahnung im Sinne des nunmehrigen § 45 Abs.1 Z4 VStG (VStG-Novelle, BGBl. I Nr. 33/2013, Inkrafttretedatum 1. Juli 2013) kam im konkreten Fall nicht in Betracht, da die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Berufungswerbers nicht als gering zu werten sind.

 

Es war somit spruchgemäß (Spruchpunkt I.) zu entscheiden.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch (Spruchpunkt II.) angeführten gesetzlichen Bestimmungen. Es wird auf die mit BGBl. I. Nr. 33/2013 erfolgte Änderung des § 64 VStG hingewiesen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

 

 

Dr. Michael  K e i n b e r g e r

 

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum