Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253463/13/Kü/TO/Ba

Linz, 27.11.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung von Herrn DI H R F, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. P L, Dr. A P, G, L, vom 26. März 2013 gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 12. März 2013, BZ-Pol-77004-2013, wegen Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung  am 20. November 2013  zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:                § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.:                § 66 VStG.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 12. März 2013, BZ-Pol-77004-2013, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 111 iVm § 33 Abs.1 ASVG  eine Geldstrafe in der Höhe von 365 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit derselben eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 56 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von 36,50 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

" Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als iSd § 9 Abs 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der Firma F Bau-Geschäftsführungs GmbH, der persönlich haftenden Gesellschafterin der F Bau GmbH & Co KG (Auftraggeberin), beide M, W, welche für die Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflicht keinen Bevollmächtigten bestellt hat, folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten:

Die oa. Firma hat als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG, ab 08.10.2012 bis zumindest zur Kontrolle am 11.10.2012, Herrn R R H, geb. X als Dienstnehmer (für Hilfsarbeiten), auf der Baustelle in B, K, in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt. Es erfolgte keine Anmeldung zur Sozialversicherung.

Für die Behörde war im vorliegenden Fall von einem Arbeitsverhältnis in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt auszugehen, da Unentgeltlichkeit nicht ausdrücklich vereinbart wurde und somit ein angemessenes Entgelt gem. § 1152 ABGB als bedungen gilt.

Der in Rede stehende Beschäftigte war der Firma organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen. Auch bestand eine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit. Die Höhe des Entgelts lag über der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 ASVG.

Obwohl dieser Dienstnehmer daher nicht von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen und daher in der Kranken- Unfall- und Pensionsversicherung vollversichert ist, wurde hierüber eine, zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung, bei der Oö. Gebietskrankenkasse, 4020 Linz, Gruberstraße 77, als zuständiger Sozialversicherungsträger, nicht vor Aufnahme der Tätigkeit, erstattet.“

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter ausführlicher Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen zusammengefasst aus, dass die spruchgegenständliche Verwaltungsübertretung am 21.1.2013 vom Finanzamt Grieskirchen Wels aufgrund einer dienstlichen Wahrnehmung angezeigt worden sei. Dies sei dem Bw mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 21.02.2013 zur Kenntnis gebracht worden. Mit Schreiben vom 26.02.2013 habe der Bw mitgeteilt, dass er nicht für diese Angelegenheit verantwortlich sei und eine Bestellurkunde über die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs.3 VStG und § 23 Abs.1 ArbIG vom 23.11.2011 vorgelegt. Eine telefonische Rücksprache bei der GKK Linz am 01.03.2013 habe ergeben, dass für die Firma F Bau GmbH & Co KG keine Meldung eines Bevollmächtigten nach § 35 Abs.3 ASVG vorliege.

Zur Strafbemessung wurde ausgeführt, dass das Verschulden des Bw geringfügig  und die Folgen unbedeutend gewesen wären, demnach unterschreite die verhängte Strafe die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe um die Hälfte.

 

2. Dagegen richtet sich die gegenständliche Berufung, in der das Straferkenntnis in seinem gesamten Umfang angefochten wird und Folgendes vorgebracht wird:

„Wie sich auch aus dem Strafakt ergibt, bin ich grundsätzlich davon ausgegangen, dass die F Bau GmbH & Co KG einen verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 VStG auch für den Bereich der Bestimmungen des ASVG bestellt hat. Aus diesem Grund habe ich an Stelle einer inhaltlichen Rechtfertigung lediglich den meiner Meinung nach verantwortlichen Beauftragten bekannt gegeben.

 

Erst durch das Straferkenntnis wurde mir bewusst, dass keine wirksame Bestellung erfolgt ist, ohne dass ich jedoch die Möglichkeit hatte, inhaltlich Stellung zu nehmen.

 

Insofern wird als Verfahrensmangel gerügt, dass es die Behörde unterlassen hat, mir ungeachtet der erkennbaren Tatsache, dass ich irrtümlich zunächst von der Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten ausgegangen bin, Möglichkeit zur inhaltlichen Stellungnahme einzuräumen.

 

Ebenso wird als Verfahrensmangel gerügt, dass es die Behörde entgegen ihrer Verpflichtung zur amtswegigen Aufklärung des Sachverhaltes unterlassen hat, im Sinne der aus dem Akt erkennbaren Anhaltspunkte entsprechende Nachforschungen zu pflegen, sondern ungeprüft den vom Finanzamt im Strafantrag angenommenen Sachverhalt (einschließlich der rechtlichen Würdigung des Finanzamts) als erwiesen angesehen hat. Eine gesetzliche Vermutung, dass die Würdigung eines Sachverhalts durch das Finanzamt zutrifft oder dass jemand deswegen unselbständig beschäftigt ist, weil das Finanzamt das annimmt, gibt es jedoch nicht. Darüber hinaus können sich allfällige dienstliche Wahrnehmungen der Finanzbeamten nur darauf beschränken, was an Ort und Stelle wahrnehmbar ist. Die in rechtlicher Hinsicht relevanten Umstände der vertraglichen Beziehungen entziehen sich aber einer dienstlichen Wahrnehmbarkeit, sodass die Behörde die ihr obliegende Verpflichtung zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts und der rechtlichen Würdigung nicht auf das Finanzamt als einer Partei des Verfahrens auslagern darf.

 

Hätte die Behörde den Sachverhalt im Sinne ihr des gesetzlichen Auftrags umfassend untersucht, so hätte sie zum Ergebnis kommen müssen, dass die F Bau GmbH & Co KG die ihr zur Last gelegte Verwaltungsübertretung schon objektiv nicht begangen hat, wobei festzuhalten ist, dass das Vorliegen eines strafbaren Tatbestands im VStG nicht vermutet wird:

 

Wie seitens des zuständigen Bauleiters im Zuge seiner Niederschrift angegeben, wurde der auf der Baustelle angetroffene Herr H über ein Fremdunternehmen vermittelt. Bei diesem vom Bauleiter als „V" bezeichneten Unternehmen handelt es sich um das - offensichtlich nicht protokollierte - Einzelunternehmen „V", dessen Inhaber Herr N H, H, W ist. Dieses Unternehmen stand - bis zum gegenständlichen Vorfall - mit der F Bau GmbH & Co KG in ständiger Geschäftsbeziehung und wurde regelmäßig mit der Durchführung von Baureinigungen beauftragt. In welcher Beziehung die von diesem Unternehmen beigestellten Personen zur Firma „V" standen, war für die F Bau GmbH & Co KG nicht von entscheidender Relevanz, wobei es in der Natur der Sache liegt, dass bei den durchzuführenden Reinigungsarbeiten den Anweisungen des Poliers Folge zu leisten ist, ohne dass durch diese Koordinierungskompetenz des Bauleiters die Mitarbeiter eines Fremdunternehmens zu Mitarbeitern der Fa. F Bau GmbH & Co KG werden könnten. Die Abrechnung durch die Fa. V erfolgte nach Regiepreisen, sodass die von diesem Unternehmen aufgewendeten Stunden der F Bau GmbH & Co KG in Rechnung gestellt wurden.

 

Der auf der Baustelle angetroffene Herr R R H war im Übrigen - wie nunmehr angestellte Nachforschungen ergeben haben - offensichtlich als Subunternehmer der „V" tätig. Tatsache ist, dass Herr R R H das freie Gewerbe des „Baustellenaufräumers" ausübt und auch entsprechend angemeldet hat (Magistrat der Stadt W, Register 990, Registernummer 106966F11).

Demnach ist es unzutreffend, dass Herr R R H als unselbstständiger Dienstnehmer der F Bau GmbH & Co KG tätig wurde. Viel mehr war er als selbstständiger Subunternehmer des von uns beauftragten Unternehmens V im Einsatz, sodass kein der Sozialversicherungspflicht im Sinne des ASVG unterliegendes Dienstverhältnis vorlag. Wenn Herr H - ungeachtet der Gewerbeanmeldung - in einem Dienstverhältnis gestanden sein sollte, dann aber sicherlich nicht mit der F Bau GmbH & Co KG sondern mit Herrn N H, sodass dieser zur Anmeldung verpflichtet gewesen wäre.

 

Tatsache ist, dass die F Bau GmbH & Co KG weder in der Lage noch dazu verpflichtet ist, alle Arbeiter, die durch Subunternehmen auf eine der Baustellen entsandt werden, zur Sozialversicherung anzumelden, insbesondere da auch bei im Rahmen des AÜG zur Verfügung gestellten Arbeitskräften die sozialversicherungsrechtlichen Verpflichtung den Überlasser treffen (§ 5 AÜG).

 

Zum Beweis der Richtigkeit meines Vorbringens werden die Rechnung der „V" vom 24.10.2012 über die dem Verfahren zugrunde liegenden Arbeiten sowie Gewerberegisterauszüge bezüglich R R H vorgelegt.

 

Weiter wird die Einvernahme der Zeugen

- N H, H,W

- R R H, S,W

- A Z, A, A sowie von

- R H (welcher die Geschäftsbeziehung mit der Fa. V begründet hat), dessen ladungsfähige Anschrift noch bekanntgegeben wird,

beantragt.

 

Ich stelle daher den Antrag,

1.) eine mündliche Berufungsverhandlung durchzuführen;

2.) das gegen mich gerichtete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.“

 

3. Der Bürgermeister der Stadt Wels hat die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 22. Mai 2013 vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am  20. November 2013, an welcher der Rechtsvertreter des Bw und ein Vertreter der Finanzverwaltung teilgenommen haben, sowie der Bauleiter, Herr A Z, als Zeuge einvernommen wurde.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

Der Bw ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der F Bau-Geschäftsführungs GmbH mit dem Sitz in M, W, welche persönlich haftende Gesellschafterin der F Bau GmbH & Co KG, mit dem gleichlautenden Sitz, ist. Innerhalb der F Bau GmbH & Co KG ist kein verantwortlich Beauftragter für den Bereich Ausländerbeschäftigung bestellt.

 

Im Jahr 2012 wurde von der Firma des Bw am Standort K, B, ein Einfamilienhaus errichtet. Im Oktober 2012 waren die Arbeiter der F Bau GmbH & Co KG vorwiegend mit Außenarbeiten, wie Steineverlegearbeiten, Erdarbeiten und Humusierungen beschäftigt.

 

Zum Zweck der Reinigung von Granitsteinen sowie diverser Reinigungsarbeiten im fertiggestellten Bauwerk hat der Bauleiter, Herr A Z – wie bei sonstigen Baustellen in der Vergangenheit auch der Fall – mit der Firma V V mit dem Sitz in W, H, Kontakt aufgenommen und dort Personal für Reinigungsarbeiten angefordert. Schriftliche Verträge mit der Firma V V haben im Oktober 2012 nicht bestanden, sondern war die Zusammenarbeit zwischen der F Bau GmbH & Co KG und der genannten Firma auf mündlicher Basis abgeklärt.

 

Wenn auf einer Baustelle Fremdpersonal benötigt wird, ist grundsätzlich der Bauleiter dafür zuständig und legt dieser fest, wie viel Fremdpersonal zum Einsatz gelangt. Bei der gegenständlichen Baustelle hat der Bauleiter der F Bau GmbH & Co KG, da sich die Baustelle dem Ende zugeneigt hat, Reinigungspersonal benötigt. Der Bauleiter hat gewusst, dass er in diesem Fall mit der Firma V V in W Kontakt aufnimmt und dort Personal für die Reinigungsarbeiten anfordern kann.

 

Auf Grund der Anforderung durch den Bauleiter wurde von der Firma V V neben einer anderen Person auch der rumänische Staatsangehörige R R H auf die Baustelle nach Buchkirchen geschickt. Diese Baustelle war nicht die erste Baustelle, auf der Herr H im Auftrag der F Bau GmbH & Co KG Reinigungsarbeiten durchgeführt hat. Aus diesem Grund wurde daher Herr H auf der gegenständlichen Baustelle weder vom Bauleiter noch vom Polier einer Personenkontrolle hinsichtlich der erforderlichen arbeitsmarktbehördlichen Papiere unterzogen.

 

Die Arbeitseinteilung auf der gegenständlichen Baustelle erfolgte in der Weise, als Herrn H unmittelbar vom Polier der F Bau GmbH & Co KG die notwendigen Reinigungsarbeiten angeordnet wurden. Grundsätzlich sollte Herr H vorerst Granitsteine von Mörtel- und Betonresten reinigen, damit diese wieder eingebaut werden konnten. Herr H hat diese Steine mit dem Hochdruckreiniger, der von der F Bau GmbH & Co KG zur Verfügung gestellt wurde, gereinigt. Außerdem war vorgesehen, dass Herr H Aufräumarbeiten im Gebäude selbst vornimmt. Herr H hatte die gleichen Arbeitszeiten wie die Arbeitnehmer der F Bau GmbH & Co KG, war im Arbeitsquartier der Arbeiter untergebracht und ist mit den anderen Arbeitern der Firma im Firmenbus zur Arbeitsstelle gefahren.

 

Herr H hat hinsichtlich seiner Arbeitsleistungen Stundenaufzeichnungen geführt, die vom Polier der Baustelle kontrolliert und gegengezeichnet wurden. Anhand dieser Stundenaufzeichnungen erfolgte die Abrechnung der Arbeitsleistungen nach Stunden zwischen der F Bau GmbH & Co KG und der Firma V V. Insgesamt war Herr H auf der gegenständlichen Baustelle in den Arbeitsbetrieb der Arbeiter der F Bau GmbH & Co KG eingegliedert.

 

Am 11.10.2012 wurde die gegenständliche Baustelle von Organen des Finanzamtes Grieskirchen Wels kontrolliert. Dabei wurde Herr H im Bereich einer Künette angetroffen und war er gerade damit beschäftigt, ein Kanalrohr zu reinigen. Diese Arbeit hat Herr H zusammen mit einem Arbeiter der F Bau GmbH & Co KG durchgeführt. Eine Anmeldung des Herrn H zur Sozialversicherung wurde vor Arbeitsbeginn nicht vorgenommen.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Berufungsvorbringen sowie den glaubwürdigen und nachvollziehbaren Aussagen des Bauleiters der gegenständlichen Baustelle. Im Zuge der mündlichen Verhandlung wiederholte der Bauleiter seine Aussagen, die er bereits anlässlich der Kontrolle gegenüber den Organen des Finanzamtes Grieskirchen Wels gegeben hatte und war er selbst der Meinung, dass es sich bei Herrn H um einen Leasingarbeiter handelt. Auch die Feststellungen hinsichtlich Eingliederung des rumänischen Staatsangehörigen hinsichtlich Arbeitsablauf, Arbeitszeit, Mitnahme im Firmenbus und Benützung des Arbeiterquartiers der F Bau GmbH & Co KG ergeben sich aus den Aussagen des einvernommenen Zeugen.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 33 Abs.1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

 

Gemäß § 111 Abs.1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs.3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

  1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder
  2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder
  3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder
  4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

§ 111 Abs.2 ASVG besagt: Die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis 5.000 Euro, bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in der Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Gemäß § 4 Abs.2 erster Satz ASVG ist Dienstnehmer im Sinn dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Gemäß § 35 Abs.1 ASVG gilt als Dienstgeber im Sinn dieses Bundesgesetzes derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs-(Lehr-)Verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ganz oder teilweise auf Leistung Dritter anstelle des Entgelts verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs.1 Z 3 pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.

 

Gemäß § 3 Abs.1 Arbeitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG) ist Überlassung von Arbeitskräften die Zurverfügungstellung von Arbeitskräften zur Arbeitsleistung an Dritte. Nach Abs.2 leg.cit. ist Überlasser, wer Arbeitskräfte zur Arbeitsleistung an Dritte vertraglich verpflichtet. Nach Abs.3 leg.cit. ist Beschäftiger, wer Arbeitskräfte eines Überlassers zur Arbeitsleistung für betriebseigene Aufgaben einsetzt.

Gemäß § 3 Abs.4 AÜG sind Arbeitskräfte Arbeitnehmer und arbeitnehmerähnliche Personen. Arbeitnehmerähnlich sind Personen, die, ohne in einem Arbeitsverhältnis zu stehen, im Auftrag und für Rechnung bestimmter Personen Arbeit leisten und wirtschaftlich unselbständig sind.

 

Gemäß § 4 Abs.1 AÜG ist für die Beurteilung, ob eine Überlassung von Arbeitskräften vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

 

Nach § 4 Abs.2 AÜG liegt Arbeitskräfteüberlassung insbesondere auch vor, wenn die Arbeitskräfte ihre Arbeitsleistung im Betrieb des Werkbestellers in Erfüllung von Werkverträgen erbringen, aber

1. kein von den Produkten, Dienstleistungen und Zwischenergebnissen des Werkbestellers abweichendes, unterscheidbares und dem Werkunternehmer zurechenbares Werk herstellen oder an dessen Herstellung mitwirken oder

2. die Arbeit nicht vorwiegend mit Material und Werkzeug des Werkunternehmers leisten oder

3. organisatorisch in den Betrieb des Werkbestellers eingegliedert sind und dessen Dienst- und Fachaufsicht unterstehen oder

4. der Werkunternehmer nicht für den Erfolg der Werkleistung haftet.

 

Gemäß § 5 Abs.1 AÜG werden die Pflichten des Arbeitgebers, insbesondere im Sinne der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften, durch die Überlassung nicht berührt.

 

5.2. Der Bw verantwortet sich im Wesentlichen damit, dass das Einzelunternehmen V in ständiger Geschäftsbeziehung mit der F Bau GmbH & Co KG gestanden ist und regelmäßig mit der Durchführung von Baureinigungen beauftragt worden ist. In welcher Beziehung die von diesem Unternehmen beigestellten Personen zur Firma V gestanden seien, sei für die Firma des Bw nicht von entscheidender Relevanz.

 

Zu diesem Vorbringen ist zunächst auf die Judikatur des Verwaltungs­gerichtshofes einzugehen. Im Erkenntnis vom 18.12.2006, Zl. 2005/09/0142, führt der Verwaltungsgerichtshof aus, dass für die Abgrenzung zwischen Werkverträgen, deren Erfüllung im Wege einer Arbeitskräfteüberlassung im Sinn des AÜG stattfindet, und solchen, bei denen dies nicht der Fall ist, grundsätzlich eine Gesamtbetrachtung der Unterscheidungsmerkmale notwendig ist. Das Vorliegen einzelner, auch für das Vorliegen eines Werkvertrages sprechender, Sachverhaltselemente ist in diesem Sinne nicht ausreichend, wenn sich aus den gesamten Umständen unter Berücksichtigung der jeweiligen wirtschaftlichen Interessenslage Gegenteiliges ergibt. Liegen etwa untergeordnete, im unmittelbaren zeitlichen Arbeitsablauf zu erbringende Arbeitsleistungen, die überdies der Erfüllung einer vom Werkbesteller übernommenen, zu dessen Betrieb gehörigen vertraglichen Verpflichtung dienten, vor, ist es unerheblich, mit welchen "Werkzeugen" diese Arbeiten erbracht wurden oder nicht.

 

Die von der F Bau GmbH & Co KG beim Einzelunternehmen V beauftragten Reinigungsarbeiten stellen zweifelsohne untergeordnete, einfache manipulative Tätigkeiten dar, die in Anlehnung an die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kein eigenständiges Werk darstellen können. Die Reinigungsarbeiten erfolgten auch nicht aus eigener Initiative oder zu eigenem Nutzen des Ausländers, sondern waren gekennzeichnet durch den fremdbestimmten Charakter des vom Bw vertretenen Unternehmens, war es doch dessen Baustelle auf der die Arbeiten durchgeführt und zu dessen Vorteil der Ausländer im Ergebnis tätig wurde (vgl. dazu VwGH vom 22.2.2006, 2005/09/0012). In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass der Bauleiter selbst davon gesprochen hat, bei der Firma V Personal für Reinigungsarbeiten angefordert zu haben. Selbst wenn der Zusammenarbeit der genannten Firmen ein Werkvertrag zu Grunde liegen sollte, ist aus nachstehenden Gründen von einer organisatorischen Eingliederung des Ausländers in den Betrieb des Bw und damit einer Arbeitskräfteüberlassung im Sinne des § 4 Abs.2 AÜG auszugehen.

 

Der von der V abgestellte rumänische Staatsangehörige erhielt auf der konkreten Baustelle seine Arbeitsaufträge unmittelbar vom Polier der F Bau GmbH & Co KG, hat seine Tätigkeit – wie das Steinereinigen – mit Arbeitsgeräten der Firma F Bau GmbH & Co KG durchgeführt. Der rumänische Staatsangehörige unterstand den gleichen Arbeitszeiten wie eigene Arbeiter der F Bau GmbH & Co KG, wohnte im selben Arbeiterquartier und kam gemeinsam mit den anderen Arbeitern im Firmenbus zur Baustelle. Die vom rumänischen Staatsangehörigen geführten Stundenaufzeichnungen wurden vom Polier der F Bau GmbH & CO KG kontrolliert, gegengezeichnet und dienten diese Aufzeichnungen auch als Abrechnungsgrundlage zwischen der F Bau GmbH & Co KG und der V. Bei der Kontrolle wurde Herr H bei gemeinsamer Arbeit mit einem Arbeiter der F Bau GmbH & Co KG angetroffen.

 

Wie vom Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt festgehalten (VwGH vom 4.10.2001, Zl. 96/08/0351, vom 17.1.1995, Zl. 93/08/0182), bleiben im Rahmen der vorübergehenden Überlassung von Arbeitnehmern an Dritte (iSd Leiharbeitsverhältnisses) die grundlegenden Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis zwischen verleihendem Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufrecht. Den Bw als Beschäftiger (Entleiher) trifft daher keine sozialversicherungs-rechtliche Meldepflicht im Sinne des § 111 Abs.1 ASVG, da gemäß den in § 5 Abs.1 AÜG geregelten allgemeinen Grundsätzen die Pflichten des Arbeitgebers, insbesondere im Sinne der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften, durch die Überlassung nicht berührt werden. Diese Pflichten treffen bei der gegebenen Sachlage vielmehr denjenigen, der das Baustellenreinigungs-Personal gegen Entgelt dem Betrieb des Bw zur Verfügung gestellt hat, wobei anzumerken ist, dass die Einhaltung sonstiger für die Arbeitskräfteüberlassung relevanter Vorschriften im Rahmen der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung nicht zu prüfen ist. In diesem Sinne kommt daher das erkennende Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates bei Beurteilung des konkreten Sachverhaltes zum Ergebnis, dass der Bw nicht gegen Meldepflichten des ASVG verstoßen hat, weshalb der Berufung Folge zu geben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

 

6. Aufgrund der Einstellung des Strafverfahrens entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

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