Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-281506/4/Kl/Rd/BRe

Linz, 26.11.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ilse Klempt über die auf das Strafausmaß beschränkte Berufung des x, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. x, Dr. x, x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 8. Jänner 2013, Ge96-4076-2011, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem ASchG iVm der VGÜ, GKV, VOLV, AStV und der AM-VO zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das Straferkenntnis im angefochtenen Umfang bestätigt.

 

II. Der Berufungswerber hat einen Kostenbeitrag zum Berufungs­verfahren in Höhe von insgesamt 841 Euro, das sind 20% der verhängten Geldstrafen, zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 8. Jänner 2013, Ge96-4076-2011, wurden über den Berufungswerber hinsichtlich der Fakten 1a) bis 1f), 2a) bis 2f), 3a) bis 3g) und 4) bis 13) Geldstrafen von jeweils 145 Euro, Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 12 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretungen gemäß § 130 Abs.1 Z18 ASchG idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 118/2012 iVm §§ 9 und 2 Abs.1 Z11 VGÜ (Fakten 1a bis 1f), § 130 Abs.1 Z18 ASchG idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 118/2012 iVm §§ 9 und 2 Abs.1 Z6 VGÜ (Fakten 2a bis 2f), § 130 Abs.1 Z18 ASchG idF vor der Novelle BGBl. I Nr.118/2012 iVm §§ 9 und 2 Abs.1 Z8 VGÜ (Fakten 3a bis 3g), § 130 Abs.1 Z17 ASchG idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 118/2012 iVm § 15 Abs.1 GKV 2007 (Faktum 4), § 130 Abs.1 Z17 ASchG idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 118/2012 iVm § 28 Abs.1 GKV 2007 (Faktum 5), § 130 Abs.1 Z17 ASchG idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 118/2012 iVm § 32 Abs.1 GKV 2007 (Faktum 6), § 130 Abs.1 Z24 ASchG idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 118/2012 iVm §§ 6 Abs.1 und 2 VOLV (Faktum 7), § 130 Abs.1 Z15 ASchG idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 118/2012 iVm § 4 Abs.3 AStV (Faktum 8), § 130 Abs.1 Z15 ASchG idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 118/2012 iVm § 10 Abs.2 AStV (Faktum 9), § 130 Abs.1 Z27 iVm § 73 Abs.1 ASchG idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 118/2012 (Faktum 10), § 130 Abs.1 Z27 iVm § 79 Abs.1 ASchG idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 118/2012 (Faktum 11), § 130 Abs.1 Z16 ASchG idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 118/2012 iVm § 43 Abs.3 AM-VO (Faktum 12) und § 130 Abs.1 Z11 iVm § 14 Abs.1 ASchG idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 118/2012 (Faktum 13), verhängt.

 

Dem Berufungswerber wurde im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses Nachstehendes zur Last gelegt:

 

"Sie haben als Inhaber der protokollierten Einzelunternehmung x mit Sitz in x, x, als Inhaber von Gewerbeberechtigungen für 'Schlosser gemäß § 94 Z71 GewO 1973', 'Handelsgewerbe, beschränkt auf den Einzelhandel mit den im Schlossergewerbe einschlägigen Waren, Stoffen und Artikeln gemäß § 103 Abs.1 lit.b Z25 GewO 1973', 'Aufstellung von Anlagen zur Erzeugung und Verwertung künstlicher Kälte gemäß § 103 Abs.1 lit.a Z3 GewO 1973' und 'Werbeagentur', jeweils am Standort x, x, nicht dafür Sorge getragen, dass die Vorschriften des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG) in Verbindung mit der Verordnung über die Gesundheitsüberwachung am Arbeitsplatz 2008 (VGÜ), der Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über Grenzwerte für Arbeitsstoffe und über krebserzeugende Arbeitsstoffe (Grenzwerteverordnung 2007 – GKV 2007), der Verordnung Lärm und Vibrationen (VOLV), der Arbeitsstättenverordnung (AStV) und der Arbeitsmittelverordnung (AM-VO) eingehalten werden.

 

Anlässlich einer Besichtigung der Arbeitsstätte der x, x, x, durch den Arbeitsinspektor DI x am 23.02.2011 wurde Folgendes festgestellt:

 

1) Die Arbeitnehmer

a) x,

b) x,

c) x,

d) x,

e) x und

f) x

wurden mit Tätigkeiten, bei denen sie Schweißrauch ausgesetzt waren, beschäftigt, obwohl vor Aufnahme der Tätigkeiten keine Eignungsuntersuchung und bei Fortdauer der Tätigkeit in regelmäßigen Zeitabständen keine Folgeuntersuchungen durchgeführt worden, obwohl Arbeitnehmer/innen mit Tätigkeiten, bei denen sie Schweißrauch ausgesetzt sind, nur beschäftigt werden dürfen, wenn vor Aufnahme der Tätigkeit Eignungsuntersuchungen und bei Fortdauer der Tätigkeit in regelmäßigen Zeitabständen Folgeuntersuchungen durchgeführt werden.

 

2) Die Arbeitnehmer

a) x,

b) x,

c) x,

d) x,

e) x und

f) x

wurden mit Tätigkeiten, bei denen sie Chrom-VI-Verbindungen ausgesetzt waren, beschäftigt, obwohl vor Aufnahme der Tätigkeit keine Eignungsuntersuchungen und bei Fortdauer der Tätigkeit in regelmäßigen Zeitabständen keine Folgeuntersuchungen durchgeführt wurden, obwohl Arbeitnehmer/innen mit Tätigkeiten, bei denen sie Chrom-VI-Verbindungen ausgesetzt sind, nur beschäftigt werden dürfen, wenn vor Aufnahme der Tätigkeit Eignungsuntersuchungen und bei Fortdauer der Tätigkeit in regelmäßigen Zeitabständen Folgeuntersuchungen durchgeführt werden.

 

3) Die Arbeitnehmer

a) x,

b) x,

c) x,

d) x,

e) x,

f) x und

g) x

wurden mit Tätigkeiten, bei denen sie Nickel ausgesetzt waren, beschäftigt, obwohl vor Aufnahme der Tätigkeit keine Eignungsuntersuchungen und bei Fortdauer der Tätigkeit in regelmäßigen Zeitabständen keine Folgeuntersuchungen durchgeführt wurden, obwohl Arbeitnehmer/innen mit Tätigkeiten, bei denen sie Nickel ausgesetzt sind, nur beschäftigt werden dürfen, wenn vor Aufnahme der Tätigkeit Eignungsuntersuchungen und bei Fortdauer der Tätigkeit in regelmäßigen Zeitabständen Folgeuntersuchungen durchge­führt werden.

 

4) Bei der Flächenschleife im nicht gewerbebehördlich genehmigten Schleifraum des Lagergebäudes werden eindeutig krebserzeugende Arbeitsstoffe im Sinne des § 2 Abs.6 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, nämlich Nickel (TRK-Wer: Tagesmittelwert 0,5 mg/m³; Kurzzeitwert 2 mg/m³, eingestuft lt. Anhang III A 1 Grenzwerteverordnung GKV, eindeutig als krebserzeugend ausgewiesene Arbeitsstoffe) verwendet, obwohl die Abluft in den Schleifraum zurückgeführt wird, obwohl bei Verwendung von eindeutig krebser­zeu­gen­den Arbeitsstoffen die Rückführung der Abluft, auch wenn diese gereinigt ist, in Räume verboten ist (Umluftverbot).

 

5) Es wurden keine Grenzwert-Vergleichsmessungen an den Arbeitsplätzen Schweiß­arbeitsplätze, Schleifarbeitsplatz Rohrschleife, Schleifarbeitsarbeitsplatz Flächenschleife und Handschleifplätze durchgeführt, obwohl eine Exposition von Arbeitnehmer/innen gegenüber den Arbeitsstoffen Schweißrauch, Chrom VI und Nickel, für die ein MAK-Wert oder TRK-Wert festgelegt ist, nicht sicher ausgeschlossen werden kann und Grenzwert-Vergleichsmessungen durchzuführen sind, wenn an einem Arbeitsplatz die Exposition von Arbeitnehmer/innen gegenüber einem Arbeitsstoff, für den ein MAK-Wert oder ein TRK-Wert festgelegt ist, nicht sicher ausgeschlossen werden kann.

 

6) Die Absauganlage zur Abführung von gesundheitsgefährdenden Arbeitsstoffen (Schweißrauch, Chrom VI) wurde in der Werkstätte verwendet, obwohl sie nicht mindestens einmal im Kalenderjahr, längstens jedoch im Abstand von 15 Monaten, auf ihren ordnungsgemäßen Zustand überprüft wurde, obwohl Absaug- oder mechanische Lüftungsanlagen zur Abführung von gesundheitsgefährdenden Arbeitsstoffen nur verwendet werden dürfen, wenn sie mindestens einmal im Kalenderjahr, jedoch längstens im Abstand von 15 Monaten, auf ihren ordnungsgemäßen Zustand überprüft wurden.

 

7) Der Lärm an den Arbeitsplätzen wurde keiner Bewertung nach dem Stand der Technik unterzogen und erfolgte keine Bewertung auf Grundlage einer repräsentativen Messung, obwohl eine Überschreitung der Grenzwerte für die Werkstätte nicht sicher ausge­schlossen werden kann, obwohl Lärm und Vibrationen an den Arbeitsplätzen eine Bewertung nach dem Stand der Technik zu unterziehen sind. Dazu können zB Betriebsanleitungen, Hersteller- oder Inverkehrbringerangaben, Arbeitsverfahrens­vergleiche, veröffentliche Informationen wie wissenschaftliche Erkenntnisse oder Vergleichsdatenbanken oder Berechnungsverfahren herangezogen werden. Kann aufgrund einer solchen Bewertung einer Überschreitung der Expositionsgrenzwerte oder eine Überschreitung der Grenzwerte für bestimmte Räume nicht sicher ausgeschlossen werden, so muss die Bewertung auf Grundlage einer repräsentativen Messung erfolgen.

 

8) Bei der Stiege beim Abgang zum WC wurde kein fester Handlauf angebracht, obwohl die Stiege mehr als vier Stufen hat, obwohl bei Stiegen mit mehr als vier Stufen ein fester Handlauf anzubringen ist.

 

9) Im Lager wurde ein Zwischenboden eingehzogen und nicht durch geeignete Maßnahmen wie zB durch deutlich erkennbare, dauerhaft Anschrift, dafür gesorgt wurde, dass die zulässige Last nicht überschritten wird, obwohl durch geeignete Maßnahmen, wie zB durch deutlich erkennbare, dauerhafte Anschrift, dafür zu sorgen ist, dass die zulässige Belastung von Einrichtungen, die für die Lagerung verwendet werden, wie zB Galerien, Zwischenböden, Regalen, Paletten, Behälter, nicht überschritten wird.

 

10) Es wurde keine Sicherheitsfachkraft (Fachkraft für Arbeitssicherheit) bestellt, obwohl Arbeitgeber Sicherheitsfachkräfte (Fachkräfte für Arbeitssicherheit) zu bestellen haben.

 

11) Es wurde kein Arbeitsmediziner bestellt, obwohl Arbeitgeber Arbeitsmediziner zu bestellen haben.

 

12) Die in der Werkstätte eingesetzte Drehbank x, Baujahr 1983, wurde verwendet, obwohl die Gefahrenstellen nicht durch Schutzeinrichtungen so gesichert wurden, dass ein möglichst wirksamer Schutz der Sicherheit und Gesundheit der ArbeitnehmerInnen erreich wird. Die durch das rotierende Spannfutter gegebene Gefahrenstelle wurde nicht durch eine öffenbare Schutzvorrichtung abgesichert. Diese Schutzvorrichtung wurde mit keine Positionsschalter ausgestattet und nicht elektrisch so mit dem Antrieb verschalten, dass beim Öffnen der Schutzabdeckung der Antrieb abgeschaltet und die Drehbewegung aktiv gebremst wird, obwohl Gefahrenstellen durch Schutzeinrichtungen so zu sichern sind, dass ein möglichst wirksamer Schutz der Sicherheit und Gesundheit der ArbeitnehmerInnen erreicht wird. Primär sind Gefahrenstellen durch Verkleidungen, Verdeckungen oder Umwehrungen zu sichern, die das Berühren der Gefahrenstelle verhindern.

 

13) Es wurde für keine nachweisliche Unterweisung der Arbeitnehmer über Sicherheit und Gesundheitsschutz gesorgt, obwohl Arbeitgeber verpflichtet sind, für eine ausreichende Unterweisung der Arbeitnehmer über Sicherheit und Gesundheitsschutz zu sorgen. Die Unterweisung muss während der Arbeitszeit erfolgen. Die Unterweisung muss nachweislich erfolgen. Für die Unterweisung sind erforderlichenfalls geeignete Fachleute heranzuziehen."  

 

2. Dagegen wurde fristgerecht eine auf das Strafausmaß beschränkte Berufung eingebracht. Begründend wurde ausgeführt, dass Anfang 2011 die damalige Sicherheitsfachkraft völlig unerwartet das Unternehmen verlassen habe, mit der Folge, dass die beanstandete Position vakant geworden sei, weil der dafür nötige Kurs erst im März/April 2011 stattgefunden habe und bis dahin keine geeignete Arbeitskraft gefunden werden konnte. Damit seien auch alle anderen festgestellten Versäumnisse einhergegangen, weil die Sicherheitsfachkraft für alle derartigen Vorkehrungen betriebsintern verantwortlich gewesen sei.

Festzuhalten sei, dass nach Erhalt des Schreibens des Arbeitsinspektorates vom 21. März 2011 alle geforderten Verbesserungen erbracht worden seien bzw nach der Beanstandung durch den Arbeitsinspektor sofort erbracht wurden. Die diesbezügliche Frist sei bis 31. Mai 2011 gelaufen, trotzdem sei bereits am 17. Mai 2011 eine Strafverfügung gegen den Berufungswerber erlassen worden. Aufgrund dieser verfrühten Zustellung sei es dem Berufungswerber nicht mehr möglich gewesen, die geforderte schriftliche Mitteilung über den Abschluss der Maßnahmen abzusenden. Nach Zusendung der Aufforderung zur Rechtfertigung sei seitens des Berufungswerbers dargelegt worden, dass alle Maßnahmen fristgerecht erfüllt worden seien. Trotzdem sei gegen den Berufungswerber das nunmehr bekämpfte Straferkenntnis erlassen worden. In Anbetracht der persönlichen Verhältnisse im gegenständlichen Betrieb im Zeitraum der In­spektion (vor allem hinsichtlich des unvorhersehbaren Ausfalls der Sicherheits­fachkraft) und der nachvollziehbaren Dauer, eine neue Person als Sicherheits­fach­kraft auszubilden, erscheine eine Herabsetzung iSd § 20 VStG angemessen. Zudem sei in der Bemessung der (ursprünglichen) Strafe die sofortige Verbesserung der beanstandeten Punkte nicht berücksichtigt worden. Überdies habe der gegenständliche Tatbestand überhaupt keine nachteiligen Folgen nach sich gezogen. Eine Schädigung liege nicht vor und sei das Ausmaß der Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung diene, gering gewesen.    

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Das Arbeits­inspektorat Vöcklabruck wurde am Verfahren beteiligt und äußerte sich mit Stellungnahme vom 13. Februar 2013 im Wesentlichen dahingehend, dass entgegen der Verantwortung des Berufungswerbers keine Sicherheitsfachkraft das Unternehmen habe verlassen können, zumal keine bestellt gewesen war. Eine Sicherheitsfachkraft habe den Unternehmer in arbeitnehmerschutz­tech­nischen Belangen zu beraten; verantwortlich iSd ASchG bleibe aber der Arbeitgeber.

Die angezeigten Mängel seien erstmals am 22. Jänner 2009 mit Aufforderung 011-30/1-18/09 durch das Arbeitsinspektorat aufgezeigt worden. Am 15. Juli 2010 habe eine erneute Kontrolle der Betriebsstätte stattgefunden, anlässlich welcher dem Gewerbeinhaber verlängerte Fristen gemäß § 9 Abs.2 ArbIG gewährt worden seien. Die längste Frist habe am 31.12.2010 geendet. In der dazugehörigen Aufforderung vom 22. Juli 2010 sei der Berufungswerber darauf aufmerksam gemacht worden, dass er durch die festgesetzten Fristen nicht von der Verantwortung für die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften befreit werde und Anzeige erstattet werden müsse, wenn diese Vorschriften weiterhin nicht eingehalten werden.

Bei eine Nachkontrolle am 23. Februar 2011 wurden die Mängel erneut fest­gestellt, weshalb letztlich Anzeige erstattet worden sei. Seit diesem Zeitpunkt erfolgten keine weiteren Nachkontrollen mehr. Einer Herabsetzung der ver­hängten gesetzlichen Mindeststrafen werde seitens des Arbeitsinspektorates nicht zugestimmt.   

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte gemäß § 51e Abs.3 Z2 VStG Abstand genommen werden, zumal sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafen richtet.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Da der Berufungswerber ausdrücklich um Herabsetzung der verhängten Geldstrafen ersucht hat, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und ist es dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, hierauf einzugehen.

 

5.2.1. Vorweg ist hinsichtlich der anzuwendenden Strafbestimmungen zu be­merken, dass durch die Novelle des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. I Nr. 118/2012, die Strafbestimmung des § 130 Abs.1 bis 6 ASchG wie folgt  geändert wurde:

Der Strafrahmen "von 145 Euro bis 7.260 Euro" wurde ersetzt durch den Strafrahmen "von 166 Euro bis 8.324 Euro" und der Strafrahmen "von 290 Euro bis 14.530 Euro" durch den Strafrahmen von "333 Euro bis 16.659 Euro".

 

In Kraft getreten ist diese Novelle mit 1. Jänner 2013. Das nunmehr ange­fochtene Straferkenntnis ist datiert mit 8. Jänner 2013 und wäre somit der höhere Strafrahmen schon in Geltung gewesen.

Dem Berufungswerber kommt aber – wie auch schon von der belangten Behörde rechtsrichtig erkannt - die Rechtswohltat des § 1 Abs.2 VStG zugute, wonach sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht richtet. Somit finden für den Berufungswerber die Strafrahmen vor der Novelle BGBl. I Nr. 118/2012 Anwendung.

 

Konkret ist diesbezüglich Folgendes auszuführen:

 

Gemäß § 130 Abs.1 Z18 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro, zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die Ver­pflichtungen be­tref­fend Eignungs- und Folgeuntersuchungen, wiederkehrende Untersuchungen der Hörfähigkeit sowie sonstige besondere Untersuchungen verletzt.

 

Gemäß § 130 Abs.1 Z17 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro, zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen, die Verpflichtungen be­treffend Arbeitsstoffe verletzt.

 

Gemäß § 130 Abs.1 Z24 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro, zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen, die Verpflichtungen be­tref­fend Lärm oder sonstige Einwirkungen und Belastungen verletzt.

 

Gemäß § 130 Abs.1 Z15 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro, zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen, die Verpflichtungen betreffend die Einrichtung und den Betrieb von Arbeitsstätten oder Baustellen einschließlich der Sozial- und Sanitäreinrichtungen verletzt.

 

Gemäß § 130 Abs.1 Z27 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geld­strafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro, zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen, die Verpflichtung zur Bestellung oder zur Beiziehung von Sicherheitsfachkräften oder von Arbeits­medizinern verletzt, ihnen die erforderlichen Informationen und Unterlagen nicht zur Verfügung stellt, oder nicht dafür sorgt, dass sie ihre gesetzlichen Aufgaben erfüllen, sofern kein Präventionszentrum gemäß § 78 Abs.1 Z2 in Anspruch genommen wurde.

 

Gemäß § 130 Abs.1 Z16 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro, zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen, die Verpflichtungen be­treffend die Beschaffenheit, die Aufstellung, die Benutzung, die Prüfung oder die Wartung von Arbeitsmitteln verletzt.

 

Gemäß § 130 Abs.1 Z11 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro, zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen, die Informations-, Beteiligungs- oder Anhörungspflichten gegenüber den Arbeitnehmern oder die Unterweisungspflicht verletzt.

 

5.2.2. Gemäß § 19 Abs.1 VStG idF BGBl. I Nr. 33/2013, in Geltung ab 1. Juli 2013, sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs­gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzu­wenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorge­pflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes – die wohl auch nach Novellierung des § 19 VStG weiterhin zu berücksichtigen sein wird – handelt es sich bei der Strafbemessung innerhalb eines gesetzlichen Straf­rahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermes­sensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für die Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Auch bei der Strafbemessung obliegt es der Behörde gemäß § 60 AVG iVm § 24 VStG die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage, gelegen an der gesetzmäßigen Bemessung der Strafe, klar und übersichtlich zusammenzufassen.

 

5.3. Die Bestimmungen des ASchG bzw der auf ihrer Grundlage erlassenen Verordnungen haben den Schutz des Lebens und die Gesundheit der Arbeit­nehmer zum Ziel und sind daher entsprechende Verstöße mit einem besonderen Unrechtsgehalt der Tat behaftet, weil hiedurch genau jene Gefährdungen herbei­geführt werden, denen die genannten Bestimmungen entgegenwirken sollen.

 

5.4. Von der belangten Behörde wurden im angefochtenen Straferkenntnis hin­sichtlich der Fakten 1a) bis 1f), 2a) bis 2f), 3a) bis 3g) und 4) bis 13) jeweils Geldstrafen in Höhe von 145 Euro, bei einem Strafrahmen von 145 Euro bis 7.260 Euro, über den Berufungswerber verhängt. Es wurde sohin jeweils die gesetzliche Mindeststrafe verhängt. Strafmildernd wurde die verwaltungs­straf­rechtliche Unbescholtenheit, straferschwerend die Dauer der jeweiligen Verwal­tungs­übertretungen gewertet. Der Strafbemessung legte die belangte Be­hörde die Angaben des Berufungswerbers zu seinen persönlichen Verhältnissen, und zwar ein monatliches Nettoeinkommen von ca. 2.000 Euro, kein Vermögen und keine Sorgepflichten zugrunde.

 

5.5. Zur Verantwortung des Berufungswerbers ist zu bemerken, dass der Berufungswerber den gesetzlichen Vorschriften bezüglich der Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvor­schriften bzw den dazu erlassenen Verordnungen über einen nicht unbe­achtlichen Zeitraum hinweg wenig bis kein Augenmerk ge­schenkt hat. So wurde, wie den zahlreichen Stellungnahmen des Arbeitsin­spek­torates entnommen werden kann, bereits im Jänner 2009 auf die Versäum­nisse hingewiesen und für die Behebung teilweise Fristen bis 30. Dezember 2010 eingeräumt. Dabei kann bei weitem von keiner unangemessenen Fristsetzung gesprochen werden. Überdies wurde auch, da bei einer Nachkontrolle durch das Arbeitsinspektorat am 23. Februar 2011 wiederum festgestellt werden musste, dass nicht sämtliche Auflagen erfüllt bzw der gesetzes­konforme Zustand hergestellt wurde, neuerlich eine Verlängerung der ent­sprechenden Fristen zur Behebung der Mängel eingeräumt. Trotz allem wurden erst im Jahr 2011 sämtliche Auf­lagen erfüllt, wenngleich nicht, wie vom Arbeitsinspektorat ange­ordnet, auch belegt. Dem Vorwurf des Berufungs­werbers, wonach die belangte Behörde kurz vor Ablauf der Fristverlängerung die Strafverfügung erlassen hat und sohin eine fristgerechte Erfüllung nicht mehr möglich gewesen war, vermag keinen Milderungsgrund darzustellen. Ist es doch in der Sphäre des Beru­fungswerbers gelegen gewesen, im Zeitraum von zwei Jahren die vorge­schriebenen Auflagen zu erfüllen bzw dafür Sorge zu tragen, dass die gesetz­lichen Vorschriften hinsichtlich der Eignungs- und Folgeunter­suchungen einge­halten werden und auch entsprechend nachzuweisen. Auch konnte der Einwand, wonach erst im Jahr 2011 die Sicherheitsfachkraft das Unternehmen verlassen habe, nicht schuld­befreiend wirken, geht doch aus der Stellungnahme des Arbeitsinspektorates eindeutig hervor, dass eine solche zwischen den Jahren 2009 und 2011 im Betrieb nicht installiert war. Den Stellungnahmen des Arbeitsinspektorates ist im Übrigen zu entnehmen, dass die Behebung der Mängel/Beanstandungen durch ein Rückmeldeformular anzuzeigen ist. Dem Akt sind keine Rückmeldeformulare zu entnehmen, die belegen würden, dass die Auflagen bereits vor Ende der jeweils gesetzten Frist erfüllt worden seien.

 

Die von der belangten Behörde verhängten Geldstrafen erscheinen dem Oö. Verwaltungssenat in Anbetracht, dass jeweils die gesetzliche Mindeststrafe verhängt wurde, tat- und schuldangemessen und auch erforderlich, um den Berufungswerber künftig von der Begehung gleichartiger Delikte abzuhalten.

 

Einer Anwendung des § 20 VStG konnte nicht näher getreten werden, da hiefür die Voraussetzungen (beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe gegen­über den Erschwerungsgründen) nicht vorlagen. Das Vorliegen der verwaltungs­strafrechtlichen Unbescholtenheit allein bewirkt noch kein beträchtliches Überwiegen. Weitere Milderungsgründe kamen nicht hervor.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z4 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten. Die Voraussetzungen zur Erteilung einer Ermahnung liegen gegenständlich nicht vor, schon gar nicht jene zur Einstellung des Verfahrens, wobei auf die obigen Ausführungen zum Unrechtsgehalt verwiesen wird.

 

6. Der Ausspruch über die Kosten ist in den angeführten gesetzlichen Bestimmungen begründet.

 

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G

 

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

 

H I N W E I S

 

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zu­stellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwal­tungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Aus­nah­men ab­gesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwal­tungs­gerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsge­richts­hof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Ver­waltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Ver­waltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechts­anwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabe­gebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Dr. Ilse Klempt

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum