Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523558/9/Bi/KR

Linz, 13.12.2013

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung der Frau x, vom 17. September 2013 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 17. September 2013, VerkR21-585-2013/LL, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde der Berufungswerberin (Bw) gemäß §§ 25 Abs.2 und 24 Abs.1 und 4 FSG die von der BPD Salzburg für die Klassen AM und B am 18.12.2009 zu Zl.09357085 erteilte Lenkberechtigung gesundheitlicher Nichteignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen, gerechnet ab Ablauf des Vorentzuges zu VerkR21-304-2013/LL am 7. September 2013 bis zur ärztlich bestätigten gesundheitlichen (Wieder-)Eignung entzogen. Weiters wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung einer allfällig eingebrachten Berufung aberkannt.  

Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 17. September 2013.

 

2. Dagegen wendet sich die von der Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG). 

 

3. Die Bw macht im Wesentlichen geltend, die mit ihr durchgeführte verkehrspsychologische Untersuchung sei etwa 7 bis 10mal gestört worden, sodass sie nicht in Ruhe und ohne Stress verlaufen sei. Die Psychologin habe insgesamt drei Untersuchungen parallel vorgenommen, dh während ihres Gesprächs mit dieser hätten andere Klienten den Computertest gemacht und hätten ihre Sitzung ständig unterbrochen. Sie sei sich ihrer Erkrankungen und ihrer Vorgeschichte wohl bewusst, deshalb arbeite sie auch ständig daran. Sie stehe mit beiden Beinen im Leben, sei sozial aktiv, habe 2 erwachsene Kinder und brauche den Führerschein, um ihren diversen Verpflichtungen nachkommen und soziale Kontakte pflegen zu können. Von der Amtsärztin sei sie völlig uneinsichtig und unbelehrbar hingestellt worden.

Im Arztbrief der Landesnervenklinik werde von episodischem Gebrauch von Alkohol trotz Alkoholabhängigkeit gesprochen. Das sei in den letzten 7 Jahren nur in Ausnahmefällen zutreffend gewesen, ansonsten habe sie die notwendige Abstinenz immer eingehalten. Sie halte fest, dass sie den Alkohol im Prinzip nicht brauche, um Probleme zu lösen, sie habe im Gegenteil andere Strategien entwickelt. Der Vorfall vom 20.4.2013 sei eine Ausnahmesituation gewesen. Sie sei bereit, sich einer weiteren VPU zu unterziehen, sofern diese bzw der Persönlich­keitsteil dann auch in Ruhe verlaufe. Der Fehler sei vielleicht gewesen, dass sie der Amtsärztin nicht frei heraus mitgeteilt habe, dass sie alkohol­abhängig sei. Ihr sei unangenehm gewesen, sich einer fremden Person gegenüber sofort zu deklarieren, sie habe das nicht getan, weil sie sich ihrer Problematik nicht bewusst oder uneinsichtig wäre. Sie fühle sich ausreichend gesund, um am Straßenverkehr teilzunehmen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass der Bw mit rechtskräftigem Bescheid der Erstinstanz vom 27. Mai 2013, VerkR21-304-2013/LL, gemäß § 26 Abs.2 Z4 FSG die Lenkberechtigung für die Dauer von vier Monaten, gerechnet ab FS-Abnahme am 20.4.2013 und somit bis 20.8.2013, entzogen und eine Nachschulung für alkoholauf­fällige Lenker sowie die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens zur gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen auferlegt wurde, mit dem Hinweis, dass die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung dieser Anordnungen ende. Zugrundegelegt wurde, dass die Bw am 20. April 2013 in Neuhofen den Pkw x mit einem Alkoholisierungsgrad von 0,71 mg/l gelenkt und dadurch eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1a StVO 1960 begangen habe.  


Der Blutbefund vom 16. August 2013 war hinsichtlich GOT, GPT und CDT normwertig, GGT war erhöht. 

Die verkehrspsychologische Stellungnahme vom 29. August 2013 lautete auf „nicht geeignet zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B“, wobei zwar ausreichende kraftfahrspezifische Leistungsfunktionen bestätigt wurden, aber eine ausreichende Bereitschaft zur Verkehrsanpassung verneint wurde. Laut Begründung sei zwar eine sozial verantwortungsbewusste Persönlichkeit ohne Neigung zu risikoreichen oder aggressiven Interaktionen im Straßenverkehr erschließbar, die Bw habe jedoch beim Gespräch von wiederkehrenden Depressionen und damit einhergehend starkem funktionalen Alkoholeinsatz berichtet. Derzeit zeige sich kein funktionaler Einsatz von Alkohol, im Gespräch werde dieser aber deutlich (bei den Delikten aus Frust und nach ihren Angaben manchmal zur Entspannung). Ihre Fähigkeit, trotz knapp unter 1,6 %o (2007) und 1,42 %o BAK ein Fahrzeug unfallfrei zu lenken, spreche für eine deutlich erhöhte Alkoholtoleranz und auffällige Trinkgewohnheiten in der Vergangenheit, die sie – wie in der Vorgeschichte der verkehrspsychologischen Stellungnahme vom 29. August 2013 ersichtlich – auch bestätigt habe. Sie könne die im Krankenhaus gestellt Diagnose „Alkoholabhängigkeit“ nicht akzeptieren, sondern spreche nur von starkem Alkoholmissbrauch. Durch die erhöhte Alkoholtoleranz bestehe weiterhin die Gefahr der nicht rechtzeitigen Wahrnehmung körperlicher Warnsignale beim Überschreiten der rechtlich relevanten %o-Grenze, da ein subjektives Beeinträchtigungsgefühl erst bei hohen Alkoholisierungsgraden und gleichzeitig reduzierter Verhaltenskontrolle eintrete und dann ein Fahrzeug entgegen einem vorher gefassten Plan doch gestartet werde. Die Bw gehe regelmäßig zur Psychotherapie und habe ihren Alkoholkonsum seit dem Vorfall reduziert, eine ausreichende Auseinandersetzung mit dem zum LB-Entzug führenden Beding­ungsgefüge habe aber nicht stattgefunden, die Erforderlichkeit einer Alkoholabstinenz sei für sie zu wenig nachvollziehbar. Sie nehme nicht wahr, dass sie ihren Alkoholkonsum nicht ausreichend unter Kontrolle habe – kurz vor Abgabe der Leberwerte sei es zu mehrmaligem erhöhtem Alkohol­konsum gekommen. Aufgrund des starken funktonalen Alkoholeinsatzes mit einhergehendem Selbstkontrollverlust, was wiederholt zu alkoholisierten Autofahrten geführt habe, und der im Krankenhaus gestellten Diagnose „Alkoholabhängigkeit“ werde strikte Alkoholabstinenz und weitere therapeutische Behandlung gefordert – dazu habe sich die Bw bereiterklärt und die Wichtigkeit der Therapie sei ihr auch bewusst. Da die Verhaltensänderung bisher nicht umgesetzt worden sei, könne keine positive Prognose gestellt werden, zumal es auch in der Vergangenheit nach einer längeren Abstinenz wieder zu Rückfällen gekommen sei und die Bw zu ihrer Alkoholerkrankung nicht einsichtig sei.

 


Im Berufungsverfahren wurde die Bw am 17. Oktober 2013 von der Amtsärztin x, Amt der OÖ. Landesregierung – Abt. Gesundheit untersucht. Die Bw hat die psychiatrische FA-Stellungnahme Dris x, FA für Psychiatrie und Neurologie in Linz, vom 28. Oktober 2013 vorgelegt, der unter der Diagnose „Alkoholabhängigkeit – episodischer Konsum, rezidivierende depressive Störung – derzeit leichtgradig, Zustand nach Discektomie L5/S1“ ausgeführt hat, dass bei der Bw aufgrund der Alkoholab­hängigkeit mit episodischem Konsum und zusätzlich der psychischen Komorbidität mit depressiver Symptomatik eine erhöhte Rückfallswahr­scheinlich­keit bestehe. Die Bw versuche immer wieder, kontrolliert zu trinken, wobei bei Alltagsproblemen ein Rückfall zu erwarten sei. Derzeit bestehe eine ambulante Betreuung durch die Nachsorgeambulanz, eine Psychotherapie werde demnächst begonnen zusätzlich zur psychiatrischen Behandlung. Der letzte CDT-Wert sei unauffällig. Sie sei trotz negativer VPU aus psychiatrischer Sicht fahrtauglich unter den Voraussetzungen einer Befristung, Alkoholabstinenz und regelmäßigen Kontrollen von CDT und Ethylglucuronid (ETG), regelmäßiger Alkoholambulanz LNKL-WJ und psychiatrischen Kontrollen bei neuerlicher Begutachtung in 6 Monaten.  

Das AA-Gutachten Dris x vom 14. November 2013 lautet auf „nicht geeignet“ zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 mit der Begründung, die bislang stabile Abstinenz habe der FA nicht bestätigen können, wohl aber einen Versuch, kontrolliert zu trinken mit Rückfallstendenzen. Voraussetzung für eine Wiedererteilung der Lenkberechtigung sei aber eine stabile Abstinenz für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten. Der Bw empfohlen wurde vorerst die Erbringung regelmäßiger Kontrollwerte auf CDT und ETG nach Aufforderung, um die Abstinenz vor einer ev. Erteilung der Lenkberechtigung vorweisen zu können. Dann erst erscheine die Veranlassung einer neuerlichen VPU betreffend die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung sinnvoll.

 

Der Bw wurde das AA-Gutachten zur Kenntnis gebracht, worauf sie dieses am 29. November 2013 im Rahmen eines Telefonats ablehnte. Beim Gespräch teilte sie mit, dass sie derzeit, eben wegen der fehlenden Lenkberechtigung die notwendige Therapie nur eingeschränkt machen könne. Ihr wurde die Notwendigkeit der Dokumentation zumindest des CDT- und des von Facharzt genannten ETG-Wertes monatlich erklärt, um die sechsmonatige Abstinenz belegen zu können. Nach ihren Angaben trinke sie seit August nichts mehr und die sechs Monate seien bereits erreicht. Sie hat normwertige CDT-Befunde vom  6.11. und 11.12.2013 vorgelegt, worauf sie auf ihren ausdrücklichen Wunsch gemäß §§ 18 Abs.5 2.Satz iVm 14 FSG-GV einem Institut ihrer Wahl zur nochmaligen verkehrspsychologischen Untersuchung, eingeschränkt auf den Teil „Bereitschaft zur Verkehrsanpassung“, zugewiesen wurde. Sie hat einen Untersuchungstermin für 18. Dezember 2013 angekündigt.

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4)  nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit Z1 die Lenkberechtigung zu entziehen oder Z2 die die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diesfalls ist gemäß § 13 Abs. 5 ein neuer Führerschein auszustellen.

Gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9).        

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bilden bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit (allfällige) berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, welche mit der (Dauer der) Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind, kein wie immer geartetes Beweisthema (vgl E 30.5.2001, 2001/11/0081; 23.4.2002, 2000/11/0182 uva).

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern um eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrs­teilnehmer oder sonstiger Rechtsgüter vor verkehrsunzuverlässigen KFZ-Lenkern (vgl VfGH 14.3.2003, G203/02; 11.10.2003, B1031/02;  26.2.1999, B 544/97; VwGH 18.03.2003, 2002/11/0062; 22.11.2002, 2001/11/0108 ua).

 

Gemäß § 29 Abs.1 FSG sind die Behörden im Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung verpflichtet, über Anträge von Parteien und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber drei Monate nach deren Einlangen einen Bescheid zu erlassen. Im Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung kann ein Rechtsmittelverzicht nicht wirksam abgegeben werden.

 

Die Berufung vom 17. September 2013 löst damit im ggst Fall die dreimonatige Frist aus, die am 17. Dezember 2013 abläuft. Auf dieser Grundlage war, zumal sich inhaltlich bislang an der Feststellung der gesundheitlichen Nichteignung der Bw nichts noch geändert hat, spruchgemäß zu entscheiden. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

 

 

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

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