Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-151015/13/Lg/Ba

Linz, 22.10.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 27. September 2013 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des P H, vertreten durch Rechtsanwalt H F, F, H, Deutschland, gegen das Straferkenntnis des Bezirks­hauptmannes des Bezirkes Grieskirchen vom 9. Jänner 2013, Zl. VerkR96-11669-2012, wegen Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG 2002) zu Recht erkannt:

 

 

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Strafer­kenntnis bestätigt.

 

II. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanz­lichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 30 Euro zu leisten.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: §§ 16 Abs.2, 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.  Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 150 Euro bzw. eine Ersatzfrei­heitsstrafe in Höhe von 16 Stunden verhängt, weil ihm Folgendes vorgeworfen wurde:

 

"Sie haben zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort ein mehrspuriges Kraftfahrzeug mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen auf dem mautpflichtigen Straßennetz gelenkt, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes mit mehrspurigen Kraftfahr­zeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut unterliegt. Es wurde festgestellt, dass das Fahrzeuggerät ein unge­nügendes Mautguthaben aufwies und dadurch die fahrleistungsabhängige Maut nicht ordnungs­gemäß entrichtet wurde.

 

Tatort: Gemeinde Weibern, Autobahn A8, km 37.400, Richtungsfahrbahn Staatsgrenze Suben;

Tatzeit: 29. Juli 2012, 16 Uhr 23;

Fahrzeug: Kennzeichen X, Kraftfahrzeug über 3,5t;

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften) verletzt:

§ 20 Abs. 2 i.V.m. § 6 und § 7 Abs. 1 BStMG"

 

 

In der Begründung führt das angefochtene Straferkenntnis aus:

 

"Aufgrund einer Anzeige der ASFINAG vom 8. November 2012 zu GZ: 00000000000004328170, wurde über Sie mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 12. November 2012 zu VerkR96-11669-2012, wegen Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG 2002) eine Geldstrafe von 300,00 Euro, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 33 Stunden, verhängt.

 

Gegen diese Strafverfügung haben Sie - durch Ihre Rechtsvertretung - mit Schreiben vom 29. November 2012 fristgerecht Einspruch erhoben und begründeten diesen im Wesentlichen damit, dass Sie die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet haben. Die Kosten für die Hin- und Rückfahrt belaufen sich laut dem Mautkalkulator auf insgesamt 136,20 Euro und haben bei der Einreise 150,00 Euro aufgebucht, sodass sie Ihrer Zahlungspflicht nachgekommen sind.

 

Aufgrund dieser Angaben wurde die ASFINAG um Stellungnahme ersucht und teilte diese neben rechtlichen Hinweisen mit, dass im gegenständlichen Fall offensichtlich im Zuge einer Fahrt auf dem mautpflichtigen Straßennetz das aufgeladene Mautguthaben beinahe zur Gänze aufge­braucht wurde. Daher konnten keine Mautabbuchungen mehr vorgenommen werden. Für die verschiedenen Mautabschnitte sind unterschiedliche Beträge zu bezahlen. Kostet beispielsweise ein Abschnitt € 1,90 und auf der GO-Box sind nur mehr € 1,70 vorhanden, so kann die Maut für diesen Mautabschnitt nicht abgebucht werden. Im gegenständlichen Fall konnten einige tatgegen­ständliche Mautabschnitte aufgrund eines nicht ausreichenden Guthabens nicht abgebucht werden.

Die GO-Box gab am Tattag 18 Mal den 2maligen sowie 5 Mal den 4maligen Signalton ab, also insgesamt 56 Warntöne, die vom Lenker ignoriert wurden.

 

Vom Ergebnis unserer Beweisaufnahme wurden Sie am 18. Dezember 2012 verständigt und wurden Sie zeitgleich aufgefordert, Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse bekannt zu geben.

 

In Ihrem Schreiben - durch Ihre Rechtsvertretung - vom 7. Jänner 2013 wiederholten Sie vor­wiegend die Angaben im Einspruch vom 29. November 2012.

 

Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus:

 

Sie haben als Lenker des mehrspurigen Kraftfahrzeuges, mit einem höchsten zulässigen Gesamt­gewicht von mehr als 3,5 Tonnen und dem behördlichen Kennzeichen X am 29. Juli 2012 um 16 Uhr 23 das Kraftfahrzeug auf der mautpflichtigen Innkreisautobahn A8, bei ABKM 37.400, Gemeinde Weibern, Bezirk Grieskirchen, Oberösterreich, in Fahrtrichtung Staatsgrenze Suben gelenkt, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben. Es wurde festgestellt, dass das Fahrzeuggerät ein ungenügendes Mautguthaben aufwies und dadurch die fahrleistungsabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet wurde.

 

Beweiswürdigung:

 

Bei den vorgelegten Einzelleistungsnachweisen ist ersichtlich, dass vorerst noch ein Mautgut­haben auf der GO-Box vorhanden war. Dieses Guthaben wurde während der Fahrt aufgebraucht, sodass einige Abbuchungen nicht mehr durchgeführt werden konnten.

 

Rechtliche Beurteilung:

 

Gemäß § 49 Abs. 2 VStG ist das ordentliche Verfahren einzuleiten, wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht wird. Der Einspruch gilt als Rechtfertigung im Sinne des § 40 VStG.

 

Gemäß § 6 Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 (BStMG 2002) unterliegt die Benützung von Maut­strecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Ver­rechnung im Nachhinein zu entrichten.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Maut­strecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Gemäß § 8 Abs. 2 BStMG haben sich Lenker bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden, die Anzahl der Achsen ihres Fahrzeuges und des von diesem gezogenen Anhängers auf dem Gerät zur elektronischen Entrichtung der Maut einzustellen und Nachweise mitzuführen, die eine Zuordnung zu einer Tarifgruppe gemäß § 9 Abs. 5 und 6 ermöglichen.

 

Nach Punkt 8.2.4.2. der Mautordnung hat sich der Nutzer vor dem Befahren des mautpflichtigen Straßennetzes über die Funktionstüchtigkeit der GO-Box durch einmaliges Drücken - kürzer als zwei Sekunden - der Bedientaste zu vergewissern (Statusabfrage). Diese Überprüfungspflicht umfasst jedenfalls auch die korrekte Deklarierung und Einstellung der Kategorie gemäß Punkt 8.2.2.

 

Gemäß Punkt 8.2.4.3.1 der Mautordnung gelten folgende Signale als Information für den jeweiligen Nutzer:

 

Ein kurzer Signalton: die Mautentrichtung wird auf Basis der eingestellten Kategorie und der in der GO-Box gespeicherten EURO-Emissionsklasse bestätigt.

 

Zwei kurze Signaltöne: die Mautentrichtung wird zwar auf Basis der eingestellten Kategorie und der in der GO-Box gespeicherten EURO-Emissionsklasse bestätigt, dessen ungeachtet ist es je­doch notwendig, unverzüglich die nächst mögliche GO-Vertriebstelle aufzusuchen. Dieses Informationssignal ertönt daher insbesondere in folgenden Fällen:

das Mautguthaben (nur im Pre-Pay Verfahren) ist unter den Grenzwert in Höhe 30 Euro gefallen (der Kunde hat für eine rechtzeitige Aufbuchung von Mautwerten zu sorgen);

das Mautguthaben verfällt innerhalb der nächsten zwei Monate (nur im Pre-Pay Verfahren);

die Gültigkeitsdauer der GO-Box läuft innerhalb der nächsten zwei Monate ab;

es ist eine Änderung der auf der GO-Box gespeicherten Daten erforderlich oder

der Kunde wird zum Austausch der GO-Box aufgefordert.

 

Vier kurze Signaltöne: es hat keine Mautentrichtung stattgefunden, weil insbesondere vom Kunden Bestimmungen der Mautordnung Teil B nicht beachtet wurden; die GO-Box wurde auf­grund Rückrufes zum Austausch gesperrt; technische Mängel bzw. Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Mauteinhebung oder bei Hinterlegung der falschen EURO-Emissions­klasse festgestellt wurden. In diesem Fall hat dann jeder Kunde seiner Nachzahlungsverpflichtung im Sinne von Punkt 7.1 im vollen Umfang nachzukommen, andernfalls der Tatbestand der Mautprellerei gemäß Punkt 10 verwirklicht wird.

 

Gemäß Punkt 7.1 der Mautordnung besteht für ordnungsgemäß zum Mautsystem und mit einem zugelassenen Fahrzeuggerät ausgestattete Kraftfahrzeuge die Möglichkeit der Nachzahlung der Maut im Falle einer Nicht- oder Teilentrichtung der geschuldeten Maut, die auf ein technisches Gebrechen des zugelassenen Fahrzeuggerätes oder des Mautsystems, auf einen zu niedrigen Pre-Pay-Kontostand, ein gesperrtes Zahlungsmittel oder die Verwendung einer falschen (zu niedrigen) Kategorie zurückzuführen ist; dies jedoch ausnahmslos nur wenn alle in der Maut­ordnung näher definierten Bedingungen erfüllt werden.

 

Gemäß § 20 Abs. 2 BStMG (Mautprellerei) begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafen von 300 Euro bis zu 3000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 19 Abs. 1 ist in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen, die den Betrag von 250 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf.

 

§ 19 Abs. 4 BStMG lautet: Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 zu keiner Betretung, so hat die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht und die Geltendmachung der Haftung gemäß § 23 weder offenbar unmöglich noch wesentlich erschwert sein wird. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen vier Wochen ab Ausfertigung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikations­nummer enthält.

 

Gemäß § 19 Abs. 6 BStMG bestehen subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderung zur Zahlung einer Ersatzmaut nicht.

 

Die Bestimmungen über die Benützung der Mautstrecken werden in der Mautordnung im Sinne des BStMG 2002 festgelegt.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht auch für ausländische Kraftfahrer die Verpflichtung, sich über die Rechtsvorschriften, die er bei der Teilnahme am Straßenverkehr in Österreich zu befolgen hat, ausreichend zu informieren (vgl. neben vielen VwGH 97/06/0224 v. 18.12.1997).

 

Der von der ASFINAG übermittelten Aufforderung zur Zahlung einer Ersatzmaut an den Zulassungsbesitzer wurde nicht nachgekommen, weshalb wie in der Mautordnung festgelegt, eine Anzeige an die Behörde erstattet werden musste.

 

Aufgrund der Angaben in der Anzeige, der vorgelegten Beweismittel durch die ASFINAG und der geltenden Rechtslage, steht für die Behörde zweifelsfrei fest, dass Sie die Ihnen angelastete Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht verwirklicht haben.

 

Zur subjektiven Tatseite wird folgendes bemerkt: Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt gemäß § 5 VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Da das BStMG 2002 zum Verschulden keine Sonderregelungen enthält, sind die genannten Bestimmungen des VStG heranzuziehen.

 

Ihre Strafbarkeit ist daher gegeben.

 

Zur Strafbemessung wird folgendes ausgeführt:

 

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Es wird angeführt, dass unter Berücksichtigung des gesetzlich möglichen Strafrahmens (300 Euro bis 3000 Euro), es sich bei der verhängten Strafe um die Hälfte der im Gesetz festgelegten Mindeststrafe handelt und diese Strafe auch das erforderliche Maß dessen darstellt, um in Zukunft von ähnlichen oder gleichartigen Übertretungen abzuhalten.

Die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe wurde im gesetzlich vorgegebenen Strafrahmen entsprechend der verhängten Strafe angepasst.

 

Die Herabsetzung der Geldstrafe erscheint trotz eindeutiger Deliktsbegehung (Mautprellerei) gerechtfertigt, da zumindest eine Teilentrichtung der Maut erfolgte. Als Milderungsgrund wurde auch Ihre bisherige verwaltungs­strafbehördliche Unbescholtenheit gewertet. Erschwernisgründe konnten nicht erkannt werden.

 

Die Tat bleibt nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt wäre. Insbesondere ist der Schuldgehalt als nicht geringfügig anzusehen, da es Ihre Pflicht wäre, sich über die Rechtslage zu informieren und vor der Benützung einer Mautstrecke für eine ordnungsgemäße Mautentrichtung (rechtzeitiges Aufladen der GO-Box) zu sorgen.

 

Der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens in Höhe von 10 % ist in der im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmung begründet. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."

 

 

2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht:

 

"Sehr geehrte Damen und Herren,

 

in obiger Angelegenheit lege ich namens und kraft Vollmacht meines Mandanten gegen das Straferkenntnis vom 09.01.2013

 

Berufung

 

ein und beantrage, meinen Mandanten unter Aufhebung des Straferkenntnisses freizusprechen.

 

Die GO-Box in dem von meinem Mandanten geführten Fahrzeug hat offensichtlich nicht ordnungsgemäß funktioniert. Dies ergibt sich bereits aus der Tatsache, daß auf der Fahrt vom 07.07.2012 auf der Strecke von der Staatsgrenze Stuben bis zur Staatsgrenze Spielberg ein Betrag in Höhe von € 92,08 abgebucht wurde, obwohl sich der Betrag bei einer ordnungsgemäß funktionierenden GO-Box auf lediglich € 66,84 hätte belaufen dürfen.

 

Die GO-Box hat zudem, offensichtlich weil diese nicht ordnungsgemäß funktioniert hat, zu keiner Zeit 4 kurze Signaltöne abgegeben. Dies kann zeugenschaftlich bestätigt werden durch Frau N H, S, H. Die Zeugin H befand sich als Beifahrerin im Fahrzeug.

 

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wird beantragt."

 

 

3. Der Akt enthält die im angefochtenen Straferkenntnis bezogenen Aktenstücke.

 

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung legte der Bw dar, er würde jedes Jahr vor der Urlaubsfahrt nach Kroatien die GO-Box mit 150 Euro aufladen. Dieses Guthaben habe stets ausgereicht. Außerdem habe das Ehepaar H (nach einer Erfahrung vor Jahren, als, wegen falscher Einstellung der Achsenzahl, das Guthaben zu schnell aufgebraucht worden sei) genau auf die Piepstöne geachtet. "Insbesondere auf der Rückfahrt" habe "es überhaupt keine Auffälligkeiten mit piepsen oder dergleichen" gegeben. "Da ich … keine Piepstöne gehört habe, muss im System irgendein Fehler sein." Dass ein Fehler vorgelegen sein musste, zeige auch der Ausdruck der ASFINAG, wonach die GO-Box mal viermal, mal zweimal und dann wieder viermal gepiepst haben müsste." "Da kann doch etwas nicht stimmen."

 

Die Gattin des Bw, N H, bestätigte die Darstellung des Bw. Das Ehepaar habe "sozusagen mit schwebender Aufmerksamkeit die Möglichkeit von Piepstönen verfolgt".

 

Der Bw trug vor, er habe sich am Mautrechner der Homepage der ASFINAG orientiert und legte einen Kassabon vor, aus dem ersichtlich ist, dass am 7.7.2012 um 21.37 Uhr ein Bruttobetrag von 150 Euro bezahlt wurde. Dem steht (nach Abzug der USt) ein Nettobetrag von 125 Euro gegenüber. Dieser Betrag von 125 Euro scheint unter "Aufbuchung Mautwerte Pre-Pay" auf.

 

Das ebenfalls mit dem Amtssachverständigen erörterte Leistungsverzeichnis der ASFINAG weist für die Mautstrecke Staatsgrenze Suben – Schärding Suben um 00.12 Uhr eine Prey-Pay-Saldo von 125 Euro (genauer: 124,93 Euro) aus. Am 8.7.2012 um 4.01 Uhr, also bei der Ausfahrt aus Österreich in Spielfeld, stand ein Mautguthaben von 58,26 Euro zur Verfügung. Am 29.7.2012 ist (bei der Rückfahrt) an der Staatsgrenze Spielfeld ein Mautguthaben von 57,91 Euro ausgewiesen.

 

Weiters ergibt sich aus dem Leistungsverzeichnis, dass am 29.7.2012 um 16.12 Uhr beim Mautabschnitt Pichl/Bad Schallerbach – Meggenhofen der Kontostand mit 1,75 Euro zu niedrig war. Daher wurde ab dort nicht mehr abgebucht, mit Ausnahme von Ort im Innkreis – Schärding Suben um 16.44 Uhr, weil dort nur ein Abbuchungsbetrag von 0,10 Euro angefallen ist und daher, da das Mautguthaben noch ausreichend war, eine Abbuchung möglich war.

 

An fünf Mautstellen zwischen 16.12 Uhr und 16.46 Uhr, so der Sachverständige aufgrund des Leistungsverzeichnisses, sei wegen zu geringen Guthabens keine Abbuchung möglich gewesen.

 

Weiters stellte der Sachverständige fest, dass bereits der ASFINAG-Mautrechner den Unterschied zwischen Brutto- und Nettobetrag ausweise, sodass schon auf dieser Grundlage ersichtlich gewesen sei, dass sich die Fahrt mit der gegenständlichen Aufbuchung "brutto ausgeht, aber netto nicht".

 

Darüber hinaus legte der Sachverständige dar, dass ab Unterschreitung des Guthabens von 30 Euro ein zweimaliger Piepston erfolgt. Dies ergebe sich nicht nur aus dem in der Mautordnung beschriebenen System, sondern sei gegenständlich, wie aus dem Einzelleistungsnachweis (auf den sich auch die Argumentation des Bw stützt) ersichtlich, am 29.7.2012 ab 14.38 Uhr (Kammern – Mautern) der Fall gewesen. Ab 16.12 Uhr (Pichl/Bad Schallerbach – Meggenhofen) habe es gemäß dem System viermal gepiepst. Die Anzahl der Piepstöne sei aus dem Leistungsverzeichnis ersichtlich. Der zweimalige Piepston zwischen den viermaligen Piepstönen sei aus der erwähnten einzelnen Abbuchung, für die das Guthaben ausgereicht habe, zu erklären. Dem entgegnete der Bw, es habe zwar zweimal, nicht aber viermal gepiepst. Seine Gattin bestätigte dies. Zur akustischen Situation im Wohnmobil erklärte der Bw, dass die Familie zu fünft gewesen sei und man sich unterhalten habe. Man sei in dem Wissen gefahren, dass man aufpassen muss.

 

Weiters legte der Sachverständige dar, dass in den letzten Jahren keine so gravierenden Preissteigerungen stattgefunden hätten, dass sich dies erheblich in dem Preisausweis des Mautroutenrechners für diese Strecke niedergeschlagen hätte.

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat sieht keinen Anlass, die Richtigkeit des Leistungsverzeichnisses anzuzweifeln. Dass die dort angegebenen Eckwerte richtig sind, bestätigt auch der Mautrechner. Auch die Abbuchungsbeträge für die einzelnen Mautabschnitte weisen keine Auffälligkeit auf. Sowohl aus dem vom Bw zu Rate gezogenen Mautroutenrechner als auch aus dem Kassenbon ergibt sich, dass zwischen Brutto- und Nettobetrag zu unterscheiden ist und dass ein Nettowert von 125 Euro nicht ausreicht, um die in Rede stehende Strecke mautmäßig abzudecken. Daraus erklärt sich von selbst, dass für eine Reststrecke (bei der Rückfahrt) zu wenig Mautguthaben vorhanden war. Dass es innerhalb der Reststrecke zu einer vereinzelten Abbuchung kam, ergibt sich aus dem vom Amtssachverständigen angeführten Grund. Ein "Systemfehler" ist nicht erkennbar. Den vollständigen, schlüssigen und dem Stand der Technik entsprechenden Ausführungen des Sachverständigen ist der Bw nicht, zumindest nicht auf gleicher fachlicher Ebene, entgegengetreten.

 

Der Sachverständige ging ferner davon aus, dass die Signaltöne der GO-Box systemgerecht (also so wie im System der Mautordnung vorgesehen) erfolgt sind. Gegenteilige Erinnerungen des Ehepaares H sind fragwürdig, da der Bw zunächst sogar davon ausging, es sei alles in Ordnung, weil er keine Piepstöne gehört habe, später jedoch die zweimaligen, nicht jedoch die viermaligen Signaltöne gehört haben will. Die widersprüchliche bzw. mangelnde Erinnerung an die systemgerechten Signaltöne dürfte einerseits auf diesbezügliche Wissenslücken, andererseits auf die familiäre Unterhaltung während der Fahrt zurückzuführen sein, auch wenn das Ehepaar H der Überzeugung war, auf die Signaltöne geachtet zu haben.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und, da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind, auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Schuldhaft ist die Tat insbesondere auch deshalb, weil dem Bw nach dem Mautrechner bzw. dem Kassabon der Unterschied zwischen Brutto- und Nettobetrag klar sein musste, zumal am Kassabon ausdrücklich der Betrag von 125 Euro für die Ware "Aufbuchung Mautwerte Pre-Pay" ausgewiesen ist und sich aus dem Mautrechner ergibt, dass dieser Betrag für die ins Auge gefasste Strecke nicht ausreichend ist. (Die Erinnerung, dass bei früheren Fahrten ein Betrag von 150 Euro für diese Strecke ausgereicht hätte, kann nach den Ausführungen des Amtssachverständigen nur auf einen Nettobetrag von 150 Euro zutreffen.) Es ist daher Fahrlässigkeit anzunehmen, wobei zusätzlich (das heißt ebenfalls fahrlässigkeitsbegründend) auf die Signaltöne zu verweisen ist, die den Kundigen über das bevorstehende bzw. schließlich erfolgte Auslaufen des Guthabens informieren. Sich dementsprechende Kenntnisse zu verschaffen, gehört zu den Lenkerpflichten.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist festzuhalten, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin unter Anwendung und maximaler Ausschöpfung des außerordentlichen Milderungsrechts die gesetzlich vorgesehene Mindestgeldstrafe um die Hälfte unterschritten wurde. Da keine der kumulativen Voraussetzungen des § 45 Abs.1 Z 4 VStG vorliegt, kommt eine Einstellung des Verfahrens gemäß dieser Bestimmung nicht in Betracht. Insbesondere ist das Verschulden unter den gegebenen Umständen nicht als geringfügig anzusehen und ebenso wenig die Intensität der Rechtsverletzung.

 

Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G

 

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

 

H I N W E I S

 

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

 

Dr. Ewald Langeder