Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281592/2/Kl/TK

Linz, 09.12.2013

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn DI. x, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. x, x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 28. August 2013, BZ-Pol-09011-2013, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz zu Recht erkannt:

 

I.            Der Berufung wird hinsichtlich der Schuld keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Hinsichtlich der verhängten Geldstrafe wird der Berufung mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Geldstrafe auf 1.500 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 70 Stunden herabgesetzt wird.

 

II.         Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 150 Euro; zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 5, 9, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

 

zu II: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.           Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 28.8.2013, BZ-Pol-09011-2013, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 1.800 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 83 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 130 Abs. 1 Z16 und 35 Abs. 1 Z 5 ASchG verhängt, weil er als Vorstand und somit im Sinn des § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der x, x, hinsichtlich der Arbeitsstätte der x AG in x, zu verantworten hat, dass am 24.10.2012 in oa. Arbeitsstätte (x), die Ballenpresse x, Baujahr 2003, von der Arbeitnehmerin x, geboren x, benutzt wurde, obwohl eine Schutzeinrichtung (rote Verkleidung neben der Kippvorrichtung), welche ein Hineingreifen in den Pressbereich verhindern soll, nicht funktionsfähig war und obwohl Arbeitsmittel nicht benutzt werden dürfen, wenn Beschädigungen festzustellen sind, die die Sicherheit beeinträchtigen können, oder die Schutz- und Sicherheitseinrichtungen nicht funktionsfähig sind und Arbeitgeber dafür zu sorgen haben, dass dieser Grundsatz bei der Benutzung von Arbeitsmitteln eingehalten wird und somit die Verpflichtungen betreffend die Beschaffenheit, die Aufstellung, die Benutzung, die Prüfung oder die Wartung von Arbeitsmitteln verletzt wurden. Die Arbeitnehmerin erlitt eine schwere Verletzung (Amputation des ersten Fingerglieds am linken Zeigefinger).

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich die Verwaltungsbehörde in keiner Weise mit dem vom Beschuldigten genau dargelegten Kontrollsystem auseinander gesetzt hätte. Der Beschuldigte sei Vorstand der x AG. Jedes x hat einen festgelegten Leiter und dessen Stellvertreter, die auch ausdrücklich die Verantwortung übernommen haben, die verwendeten Maschinen regelmäßig (zumindest monatlich) zu prüfen. Die verletzte Arbeitnehmerin x, die im x stellvertretende Leiterin ist, hatte die Verantwortung, die Maschinen monatlich zu überprüfen, und diese übernommene Verpflichtung auch bestätigt. In jedem x erfolgen monatliche Betreuungsbesuche, bei denen in den Wartungsplan des Leiters des x und/oder dessen Stellvertreter  über die geprüften Maschinen, im konkreten Fall betreffend die Ballenpresse, Einsicht genommen wurde bzw. wird und geprüft wird, ob die Überprüfungen auch tatsächlich durchgeführt wurden, diese entsprechend dem Wartungsplan. Werden bei der monatlichen Überprüfung oder beim monatlichen Betreuungsbesuch Mängel festgestellt, wird dies aufgezeichnet und weitergemeldet zur Erledigung und Behebung der Mängel. Auch wurden alle Mitarbeiter erstunterwiesen für sämtliche Maschinen, die im x betrieben werden. Anlässlich des Aufstellens der Ballenpresse wurde durch den Herstellervertreter auch eine Erstunterweisung sämtlicher Mitarbeiter, also auch von x vorgenommen, die daher entsprechend eingeschult worden sind. Neben der speziellen jährlichen Unterweisung, die gemäß dem

x-Handbuch B-2.4.3. durch kundige Mitarbeiter erfolgt, erfolgen auch laufende Unterweisungen. Betreffend die Ballenpresse HP 14 war dies zuletzt am 21.12.2011. Die nächste wäre für Dezember 2012, also kurz nach dem Vorfall, vorgesehen gewesen. Darüber hinaus wurden bzw. werden die Ballenpressen jährlich durch eine Fachfirma überprüft und mit einer Prüfplakette versehen. Entsprechend dem Sicherheitshinweis AP 14 erfolgt eine spezielle Anweisung in Zusammenhang mit den verwendeten Ballenpressen. Darüber hinaus ist die x GmbH, x, mit der Wartung der Maschinen im x beauftragt, die dabei insbesondere auch die Ballenpressen zu überprüfen hat und hatte und dies auch durchgeführt hat. Für die x (kurz x) ist x, der Prokurist der x AG ist, als Sicherheitsfachkraft bestellt. Er ist Teamleiter für das Serviceteam “System- und Personalmanagement“ und umfasst seine Abteilung unter anderem auch den Bereich der Maschinen und der Prüfung bzw. Überprüfung. Die Erstbehörde hat sich mit dem vom Beschuldigten dargelegten Kontrollsystem - wie in der Rechtfertigung angeführt - in keiner Weise auseinandergesetzt und nur lapidar ausgeführt, dass ein funktionierendes Kontrollsystem nicht nachgewiesen werden konnte, ohne auszuführen, weshalb dieses Kontrollsystem, das in der Rechtfertigung dargelegt wurde, nicht ein geeignetes Kontroll- und Überwachungssystem ist.

Die Strafbemessung wurde dahingehend bekämpft, dass das eigene Fehlverhalten der Arbeitnehmerin, die entgegen den Anweisungen und trotz entfernter Schutzeinrichtungen die Ballenpresse in Betrieb genommen hat, und die Unbescholtenheit des Beschuldigten nicht als Milderungsgrund berücksichtigt wurden. Auch enthält das Straferkenntnis keine Feststellungen zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen. Es kann nicht in den Haftungsbereich des Arbeitgebers fallen, wenn die Arbeitnehmerin ausdrücklich angewiesen wird, das verwendete Arbeitsmittel vor der Benützung zu prüfen, wenn die Arbeitnehmerin die Ballenpresse verwendet, obwohl die Schutzeinrichtung entfernt worden ist.

Schließlich wurde eingewendet, dass weder die Verpflichtungen betreffend die Beschaffenheit, die Aufstellung, die Benutzung, die Prüfung oder die Wartung von Arbeitsmitteln verletzt wurden, sondern es wurde die Ballenpresse verwendet, obwohl die Schutzeinrichtung entfernt worden war. Es wäre von der Behörde zu prüfen gewesen, wer es zu verantworten hat, dass eine Verwaltungsübertretung im Sinn des § 130 Abs. 4 Z.4 ASchG vorliegt, weil eine Schutzeinrichtung entfernt wurde. Eine Verwaltungsübertretung nach § 130 Abs. 1 Z. 16 ASchG liegt jedenfalls nicht vor.

 

3. Der Magistrat der Stadt Wels hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt  vorgelegt.

Weil lediglich die rechtliche Beurteilung hinsichtlich des Vorliegens eines Kontrollsystems und die Höhe der Strafe bekämpft wurde und eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht beantragt wurde, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs. 3 Z 1 und 2 VStG entfallen. Auch steht der Sachverhalt ausreichend geklärt fest und wurden auch keine Beweismittel vom Beschuldigten namhaft gemacht. Es war daher eine weitere Beweisaufnahme nicht mehr erforderlich.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Verwaltungsakten und die vom Beschuldigten vorgelegten Schriftstücke.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht als erwiesen fest:

 

Der Berufungswerber ist Vorstand der x AG (kurz x) mit Sitz in x.

Am 24.10.2012 wurde im x, einer Arbeitsstätte der x AG, eine näher bezeichnete Ballenpresse von der Arbeitnehmerin x benutzt, obwohl eine Schutzeinrichtung (rote Verkleidung neben der Kippvorrichtung), welche ein Hineingreifen in den Arbeitsbereich verhindern soll, nicht funktionsfähig war, und obwohl Arbeitsmittel nicht benutzt werden dürfen, wenn Beschädigungen festzustellen sind, die die Sicherheit beeinträchtigen können, oder die Schutz- und Sicherheitseinrichtungen nicht funktionsfähig sind. Die Arbeitnehmerin erlitt eine schwere Verletzung (Amputation des ersten Fingerglieds am linken Zeigefinger).

Vom Berufungswerber wurden ein Serviceangebot der Firma x vom 21. November 2011 betreffend Wartung von Hubwagen, Pumpe, Waage, Presse für das Jahr 2012, ein Angebot einer Wartungsvereinbarung der x GmbH vom 1.12.1997 betreffend kleines Service bei Stapler mit Verbrennungsmotor, ein Servicebericht der Firma x betreffend die Maschinennummer x vom 16.11.2011, eine Sicherheitsanweisung für Ballenpresse AP 14, ein Unterweisungsprotokoll vom 21.12.2012 über Unterweisung der x bei der Ballenpresse AP 14 und ein Unterweisungsprotokoll hinsichtlich allgemeiner Unterweisung vom 8.2.2012, an der Frau x teilgenommen hat, vorgelegt.

 

Von der Staatsanwaltschaft Steyr wurde ein Ermittlungsverfahren zu 13 BAZ 40/13v gegen unbekannte Täter gemäß § 190 Z. 2 StPO eingestellt.

 

Gegen den Beschuldigten liegen keine rechtskräftigen Verwaltungsvorstrafen vor.

 

In der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 7.2.2013 wurden die persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers geschätzt mit einem monatlichen Nettoeinkommen von € 5000, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten. Diesen Angaben hat der Berufungswerber im gesamten Verfahren nichts entgegengesetzt.

 

4.2. Diese Feststellungen gründen sich auf die vorliegenden Schriftstücke und Unterlagen sowie auch auf die Ausführungen des Berufungswerbers im Verfahren erster und zweiter Instanz. Sie können daher der Entscheidung zu Grunde gelegt werden.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 35 Abs. 1 Z. 5 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG haben Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass bei der Benutzung von Arbeitsmitteln folgende Grundsätze eingehalten werden: Arbeitsmittel dürfen nicht benutzt werden, wenn Beschädigungen festzustellen sind, die die Sicherheit beeinträchtigen können, oder die Schutz-und Sicherheitseinrichtungen nicht funktionsfähig sind.

 

Gemäß § 130 Abs. 1 Z. 16 ASchG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 118/2012, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die Verpflichtungen betreffend die Beschaffenheit, die Aufstellung, die Benutzung, die Prüfung oder die Wartung von Arbeitsmitteln verletzt.

 

5.2. Im Grunde des als erwiesen festgestellten Sachverhaltes hat die Arbeitnehmerin x am 24.10.2012 in der Arbeitsstätte x, eine Ballenpresse benutzt. Die Schutzeinrichtung (rote Verkleidung neben der Kippvorrichtung) war nicht funktionsfähig. An der Vorderseite neben der Kippvorrichtung war eine standardmäßig verschraubte rote Verkleidung (Schutzverkleidung) entfernt. Es war daher ein Hineingreifen der Arbeitnehmerin in den Pressbereich während des Pressvorganges möglich. Die Arbeitnehmerin hat sich schwere Verletzungen am linken Zeigefinger (Amputation des ersten Fingergliedes) zugezogen.

Das x ist eine Arbeitsstätte der x AG, deren Vorstand der Berufungswerber ist. Es wurde daher vom Arbeitgeber bei der Benutzung des Arbeitsmittels Ballenpresse nicht dafür gesorgt, dass das Arbeitsmittel nicht benutzt wird, wenn Beschädigungen vorliegen, die die Sicherheit beeinträchtigen können oder Schutz-und Sicherheitseinrichtungen nicht funktionsfähig sind. Die rote Verkleidung neben der Kippvorrichtung dient als Schutz- und Sicherheitseinrichtung, wonach bei Vorhandensein ein Hineingreifen in die Ballenpresse nicht möglich ist. Durch das Fehlen der Schutzvorkehrung kam es zu dem Arbeitsunfall mit Körperverletzung. Es hat der Berufungswerber daher die genannte Verpflichtung betreffend die Benutzung des Arbeitsmittels Ballenpresse nicht eingehalten und daher den objektiven Tatbestand der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung erfüllt.

 

Dem Vorbringen des Berufungswerbers, dass Pflichten der Arbeitnehmerin von der Behörde zu prüfen gewesen wären, kann nicht Rechnung getragen werden, weil alleiniger Tatvorwurf die Nichteinhaltung der Pflichten des Arbeitgebers war. Dieser Tatvorwurf wird nicht durch ein allfälliges mögliches Fehlverhalten der Arbeitnehmerin aufgehoben bzw. gerechtfertigt.

 

Als Vorstand und sohin gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen Verantwortlicher der x AG war daher der Berufungswerber verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen.

 

 5.3. Der Berufungswerber macht im Wesentlichen mangelndes Verschulden geltend, weil die Arbeitnehmerin der x AG laufend unterwiesen wurde, Sicherheitsschulungen mit ihr durchgeführt wurden und die Ballenpresse auch einer Wartung und regelmäßigen Überprüfung zugeführt wurde. Die Wartungs- und Überprüfungsberichte werden auch gemäß Berichtsbuch bzw. Wartungsbuch regelmäßig monatlich kontrolliert.

Dieses Vorbringen kann den Berufungswerber jedoch nicht entlasten.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinne der zitierten Bestimmungen ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Berufungswerber kein Entlastungsnachweis erbracht wird.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Berufungswerber initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht aus.

 

Im Sinne der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Es wird zwar darauf Bedacht genommen, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt, es ist ihm vielmehr zuzubilligen, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Es ist der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem Berufungswerber nach § 5 Abs.1 VStG obliegende Entlastungsnachweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen wird. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177, sowie vom 13.12.1990, 90/09/0141). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer „Oberaufsicht“ nicht aus (VwGH 30.6.1994, 94/09/0049). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In diesem Sinne führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.12.2002, 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem genügt (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23.5.2006, 2005/02/0248). Insbesondere bemängelt der Verwaltungsgerichtshof, dass der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft hätte. „Gerade für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen, hat das entsprechende, vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem Platz zu greifen. Im Beschwerdefall zeigt jedoch das eigenmächtige Verhalten des verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der hg. Judikatur vorhanden war“. 

 

Im Sinne dieser Judikatur reicht daher das Vorbringen des Berufungswerbers nicht aus, ihn von seinem Verschulden zu befreien. Insbesondere reichen Unterweisungen und Schulungen nicht aus, um ein funktionierendes lückenloses Kontrollsystem nachzuweisen, vielmehr ist auch die  Einhaltung der Anweisungen zu kontrollieren. Die Durchführung von Unterweisungen und regelmäßigen Schulungen ist schon gesetzlich nach dem ASchG vorgeschrieben und durch den Arbeitgeber einzuhalten. Darüber hinaus wird aber vom Arbeitgeber verlangt, dass er konkrete Maßnahmen setzt, die die Einhaltung der Anweisungen und der Arbeitnehmerschutzvorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Solche Maßnahmen hat der Berufungswerber im gesamten Strafverfahren nicht vorgebracht und auch keine diesbezüglichen Beweismittel benannt. Auch hat der Berufungswerber zu keiner Zeit vorgebracht und unter Beweis gestellt, dass er oder die von ihm delegierten Leiter der x die jeweiligen Arbeitnehmer auf die Einhaltung der Unterweisungen und Anweisungen kontrolliert hätten. Allein die Kontrolle der Wartungen und Überprüfungen reicht nicht aus. Vielmehr sind die Arbeitgeber gehalten, die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften konkret bei den Arbeitnehmern zu überprüfen und die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften zu gewährleisten. Auch ist nach der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine lückenlose Kontrolle erforderlich, d.h., dass monatliche Überprüfungen diesen Anforderungen nicht genügen. Dass die verletzte  Arbeitnehmerin selbst stellvertretende Leiterin ist, entschuldigt den Berufungswerber nicht, sondern ist er vielmehr nach der vorzitierten Judikatur gehalten, seinerseits die Einhaltung der Schutzvorschriften auch durch den Leiter der Arbeitsstätte bzw. dessen Stellvertreter zu kontrollieren.

Es hat daher der Berufungswerber nicht aufgezeigt, welche Maßnahmen im Einzelnen der unmittelbar Übergeordnete im Rahmen des Kontrollsystems zu ergreifen verpflichtet war, um durchzusetzen, dass jeder in dieses Kontrollsystem eingebundene Mitarbeiter die arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften auch tatsächlich befolgt und welche Maßnahmen schließlich der an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende Anordnungsbefugte vorgesehen hat, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, d.h. sicherzustellen, dass die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt also an die unterste Hierarchie-Ebene gelangen und dort auch tatsächlich befolgt werden (VwGH vom 23. März 2012, 2010/02/0263). Auch eine solche Darstellung ist dem Berufungswerber nicht gelungen.

Gerade dass eine Arbeitnehmerin eigenmächtig Arbeitnehmerschutzvorschriften verletzt, zeigt, dass ein nur ungenügendes Kontrollsystem vorhanden ist. Es hätte nämlich der Berufungswerber neben den allfälligen Schulungen und Unterweisungen auch ein lückenloses Kontrollnetz einrichten müssen. Es wurde  in der Berufung nicht dargelegt und unter Beweis gestellt, welche konkreten Maßnahmen für den Fall eigenmächtiger Handlungen von Arbeitnehmern vorgesehen und getroffen wurden, um eigenmächtige Handlungen von Arbeitnehmern hintanzuhalten. Es kann kein Vertrauen darauf geben, dass die eingewiesenen, laufend geschulten und ordnungsgemäß ausgerüsteten Arbeitnehmer die Arbeitnehmer­schutzvorschriften einhalten. Es wurde daher keine (ausreichende) Vorsorge getroffen, die hätte gewährleisten können, dass dererlei Anordnungen und Schritte nicht gesetzt werden (VwGH vom 24. Mai 2013, Zl. 2012/02/0072-5). Es war daher den Ausführungen der belangten Behörde zu folgen und vom Verschulden des Berufungswerbers, nämlich zumindest von fahrlässiger Tatbegehung auszugehen.

 

5.4. Gemäß § 19 Abs.1 VStG idF. BGBl. I Nr. 33/2013, in Geltung ab 1. Juli 2013, sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde hat bei der Strafbemessung die Gefahren für die Gesundheit der Arbeitnehmer straferschwerend gewertet, die Unbescholtenheit aber nicht mildernd gewertet und keinen Milderungsgrund zu Grunde gelegt. Es wurden die geschätzten persönlichen Verhältnisse, nämlich ein monatliches Nettoeinkommen von € 5000, kein Vermögen und keine Sorgepflichten, zu Grunde gelegt.

 

In der Berufung macht der Berufungswerber die Unbescholtenheit geltend, sonstige Milderungsgründe bringt er nicht vor. Auch zu den persönlichen Verhältnissen bringt  der Berufungswerber nichts vor.

Es war daher auch für den Oö. Verwaltungssenat von den geschätzten Verhältnissen auszugehen. Hingegen musste der Milderungsgrund der Unbescholtenheit berücksichtigt werden. Dies erfordert eine Herabsetzung der verhängten Geldstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe. Eine weitere Herabsetzung war jedoch nicht gerechtfertigt, zumal der Schutzzweck der Norm, nämlich die Unversehrtheit von Leben und Gesundheit der Arbeitnehmer, in erheblichem Maße verletzt wurde und auch konkrete nachteilige Folgen eingetreten sind. Ausgenommen Anweisungen und Schulungen der Arbeitnehmer hat der Berufungswerber keine weiteren Maßnahmen zur Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften vorgebracht. Mangels des Vorliegens eines erforderlichen lückenlosen Kontrollnetzes musste daher auch dieser Umstand bei der Strafbemessung berücksichtigt werden. Auch ist gerade im Hinblick auf die Unternehmensorganisation die verhängte Strafe erforderlich, um den Berufungswerber anzuhalten, in Zukunft die Unternehmensorganisation so auszurichten, dass Arbeitnehmerschutzvorschriften nicht verletzt werden. Im Hinblick auf den Unrechtsgehalt der Tat und die doch erheblich überdurchschnittlichen Einkommensverhältnisse des Berufungswerbers kann daher nicht gefunden werden, dass die nunmehr verhängte Geldstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe überhöht ist. Sie ist vielmehr tat- und schuldangemessen. Darüber hinaus befindet sie sich im untersten Bereich des gesetzlich vorgesehenen Strafrahmens.

 

Ausgenommen die Unbescholtenheit, liegen keine Milderungsgründe vor und  ist daher nicht von einem erheblichen Überwiegen der Milderungsgründe auszugehen. Es war daher nicht von einer außerordentlichen Milderung gemäß § 20 VStG Gebrauch zu machen. § 21 VStG wurde aufgehoben und steht nicht mehr in Geltung. Mangels der Voraussetzungen war aber mit Einstellung des Strafverfahrens nicht vorzugehen.

 

6. Weil die Berufung hinsichtlich der Strafhöhe Erfolg hatte, entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 65 VStG. Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 150 Euro, das sind 10 % der verhängten Geldstrafe (§ 64 VStG).

Dr. Ilse Klempt

 

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