Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-360096/23/WEI/VS/Ba

Linz, 10.12.2013

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des M W, geb. X, W, G, vertreten durch Rechtsanwälte Mag. M P und Mag. H Z, W, W, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Linz-Land vom 8. Februar 2012 [richtig: 2013], Zl. Pol96-278-2012, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Glücksspielgesetz zu Recht erkannt:

 

 

I.         Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

 

II.      Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrensgesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 Abs 1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Linz-Land wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt:

 

"Sie haben es als das zur Vertretung nach außen berufene Organ der C GmbH in G, V, gemäß § 9 Abs. 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten[,] dass, wie bei einer Kontrolle des Finanzamts Linz am 26.4.2012 um ca. 10:00 Uhr festgestellt wurde, in dem Lokal 'G' bzw 'J' in T, H, von 28.2.2012 bis zum 7.4.2012 das im Eigentum der C GmbH stehende Glücksspielgerät mit der Gehäusebezeichnung 'Tipomat Y-Line' und der Seriennummer 30330 eingeschaltet und betriebsbereit aufgestellt war und mit diesem auf Rechnung und Gefahr dieser Gesellschaft wiederholt Glücksspiele in Form von Wetten auf den Ausgang von virtuellen Hunderennen durchgeführt wurden, bei denen die Spieler einen vermögenswerten Einsatz erbrachten und ihnen im Gegenzug ein Gewinn in Aussicht gestellt wurde, wofür weder eine Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG erteilt wurde und auch keine Ausnahme iSd. § 4 GSpG vorlag, und diese Gesellschaft damit zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen iSd. § 2 Abs. 4 veranstaltet hat.

 

Verwaltungsübertretungen nach

§ 52 Abs. 1 Z. 1 iVm. §§ 1, 2 und 4 Glücksspielgesetz – GSpG, BGBl. Nr. 620/1989 idF. BGBl. I Nr. 69/2012 und § 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG, BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

 

Geldstrafe von falls diese uneinbringlich ist,    Freiheitsstrafe von gemäß

Ersatzfreiheitsstrafe von

2.000,00 Euro 30 Stunden     --- § 52 Abs. 1 Z. 1

GSpG

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

200,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet);

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 2.200,00 Euro.

 

Zahlungsfrist:

 

Begründung:

 

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat als die nach § 50 Abs. 1 GSpG zuständige Behörde aufgrund der ausführlich dokumentierten Anzeige des Finanzamts Linz vom 22.5.2012, GZ: 046/72615/49/2012, ein Verwaltungsstrafverfahren wegen des Veranstaltens von verbotenen Ausspielungen iSd. § 2 Abs. 4 GSpG, an denen vom Inland aus teilgenommen werden konnte, gegen Sie eingeleitet.

 

Es wurde folgender, verfahrenswesentlicher Sachverhalt zur Anzeige gebracht:

Bei einer von der Abgabenbehörde als Organ der öffentlichen Aufsicht im Sinne des § 50 Abs. 2 GSpG durchgeführten Kontrolle am 26.04.2012 um 10:00 Uhr im Lokal mit der Bezeichnung 'G' in T, H, Betreiberin L R, sei das Gerät mit der Gehäusebezeichnung 'Tipomat Y-Line' und der Seriennummer 30330 betriebsbereit vorgefunden worden.

 

Mit diesem Gerät, mit welchem zumindest seit dem Aufstellungsdatum, dem 28.2.2012, wiederholt Glücksspiele in Form von Wetten auf den Ausgang von virtuellen Hunderennen durchgeführt worden seien, sei aufgrund der möglichen Einsätze und der in Aussicht gestellten Gewinne in verschiedener Höhe deshalb in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen worden, weil weder die dafür erforderliche Konzession des Bundesministers für Finanzen vorlag, noch die mit diesen Geräten durchführbaren Ausspielungen nach den Bestimmungen des § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen noch von einer landesrechtlichen Bewilligung gedeckt waren.

 

Die Durchführung eines Testspiels sei zum Zeitpunkt der Kontrolle nicht (mehr) möglich gewesen. Der obere Bildschirm habe jedoch darauf schließen lassen, dass vormals die Möglichkeit bestanden habe, Wetten auf den Ausgang von bereits in der Vergangenheit stattgefundenen virtuellen Hunderennen abzuschließen (siehe dazu den Aktenvermerk vom 26.4.2012, Formular GSp 33). Dies gehe auch aus der niederschriftlichen Aussage der Lokalbetreiberin, Frau L R hervor.

 

Es handle sich dabei nicht um eine Wette aus Anlass sportlicher Veranstaltungen, weil es sich einerseits nicht um ein echtes, sondern ein rein virtuelles Hunderennen, andererseits nicht um ein in der Zukunft liegendes und - wie sonst bei Sportwetten üblich - von Menschen beeinflusstes Ereignis handle, sondern vielmehr um eine Wette auf das Ergebnis der Auswahl eines Zufallsgenerators aus aufgezeichneten Rennen.

 

Die Wiedergabe aufgezeichneter, virtueller Rennabläufe stelle eine Abfolge elektronischer Funktionen, nicht aber eine sportliche Veranstaltung dar, sodass es sich bei einer Wette auf das Ergebnis solcher elektronischer Funktionsabläufe um eine verbotene Ausspielung im Sinn des § 2 Abs. 4 GSpG handle und nicht um eine Wette aus Anlass sportlicher Veranstaltungen. Aufgrund landes- oder gewerberechtliche Bewilligungen könnten allenfalls letztere bewilligt sein, nicht aber Wetten auf aufgezeichnete Rennen.

 

Derartige Wetten auf den Ausgang virtueller Rennen stellten deshalb Glücksspiele iSd. § 1 Abs. 1 GSpG dar, weil den Wettkunden keinerlei sinnvoll verwertbare Informationen bezüglich des Rennaustragungsortes, der Reiter, der Pferde oder der Hunde geboten würden. Den Spielern werde keine Möglichkeit geboten, bewusst Einfluss auf den Ausgang der Spiele zu nehmen, sondern die Entscheidung über das Spielergebnis hänge ausschließlich vom Zufall ab. Die Wettkunden könnten lediglich einen Einsatzbetrag und ein oder mehrere vermutete Rennergebnisse auswählen und nach Eingabe von Geld eine Wette abschließen, hätten aber keinerlei Einfluss auf das Zustandekommen bestimmter Rennergebnisse. Danach sei der in kurzen Abständen regelmäßig erfolgende Rennstart und das etwa 30 Sekunden dauernde Rennereignis abzuwarten, wonach der Verlust des Einsatz der ein Gewinn feststehe.

 

Diese nachweislich von einem Unternehmer gem. § 2 Abs.2 GSpG veranstalteten Glücksspiele hätten nur nach Erbringung eines vermögenswerten Einsatzes durchgeführt werden können und es seien dabei vermögenswerte Gewinne in Aussicht gestellt worden. Die Glücksspiele seien daher in Form einer Ausspielung gem. § 2 Abs. 1 GSpG und mangels Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG und mangels Ausnahme gem. § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes in Form verbotener Ausspielungen gem. § 2 Abs. 4 GSpG durchgeführt worden.

 

Auf Grund der Erhebungsergebnisse ziehe die C GmbH den wirtschaftlichen Nutzen aus der Veranstaltung der angezeigten Glücksspiele und habe diese somit mit dem Vorsatz veranstaltet, fortgesetzt Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen zu erzielen.

 

Als das nach § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ der C GmbH, also als handelsrechtlicher Geschäftsführer derselben, hätten Sie es zu verantworten, dass diese Gesellschaft vom 28.2.2012 bis 7.4.2012 am angeführten Standort verbotene Ausspielungen gem. § 2 Abs. 4 GSpG, an denen die Spieler vom Inland aus teilnehmen konnten, veranstaltet habe.

 

Mit Aufforderung zur Rechtfertigung der hs. Behörde vom 31.5.2012 wurde Ihnen die gegenständliche Verwaltungsübertretung zur Last gelegt und wurden Sie aufgefordert, sich binnen drei Wochen zum Tatvorwurf zu rechtfertigen. Eine Äußerung Ihrerseits ist bei der hs. Behörde bis dato nicht eingelangt.

 

Von der hs. Behörde wurde dazu Folgendes erwogen:

 

Auf Grund der äußerst ausführlichen, detaillierten und fachlich fundierten Ausführungen in der Anzeige des Finanzamts Linz vom 22.5.2012 als Organ der öffentlichen Aufsicht iSd. § 50 Abs. 2 GSpG sowie aufgrund der Ergebnisse der durchgeführten Beweisaufnahme ist für die hs. Behörde zweifelsfrei erwiesen, dass es sich bei den mit dem im Eigentum der C GmbH stehenden, in dem Lokal 'G' bzw. 'J' von 28.2.2012 bis 7.4.2012 eingeschaltet und betriebsbereit aufgestellten Glücksspielgerät durchgeführten bzw. durchführbaren Spielen mangels Einflussmöglichkeit der Spieler auf den Spielausgang um Glücksspiele iSd. § 1 Abs. 1 GSpG handelt.

 

Das Datum der Aufstellung des verfahrensgegenständlichen Geräts und damit der Zeitpunkt des Beginns der strafbaren Handlung sowie der Umstand, dass mit diesem bis einschließlich 7.4.2012 Wetten auf den Ausgang von virtuellen Hunderennen durchgeführt werden konnten und auch wurden ergibt sich (ua.) aus der Niederschrift der Betreiberin des Lokals 'G' bzw. 'J', Frau L R, vom 26.4.2012 (Seite 3).

 

Die Glücksspieleigenschaft der mit dem Gerät 'Tipomat Y-Line' durchführbaren Spiele wurde vom VwGH bereits mehrfach bejaht (VwGH vom 27.04.2012, 2008/17/0175 ua.).

 

Demzufolge ist das Spielergebnis bei Wetten auf den Ausgang von virtuellen Hunderennen ausschließlich von der per Zufall erfolgenden Auswahl der gezeigten Rennen abhängig. Das 'Setzen' auf eine bestimmte Reihenfolge des Einlaufs von Hunden bei maschinell zufällig ausgewählten aufgezeichneten Rennen unterscheidet sich nicht wesentlich vom Spiel an elektronischen Apparaten, die zufällig bestimmte Zahlen- oder Symbolkombinationen kreieren. Dass in letzterem Fall von vornherein durch die Spielregeln festgelegt ist, bei welcher Kombination ein Gewinn eintritt, während bei den virtuellen Hunderennwetten der Spieler durch die Nennung von Hunden bzw. diesen zugeordneten Nummern selbst diese Kombination festlegt ändert nichts daran, dass die Entscheidung, ob diese Kombination eintritt, von der Auswahl des gezeigten Rennens mittels Zufallsgenerators abhängt.

 

Daher handelt es sich bei den Wetten auf den Ausgang von virtuellen Hunderennen auch nicht um Sportwetten, da bei letzteren auf den Ausgang von sportlichen Wettkämpfen gewettet wird, die unabhängig von den Partnern des Wettvertrages stattfinden und im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bekannt sind, sodass der Wettende die Möglichkeit hat, die Stärke der beteiligten Mannschaften, Sportler oder Tiere einzuschätzen.

 

Die Spieler hatten für die Durchführung der Glücksspiele einen vermögenswerten Spieleinsatz zu erbringen, im Gegenzug wurde ihnen ein Gewinn in unterschiedlicher Höhe, abhängig von der Höhe des Einsatzes, in Aussicht gestellt. Es liegen daher im gegenständlichen Fall Ausspielungen iSd § 2 Abs. 1 GSpG vor.

 

Spieleinsätze von mehr als € 10,00 konnten programmbedingt nicht geleistet werden und liegt auch sonst in Hinblick auf die höchstgerichtliche Rechtsprechung betreffend das Verhältnis zwischen § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG und § 168 StGB kein Grund vor, welcher eine gerichtliche Strafbarkeit des Ihnen mit dem gegenständlichen Straferkenntnis zur Last gelegten Verhaltens begründen würde. Die angezeigten, mit dem Gerät 'Tipomat Y-Line' durchführbaren Glücksspiele in Form von Wetten auf den Ausgang von virtuellen Hunderennen unterliegen daher jedenfalls den Bestimmungen des Glücksspielgesetzes und erfüllen nicht den gerichtlich strafbaren Tatbestand des § 168 StGB.

 

Eine Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG oder das Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes gemäß § 4 leg.cit. wurde der Behörde nicht nachgewiesen.

 

Zwar verfügt die C GmbH über eine Bewilligung der Oö. Landesregierung nach dem Oö. Spielapparate- und Wettgesetz, von 1.3.2011 bis zum 31.12.2013 ein Wettunternehmen mit der Bezeichnung 'C' am Standort F, L, zu betreiben (Bescheid vom 4.2.2011, IKD(Pol)-070.274/1-2011-O) und wurde die Einrichtung einer Wettannahmesteile unter Verwendung von Wetteinrichtungen bzw. -geraten (Wettterminals) am Standort des verfahrensgegenständlichen Lokals 'J' ohne Einwand zur Kenntnis genommen (Schreiben der Oö. Landesregierung vom 22.2.2012, IKD(Pol)-070.274/116-2012-W/Hau). Wetten auf Ereignisse, die bereits stattgefunden haben, wie voraufgezeichnete oder virtuelle Sport- oder sonstige Ereignisse sind von dieser Bewilligung jedoch ausdrücklich ausgenommen (§ 10 Abs. 2 OÖ. Spielapparate- und Wettgesetz).

 

Es handelt sich daher bei den angezeigten Glücksspielen um verbotene Ausspielungen iSd. § 2 Abs. 4 GSpG, an denen vom Inland aus teilgenommen werden konnte, sodass in Anbetracht der festgestellten Betriebsdauer des Geräts, mit welchem die Glücksspiele durchgeführt bzw. ermöglicht wurden, fortgesetzt in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wurde.

 

Wie sich aus der Niederschrift der Betreiberin des Lokals 'G' bzw. 'J', Frau L R, vom 26.4.2012, insbesondere betreffend die Gewinnaufteilung (Seite 4), derzufolge bei Hundewetten mit der C GmbH im Verhältnis 50:50 abgerechnet werde, ergibt, wurde das verfahrensgegenständliche Glücksspielgerät auf Gefahr und Rechnung der Eigentümerin desselben, der C GmbH, betrieben, welche damit selbständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausübte. Die C GmbH ist daher Unternehmerin iSd. § 2 Abs. 2 GSpG und sind Sie als Geschäftsführer und damit als zur Vertretung nach außen befugtes Organ dieser Gesellschaft gemäß § 9 Abs. 1 VStG für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch diese strafrechtlich verantwortlich.

 

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verhaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiters anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Da das Glücksspielgesetz keine Bestimmungen betreffend die verlangte Verschuldensform enthält, genügt für die Strafbarkeit nach § 52 Abs. 1 GSpG bereits eine fahrlässige Begehung. Maßstab ist dabei jene Sorgfalt, zu der der Täter nach den Umständen des einzelnen Falles verpflichtet, die ihm zumutbar und zu der er befähigt ist.

Als handelsrechtlicher Geschäftsführer und damit als das zur Vertretung nach außen berufene Organ einer Gesellschaft gehört es zweifellos zu Ihren Aufgaben, sich über die Zulässigkeit der von der Gesellschaft ausgeübten Tätigkeit - hier in Zusammenhang mit Glücksspiel - zu informieren. Aufgrund der öffentlich zugänglichen Informationen, insbesondere dem Glücksspielgesetz selbst und der dazu allgemein und gerade auch zu den mit dem verfahrensgegenständlichen Gerät durchführbaren Glücksspielen (Wetten auf den Ausgang von virtuellen Hunderennen) ergangenen umfangreichen und eindeutigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung, war Ihnen dies auch zumutbar.

 

Die Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift entschuldigt gemäß § 5 Abs. 2 VStG nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte. Der im Wirtschaftsleben Tätige ist verpflichtet, sich über die einschlägigen gesetzlichen Vorschriften zu informieren und darf sich im Zweifelsfalle nicht auf für ihn günstige Rechtsauskünfte Privater, und seien dies auch Rechtsberater oder andere Experten des Rechtsgebiets, verlassen (VwGH vom 7.10.2010, 2006/17/0006). Vielmehr bedarf es bei der Einhaltung der einem am Wirtschaftsleben Teilnehmenden obliegenden Sorgfaltspflicht einer Objektivierung durch geeignete Erkundigungen (VwGH vom 22.2.2006, 2005/17/0195 uva.), wobei gerade in Fällen, in denen die Möglichkeiten der Rechtsordnung im Wirtschaftsleben bis aufs Äußerste ausgenützt werden sollen, bei der Einholung von Auskünften über die Zulässigkeit einer beabsichtigten Tätigkeit eine besondere Sorgfalt an den Tag zu legen ist (VwGH vom 16.11.2011, 2011/17/0238; VwGH vom 20.7.2011, 2011/17/0153; uva.).

 

In diesem Sinne hätten Sie im Vorfeld entsprechende Rechtsauskünfte bei den zuständigen Behörden einholen müssen (VwGH vom 14.12.2011, 2011/17/0233).

 

In Ansehung der Außerachtlassung der im gegenständlichen Fall gebotenen und ihnen zumutbaren Sorgfalt kann das Ausmaß Ihres Verschulden nicht als geringfügig bezeichnet werden, zumal § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG gerade (auch) das Veranstalten von verbotenen Ausspielungen unter Strafe stellt, daher genau auf den hier verwirklichten Fall abstellt. In Ansehung der mit der Verwirklichung des Straftatbestandes verletzten öffentlichen Interessen, insbesondere dem Schutz von Jugendlichen und Spielern, kann von § 21 Abs. 1a VStG nicht Gebrauch gemacht werden.

 

Der objektive und subjektive Tatbestand des § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG ist damit erfüllt."

 

Die belangte Behörde schließt mit Erwägungen zur Strafbemessung.

 

1.2. Gegen dieses am 14. Februar 2013 durch Hinterlegung zugestellte Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitige Berufung vom 25. Februar 2013.

 

Darin wird – auf das Wesentliche zusammengefasst – vorgebracht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufgrund von Begründungsmängeln rechtswidrig sei. Bei den Wetten auf aufgezeichnete Hunderennen handle es sich um kein Glücksspiel. Veranstalter dieser Wetten sei die C (M) Ltd, nicht die C GmbH. Auch die Strafhöhe sei willkürlich bemessen und bestünden verfassungsrechtliche Bedenken gegen einzelne Bestimmungen des GSpG.

 

Der Bw beantragt die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. In eventu wird beantragt, eine günstigere Strafe zu verhängen.

 

1.3. Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 27. Februar 2013 die Berufung samt dem bezughabenden Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vor.

 

 

2.1. Mit Schreiben vom 10. April 2013 hat der Oö. Verwaltungssenat gegen den Beschuldigten des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens Anzeige gemäß § 78 Abs 1 StPO an die zuständige Staatsanwaltschaft wegen Verdachts einer gemäß § 168 StGB gerichtlich strafbaren Handlung erstattet und das anhängige Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 30 Abs 2 VStG ausgesetzt.

 

Eine gerichtliche oder staatsanwaltschaftliche Verständigung über den Abschluss dieses Verfahrens lag dem Oö. Verwaltungssenat im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung nicht vor.

 

2.2. Mit Schreiben vom 23. August 2013 hat der Oö. Verwaltungssenat die belangte Behörde wie folgt um notwendige Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens ersucht:

 

"Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Im Berufungsverfahren gegen ein Straferkenntnis nach dem Glücksspielgesetz betreffend Herrn M W, vertreten durch Rechtsanwälte Mag. M P und Mag. H Z, W, W, vom 8. Februar 2013, Z Pol96-278-2012, sind – nicht zuletzt im Lichte der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zB VwGH vom 14.12.2011, Zl. 2011/17/0233) – Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens hinsichtlich folgender Sachverhaltsfrage notwendig:

 

Welcher Höchst-Wetteinsatz pro Einzelspiel ist beim Gerät "Tipomat Y‑Line ", Seriennummer 30330, möglich?

 

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land wird daher ersucht, die notwendigen Erhebungen (gegebenenfalls unter Beiziehung der Anzeige legenden Abgabenbehörde) durchzuführen und dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich die diesbezüglichen Ermittlungsergebnisse unter Vorlage entsprechend umfassender Beweise (etwa umfassende und vollständige Gerätebuchhaltung bzw. digitale Buchhaltungsunterlagen) innerhalb von vier Wochen zu übermitteln."

 

2.3. Bis zum Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung ist von Seiten der belangten Behörde kein Ermittlungsergebnis eingetroffen.

 

Am 12. September 2013 langte beim Oö. Verwaltungssenat jedoch eine Stellungnahme des Finanzamtes Linz zu dem an die belangte Behörde erteilten Ermittlungsauftrag ein. Zunächst werden dem Ersuchen, die Einsatzmöglichkeiten am gegenständlichen Gerät zu eruieren, erhebliche technische Probleme entgegengehalten, da Geräte, welche vom Stromnetz und von Datennetz getrennt worden seien, nicht ohne aktive Mitwirkung des Veranstalters wieder in Betrieb genommen werden könnten und dieser Auftrag zur Mitwirkung nur vom Oö. Verwaltungssenat erteilt werden könnte. Um die gerichtliche Strafverfolgung einer Tat nach § 168 StGB nachweisen zu können, müsste nach Ansicht des Finanzamtes ein behördlicher Auftrag an den Veranstalter die Offenlegung der gesamten Gerätebuchhaltung samt der statistischen Daten am jeweiligen Gerät in Anwesenheit eines Vertreters des Oö. Verwaltungssenates und der Finanzpolizei umfassen.

 

Zudem finden sich in der Stellungnahme rechtliche Ausführungen zum Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 13. Juni 2013, Zl. B 422/2013-9, welche nach Ansicht des Finanzamtes das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Juni 2012, Zl. G 4/12-10, keinesfalls aufgehoben oder abgeändert habe, sodass die verwaltungsbehördliche Zuständigkeit bei vorliegendem Sachverhalt zweifelsfrei gegeben sei.

 

Wenn in den Berufungsschriftsätzen Behauptungen bezüglich der möglichen Einsätze aufgestellt werden würden, mögen diese auch nachgewiesen werden, wobei nach den Ausführungen des Finanzamtes lediglich die möglichen Einsätze zu den verfahrensgegenständlichen Spielen verfahrensrelevant wären.

 

Zuletzt wird von Seiten des Finanzamtes noch darauf verwiesen, dass im Falle einer Wiederinbetriebnahme der Eingriffsgegenstände durch den Veranstalter bei einer neuerlichen Kontrolle aufgrund der nicht überwachbaren Internetverbindung zu unbekannten externen elektronischen Einrichtungen ein anderer Inhalt sichtbar gemacht werden könnte, als zuvor in den Geräten vorhanden war.

 

2.4. Mit Schreiben vom 19. September 2013 wurde der Bw zu Handen seines bevollmächtigten Rechtsanwaltes aufgefordert, die Gerätebuchhaltung des in Rede stehenden Glücksspielgerätes vorzulegen.

 

Diesem Auftrag wurde mit Schreiben vom 26. September 2013 entsprochen. Auf dieser waren jedoch lediglich 2 Einzeleinsätze sichtbar. Laut der übermittelten Gerätebuchhaltung wurde am 28. Februar 2012 um 18:23 Uhr um 2 Euro gespielt und um 18:24 desselben Tages ist ein Einzeleinsatz von 18 Euro ersichtlich.

 

Auf telefonische Nachfrage teilte der Rechtsanwalt des Bw am 30. September 2013 mit, dass auch er von der Tatsache überrascht gewesen sei, dass lediglich 2 Wetteinsätze in der vorgelegten Gerätebuchhaltung aufscheinen. Es wurde ihm jedoch mitgeteilt, dass es sich beim gegenständlichen Glücksspielautomaten um ein "schlechtes" Gerät gehandelt haben soll, mit welchem nicht mehr Spiele gespielt worden seien.

 

In einem ergänzenden Vorbringen vom 30. September 2013 wurde dem Oö. Verwaltungssenat mitgeteilt, dass alle Wettterminals der Marke "Tipomat Y-Line" baugleich seien und über dieselben Einsatzmöglichkeiten verfügen. Es wäre wirtschaftlich unvernünftig gewesen, die Wetten gerade auf aufgezeichnete Hundewetten mit Einsätzen bis zu 10 Euro zu begrenzen. Der Oö. Verwaltungssenat habe bereits in anderen Verfahren festgestellt, dass die C Wettterminals der Marke Tipomat Y-Line Einsätze von über 10 Euro zulassen würden.

 

2.5. Die vorgelegte Gerätebuchhaltung und das ergänzende Vorbringen wurden dem Finanzamt Linz mit Schreiben vom 2. Oktober 2013 zur Kenntnisnahme und allfälligen Stellungnahme binnen einer Frist von 2 Wochen übermittelt.

 

Am 24. Oktober 2013 wurde von Seiten der Finanzpolizei Linz jedoch um eine Fristerstreckung gebeten, da ihrerseits noch mit der belangten Behörde zu klären sein wird, wie sie im Straferkenntnis auf Seite 5 zur Feststellung gelangten, dass ein „Spieleinsatz von mehr als € 10,00 […] programmbedingt nicht geleistet werden" konnte, da die Finanzpolizei diese Feststellung nicht getroffen habe.

 

In einer Stellungnahme vom 5. November 2013 teilte das Finanzamt Linz schließlich mit, dass die beigelegte Gerätebuchhaltung ihrer Ansicht nach nicht geeignet sei, um feststellen zu können, ob auf dem gegenständlichen Gerät Einsätze von mehr als 10 Euro getätigt worden seien. Es handle sich augenscheinlich um drei voneinander unabhängige Bildschirmkopien, die auf eine Seite zusammen gefügt worden seien, sodass kein Zusammenhang zwischen Standort, Gerät und Einsatz hergestellt werden könnte. Um den notwendigen Nachweis, ob tatsächlich Einsätze von mehr als 10 Euro geleistet worden seien, erbringen zu können, werde daher die Durchführung eines Lokalaugenscheins im Beisein eines mit dem fall vertrauten Finanzpolizisten beantragt, um Einsicht in die Gerätebuchhaltung und die tatsächlich geleisteten Einsätze zu erhalten.

 

2.6. In dem aus Anlass der Stellungnahme des Finanzamtes ergänzend erstattetem Vorbringen vom 15. November 2013 (ON 19) führt der Rechtsanwalt des Bw aus, dass eine Einsichtnahme in die Gerätebuchhaltung vor Ort schon deswegen nicht zielführend sei, da am Gerät vor Ort nicht die gesamte Buchhaltung gespeichert werde, sondern immer nur die Daten für einen kurzen Zeitraum, damit der Betreiber vor Ort im Streitfall mit einem Kunden nachweisen könne, welche Einsätze bzw. Gewinne festgehalten worden seien. Die Daten würden regelmäßig an den Zentralserver übertragen und danach am Gerät gelöscht werden, da die Speicherkapazität vor Ort 64 kB betrage.

 

Zur vorgelegten Gerätebuchhaltung wurde ergänzend vorgebracht, dass es sich in der ersten Zeile um den Verwaltungsstandort handle (konkret: Verwaltungsstandort X im Lokal (CP-O) J mit der Adresse H, T). Unter einem Verwaltungsstandort können ein oder mehrere Gerätestandorte erfasst werden. In concreto war an dieser Adresse jedoch nur ein Gerät vorhanden. Dies wird durch die zweite Bildschirmkopie belegt, welche unter der Lokalbezeichnung auf den Gerätestandort X verweist. Die Gerätestandortnummer sei nicht mit der Gerätenummer ident, da sich letztere nur auf das Gerät beziehe und nicht auf den Standort, sodass auch im Falle eines defekten Gerätes dieses komplikationslos ausgetauscht und in der Buchhaltung die Gerätestandortnummer beibehalten werden könne. In der dritten Bildschirmkopie werden der jeweilige Einsatz, der Gewinn sowie der Zeitpunkt der Wettannahme ersichtlich. Der Bezug zum Gerätestandort sei über die Gerätestandortnummer X herzustellen.

 

2.7. Die Beschlagnahme des in Rede stehenden Gerätes wurde mit Berufungserkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 13. Dezember 2012, VwSen-740077/2/WEI/HUE/Ba als rechtmäßig bestätigt. und der Verwaltungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 24. April 2013, Zl. 2013/17/0086-4, die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde ab, weil der Oö. Verwaltungssenat nicht von seiner Rechtsprechung abgewichen sei.

 

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde sowie Durchführung von ergänzenden Ermittlungen. Da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben war, konnte gemäß § 51e Abs 2 Z 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

3.2. Der Oö. Verwaltungssenat geht auf Grund der Aktenlage, insbesondere den ergänzenden Erhebungsergebnissen, vom folgenden S a c h v e r h a l t aus:

 

Auf Grund einer von Organen der Abgabenbehörde am 26. April 2012 im Lokal "J" in T, H, durchgeführten Kontrolle wurde das gegenständliche Gerät (Wettterminal) der Marke Tipomat Y-Line aufgestellt vorgefunden und in der Folge vorläufig beschlagnahmt. Mit diesem Gerät wurden – wie sich aus der vorgelegten Gerätebuchhaltung (ON 9) ergibt – jedenfalls am 28. Februar 2012 Hunderenn-Spiele durchgeführt, bei denen für bestimmte Einsatzbeträge Gewinne in Aussicht gestellt worden sind. Konkret ist aus der Gerätebuchhaltung ersichtlich, dass am 28. Februar 2012 ein Einzeleinsatz von 18 Euro und von 2 Euro geleistet wurden.

 

Glaubhaft hat der Rechtsvertreter des Bw dargelegt (vgl Eingaben ON 11 und 19), dass alle Wettterminals der Marke Tipomat Y-Line baugleich sind und über dieselben Einsatzmöglichkeiten verfügen. In der Eingabe vom 15. November 2013 (ON 19) wurde plausibel erläutert, dass sämtliche Wettmöglichkeiten im Wege des Internets zentralseitig von C (M) Ltd. angeboten werden und nie eine Einsatzbeschränkung auf 10 Euro vorgesehen war. Eine solche Beschränkung bei einzelnen Geräten wäre angesichts vieler hundert in Betrieb stehenden Terminals technisch nicht machbar und auch wirtschaftlich unvernünftig.

 

Unter Bezugnahme auf die gegenständliche Gerätebuchhaltung (vgl ON 9) und auf die mit ON 19 vorgelegten Beweismittel betreffend Einsatzmöglichkeiten über 10 Euro beim Internetterminal Tipomat Y-Line (vgl VfGH 13.09.2013, B 635/2013 sowie 4 Berufungsbescheide je vom 1.10.2013 des UVS Vorarlberg betreffend Einstellungen; GSp26-Dokumentationsformular betr. eine Kontrolle vom 9.5.2012 in einem Lokal in Salzburg, nach dem die Organe der Finanzpolizei 20 Euro am Wettterminal einsetzten und einen Höchsteinsatz von vermutlich 500 Euro vermerkten; Eidesstättige Erklärung vom 11.11.2013 des Vertriebsleiters Thomas Bierochs) sowie unter Hinweis auf die mehrfach Einsätze über 10 Euro ausweisende Gerätebuchhaltung eines gleichartigen Gerätes, die im h. Berufungsverfahren VwSen-360060 bekannt geworden ist (vgl die unter ON 22 einliegende Kopie einer Stellungnahme des Bw vom 19.12.2012 mit Beilage), sieht es der Oö. Verwaltungssenat als erwiesen an, dass auch am verfahrensgegenständlichen Gerät Einsätze von über 10 Euro möglich waren und auch geleistet wurden.

 

Anders als im gegenständlichen Fall, wo das Gerät im Zuge der von der Finanzpolizei durchgeführten Kontrolle nicht bespielt werden konnte, war es den ermittelnden Finanzbeamten in einer gleichartigen beim Oö. Verwaltungssenat anhängigen Verwaltungsstrafsache gegen den Bw möglich, ein baugleiches Gerät der Marke Tipomat Y-Line zu bespielen. Der konkrete Spielablauf stellt sich daher unter Bezugnahme auf das Berufungserkenntnis VwSen-360060/10/AL/Ba vom 6. August 2013 (vgl die mit ON 11 vorgelegte Kopie) wie folgt dar:

 

Bei dem gegenständlichen Gerät konnten "Wetten" auf den Ausgang von bereits in der Vergangenheit stattgefundenen virtuellen Hunderennen abgeschlossen werden.

 

Nach Eingabe von Geld für das Spielguthaben, Auswahl des gewünschten Spieleinsatzes und nach Festlegen eines vermuteten Rennergebnisses konnte die "Wette" durch Betätigung einer entsprechenden virtuellen Bildschirmtaste abgeschlossen werden. Über Wunsch wurde ein Wettschein ausgedruckt. Die aufgezeichneten, bereits in der Vergangenheit stattgefundenen, allenfalls nur mit einer fortlaufenden Nummerierung gekennzeichneten Rennen wurden am Bildschirm dargestellt. Nach dem Zieleinlauf wurden die ersten Drei in Zeitlupe oder mit Standbild noch einmal kurz gezeigt. Der Kunde konnte nur aufgrund von Vermutungen eine Nummer oder Farbe wählen, durch welche jeder Hund gekennzeichnet war. Auf diese Weise konnte eine "Wette" auf den Sieger oder eine Kombinationswette auf den ersten und zweiten, allenfalls auch noch auf den dritten durch das Ziel laufenden Hund abgeschlossen werden. Jedem möglichen Einlaufergebnis war eine bestimmte Quote zugeordnet, welche am Gerätebildschirm in einem Quotenblatt dargestellt war. Der in Aussicht gestellte Gewinn errechnete sich durch Multiplikation des gewählten Einsatzbetrags mit der dem erwarteten Rennverlauf entsprechenden Quote.

 

Beim gegenständlichen Gerät konnten mangels Bespielbarkeit keine Gewinn-Quoten festgestellt werden. Im finanzbehördlichen Ermittlungsverfahren zu VwSen-360060 wurde bei einem gleichartigen Gerät (Wettterminal) der Marke Tipomat Y-Line eine höchstmögliche Gewinn-Quote von 106,40 und 128,10 ermittelt.

 

Die Kunden hatten keinerlei Einfluss auf das Zustandekommen bestimmter Spielergebnisse. Sie konnten nur einen Einsatz wählen und eine Siegwette abschließen. Danach war der in kurzen Abständen regelmäßig erfolgende Rennstart und das etwa 30 Sekunden dauernde Rennereignis abzuwarten, wonach der Verlust des Einsatzes oder ein Gewinn feststand.

 

Der Ausgang dieses Spiels konnte vom Spieler somit nicht beeinflusst werden. Die Entscheidung über das Spielergebnis hing somit jedenfalls vorwiegend vom Zufall ab.

 

Aus der unter ON 22 einliegenden Gerätebuchhaltung eines baugleichen Geräts der Marke Tipomat Y-Line ergeben sich nicht nur Einzeleinsätze von über 10 Euro je Einzelspiel (etwa 11, 15 und 30 Euro je Einzelspiel); vielmehr geht aus dieser auch klar und eindeutig hervor, dass an diesem Gerät in bemerkenswert kurzen zeitlichen Abständen (oft innerhalb weniger als einer Minute!) Spieleinsätze tatsächlich geleistet wurden. Aufgrund der bestätigten Baugleichheit aller Wettterminals der Marke Tipomat Y-Line gelangt der Unabhängige Verwaltungssenat zur Annahme, dass somit auch an dem in Rede stehenden Gerät die Möglichkeit zu Serienspielen iSd OGH-Judikatur bestanden hat.

 

3.3. Auch die Finanzpolizei scheint offensichtlich von dem unter 3.2. dargestellten Spielablauf auszugehen, da in dem im erstbehördlichen Akt einliegenden Aktenvermerk vom 26. April 2012 trotz mangelnder Bespielbarkeit des Gerätes ein – mit den getroffenen Feststellungen übereinstimmender – Spielablauf am gegenständlichen Gerät festgehalten wurde.

 

Wenn die Finanzpolizei die in der vorgelegte Gerätebuchhaltung aufscheinenden Einsatzhöhen mit dem Argument bestreitet, dass kein Zusammenhang zwischen Standort, Gerät und Einsatz hergestellt werden konnte, ist ihr entgegenzuhalten, dass sehr wohl ein Zusammenhang zwischen den drei Bildschirmkopien besteht. Der Rechtsanwalt des Bw hat in dem ergänzenden Vorbringen vom 15. November 2013 (ON 19) nochmals anschaulich ausgeführt, dass bei der dritten Bildschirmkopie, wo ein Einzeleinsatz von 18 Euro aufscheint, der Bezug zum Gerätestandort über die Gerätestandortnummer X herzustellen war, so dass auch aus Sicht des Oö. Verwaltungssenates die vorgelegte Gerätebuchhaltung eindeutig dem gegenständlichen Gerät zuzuordnen war. Damit konnte auch die von der belangten Behörde behauptete Tatsache, dass Spieleinsätze von mehr als 10 Euro programmbedingt nicht hätten geleistet werden können (siehe S 5 des Straferkenntnisses), widerlegt werden. Ein Organ der Finanzpolizei hat in einem Telefongespräch vom 24. Oktober 2013 selbst eingeräumt, dass von Seiten der Finanzpolizei keine diesbezüglichen Feststellungen getroffen wurden.

 

3.4. Zuletzt ist noch darauf hinzuweisen, dass vom Antrag auf Durchführung eines Lokalaugenscheines, um Einsicht in die Gerätebuchhaltung zu erhalten, schon deshalb abgesehen werden konnte, da der Bw plausibel darlegte, dass vor Ort nicht die gesamte Buchhaltung gespeichert wird, sondern die Daten in regelmäßigen Abständen an einen Zentralserver übertragen werden, sodass die Durchführung eines Lokalaugenscheines keine weitere Klärung des Sachverhaltes erwarten ließ.

 

3.5. Gemäß § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil hier keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde – durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 Glücksspielgesetz (GSpG) in der zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 111/2010 begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, "wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt".

 

Nach § 168 Abs 1 StGB ist derjenige mit einer Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder mit einer Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, der "ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, [...] es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird".

 

4.2. Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist im Lichte des verfassungsrechtlichen Doppelbestrafungs- und -verfolgungsver­botes gemäß Art 4 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK (ZPzEMRK) von einer stillschweigenden Subsidiarität der allenfalls anzuwendenden glücksspielgesetzlichen Verwaltungsstrafbestimmung gegenüber dem gerichtlichen Straftatbestand des § 168 StGB auszugehen (vgl VwGH 8.9.2009, Zl. 2009/17/0181; VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134; VfSlg 15.199/1998). Daraus folgt, dass eine Bestrafung nach der Verwaltungsstrafbestimmung dann zu unterbleiben hat, wenn sich der Täter nach dem § 168 StGB strafbar gemacht hat. Auch der Wegfall der Strafbarkeit nach dem primär heranzuziehenden Tatbestand infolge Eintritt eines Strafaufhebungsgrundes könne nicht die Anwendbarkeit des subsidiären Straftatbestandes (neu) begründen, handelt es sich bei dieser Form der Konkurrenz doch um die Verdrängung des subsidiären Tatbestandes durch den vorrangig anzuwendenden (so VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134).

 

Ob eine Tat den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung erfüllt, ist grundsätzlich als Vorfrage iSd § 38 AVG zu beurteilen, wobei die Behörde im Zweifelsfall die Verfahrensvorschrift des § 30 Abs 2 VStG zu beachten hat (vgl. VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134; VwGH vom 22.8.2012, Zl. 2012/17/0156 unter Hinweis auf VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0233). Dabei ist die Behörde an einen strafgerichtlichen Einstellungsbeschluss nicht gebunden, sondern hat iSd ständigen Rechtsprechung des VwGH selbst zu beurteilen, ob ein vom Gericht zu ahndender Tatbestand vorlag (vgl etwa VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0233 unter Hinweis auf VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134).

 

4.3. Mit der Glücksspielgesetz-Novelle 2008, BGBl I Nr. 54/2010, wurde in § 52 Abs 2 GSpG eine ausdrückliche Zuständigkeitsklausel zur Abgrenzung zwischen verwaltungsbehördlicher und gerichtlicher Strafbarkeit eingefügt. Danach handelt es sich dann, wenn im Zusammenhang mit der Teilnahme an einer Ausspielung (mit oder ohne Glücksspielautomaten) von einem Spieler vermögenswerte Leistungen von über 10 Euro pro Spiel geleistet werden, schon ex lege nicht mehr um "geringe Beträge" iSd § 168 Abs 1 StGB, sodass insoweit "eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz [GSpG] hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück[tritt]".

 

Mit Erkenntnis vom 22. August 2012, Zl. 2012/17/0156, hat der Verwaltungsgerichtshof dazu festgehalten, dass die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Gerichten und Verwaltungsbehörden nach den für die Spiele geleisteten Einsätzen zu erfolgen habe, da § 52 Abs 2 GSpG auf die Leistung eines Einsatzes von mehr als 10 Euro in einem einzelnen Spiel abstelle. Eine Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit gegenüber dem gerichtlichen Straftatbestand ergebe sich daher nur für die Veranstaltung von Spielen, bei denen der Einsatz 10 Euro übersteigt.

 

In diesem Erkenntnis äußerte sich der Verwaltungsgerichtshof allerdings bloß zu einer der beiden Voraussetzungen des Straflosigkeitsmerkmals der 2. Variante im letzten Gliedsatz des § 168 Abs 1 StGB ("oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge"). Da die Wendung "geringe Beträge" lediglich eine der beiden kumulativen Voraussetzungen für die in § 168 Abs 1 letzter Teilsatz StGB normierte Straffreiheit bildet, ist auch von einer gerichtlichen Strafbarkeit hinsichtlich jener Glücksspiele auszugehen, bei denen die Einsätze pro Einzelspiel zwar unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze liegen, die aber nicht "bloß zum Zeitvertreib" gespielt werden. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, welcher sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. März 1999, Zl. 98/17/0134, angeschlossen hatte, etwa dann der Fall, wenn der Spielveranstalter vorsätzlich Serienspiele veranlasst oder zu solchen Gelegenheit bietet (vgl OGH 3.10.2002, 12 Os 49/02; OGH 2.7.1992, 15 Os 21/92; OGH 22.8.1991, 15 Os 27/91). Da somit eine Strafbarkeit gemäß § 168 StGB auch dann gegeben sein kann, wenn zwar Einsätze von unter 10 Euro pro Einzelspiel geleistet werden, es sich aber um Serienspiele iSd OGH-Judikatur handelt, ist in diesen Fällen hinsichtlich des Verhältnisses zu den Verwaltungsstraftatbeständen des GSpG nicht auf § 52 Abs 2 GSpG, sondern auf die eingangs zitierte Judikatur zurückzugreifen, der zufolge eine allenfalls anzuwendende glücksspielgesetzliche Verwaltungsstrafbestimmung hinter den gerichtlichen Straftatbestand des § 168 StGB stillschweigend zurücktritt.

 

Auch der Verfassungsrechtler Heinz Mayer vertritt in seinem Beitrag: "Das Verbot der Doppelbestrafung im Glücksspielrecht", ecolex 2013, Seiten 80 ff, die Auffassung, dass mit dem § 52 Abs 2 GSpG nur das Merkmal "geringe Beträge" im § 168 Abs 1 StGB präzisiert wurde. Nach Analyse der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs (VfSlg 15.199/1998 und VfSlg 18.833/2009) betreffend Vermeidung eines Verstoßes gegen das Doppelbestrafungsverbot durch verfassungskonforme Interpretation hält Mayer dem zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 22. August 2012 mit Recht kritisch entgegen (vgl ecolex 2013, 81 f):

 

"Wenn der VwGH im Erk v 22.8.2012 (FN 5: VwGH 22.8.2012, 2012/17/0156) nunmehr die Subsidiarität nur insoweit gelten lassen will, als es ausschließlich um Einsätze von mehr als Euro 10,- geht, so verkennt er die verfassungsrechtliche Bedeutung des Doppelbestrafungsverbots und das Erk des VfGH VfSlg 15.199. Folgt man dem VwGH, so hätte § 52 Abs 2 GSpG eine Doppelbestrafung dort ermöglicht, wo sie nach früherer Rechtslage nicht möglich war; dies lediglich deshalb, weil § 52 Abs 2 GSpG nunmehr den Begriff des 'geringen Betrages' des § 168 Abs 1 StGB definiert. Diese Auffassung ist unzutreffend; sie kann sich weder auf den Gesetzestext noch auf die Gesetzesmaterialien stützen. Die ErläutRV (FN 6: 658 BlgNR 14. GP 8) zur GSpG-Nov 2008 (FN 7: BGBl I 2010/54) zeigen deutlich, dass der Gesetzgeber beabsichtigte, der Rsp des VfGH Rechnung zu tragen und eine subsidiäre Kompetenz der Verwaltungsstrafbehörde zu normieren.

Die vom VwGH im Erk 22.8.2012 (FN 8: VwGH 22.8.2012, 2012/17/0156) gewählte Auslegung des § 52 Abs. 2 GSpG unterstellt dieser Bestimmung einen verfassungswidrigen Inhalt, indem sie nicht nur diese Bestimmung verkennt, sondern auch die Reichweite des verfassungsrechtlichen Doppelbestrafungsverbots gem Art 4 Abs 1 7. ZP. Die vom VwGH in diesem Erk vertretene Rechtsansicht macht es im Ergebnis ausschließlich vom Verhalten eines von ihm nicht beeinflussbaren Dritten abhängig, ob ein Veranstalter nur vom Gericht oder zusätzlich auch von der Verwaltungsbehörde bestraft wird; eine solche Auslegung scheint auch unsachlich und damit gleichheitswidrig.

Zuletzt ist darauf hinzuweisen, dass die im Erk VwGH 22. 8. 2012 vertretene Auffassung in Konflikt mit der Rsp des OGH im Falle von Serienspielen gerät; in diesen Fällen nimmt der OGH auch bei geringen Einsätzen eine Strafbarkeit gem § 168 StGB an (FN 9: Vgl OGH 14.12.1982, 9 Os 137/82; 22.8.1991, 15 Os 27/91; 3.10.2002, 12 Os 49/02 EvBl 2003/22)."

 

In seiner jüngsten Grundsatzentscheidung vom 13. Juni 2013, Zl. B 422/2013, tritt der Verfassungsgerichtshof der beginnend mit dem Erkenntnis vom 22. August 2012, Zl. 2012/17/0156, geänderten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ausdrücklich entgegen und führt zur Abgrenzung der verwaltungsrechtlichen von der gerichtlichen Strafbarkeit im Glücksspielrecht (Hervorhebungen nicht im Original) unter Punkt III. (RN 26 ff) Folgendes aus:

 

" [...]

Ungeachtet der Formulierung des § 52 Abs. 2 GSpG (iVm dem Straftatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG) kann diesem nicht der (verfassungswidrige) Inhalt unterstellt werden, dass die Abgrenzung der Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörde nach dem Glücksspielgesetz und der Strafgerichte nach § 168 StGB nach den vom jeweiligen Spieler tatsächlich geleisteten Einsätzen (höchstens oder über € 10,-) abhängt. Der Verwaltungsstraftatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG erfasst nämlich das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG. Die Strafbarkeit knüpft somit nicht - wie dies aus der Textierung des § 52 Abs. 2 GSpG missverstanden werden könnte - an das Verhalten des konkreten Spielers - also daran, ob dieser im Einzelfall einen Einsatz von höchstens oder unter € 10,- an einem Glücksspielautomaten tatsächlich leistet - an, sondern stellt auf das Verhalten jener Person ab, die einem Spieler verbotene Ausspielungen ermöglicht ('wer ... veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht ...' - § 52 Abs. 1Z 1 GSpG). Bei der Abgrenzung der Strafbarkeit nach § 52 Abs. 1 (Z 1) GSpG und nach § 168 StGB sowie damit auch der Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden und der Strafgerichte ist somit - bei einer verfassungskonformen, das Verbot der Doppelbestrafung gemäß Art. 4 Abs. 1 7. ZPEMRK berücksichtigenden Auslegung (vgl. VfSlg. 15.199/1998 mwN) - darauf abzustellen, ob derjenige, der eine Ausspielung etwa mit einem Glücksspielapparat oder Glücksspielautomaten bzw. mit einem darauf installierten Spielprogramm veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht, der bzw. das Einsätze von höchstens € 10,- oder mehr als €10,- ermöglicht. Würde auf die tatsächlichen Einsätze des jeweiligen Spielers abgestellt (wie dies der Verwaltungsgerichtshof in der zitierten Rechtsprechung [Anm: VwGH vom 22.08.2012, 2012/17/0156, VwGH vom 27.02.2013, 2012/17/0342 und VwGH vom 15.03.2013, 2012/17/0365] und die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid tun), würde eine Tat, also ein Lebenssachverhalt bzw. dasselbe Verhalten einer Person (nämlich des in § 52 Abs. 1 [Z 1] GSpG und § 168 StGB umschriebenen Täterkreises), in mehrere strafbare Handlungen zerlegt, obwohl diese strafbaren Handlungen dieselben wesentlichen Elemente ('essential elements') aufweisen und die eine strafbare Handlung den Unrechtsgehalt der anderen in jeder Beziehung mitumfasst. Das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen, bei denen Einsätze bis zu € 10,- pro Spiel geleistet werden können, erschöpft sich vollständig in dem gemäß § 168 Abs. 1 StGB strafbaren Verhalten in Bezug auf (Automaten)Glücksspiele bzw. die darauf installierten Spielprogramme mit Einsätzen über € 10,-.

 

Bei einer verfassungskonformen Interpretation des § 52 Abs. 2 (iVm § 52 Abs. 1 Z 1) GSpG hinsichtlich der Abgrenzung der Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden von jener der Strafgerichte darf es somit nur darauf ankommen, ob eine 'Glücksspielveranstaltung' (also das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen mit Spielautomaten über einen bestimmten Zeitraum) mit einem Einsatz von über € 10,- pro Spiel ermöglicht wird, und nicht darauf, ob der jeweilige Spieler Einsätze von höchstens € 10,- oder mehr als € 10,- tatsächlich leistet. Dabei umfasst das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen jeweils nur einen konkreten Spielautomaten und nicht mehrere Spielautomaten (gemeinsam).

 

… Die belangte Behörde hat somit dem § 52 Abs. 2 (iVm § 52 Abs. 1 Z 1) GSpG einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt, indem sie nicht auf den maximal möglichen Einsatz der vom Beschwerdeführer betriebenen Glücksspielautomaten, sondern auf den jeweils von Spielern geleisteten Einsatz pro Spiel abstellte. Da der Beschwerdeführer unbestrittenermaßen Ausspielungen mit zwei Glücksspielautomaten, welche einen Höchsteinsatz von € 10,50 pro Spiel ermöglichten, veranstaltete und deswegen auch in erster Instanz strafgerichtlich gemäß § 168 StGB verurteilt wurde, scheidet eine doppelte Bestrafung wegen ein und derselben Tat nach § 52 Abs. 1 Z 1 (iVm § 52 Abs. 2) GSpG aus.

 

… Aus der dargelegten verfassungskonformen Interpretation der Abgrenzungs-regelung des § 52 Abs. 2 GSpG ergibt sich im Übrigen die Verpflichtung der Verwaltungsstrafbehörde - auch nach Maßgabe der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art. 7 B-VG bzw. Art. 2 StGG und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art. 83 Abs. 2 B-VG - stets zu ermitteln, welcher mögliche Höchsteinsatz an einem Glücksspielautomat geleistet werden kann (bzw. ob Serienspiele veranlasst werden können), um derart beurteilen zu können, ob eine Gerichtszuständigkeit gemäß § 168 StGB oder die Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden gemäß § 52 Abs. 1 GSpG besteht."

 

Dieser Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes hat sich nunmehr auch der Verwaltungsgerichtshof – in ausdrücklicher Abkehr von seiner zuvor zitierten Rechtsansicht – angeschlossen (VwGH 23.7.2013, Zl. 2012/17/0249).

 

4.4. Zudem ist gemäß § 22 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG idF BGBl I Nr. 33/2013, soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, eine Tat als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.

 

Mit dem am 1. März 2013 in Kraft getretenen § 22 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013, der mangels anderslautender Übergangsbestimmung auch für den vorliegenden Fall maßgeblich ist, soll nach dem Willen des Gesetzgebers nunmehr eine generell subsidiäre verwaltungsbehördliche Strafbarkeit normiert werden und eine Tat "als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar sein, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet" (vgl Erl RV BGBl I Nr. 33/2013, 2009 BlgNR 24. GP, Seite 20 "Zu Z 4 (§ 22 samt Überschrift)".

 

Aus dem § 22 Abs 2 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 ergibt sich nunmehr, dass sowohl Taten, die zueinander in Realkonkurrenz stehen ("Hat jemand durch mehrere selbstständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen") als auch Taten, die zueinander in echter Idealkonkurrenz stehen ("oder fällt eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen"), entweder von einer oder von mehreren Verwaltungsbehörden nebeneinander zu bestrafen sind.

 

Auf Grund der in der Neufassung des § 22 Abs 1 VStG generell vorgesehenen ausdrücklichen Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit gegenüber Gerichtsdelikten ist konsequenter Weise die in der alten Fassung des § 22 Abs 2 VStG noch enthaltene Bestimmung, nach der auch beim Zusammentreffen von Verwaltungsübertretungen mit von einem Gericht zu ahndenden strafbaren Handlungen die Strafen nebeneinander zu verhängen waren, entfallen.

 

Offenbar im Interesse der Rechtssicherheit zwecks zuverlässiger Vermeidung einer verfassungsrechtlichen Konfliktlage soll eine Tat ganz allgemein nur mehr dann als Verwaltungsübertretung strafbar sein, wenn sie nicht auch – wenn auch nur teilweise - den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Auf diese Weise können auch schwierige Auslegungsfragen im Zusammenhang mit einer bisher nur stillschweigend anzunehmenden Subsidiarität (vgl etwa "same essential elements" - Doktrin des VfGH) vermieden und die Verwaltungsbehörden entlastet werden.

 

Im richtungweisenden Erkenntnis vom 11. Mai 1998, Zl. 98/10/0040 (= VwSlg 14.890 A/1998) hat der Verwaltungsgerichtshof unter Auswertung von Vorjudikatur für eine ausdrückliche Subsidiaritätsklausel betreffend eine Tat, die den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, ausgesprochen, dass es nicht erforderlich sei, dass das verdrängende und das verdrängte Delikt die gleiche Angriffsrichtung haben und dass die Subsidiarität auch dann greife, wenn der Gerichtstatbestand nicht allein durch die verwaltungsstrafrechtlich relevanten Elemente des Verhaltens, sondern erst durch Hinzutreten weiterer Sachverhaltselemente erfüllt werde.

 

Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, dass die zunächst vom Verfassungsgerichtshof in VfSlg 15.199/1998 und anschließend auch vom Verwaltungsgerichtshof (VwGH 22.03.1999, Zl. 98/17/0134) angenommene verfassungskonforme Interpretation im Wege der stillschweigenden Subsidiarität der Bestimmungen des Glücksspielgesetzes gegenüber dem § 168 StGB nunmehr ex lege durch die generelle ausdrückliche Subsidiarität nach dem § 22 Abs 1 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 nicht nur abgesichert wurde, sondern der (bedingungslose) Vorrang des konkurrierenden Gerichtsdelikts im Sinne von VwSlg 14.890 A/1998 nunmehr durch ausdrückliche gesetzliche Subsidiarität angeordnet worden ist. Dies bedeutet weiter im Ergebnis, dass bei Glücksspielen (verbotenen Ausspielungen) mit Einsätzen über 10 Euro, mögen sie auch mit solchen darunter einhergehen, sowie bei Glücksspielen, die nicht bloß zum Zeitvertreib (Serienspiele) gespielt werden, jedenfalls eine die Verwaltungsdelikte ausschließende gerichtliche Strafbarkeit anzunehmen ist.

 

Die ausdrückliche Subsidiarität setzt nur voraus, dass eine Tat (auch) den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Es ist gleichgültig, ob es dabei zu einer tatsächlichen Bestrafung des Täters durch ein Gericht kommt (vgl. Hauer/Keplinger, SPG-Kommentar4, 2011, Anm. 3 zu § 85 SPG mwN). Die Subsidiaritätsklausel verlangt dies nicht, sondern stellt ausschließlich auf die selbstständige Beurteilung durch die Verwaltungsstrafbehörde ab. Selbst wenn die gerichtliche Bestrafung mangels Zurechnungsfähigkeit, fehlenden Vorsatzes, Verjährung, Einstellung oder sogar aufgrund einer Arbeitsüberlastung des Gerichtes oder der Staatsanwaltschaft nicht erfolgt, liegt eine Verwaltungsübertretung nicht vor (vgl. so ausdrücklich Hauer/Keplinger, SPG-Kommentar4, 2011, Anm. 3 zu § 85 SPG mwN).

 

Außerdem hat der Verfassungsgerichtshof in der zitierten jüngsten Entscheidung zur bisher bloß stillschweigenden Subsidiarität – bei der gebotenen verfassungskonformen Interpretation – für die Abgrenzung von verwaltungsrechtlicher und gerichtlicher Strafbarkeit im Glücksspielrecht darauf abgestellt, ob an einem Glücksspielgerät Höchsteinsätze von über 10 Euro möglich sind bzw ob auch Serienspiele veranlasst werden können und bereits für diese Möglichkeiten, die auch die Versuchsstrafbarkeit einschließen, eine gerichtliche Strafbarkeit nach § 168 StGB angenommen.

 

Nichts Anderes kann insofern auch für die von § 22 Abs 1 VStG angeordnete ausdrückliche Subsidiarität gelten!

 

4.5.1. Da beim Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren – wie unter Punkt 2.1. festgehalten – der begründete Verdacht einer Strafbarkeit gemäß § 168 StGB entstanden ist, war der Oö. Verwaltungssenat verpflichtet, gemäß § 78 Abs 1 StPO Anzeige an die Staatsanwaltschaft zu erstatten und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 30 Abs 2 VStG bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Gerichts auszusetzen (vgl VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0233; VwGH 8.9.2009, Zl. 2009/17/0181). Dies deshalb, weil vor dem Hintergrund der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 52 Abs 2 GSpG und der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zum Verhältnis zwischen dem gerichtlichen und verwaltungsrechtlichen Glücksspielstrafrecht (VfSlg 15.199/1998) Zweifel betreffend die Annahme und Reichweite einer Scheinkonkurrenz vorhanden waren. Ab dem Zeitpunkt des Bestehens von Zweifeln an der verwaltungsbehördlichen Zuständigkeit hätte aber jede weitere Ermittlungstätigkeit seitens des Oö. Verwaltungssenates nicht nur im Widerspruch zu § 30 Abs 2 VStG, sondern auch zu Art. 4 7. ZPzEMRK, der neben einem Doppelbestrafungs- auch ein Doppelverfolgungsverbot normiert, gestanden.

 

4.5.2. Mit 1. März 2013 trat § 22 VStG idF BGBl I 33/2013 in Kraft (siehe zur Funktionsweise als ausdrückliche Subsidiarität weiter unter Pkt. 4.4.). Durch diese Normierung der allgemeinen, ausdrücklichen Subsidiarität für Verwaltungsstrafbestimmungen ergibt sich für die vom Oö. Verwaltungssenat ausgesprochene Aussetzung die Konsequenz, dass unabhängig davon, ob bzw. wie eine strafgerichtliche oder staatsanwaltliche Reaktion erfolgt, die Tat (= der einheitliche Lebenssachverhalt; siehe dazu auch VfGH 13. Juni 2013, Zl. B 422/2013 [Rz 27]) als Verwaltungsübertretung nicht mehr strafbar ist, wenn sie unter § 168 StGB (bzw. §§ 15, 168 StGB oder §§ 12, 15, 168 StGB) zu subsumieren ist – und zwar unabhängig davon, ob teilweise Einsätze unter oder über 10 Euro tatsächlich geleistet wurden.

 

In der Zusammenschau mit der nunmehr auch für das geltende Glücksspielrecht ausdrücklichen und unzweifelhaften Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 13. Juni 2013 – dessen Rechtsansicht sich aktuell auch der Verwaltungsgerichtshof in ausdrücklicher Abkehr von seiner bisherigen Rechtsansicht angeschlossen hat (VwGH 23.7.2013, Zl. 2012/17/0249) –, welche einerseits die Reichweite des § 168 StGB klarstellt und andererseits die Funktion (VfGH 13.6.2013, Zl. B 422/2013 [Rz 30]; "...Abgrenzungsregelung...“) und den Regelungsinhalt des § 52 Abs 2 GSpG mit Art 4 7. ZPEMRK in Einklang bringt (VfGH 13.6.2013, Zl. B 422/2013, ebenso uHa auf diese Entscheidung VfGH 26.6.2013, Zl. B 63/2013), ergibt sich sohin für den Oö. Verwaltungssenat aus jetziger Sicht, dass eine vom Oö. Verwaltungssenat durchzuführende selbstständige Beurteilung der gerichtlichen Strafbarkeit nach § 168 StGB (im Sinne der strafrechtlichen stRsp des OGH zu dieser Bestimmung) Klarheit im Hinblick auf die vormalig bestehenden Zweifel nach § 30 Abs 2 VStG bringt. Dies umso mehr, als dem Grunde nach erkannt werden muss, dass im Falle einer vom Gesetzgeber ausdrücklich und umfassend normierten Subsidiarität (§ 22 VStG) – bei im Übrigen nunmehr eindeutiger verfassungskonformer Abgrenzung zwischen gerichtlicher und verwaltungsrechtlicher Strafbarkeit durch den Verfassungsgerichtshof – keine Zweifel darüber bestehen können, dass bei Vorliegen der gerichtlichen Strafbarkeit eine ausschließliche Zuständigkeit der Strafgerichte besteht und damit auch begrifflich schon keine Verwaltungsübertretung in Betracht kommt (arg. "... nur dann ... strafbar ...").

 

Vor dem Hintergrund der nunmehr mit § 22 VStG ausdrücklich und umfassend normierten Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit sowie insbesondere auch der eindeutigen aktuellen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes – der im Übrigen auch der Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich folgt – konnte der Oö. Verwaltungssenat daher nunmehr eine selbstständige strafrechtliche Beurteilung vornehmen.

 

4.6. Die selbstständige strafrechtliche Beurteilung durch den Oö. Verwaltungssenat ergibt Folgendes:

 

4.6.1. Vorweg ist festzuhalten, dass am 5. November 2012 in einer LeiterInnenbesprechung bei der Oberstaatsanwaltschaft Linz die grundsätzliche Anwendbarkeit der Serienspieljudikatur des OGH ausdrücklich bestätigt wurde.

 

Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 13. Juni 2013, Zl. B 422/2013 abschließend festhält, kommt es bei verfassungskonformer Interpretation der Abgrenzungsregelung des § 52 Abs. 2 GSpG allein darauf an, welcher mögliche Höchsteinsatz an einem Glückspielgerät geleistet werden kann bzw. ob Serienspiele veranlasst werden können. Sobald daher die bloße Möglichkeit von Höchsteinsätzen bei einem Spielgerät von über 10 Euro oder die Möglichkeit der Abhaltung von Serienspielen im Sinne der OGH-Judikatur besteht, liegt daher nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes eine ausschließliche Gerichtszuständigkeit gemäß § 168 StGB vor.

 

Wie im vorliegenden Fall für den Oö. Verwaltungssenat aus der vorliegenden Gerätebuchhaltung eindeutig hervorgeht, ist bei den Spielen auf dem in Rede stehenden Hunderenn-Gerät ein Einzeleinsatz von mehr als 10 Euro tatsächlich geleistet worden. Aus der unter ON 22 zum Akt genommenen Gerätebuchhaltung eines gleichartigen Glücksspielautomaten ist jedoch auch ersichtlich, dass an den Geräten der Marke Tipomat Y-Line Serienspiele in Form von bemerkenswert rasch ablaufenden Einzelspielen veranlasst werden können (vgl. dazu oben unter Punkt 3.2.).

 

Schon die eindeutig belegten Einsatzmöglichkeiten auf dem gegenständlichen Wettterminal bzw Hunderenngerät von mehr als zehn Euro führen – nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund der diesbezüglich eindeutigen aktuellen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes – zur gerichtlichen Strafbarkeit des vorliegenden Sachverhaltes. Darüber hinaus konnte aufgrund der Baugleichheit aller Geräte der Marke Tipomat Y-Line davon ausgegangen werden, dass auch am gegenständlichen Gerät eine außergewöhnlich günstige, zu Serienspielen verleitende Relation zwischen Einsatz und möglichem Gewinn in Höhe eines Vielfachen entsprechend den jeweils gebotenen Quoten bestand. Im Hinblick auf die nur sehr kurze Einzelspieldauer (Wettabläufe) – die aufgezeichneten Rennereignisse starten in kurzen Abständen und dauern nur etwa 30 Sekunden (vgl. die Ausführungen unter Punkt 3.2.) – können ähnlich rasch wie auf Glücksspielgeräten mit Walzenspielen zahlreiche Glücksspiele in Form von "Wetten auf aufgezeichnete Rennergebnisse" innerhalb nur sehr kurzer Zeiträume ablaufen. Mit einer klassischen Situation von Wetten auf künftige sportliche Ereignisse hat dies nichts zu tun. Die Funktionsweise des in Rede stehenden Hunderenn-Gerätes für aufgezeichnete Rennen ist offenkundig darauf angelegt, einen besonderer Anreiz für den gewinnsüchtigen "Wettkunden" zu Serienspielen zu bieten. Der Spieler kann dadurch nicht nur sein Gewinnstreben an sich ausleben, sondern auch bei bereits eingetretenen Verlusten eine gute Chance sehen, diese durch wenige Tipps oder auch nur einen gewonnenen Tipp mit günstiger Quote wieder ganz oder teilweise wettzumachen. Er muss dafür nur eine gewisse Ausdauer mitbringen und eine "glückliche Hand" bei den gesetzten Einsatzhöhen haben. Die Bereitschaft eines Spielers zu Serienspielen wird dabei im Normalfall umso größer sein, je geringer die gespielten Einsätze sind und damit das Verlustrisiko des Einzelspiels ins Gewicht fällt. Insbesondere wenn es bloß um geringe Einsätze unter 10 Euro geht, werden Spieler daher aus Gewinnsucht bei den in Rede stehenden Geräten ihr Glück durch Serienspiele versuchen und ihre Chancen dabei ausreizen.

 

4.6.2. Auf Grund der durch die beschriebene Funktionsweise des in Rede stehenden Hunderenngerätes gegebenen Umstände werden nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates erwerbsmäßig nicht nur Spieleinsätze von über 10 Euro pro Einzelspiel ermöglicht, sondern können auch Serienspiele des "Wettkunden" veranlasst werden und ist – auch iSd oa Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes sowie dem folgend auch der jüngsten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes – die oben zitierte Serienspieljudikatur des Obersten Gerichtshofes weiterhin anzuwenden.

 

Im gegebenen Zusammenhang liegt durch die eindeutig belegte Möglichkeit, mit dem gegenständlichen Gerät um Höchsteinsätze von mehr als 10 Euro pro Einzelspiel zu spielen sowie darüber hinaus auch Serienspiele zu veranlassen, zumindest der strafbare Versuch einer gemäß § 168 StGB iVm § 15 StGB mit gerichtlicher Strafe bedrohten Glücksspielveranstaltung vor, da allein schon das unternehmerische Zugänglichmachen ebenso wie das Aufstellen bzw. zur Verfügung stellen von Glücksspielgeräten eine Versuchshandlung iSd § 15 Abs 2 StGB hinsichtlich des Tatbildes der Förderung einer Glücksspielzusammenkunft (vgl dazu § 168 Abs 1 StGB 2. Tatbildvariante) und überhaupt das vorsätzliche Verschaffen einer Spielgelegenheit – etwa durch den "Spielautomatenaufsteller" oder einen "die Gewinnabgeltung besorgenden Gastwirt" (Kirchbacher/Presslauer in WK² § 168 Rz 14 uHa Rainer, SbgK § 168 Rz 12) – auf derartig beschaffenen Glücksspielgeräten schon vor dem ersten Spielgeschehen den strafbaren Versuch der Veranstaltung von Glücksspielen im Sinne der 1. Tatbildvariante des § 168 Abs 1 StGB darstellt (vgl allgemein zu den Begehungsweisen Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 168 Rz 14 ff, die etwa die Förderung einer Glücksspielzusammenkunft schon "durch Beistellung entsprechender Räume oder Spielutensilien, durch Werbung oder durch sonstige Dienstleistungen" bejahen, und Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB3 §168 Rz 9 ff). Allein der Umstand des Zur-Verfügung-Stellens derartiger Geräte durch den Geräteeigentümer stellt bei entsprechendem Tatvorsatz somit jedenfalls schon den strafbaren Versuch der Förderung einer Glücksspielzusammenkunft (§ 168 Abs 1 2. Tatbildvariante) sowie allenfalls auch die strafbare Beteiligung am Versuch der Veranstaltung eines Glücksspiels (§ 168 Abs 1 1. Tatbildvariante) dar.

 

Mit anderen Worten: Bereits durch die Beistellung, betriebsbereite Aufstellung und öffentliche Zugänglichmachung des in Rede stehenden Hunderenngerätes wird der strafbare Versuchsbereich der Tatbilder des § 168 Abs 1 StGB als Ausführungshandlung oder zumindest ausführungsnahe Handlung in Bezug auf die Veranstaltung und die Förderung der Abhaltung von gerichtlich strafbaren Glücksspielen bzw. Serienglücksspielen beschritten.

 

Eine der jüngeren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechende – im Rahmen eines Verwaltungsstrafverfahrens nach § 52 Abs 1 Z 1 GSpG nur theoretisch denkbare – zusätzliche Anlastung einzelner Glücksspiele mit Einsätzen unter 10 Euro würde einen einheitlichen Lebenssachverhalt in mehrere strafbare Handlungen zerlegen, obwohl sie dieselben wesentlichen Elemente aufweisen. Dies führte aber zufolge der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 13. Juni 2013, Zl. B 422/2013, zu einer im Grunde der Subsidiarität des Verwaltungsstraftatbestands verfassungsrechtlich unzulässigen Doppelgleisigkeit, weshalb insofern eine Zergliederung des maßgeblichen Sachverhalts nach Einzelspielen bis 10 Euro und über 10 Euro für die Lösung der Frage der Identität der Tat von vornherein zwingend ausscheidet.

 

Darüber hinaus ist nach den gegebenen Umständen zu erkennen, dass der Bw im Sinne des § 5 Abs 1 2. Halbsatz StGB die Verwirklichung des Tatbildes ernstlich für möglich gehalten und sich damit auch abgefunden hat:

 

Schon die Tatsache, dass auf dem in Rede stehenden Hunderenngerät Spieleinsätze pro Einzelspiel von über 10 Euro möglich sind, und die einzelnen "Rennabläufe" auch nur etwa 30 Sekunden dauern, zeigt ganz offensichtlich, dass solche Ausspielungen sowohl vom Veranstalter als auch vom Lokalbetreiber und Inhaber ebenso wie von sonstigen unternehmerisch Beteiligten (etwa dem beteiligten Geräteeigentümer) in gewinnbringender Absicht beigestellt, betrieben bzw. veranstaltet werden. Dies indiziert mindestens den erforderlichen dolus eventualis in Bezug auf die beiden Tatbilder des § 168 Abs 1 StGB. So ist im Regelfall davon auszugehen, dass Veranstalter und/oder Lokalbetreiber ebenso wie sonstige unternehmerisch Beteiligte (etwa der beteiligte Geräteeigentümer) es für möglich halten und sich auch damit abfinden, dass mit der Verschaffung einer Spielgelegenheit bzw. der Zugänglichmachung von entgeltlichen Glücksspielen auf entsprechend ausgestatteten Geräten ebenso wie schon mit der erwerbsmäßigen Beistellung solcher Geräte auf unrechtmäßige (monopolwidrige) Art und Weise Geld verdient wird. Dementsprechend gehen auch Kirchbacher/Presslauer im Wiener Kommentar zum StGB (vgl dieselben in WK² § 168 Rz 13) unter Hinweis auf eine "realistische Sicht" davon aus, dass wohl "jedem Automatenbetreiber, der keine Vorkehrung gegen 'Serienspiele' trifft, ein entsprechender dolus eventualis unterstellt werden" müsse. Beim Einsatz von Glücksspielgeräten wie dem vorliegenden und den dabei in Aussicht gestellten attraktiven Gewinnquoten werden aber sogar nicht nur keine Vorkehrungen gegen Serienspiele (oder generell Glücksspiele iSd § 168 StGB) getroffen, sondern solche Serienspiele bzw. gerichtlich strafbaren Glücksspiele mit Spieleinsätzen von über 10 Euro geradezu provoziert.

 

4.7. Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt ist nach der selbstständigen Beurteilung durch den Oö. Verwaltungssenat grundsätzlich dem Tatbestand des Glücksspiels nach § 168 StGB zu unterstellen und zumindest iVm § 15 Abs 2 StGB gerichtlich strafbar.

 

In Hinblick auf die im vorliegenden Fall grundsätzlich gegebene gerichtliche Strafbarkeit des angelasteten Sachverhalts kann auf Grund des § 52 Abs 2 GSpG in Verbindung mit der nunmehr durch § 22 Abs 1 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 ausdrücklich geregelten generellen Subsidiarität, aber auch in Verbindung mit der vormals von den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts judizierten stillschweigenden Subsidiarität der glücksspielrechtlichen Verwaltungsstraf-bestimmungen und der aktuellen Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs (siehe VfGH 13.6.2013, Zl. B 422/2013, sowie die diesbezügliche Folgejudikatur [ua. VfGH 26.6.2013, Zl. B 63/2013]) keine strafbare Verwaltungsübertretung vorliegen.

 

 

5. Im Ergebnis ist daher die vorgeworfene Tat als Verwaltungsübertretung nicht strafbar, weil sie den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.

 

Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

Dr.  W e i ß

 

 

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