Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253302/9/Lg/TO/Ba

Linz, 07.08.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 5. Juni 2013 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des M A, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H O, K, W, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 30. August 2012, Zl. BZ-Pol-77007-2012, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) zu Recht erkannt:

 

 

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II. Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat einen Beitrag von 20% der verhängten Geldstrafe, das sind 146 Euro, zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Veraltungsstrafverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl.Nr. 51/1991   idgF iVm §§ 16 Abs.2, 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:                § 64 Abs.1 und 2 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.  Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe von 730 Euro bzw. eine Ersatzfrei­heitsstrafe von 112 Stunden verhängt, weil ihm Folgendes vorgeworfen wurde:

 

"Sie haben als Arbeitgeber und Gewerbeinhaber (Gewerbestandort: W, G), welcher für die Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflicht keinen Bevollmächtigten bestellt hat, folgende Verwaltungsüber­tretung zu verantworten:

 

Sie haben als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG, ab 14.10.2011 S G, geb. 13.06.1986 als Dienstnehmer an oa Gewerbestandort, in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt (€ 245/Woche; Arbeitszeit 00 Uhr bis 11 Uhr, 7 Tage/Woche) beschäftigt.

 

Der in Rede stehende Beschäftigte war organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen. Auch bestand eine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit. Die Höhe des Entgelts lag über der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 ASVG.

 

Obwohl dieser Dienstnehmer daher von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen und daher in der Kranken-Unfall- und Pensionsversicherung vollversichert ist, wurde hierüber eine, zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete, Meldung, bei der OÖ. Gebietskrankenkasse, 4020 Linz, Gruberstraße 77, als zuständiger Sozialver­siche­rungs­träger, nicht vor Arbeitsantritt erstattet.

 

Sie haben somit gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht verstoßen.

 

Verwaltungsübertretungen nach

§§ 111 iVm 33 Abs.1 und Abs. 1a ASVG idgF"

 

Begründend führt das angefochtene Straferkenntnis aus:

 

"Der spruchgegenständliche Sachverhalt wurde vom Finanzamt Grieskirchen Wels am 27.02.2012 angezeigt.

 

Mit Schreiben vom 13.03.2012, ha. eingelangt am 22.03.2012, teilt der Beschuldigte wie folgt mit:

 

Eingangs ist darauf hinzuweisen, dass die Meldungen, die der Beschuldigte gegenüber der Gebietskrankenkasse abgegeben hat, jeweils richtig sind. Im Übrigen ist hier auch darauf hin­zuweisen, dass der Beschuldigte mit der Lohnverrechnung eine Buchhaltungskanzlei, und zwar T C S KG, G, W, beauftragt hat, von der sämtliche Meldungen durchgeführt werden.

 

Sollte es bei den Meldungen zu Fehlern gekommen sein, sind diese nicht von dem Beschul­digten zu verantworten, der seine Lohnbuchhaltung richtig informiert, sondern kann im Ein­zelfall allenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass dort falsche Meldungen vorgenommen werden, obwohl die Informationen grundsätzlich richtig weitergegeben werden.

 

Mangels Zurechnung des Verschuldens zum Beschuldigten kann aus derartigen Umständen kein verwaltungsrechtlich strafbares Verhalten des Beschuldigten hergeleitet werden.

 

Von diesen Überlegungen ausgehend, kann zu den einzelnen Vorwürfen Folgendes ausgeführt werden:

 

a) angebliche Beschäftigung des G S  (BZ-Pol-76003-2012):

 

Es trifft in keiner Weise zu, dass Herr G S zu irgendeinem Zeitpunkt im Betrieb des Beschuldigten beschäftigt war, eine Beschäftigung zwischen Mitternacht und 11:00 Uhr scheidet schon deshalb aus, weil wie jederzeit überprüfbar ist, zu diesen Zeiten der Betreib des Beschuldigten nicht einmal offen ist, es kann kein Zweifel darin sein, dass eine Pizzeria, deren Hauptgeschäft ein Lieferservice darstellt, in diesem Zeitraum gar nicht betrieben werden kann.

 

Richtig ist lediglich, dass der Beschuldigte Herr G S, der ansonsten obdachlos gewesen wäre und dem Beschuldigten leid tat, die Möglichkeit gab, in einer im Haus G, W, befindlichen Wohnung zu schlafen. Im Hinblick darauf, dass Herr G S aufgrund seines Asylwerberstatus (Näheres war dem Beschuldigten nicht bekannt) ohne Beschäftigung war, hielt er sich auch tagsüber zumeist im Bereich der Pizzeria und beobachtete den Beschuldigten sowie seine anderen Mitarbeiter bei deren Tätigkeit, um einen gewissen Anschluss an andere Personen zu haben.

 

Es trifft keinesfalls zu, dass Herr G S jemals für irgendwelche Arbeiten beschäftigt war, eine Mitarbeit bei der Pizzaherstellung scheidet ohnehin aus, weil Herrn G S dazu die notwendigen Fähigkeiten fehlten, auch für Putzarbeiten im Betrieb wurde er nicht eingesetzt.

 

Soweit aus den Aussagen des Herrn G S eine Beschäftigungssituation geschlossen wird, ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass dieser Umstand offensichtlich auf Verständigungsprobleme zurückgeführt werden muss, dies zeigt, um es nochmals zu betonen, schon alleine der behauptete tägliche Beschäftigungszeitraum, der, wie dargestellt, im Hinblick auf die Betriebsart offensichtlich falsch ist.

 

d) G S (BZ-Pol-77007-2012):

 

Hier kann, um Wiederholungen zu vermeiden, nochmals zu den Ausführungen im Punkt a) verwiesen werden.

 

Herr G S war tatsächlich niemals beim Beschuldigten beschäftigt, es ist nochmals zu wiederholen, dass das Geschäft des Beschuldigten, wie jederzeit überprüft werden kann, erst um 12:00 Uhr Mittags geöffnet wird und jedenfalls vor Mitternacht schließt, sodass schon allein die angenommenen Arbeitszeiten nicht richtig sind, es gab zu keinem Zeitpunkt ein Beschäftigungsverhältnis.

 

Zum Beweis für die Richtigkeit seiner Darstellung beruft sich der Beschuldigte ausdrücklich auf die Einvernahme der von ihm beschäftigten Lohnbuchhalterin, H U, per Adresse T C S KG, G, W, diese Einvernahme möge durch die zuständige Rechtshilfebehörde in Wien vorgenommen werden.

 

Nach dieser Einvernahme behält sich der Beschuldigte ausdrücklich eine nochmalige Stellungnahme vor.

 

Die Rechtfertigung wurde dem FA Grieskirchen Wels zur Stellungnahme übermittelt. Mit Stellungnahme vom 02.05.2012 wird wie folgt mitgeteilt:

 

In der Stellungnahme des Beschuldigten werde angeführt “Es trifft in keiner Weise zu, dass Herr G S zu irgendeinem Zeitpunkt im Betrieb des Beschuldigten beschäftigt war, eine Beschäftigung zwischen Mitternacht und 11:00 Uhr scheidet schon deshalb aus, weil wie jederzeit überprüfbar ist, zu diesen Zeiten der Betreib des nicht einmal offen ist. Es kann kein Zweifel daran sein, dass eine Pizzeria, deren Hauptgeschäft ein Lieferservice darstellt, in diesem Zeitraum gar nicht betreiben werden kann.“

 

Diesbezüglich verweise die ho Behörde auf die Niederschrift des Herrn S G, im Beisein des Dolmetsch, in der Herr S G angegeben habe, von Mitternacht bis 11 Uhr vormittags gearbeitet zu haben, da er die Vorbereitungen für die Pizzaherstellung gemacht habe, sowie geputzt habe.

 

Weiters werde von ho. Behörde angemerkt, dass für die Vorbereitungen für die Pizzaherstellung, sowie die Putzarbeiten, nicht die Arbeitszeiten des Lieferservice maßgebend sein müssen, da diese Arbeiten auch außerhalb des Zeitraumes des Lieferservice erledigt werden können.

 

Bezüglich der Ausführungen in der Stellungnahme „Es trifft keinenfalls zu, dass Herr S jemals für irgendwelche Arbeiten beschäftigt war, eine Mitarbeit bei der Pizzaherstellung scheidet ohnehin aus, weil Herrn S G dazu die notwendigen Fähigkeiten fehlten, auch für Putzarbeiten im Betrieb wurde er nicht eingesetzt“, wird von ho. Behörde angemerkt, dass für diese Tätigkeiten, Vorbereitung für die Pizzaherstellung und Putzarbeiten, üblicherweise keine besonderen Fähigkeiten notwendig sind.

 

Ebenso wird die Aussage des Beschuldigten „Soweit aus den Aussagen des Herrn G S eine Beschäftigungssituation geschlossen wird, ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass dieser Umstand offensichtlich auf Verständigungsprobleme zurückgeführt werden muss, dies zeigt, um es nochmals zu betonen, schon alleine der behauptete tägliche Beschäftigungs-zeitraum, der, wie dargestellt, im Hinblick auf die Betriebsart, offensichtlich falsch ist“, als Schutzbehauptung gewertet, da nicht nachvollziehbar dargelegt wurde, inwiefern die offensichtlichen Verständigungsprobleme mit einem Dolmetsch entstanden sein könnten.

 

Von der ho Behörde werden die in der Stellungnahme getätigten Ausführung als Schutzbehauptung gewertet und der Strafantrag vollinhaltlich aufrecht erhalten.

 

Gemäß § 111 Abs 1 ASVG idgF handelt ordnungswidrig wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs.3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

  1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder
  2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder
  3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder
  4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

Gemäß § 111 Abs 2 ASVG idgF ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs 1 leg.cit. von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen und zwar

-      mit Geldstrafe von 730 € bis zu 2.180 €, im Wiederholungsfall von 2.180 € bis zu 5.000 €

-      bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstraf­bestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 € herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind

 

Gemäß § 33 Abs 1 ASVG idgF haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtver­sicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)-Meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

 

Nach § 33 Abs 1a ASVG idgF kann der Dienstgeber die Anmeldeverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar

  1. vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Ver­sicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und
  2. die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).

 

Gemäß § 33 Abs 2 ASVG idgF gilt Abs. 1 für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit.a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

 

Nach Abschnitt II-1. Unterabschnitt (Pflichtversicherung), § 4 Abs 1 Z 1 ASVG idgF sind in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen, noch nach § 7 ASVG idgF nur eine Teilversicherung begründet ist.

 

Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen (§ 4 Abs 2 ASVG idgF.).

 

Gemäß § 5 Abs 1 Z 2 ASVG idgF sind Dienstnehmer und ihnen gemäß § 4 Abs 4 leg.cit gleichgestellte Personen, ferner Heimarbeiter und ihnen gleichgestellte Personen sowie die im § 4 Abs 1 Z 6 genannten Personen, von der Vollversicherung nach § 4 - unbeschadet einer nach § 7 oder nach § 8 eintretenden Teilversicherung, ausgenommen, wenn das ihnen aus einem oder mehreren Beschäftigungsverhältnissen im Kalendermonat gebührende Entgelt den Betrag gemäß § 5 Abs 2 leg. cit nicht übersteigt (geringfügig beschäftigte Personen).

 

Als Dienstgeber nach § 35 Abs 1 ASVG idgF gilt derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht.

 

Gemäß § 4 Abs 4 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) spätestens bei Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An- sowie Abmeldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Personen in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

 

Die objektive Tatseite der im Spruch beschriebenen Verwaltungsübertretung ist aufgrund der Aktenlage und des angeführten Sachverhaltes (Angaben in der Anzeige des Finanzamtes) als erwiesen anzusehen.

 

Das ASVG sieht keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens vor. Es kommt deshalb § 5 Abs 1 VStG idgF zum Tragen, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist immer dann anzunehmen, wenn einem Verbot zuwidergehandelt oder ein Gebot nicht befolgt wird und zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört (Ungehorsamsdelikt) und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Es liegt ein Ungehorsamsdelikt vor. Bei einem Ungehorsamsdelikt belastet der Gesetzgeber den Täter schon durch seinen objektiven Tatbestand und unterstellt die Schuld bis zum Beweis des Gegenteils durch den Beschuldigten (VwGH 18.11.1971, Slg 8108, 13.12.1979, 2969/76 bzw. VwGH 25.03.2010, GZ 2007/09/0261).

 

Die Glaubhaftmachung iSd § 5 Abs 1 VStG, dass den Beschuldigten an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft, ist auch durch die Rechtfertigung nicht gelungen und somit ist auch die subjektive Tatseite als gegeben zu erachten.

 

Grundlage für die Bemessung der Strafe ist gemäß § 19 VStG stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen, das Ausmaß des Verschuldens zu beachten sowie die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten zu berücksichtigen.

 

Es liegen weder Strafmilderungs- noch Straferschwernisgründe vor. Die ver­hängte Strafe erscheint auch unter Berücksichtigung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse, wie in der Aufforderung zur Recht­fertigung geschätzt, als angemessen.

 

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die zitierte Gesetzesstelle."

 

 

2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht:

 

"Die Behörde ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass im gegenständlichen Fall eine Verwaltungsstraftat des Beschuldigten vorliegt.

 

Der Beschuldigte bleibt dabei, dass G S bei ihm niemals beschäftigt war und allein der von Herrn G S behauptet Beschäftigungsumfang so absurd ist, dass allein deshalb die Unrichtigkeit seiner Angaben nachgewiesen ist.

 

Es ist keinesfalls möglich, die Feststellungen in diesem Strafverfahren alleine auf die Aussage des Herrn G S zu stützen, es darf in diesem Zusammenhang vor allem nicht übersehen werden, dass der Genannte zum Zeitpunkt seiner Einvernahme sehr unter Druck war, er musste mit seiner Abschiebung rechnen und ist daher durchaus nachvollziehbar, dass er dabei Darstellungen wählt, die mit der Wahrheit nichts zu tun haben.

 

Wenn kein anderer Beweis als diese Aussage, die durch keinerlei objektive Hinweise unterstützt wird, vorliegt, muss schon deshalb im Zweifel davon ausgegangen werden, dass die Vorwürfe, die Herr G S erhoben hat, nicht den Tatsachen entsprechen.

 

Aufgrund der Abschiebung war die Behörde nicht in der Lage, sich selbst ein Bild von Herrn G S zu machen, was natürlich hier ebenfalls zu berücksichtigen ist.

 

Die Anmerkung, dass Vorbereitungsarbeiten und Putzarbeiten auch außerhalb der Arbeitszeiten des Lieferservices möglich sind, ist grundsätzlich richtig.

 

Hätte sich die Behörde allerdings die Mühe gemacht, den Betrieb des Beschuldigten zu besichtigen, hätte ohne Weiteres festgestellt werden können, dass eine Beschäftigung für derartige Vorbereitungsarbeiten täglich 11 Stunden lang vollkommen absurd ist.

 

Grundsätzlich ist einmal davon auszugehen, dass Reinigungsarbeiten regelmäßig während der Pizzaherstellung erforderlich sind, weil ansonsten die Hygienesituation vollkommen untragbar wäre.

 

Selbst dann, wenn man davon ausgehen sollte, dass sämtliche Reinigungsarbeiten erst am Ende der Tätigkeit durchgeführt werden, ist davon auszugehen, dass für die zwei Räume, in denen der Pizzaservice betrieben wird, die Reinigung maximal eine Stunde erfordert.

 

Gleiches gilt für die Vorbereitungen für die Pizzaherstellung.

 

Klar ist, dass es sich hier nur um Schneidearbeiten handeln kann, die bestellten Pizzen werden erst nach der Bestellung frisch mit den vorbereiteten Zutaten belegt und dann in den Ofen geschoben, eine besondere Vorbereitung ist hier nicht möglich.

 

Berücksichtigt man also die Tätigkeiten, die vom Zeugen behauptet wurden, ergibt sich klar, dass es völlig undenkbar, dass er tatsächlich zwischen Mitternacht und 11:00 Uhr tätig war, dies bedeutet natürlich zwangsläufig, dass seine Aussage als Ganzes unglaubwürdig ist und ihr auch nicht Glauben geschenkt werden kann.

 

Um diesen Umstand zu untermauern, wird im Rahmen des Berufungsverfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ausdrücklich die Durchführung eines Ortsaugenscheins in der Küche des Beschuldigten beantragt, weil sich daraus eindeutig ergibt, dass die behauptete Beschäftigungsdauer unrichtig ist und daher auch der Vorwurf einer Beschäftigung nicht zutrifft.

 

 Der Beschuldigte daher den

Antrag

  1. Auf Anberaumung einer Berufungsverhandlung an Ort und Stelle
  2. Dieser Berufung möge Folge gegeben werden und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt werden.“

 

 

3. Der Akt enthält die im angefochtenen Straferkenntnis bezogenen Aktenstücke.

 

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung legte der Vertreter des Bw dar, der Bw habe G S aus Mitleid die Möglichkeit gegeben, in der gegenständlichen Wohnung zu schlafen. G S habe sich tagsüber zumeist im Bereich der Pizzeria aufgehalten und den Bw "und seine anderen Mitarbeiter" bei ihrer Tätigkeit beobachtet, um Anschluss an andere Personen zu haben.

 

Die Pizzeria habe keinen Gastraum sondern verkaufe nur Pizza nach dem take away-System. Dementsprechend klein sei der Betriebsbereich.

 

K S sagte zeugenschaftlich aus, er habe vom 14.12.2011 bis 15.3.2012 im gegenständlichen Betrieb zur Einschulung gearbeitet und dann bis 1.6.2012 Urlaub gemacht. Das Anfangsdatum sei jenes der Anmeldung bei der GKK gewesen. Die Einschulung habe einen halben Monat gedauert. Der Bw habe den Zeugen angerufen und ihm gesagt, wenn er ihn brauchte. Auch während der Einschulungszeit habe der Bw den Zeugen angerufen und ihm gesagt, wann er ihn einschulen wolle. Wann die Einschulungszeit war, "kann man nicht genau sagen".

 

G S kenne der Zeuge nicht. Er habe  ihn vor der Kontrolle nie gesehen. An seinem (= des Zeugen) ersten Arbeitstag habe er gesehen, dass die Polizei G S festgenommen habe. Zum Zeitpunkt der Kontrolle sei der Zeuge "oben" und G S im Keller gewesen. Nach der Kontrolle habe der Bw dem Zeugen erklärt, er habe "heute" einen Inder als Gast. Außer dem Zeugen sei noch eine weitere, ihm unbekannte Person vom Bw beschäftigt worden. Ob G S in der Nacht gearbeitet habe, wisse der Zeuge nicht.

 

Für die Pizzavorbereitung benötige eine nicht geübte Person ca. 2 – 3 Stunden. Dass man für das Putzen und das Pizzavorbereiten 11 Stunden brauche, sei unvorstellbar. Der Bw habe dem Zeugen gesagt, er mache diese Arbeiten (Gerätereinigung, Pizzavorbereitung) selbst.

 

Während der Kontrolle habe der Bw den Zeugen ersucht, mit in den Keller zu gehen, um ein Gespräch mit G S (in Hindi) zu übersetzen. G S habe sich in einem Kellerraum befunden, der ansonsten verschlossen gewesen sei. Bei früherer Gelegenheit habe der Bw dem Zeugen auf Anfrage erklärt, in dem versperrten Raum würden sich alte Sachen befinden.

 

Der Vertreter des Finanzamtes legte unter Hinweis auf einen Werbeprospekt dar, die gegenständliche Pizzeria sei von 11.00 bis 24.00 Uhr geöffnet. Es sei bekannt, dass es sich beim gegenständlichen Unternehmen um einen der bestgehendsten Pizzabetriebe von W handle. Es gebe die Küche, einen Lagerraum und den Abgang zu den Kellerräumen.

 

Zum Arbeitsanfall erklärte der Vertreter des Finanzamtes, es gebe in der Gastronomie den Begriff des night-cleaners. Das sei eine Person, welche in der Nacht nach Geschäftsschluss reinige. Dazu komme das Reinigen der Gerätschaften, diverse Lagertätigkeiten und einzelne Arbeitsschritte zur Pizzavorbereitung. Kontrollen ab 22.00 Uhr seien bei dem gegenständlichen Lokal nicht möglich gewesen, da zu dieser Zeit trotz eingeschalteten Lichts niemand geöffnet habe bzw. Rollläden geschlossen worden seien, weil man die Kontrollorgane bereits gekannt habe.

 

Die Angabe G S, er habe das Zimmer nicht verlassen dürfen, bilde einen plausiblen Erklärungsgrund dafür, dass K S G S nie gesehen habe. Als die von K S erwähnte dritte Person sei naheliegender Weise G S anzusehen.

 

Letzteres bestritt der Vertreter des Bw. Die erwähnten Arbeiten in der Größenordnung von 2 – 3 Stunden habe der Bw selbst gemacht. Das Versperrt-halten des Kellerraums deute nicht auf eine Beschäftigung G S hin. Der Vertreter des Bw vertrat den Standpunkt, dass Arbeiten in dem von G S behaupteten Umfang aufgrund der Kleinheit des Lokals gar nicht möglich gewesen seien. Es würden außer der Aussage G S keine sonstigen Beweise vorliegen, wobei diese Aussage wegen der Diskrepanz zwischen den Angaben G S und jenen des Zeugen K S über den nötigen Arbeitsaufwand, den der Bw in 2 – 3 Stunden selbst erledigen habe können, insgesamt in Zweifel zu ziehen sei; den Arbeitsaufwand habe der Bw in 2 – 3 Stunden selbst erledigen können, wobei es außerdem praktisch nicht  denkbar sei, dass die Hauptarbeitszeit in der Nacht angefallen sei. Dies ganz abgesehen davon, dass es sich um dabei um keine formelle Niederschrift unter Wahrheitspflicht handle und dass der Ausländer wegen des fremdenrechtlichen Hintergrunds unter psychischem Druck gestanden sei.

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Strittig ist die Beschäftigung des G S durch den Bw. Für die Beschäftigung spricht die unter Beiziehung eines Dolmetschers gemachte Aussage G S selbst. Mit der Aussage G S stimmt ferner überein, dass K S – harmonierend mit der Auskunft S, er habe den Raum grundsätzlich nicht verlassen dürfen – das Vorhandensein eines versperrten Kellerraums bestätigte, welcher, gemäß der Situationsschilderung in der Anzeige, offensichtlich als Wohngelegenheit diente. Ferner sprach K S von einer ihm unbekannten dritten arbeitenden Person. Dafür, dass K S G S zuvor nicht gesehen hatte, bildet, die Wahrheit dieser Aussage vorausgesetzt, die Versperrung des Raums in Verbindung mit dem Verbot, das Haus zu verlassen, eine Erklärung, in Verbindung mit dem Umstand, dass K S nach eigener Angabe in der fraglichen Zeit nur auf Abruf tätig war.

 

Zutreffend verwies der Vertreter des Bw darauf, dass in der Niederschrift ein Hinweis auf die Wahrheitspflicht fehlt und dass die Befragungssituation aus allgemeinen Gründen für G S mutmaßlich seelisch belastend war. Weiters erscheint der von G S angegebene Arbeitsumfang als übertrieben hoch. Daraus resultiert jedoch weder die gänzliche Unbrauchbarkeit des Beweismittels (sondern allenfalls eine Minderung der Beweiskraft) noch die zwangsläufige Falschheit der Kernaussage. Vielmehr ist der vom Vertreter des Bw als (von ihm abgelehnte) Denkvariante ins Spiel gebrachten Auffassung zu folgen, wonach "die Aussage des Ausländers zwar im Rahmen richtig, aber im Detail übertrieben" ist.

 

Die Richtigkeit der Kernaussage G S wird vor allem bestätigt durch das Erscheinungsbild des Sachverhalts: Bei einem in einem Kellerraum "unter Verschluss gehaltenen" illegal aufhältigen Ausländer, der zur Bestreitung seines täglichen Lebensbedarfs auf die Zuwendungen des Eigentümers des Betriebes, zu dem der als Wohngelegenheit benutzte Raum gehört, drängt sich die Frage nach der Gegenleistung auf bzw. die dazu gehörende Antwort, wenn der Ausländer über nichts anderes verfügt als über seine Arbeitskraft. Demgegenüber ist das Mitleidsargument, welches vom Vertreter des Bw vorgebracht wurde, mangels plausibel gemachter persönlicher Nahebeziehung unglaubwürdig. Darüber hinaus – und dies wiegt besonders schwer – lieferte der Bw anlässlich seiner Befragung im Rahmen der Kontrolle eine völlig abweichende Darstellung vom Grund des Aufenthalts des G S im Keller. Insbesondere wäre nach dieser Darstellung des Bw G S eben erst angekommen gewesen, was in Widerspruch zu späteren Auskünften des Bw bzw. dessen Vertreter steht.

 

Für die Annahme eines unentgeltlichen Gefälligkeitsdienstes besteht im Hinblick auf das Fehlen eines persönlichen Naheverhältnisses, die Unterkunftsgewährung und Verköstigung über einen längeren Zeitraum und die Angabe G S über eine Entlohnung in Geldform kein Anlass.

 

Daraus ergibt sich, dass der Tatvorwurf zu Recht erhoben wurde. Die Tat ist daher dem Bw in subjektiver und, da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind, auch in objektiver Hinsicht zuzurechnen. Als Schuldform ist Vorsatz anzunehmen, da dem Bw als Gewerbetreibenden die Rechtswidrigkeit seines Tuns bewusst sein musste und er Verdunkelungsmaßnahmen setzte (z.B. Verbergen S im Keller, Herablassen von Rollläden zur Verdunkelung nächtlicher Kontrollen).

 

Der in der Berufungsverhandlung vom Vertreter des Bw vorgebrachte Beweisantrag hinsichtlich Ortsaugenschein wird abgelehnt, weil die Kleinheit des Lokals ohnehin glaubwürdig ist.

 

Bei der Bemessung der Strafhöhe ist vom gesetzlichen Strafrahmen (730 Euro bis 2.180 Euro) auszugehen.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Die Strafbemessung des angefochtenen Straferkenntnisses ist nicht zu beanstanden. Es wurde die gesetzliche Mindestgeldstrafe verhängt. Gründe, die eine Unterschreitung der Mindestgeldstrafe rechtfertigen könnten (§§ 20 VStG, 111 Abs.2 ASVG) sind nicht hervorgekommen.

 

Der Kostenspruch stützt sich auf die angeführten gesetzlichen Grundlagen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

 

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