Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-301290/2/WEI/Ba

Linz, 23.10.2013

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des F D, H, P, vertreten durch J Rechtsanwälte D & P OG bzw Herrn Dr. G S-L, S, A, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Braunau am Inn vom 15. Juli 2013, Zl. Pol 96-115-2012-W, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Oö. Hundehaltegesetz 2002 (LGBl Nr. 147/2002 idF LGBl Nr. 124/2006) zu Recht erkannt:

 

 

I.          Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

 

II.        Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG; § 66 Abs 1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber (im Folgenden Bw) wie folgt schuldig erkannt:

 

"Obwohl Hunde in einer Weise zu beaufsichtigen, zu verwahren oder zu führen sind, dass Menschen und Tiere durch die Hunde nicht gefährdet werden, oder Menschen und Tiere nicht über das zumutbare Maß belästigt werden, haben Sie es am 10. Mai 2012, gegen 06.50 Uhr in H, Gemeinde P. unterlassen, Ihre beiden Rüden mit dem Rufnamen ‚G‘ und ‚P‘ auf dem frei für jedermann zugänglichen Privatweg entlang den Fischweihern (Zufluss zum I-Stausee) entsprechend zu beaufsichtigen oder zu führen, zumal die Hunde ca. 63 m vom Einfamilienhaus der Familie E in H, P, deren Kater angriffen und zu Tode bissen."

 

Dadurch erachtete die belangte Behörde § 15 Abs 1 Z 2 Oö. Hundehaltegesetz 2002 als verletzte Rechtsvorschrift und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung gemäß § 15 Abs 2 Oö. Hundehaltegesetz 2002 über den Bw eine Geldstrafe von 250 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw zu Händen seiner Rechtsvertretung am 18. Juli 2013 zugestellt wurde, richtet sich die rechtsfreundlich eingebrachte Berufung vom 29. Juli 2013, die rechtzeitig bei der belangten Behörde am 31. Juli 2013 einlangte und mit der die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens angestrebt wird.

 

 

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende Gang des Verfahrens und wesentliche S a c h v e r h a l t :

 

2.1. Die belangte Behörde hat dem Bw mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 8. November 2012 die Tat genau wie im angefochtenen Straferkenntnis angelastet. In seiner Rechtfertigung vom 19. November 2012 bestritt der Bw eine nicht „entsprechende“ Beaufsichtigung seiner Jagdhunde und verwies darauf, dass Jagdhunde grundsätzlich darauf abgerichtet werden, krankes und verletztes Wild zu stellen und zu töten. Bei Treibjagden komme es immer wieder vor, dass verletzte Hasen flüchten und sich verstecken. Dabei setze man Jagdhunde dafür ein, krank geschossenes Wild zu stellen und durch einen Biss bzw sog „Abschütteln“ unverzüglich zu töten. Es sei bedauerlich, dass einer der Jagdhunde die im Gebüsch versteckte Katze durch einen Biss getötet hat. Für einen jungen Jagdhund sei es aber nicht einfach zu unterscheiden, ob sich ein Hase im Gebüsch versteckt hält oder eine Katze.

 

Der Bw habe seine beiden Jagdhunde im Zuge eines Abrichtetrainings zur Vorbereitung auf die jagdliche Gebrauchshundeprüfung geführt. Die Trainingseinheiten seien so zu gestalten, dass die Hunde nicht an der Leine geführt werden, zumal dies im jagdlichen Gebrauch auch nicht zweckmäßig sei. Für den Bw sei nicht erkennbar gewesen, dass möglicherweise eine im Gebüsch versteckte Katze, die er gar nicht gesehen hatte, getötet werden könnte. Er habe zwar davon ausgehen können, dass die Jagdhunde seinen Befehlen gehorchen. Der Biss auf die Katze wäre allerdings derartig schnell erfolgt, dass er nicht mehr tätig hätte werden können. Auch bei einem Jagdbetrieb könne ein derartiger Vorfall jederzeit vorkommen, dass ein verborgenes Tier aufgestöbert und dann durch einen Biss getötet wird.

 

2.2. Die belangte Behörde vernahm daraufhin Frau M E am 11. Dezember 2012 als Zeugin zum Vorfall mit ihrer Katze. Am Morgen des 10. Mai 2012 sei ihre Tochter schreiend ins Schlafzimmer gekommen und habe mitgeteilt, dass Hunde gerade unseren Kater umbringen. Sie sei dann mit ihrer Tochter auf den Balkon gegangen und habe gesehen, wie die beiden Hunde des Bw gerade den Kater umbrachten. Der große Hund habe ihn im Maul gehabt und der kleinere Hund hätte laufend versucht, sich am Kater zu verbeißen. Der Hundehalter hätte den Vorfall aus einer Entfernung von etwa drei Metern beobachtet und sei nicht eingeschritten. Sie hätte ihm zugerufen, er möge endlich etwas unternehmen. Er hätte gerufen, ob dies leicht ihr Kater wäre. Erst nach Bejahung dieser Frage dürfte der Bw einen Befehl erteilt haben, weil die Hunde dann die Katze fallen gelassen hätten. Der ganze Ablauf bis zum Einschreiten des Bw hätte ca. 4 bis 5 Minuten gedauert. Er hätte in dieser Zeit zugeschaut, ohne etwas zu unternehmen. Der Vorfall hätte sich in ca. 60 m Entfernung von ihrem Haus abgespielt.

 

2.3. In der zu dieser Zeugenaussage eingeholten Stellungnahme des Bw vom 11. Februar 2013 wird die Darstellung der Untätigkeit vom Bw entschieden bestritten und die angeführte Dauer von 4 bis 5 Minuten als rein willkürlich und schon logisch nicht schlüssig und möglich bezeichnet. Ein Jagdhund benötige zum Töten von Wild (beispielsweise angeschossene Hasen) nur ganz kurze Zeit, weil er eben darauf abgerichtet werde, keine unnötigen Qualen zu verursachen. Die gegenständliche Katze sei vom Hund des Bw sofort tot gebissen worden. Diesbezüglich werde darauf hingewiesen, dass die Zeugin gar nicht feststellen habe können, ob die Katze überhaupt noch lebt, als sie den Vorfall beobachtete. Ein persönliches Einschreiten mit bloßen Händen berge auch eine Verletzungsgefahr, weil die Jagdhunde entsprechend aufgeregt seien. Dass die Katze vom Hund erst nach dem tödlichen Biss abgelegt wurde, habe nichts mit einer fehlenden Intervention des Bw zu tun. Dieser bedauere den Vorfall, habe aber keinerlei Verhinderungsmöglichkeit gehabt.

 

Im Ergebnis liege eine Verwaltungsübertretung ebenso wenig vor wie ein Verstoß gegen den § 222 StGB, zumal die Staatsanwaltschaft Ried zu Zl. 32 BAZ 627/12t das Verfahren gegen den Bw bereits eingestellt habe.

 

Tatsächlich hat die Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis auf Anfrage der belangten Behörde vom 4. September 2012 aktenkundig mit Vermerk mitgeteilt, dass das über Anzeige (der sog „Abschluss – Bericht“ gemäß § 100 Abs 2 Z 4 StPO mit Lichtbildern und Orthofoto aus den DORIS liegt im Akt) der PI A vom 31. Juli 2012, Zl. B6/9149/2012, wegen Verdachts der Tierquälerei eingeleitete Verfahren gemäß § 190 Z 2 StPO eingestellt wurde.

 

2.4. Die belangte Behörde hat in der Folge das angefochtene Straferkenntnis vom 15. Juli 2013 erlassen. Nach Wiedergabe der wesentlichen Verantwortung des Bw und von Bestimmungen des Hundehaltegesetzes führt sie begründend aus, dass gerade, wenn Hunde ohne Leine geführt werden, dem Hund erhöhte Aufmerksamkeit zu widmen sei. Es seien jene Vorkehrungen zu treffen, die vom Tierhalter unter Berücksichtigung des bisherigen Verhaltens der Tiere billiger Weise erwartet werden können.

 

Es sei damit zu rechnen, dass sich Hauskatzen in der allernächsten Umgebung von bewohnten Objekten aufhalten. Dies dürfte dem Bw als Bewohner der Ortschaft H auch bekannt gewesen sein. Trotzdem habe er seine Hunde in der Umgebung im Zuge eines Abrichtetrainings geführt, obwohl ihm als Jäger und viel mehr als Jagdschutzorgan bekannt sein müsste, dass nur wildernde Katzen, die in einer Entfernung von mehr als 300 m vom nächsten bewohnten Haus angetroffen werden, getötet werden dürfen. Diese Entfernung sei bei weitem nicht erreicht worden. Auf Grund der sorglosen Führung der Hunde hätten diese die Katze aufstöbern und töten können.

 

2.5. Die Berufung verweist grundsätzlich auf die bisherigen Stellungnahmen des Bw und betont zunächst, dass es im Zuge des Abrichtetrainings der Hunde zur jagdlichen Gebrauchsprüfung naturgemäß nicht möglich und auch nicht gesetzlich geboten sei, die Hunde anzuleinen (Hinweis auf § 6 Oö. Hundehaltegesetz).

Die Berufung wiederholt die Aufgabe von Jagdhunden bei Treibjagden, wonach schon aus Gründen der Ethik und des Tierschutzes angeschossene Feldhasen verfolgt und durch einen Hundebiss bzw durch Abschütteln getötet werden sollen Darüber hinaus müssen die Hunde natürlich auch den Befehlen des Hundeführers gehorchen, wobei als amtsbekannt vorzusetzen sei, dass nicht jeder Befehl zu 100 % umgesetzt werde, insbesondere wenn der Jagd- und Beutetrieb mit den Hunden durchgehe.

 

Gegenständlich hätten die Hunde die sich versteckte haltende Katze entdeckt und rasch getötet. Es wäre dem Bw nicht möglich gewesen regulierend einzugreifen. Er hätte aber in pädagogischer Hinsicht entsprechende Konsequenzen gezogen. Es wäre für ihn nicht voraussehbar gewesen, weil er die Katze im Vorfeld nicht wahrgenommen habe. Sonst hätte er selbstverständlich seine Hunde „bei Fuß genommen“ oder angeleint. Ein Verstoß gegen das Hundehaltegesetz liege nicht vor, weil es dafür eines schuldhaften Verhaltens bedurft hätte. Offenkundig allein im Hinblick auf den eingetretenen Erfolg (Tötung der Katze) hätte es die Verwaltungsbehörde für notwendig erachtet, den Vorfall irgendwie zu sanktionieren. Für eine sachgerechte Beurteilung der Übertretung wäre aber das Verhalten des Hundeführers maßgeblich gewesen. Bei der Durchführung von geeigneten Maßnahmen zur Abrichtung von Hunden könne es auch zu bedauernswerten Vorfällen kommen Es wäre aber nicht ein Mensch gefährdet, sondern ein anderes Tier, das von den Hunden in Bezug auf Größe und Natur als Beute angesehen wurde, getötet worden.

 

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde festgestellt, dass das angefochtene Straferkenntnis schon nach der Aktenlage aufzuheben ist.

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 15 Abs 1 Z 2 Oö. Hundehaltegesetz 2002 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach § 15 Abs 2 leg.cit., sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet  oder durch andere Verwaltungsvorschriften mit strengerer Strafe bedroht ist, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 7.000 Euro zu bestrafen

 

wer einen Hund entgegen den Bestimmungen des § 3 Abs 1 und 2 hält.

 

Nach § 3 Abs 2 ist ein Hund in einer Weise zu beaufsichtigen, zu verwahren oder zu führen, dass

 

  1. Menschen und Tiere durch den Hund nicht gefährdet werden, oder
  2. Menschen und Tiere nicht über das zumutbare Maß hinaus belästigt werden, oder
  3. er an öffentlichen Orten oder auf fremden Grundstücken nicht unbeaufsichtigt herumlaufen kann.

 

In ganz ähnlicher Weise begeht nach dem § 5 Abs 1 Satz 1 Oö. Polizeistrafgesetz Oö. PolStG (LGBl Nr. 94/1985, geändert mit LGBl Nr. 147/2002) eine Verwaltungsübertretung, wer als Halter eines Tieres dieses in einer Weise beaufsichtigt oder verwahrt, dass durch das Tier dritte Personen gefährdet oder über das zumutbare Maß hinaus belästigt werden. Die korrespondierende Strafnorm des § 10 Abs 2 lit b) Oö. PolStG sieht für diese Verwaltungsübertretung aber nur eine Geldstrafe bis zu 1.450 Euro vor.

 

Auch wenn der Landesgesetzgeber keine ausdrückliche Subsidiarität des Oö. PolStG im Verhältnis zum Oö. Hundehaltegesetz 2002 angeordnet hat, ist nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenats zur Vermeidung von verfassungsrechtlich unzulässigen Doppelbestrafungen nach Art 4 des 7. ZP zur EMRK (dazu allgemein Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004], Anm 2 zu § 22 VStG, und jüngst VwGH 18.06.2008; Zl. 2006/11/0222 unter Hinweis auf VfSlg 15.199/1998 und die Pflicht zur verfassungskonformen Auslegung auch gegen die Materialien) von bloßer Scheinkonkurrenz (in Form der Spezialität) bei Zurücktreten des § 5 Abs 1 iVm § 10 Abs 2 lit b) Oö. PolStG auszugehen, weil § 15 Abs 1 Z 2 iVm § 3 Abs 2 Hundehaltegesetz 2002 die spezielleren Strafbestimmungen für Hunde darstellen, die überdies noch einer wesentlich strengeren Strafdrohung unterliegen.

 

4.2. Zum Deliktscharakter des § 5 Abs 1 Satz 1 Oö. PolStG hat der Oö. Verwaltungssenat schon in der Vergangenheit die Ansicht vertreten (vgl VwSen-300417 vom 25.06.2002, VwSen-300442 vom 5.09.2002; VwSen-300518 vom 30.06.2004), dass es sich bei dieser Verwaltungsübertretung nach der gewählten grammatikalischen Konstruktion mit Hauptsatz und Folgesatz um ein Erfolgsdelikt handelt, bei dem die mangelhafte Haltung des Tieres zu einer in der Außenwelt erkennbaren (konkreten) Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung Dritter führen muss. Aus den Gesetzesmaterialien (vgl AB zur Oö. Polizeistrafgesetznovelle 1985, Blg 448/1985 zum kurzschriftlichen Bericht Oö. LT, 22. GP, 3) geht auch hervor, dass nicht jede mangelhafte Tierhaltung, sondern nur eine solche, die Gefährdungen oder Belästigungen dritter Personen zur Folge hat, in Zukunft strafbar sein sollte.

 

§ 3 Abs 2 Z 1 und Z 2 Oö. Hundehaltegesetz 2002 sieht eine Beaufsichtigung, Verwahrung oder Führung des Hundes in bestimmter Weise, nämlich dass Menschen oder Tiere nicht gefährdet oder über das zumutbare Maß belästigt werden, vor. Positiv formuliert, liegt das Tatbild dann vor, wenn die sorglose Beaufsichtigung (Verwahrung) oder Führung des Hundes zur unerwünschten Folge der tatsächlichen Gefährdung oder Belästigung von Menschen oder Tieren führt. Diese grammatikalische Konstruktion entspricht im Wesentlichen der vergleichbaren Regelung des § 5 Abs 1 Satz 1 Oö. PolStG. Deshalb gelten die Ausführungen zum Deliktscharakter auch für das Oö. Hundehaltegesetz 2002, das entweder einen konkreten Gefährdungserfolg (im Sinne eines besonderen Naheverhältnisses zur drohenden Rechtsgutsverletzung) oder eine unzumutbare Belästigung von Menschen oder Tieren durch den Hund als in der Außenwelt erkennbaren Erfolg voraussetzt.

 

4.3. Nach der Begriffsbestimmung des § 1 Abs 2 Z 2 Oö. Hundehaltegesetz 2002 bedeutet Hundehalter(in): die Person, die im eigenen Namen darüber zu entscheiden hat, wie der Hund zu verwahren oder zu beaufsichtigen ist.

 

Nach der Aktenlage ist unstrittig, dass der Bw als Jäger und Halter der beiden Jagdhunde mit den Rufnamen „G“ und „P“ grundsätzlich für deren Verhalten verantwortlich ist.

 

Die allgemein formulierten Sorgfaltsanforderungen des § 3 werden durch die Anordnungen des § 6 Oö. Hundehaltegesetz 2002 idF LGBl Nr. 124/2006 in spezifischer Weise ergänzt und modifiziert. Dieser regelt das Mitführen von Hunden an öffentlichen Orten. Nach § 6 Abs 1 leg.cit. müssen Hunde an öffentlichen Orten im Ortsgebiet an der Leine oder mit Maulkorb geführt werden. Das Nähere bestimmen die nächsten Absätze.

 

Gemäß der Begriffsbestimmung des § 1 Abs 2 Z 4 Oö. Hundehaltegesetz 2002 bedeutet „Ortsgebiet“: die Straßenzüge innerhalb der Hinweiszeichen „Ortstafel“ und „Ortsende“ gemäß § 53 Z. 17a und 17b StVO und geschlossen bebaute Gebiete mit mindestens fünf Wohnhäusern.

 

Die belangte Behörde hat zu diesem Thema keine besonderen Feststellungen getroffen, ging aber offenkundig von der Anzeige (Abschluss – Bericht) der PI A vom 31. Juli 2012 aus, wonach der Bw mit seinen beiden Rüden „G“ (Dt. Jagdterrier) und „P“ (Dt. Drahthaar) auf einem frei zugänglichen Privatweg entlang den Fischweihern (Zufluss zum Stausee) in der Nähe des Ortes H unterwegs war. Dabei handelt es sich um einen Schotterweg, der vom Balkon des Hauses H der Familie E aus einer Entfernung von ca 63 m Luftlinie einsehbar ist (vgl Orthofoto 1: 1000 im DORIS des Landes Oberösterreich). Aus dem Orthofoto ist auch ersichtlich, dass es sich um keinen Straßenzug innerhalb des Ortsgebiets iSd StVO handelt. Wenngleich die Ortschaft H in der Nähe ist, kann der Oö. Verwaltungssenat dennoch den Schotterweg auch nicht als Straßenzug innerhalb eines geschlossen bebauten Gebietes mit mindestens fünf Wohnhäusern erkennen, zumal sich ein Grünstreifen mit Fischgewässern zwischen der Ortschaft und dem Weg befindet und aus der Sicht vom Balkon der Familie E nach dem Weg Baumgruppen und Felder zu erkennen sind (vgl Lichtbilder Nr. 2 bis 4 der PI A).

 

Dieser Befund bedeutet, dass sich der Weg nicht im Ortsgebiet iSd Begriffsbestimmung des Oö. Hundehaltegesetzes 2002 befindet, weshalb die Anforderungen des § 6 leg.cit. schon allgemein nicht anwendbar erscheinen. Darüber hinaus sind nach dem § 6 Abs 5 Z 1 leg.cit. die Bestimmungen der Absätze 1 bis 4 u.A. auf das Mitführen von Jagdhunden im Einsatz und bei Übungen, sofern durch die Einhaltung der Anordnungen gemäß Abs 1 bis 4 die Verwirklichung des Einsatz- oder Übungszweckes ausgeschlossen oder wesentlich erschwert würde, nicht anzuwenden.

 

4.5. Die belangte Behörde ging im vorliegenden Fall  an sich - mangels einer einschlägigen Aussage dazu – von einer fehlenden Leinen- und Maulkorbpflicht gemäß § 6 Oö. Hundehaltegesetz 2002 aus. Sie verlangte aber begründend eine erhöhte Aufmerksamkeit gegenüber einem ohne Leine geführten Hund, um der Beaufsichtigung iSd § 3 Abs 2 leg.cit. zu entsprechen, welche Ansicht grundsätzlich auch der Oö. Verwaltungssenat teilt. Auch trifft die Aussage zu, dass in allernächster Umgebung von bewohnten Objekten mit Hauskatzen zu rechnen ist. Die weitere Argumentation der belangten Behörde erscheint aber nicht konsistent, weil der sachlogische Zusammenhang nicht mehr ganz nachvollziehbar ist. Der Bw habe trotzdem in der Umgebung einer Siedlung seine Hunde zum Abrichtetrai­ning geführt, obwohl ihm als Jäger und mehr noch als Jagdschutzorgan bekannt sein hätte müssen, dass nur wildernde Katzen in mehr als 300 m Entfernung vom nächsten bewohnten Haus getötet werden dürften. Diese Entfernung sei bei weitem nicht erreicht worden.

 

Dem ist zu entgegnen, dass die jagdrechtliche Frage der zulässigen Tötung von wildernden Katzen nach dem aktenkundig gegebenen Sachverhalt nie ein Thema war. Sie hat auch mangels eines tatsächlichen Hintergrundes mit dem vorliegenden Fall nichts zu tun. Abgesehen davon, dass der Kater der Familie E gar nicht beim Wildern (in welcher Entfernung immer) angetroffen wurde, hat sich auch der Bw nie auf diese Tötungserlaubnis in Bezug auf wildernde Katzen berufen. Das Argument der belangten Behörde ist daher unschlüssig und für die rechtliche Lösung des Falles ungeeignet.

 

Es bleibt noch der in der Argumentation der belangten Behörde enthaltene Ansatz zu prüfen, wonach der Bw in der „allernächsten“ Umgebung einer Siedlung ein Abrichtetraining mit nicht angeleinten Jagdhunden durchführte, ohne sein besonderes Augenmerk auf Hauskatzen zu richten und „entsprechende“ Vorkehrungen zu treffen. Der erkennende Verwaltungssenat verweist zunächst darauf, dass sich der Bw mit seinen beiden Jagdhunden zwar in der Nähe der Ortschaft H, nicht aber in der „allernächsten“ Umgebung von H befand. Denn die relativ geringe Entfernung von 63 m Luftlinie - vom Balkon des Hauses H gesehen - ist nicht ausschlaggebend. Vielmehr ist auch zu berücksichtigen, dass der gegenständliche Schotterweg von der Siedlung durch einen Grünstreifen und durch Fischgewässer getrennt ist und schon deshalb nicht in unmittelbarer Nähe verläuft. Auch wenn man allgemein mit Hauskatzen in der Umgebung einer Ortschaft rechnen muss, bedeutet dies noch nicht, dass man seinen Hund vorbeugend immer anleinen müsste. Denn außerhalb des Ortsgebiets besteht eben keine generelle Leinenpflicht nach § 6 Oö. Hundehaltegesetz 2002. Auf eine solche Leinenpflicht und damit auf ein Unterlassen des Abrichtetrainings zur Gebrauchshundeprüfung schlechthin läuft aber im Ergebnis die Ansicht der belangten Behörde hinaus, wenn sie pauschal „entsprechende“ Vorkehrungen vom Bw verlangt, ohne diese freilich konkret zu benennen. Die belangte Behörde legt dabei einen überhöhten Sorgfaltsmaßstab an, der auf eine allgemeine vorbeugende Leinenpflicht abstellt und nicht mehr sachgerecht erscheint. Es kommt nämlich nicht auf bloße Sorgfaltsmöglichkeiten, sondern nur auf Sorgfaltspflichten an, die von der Maßfigur des einsichtigen und besonnenen Menschen (hier: Jäger und Hundehalter) in einer bestimmten Situation vernünftiger Weise erwartet werden können (vgl dazu mwN Kienapfel/Höpfel, Strafrecht AT12 [2007] Z 25 RN 15). Man wird auch davon ausgehen können, dass sich gesunde Katzen im Regelfall selbst zu schützen wissen und rechtzeitig fliehen, um sich in Sicherheit zu bringen (zB auf einen Baum klettern). Der auf diese Weise aufmerksam gewordene Hundehalter kann dann auch mit entsprechenden Kommandos eingreifen und seinen Hund, der mit dem gebotenen Gehorsam auf seinen Herrn zu reagieren hat, zurückrufen.

 

Im vorliegenden Fall hat der Bw nach Ausweis der Aktenlage unwiderlegt vorgebracht, dass die Katze in einem Gebüsch versteckt und für ihn vorher nicht wahrnehmbar war, sonst hätte er seine Jagdhunde „bei Fuß“ gerufen oder auch angeleint. Als der Bw aufmerksam wurde, hätte sein Hund den Kater in seinem Versteck bereits entdeckt gehabt und sofort durch einen Biss getötet, zumal Jagdhunde darauf trainiert und dafür eingesetzt werden, einen krank geschossenen Hasen zu stellen und unverzüglich zu töten, um ihm unnötige Qualen zu ersparen. Der Jagdhund habe die sich im Gebüsch versteckt haltende Katze mit einem Hasen verwechselt, was auch bei einem Jagdbetrieb (Treibjagd) jederzeit vorkommen könne. Würde man zur Vermeidung solcher Vorfälle eine Leinenpflicht verlangen, wäre ein effizienter Jagdbetrieb bzw eine Ausbildung des Hundes nicht möglich.

 

Durch die Aussage der M E konnte die schlüssige Darstellung des Bw nicht widerlegt werden. Diese Zeugin beobachtete die Situation vom Balkon des Hauses H  offenkundig zu einem Zeitpunkt, als der größere Hund (Dt. Drahthaar) den Kater schon im Maul trug und der tödliche Biss höchstwahrscheinlich bereits erfolgt war. Der kleinere Hund (Dt. Jagdterrier) hätte dabei laufend versucht, sich am Kater zu verbeißen. Die Zeugin konnte aber zur Zeit ihrer Beobachtungen - wohl nicht zuletzt auch wegen der Entfernung von 63 m – gar nicht wahrnehmen, ob die Katze überhaupt noch lebt. Ihre weiteren Angaben, wonach der Bw vorerst nicht eingeschritten und aus einer Entfernung von ca. drei Metern nur zugesehen hätte und offenbar erst nach 4 bis 5 Minuten einen Befehl gegeben hätte, zumal dann die Katze von den Hunden fallen gelassen worden wäre, war Gegenstand der Anzeige der PI A wegen Tierquälerei gemäß § 222 StGB, die von der Staatsanwaltschaft aber zurückgelegt wurde und nur zur Einstellung des Verfahrens geführt hat. Sollte der Bw tatsächlich zugeschaut haben, wie sich seine Hunde am noch lebenden Kater verbeißen und ihn einige Minuten quälen (so wohl die Vorstellung der Zeugin), wäre das Gerichtsdelikt der Tierquälerei anzunehmen gewesen, für das allerdings keine verwaltungsbehördliche Zuständigkeit bestünde (zur ausdrücklichen Subsidiarität vgl neben dem § 15 Abs 2 Oö. Hundehaltegesetz 2002 nunmehr allgemein § 22 Abs 1 VStG idFd Art 7 BGBl Nr. 33/2013). Von einem solchen Sachverhalt der Tierquälerei ging die Staatsanwaltschaft offenbar nicht aus. Auch der erkennende Verwaltungssenat hält die Zeitangabe der Zeugin hinsichtlich der Untätigkeit des Bw, die in dessen Stellungnahme vom 11. Februar 2013 entschieden bestritten und als rein willkürlich bezeichnet wurde, für sehr unwahrscheinlich und objektiv nicht nachvollziehbar. Es dürfte sich dabei um eine Übertreibung aus der erlebten Stresssituation heraus handeln, in der die befangene Zeugin subjektiv die beobachtete Dauer des ihrem geliebten Kater widerfahrenen Übels als viel länger empfunden haben wird, als sie es tatsächlich war. Auch wenn der Zeugin objektiv nicht zu folgen ist, kann aber in subjektiver Hinsicht nicht von einer Falschaussage ausgegangen werden. Die belangte Behörde hat auch ihr Straferkenntnis nicht auf diese zweifelhaften Angaben der Zeugin gestützt.

 

 

5. Im Ergebnis war nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenats die Argumentation des Bw gut nachvollziehbar. Sie konnte von der belangten Behörde auf Grund der Aktenlage nicht widerlegt werden Die Ansicht, der Bw hätte seine Hunde vorbeugend anleinen müssen, um einen solchen Vorfall wie den gegenständlichen zu vermeiden, hält der Oö. Verwaltungssenat in der gegebenen Situation für eine unzulässige Überspannung von Sorgfaltspflichten und daher für unzutreffend. Da dem Bw in Bezug auf die Tötung des Katers ein sorgfaltswidriges und schuldhaftes Verhalten nicht nachzuweisen war, liegt die angelastete Verwaltungsübertretung nicht vor. Eine strafrechtliche Verantwortung darf im modernen Schuldstrafrecht nicht allein am eingetretenen Erfolg anknüpfen.

 

Aus all diesen Gründen war das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG mangels einer erwiesenen Verwaltungsübertretung einzustellen.

 

Bei diesem Ergebnis entfällt auch gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

 

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G

 

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

 

H I N W E I S

 

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

 

Dr. W e i ß

 

 

 

VwSen-301290/2/WEI/Ba vom 23. Oktober 2013

 

HundehalteG 2002 §15 Abs1 Z2;

HundehalteG 2002 §3 Abs2;

HundehalteG 2002 §6

 

 

Auf einem allgemein zugänglichen Weg, der sich nicht im Ortsgebiet iSd Begriffsbestimmung des § 1 Abs 2 Z 4 Oö. Hundehaltegesetzes 2002 befindet, sind die Anforderungen des § 6 leg. cit. für das Mitführen von Hunden an öffentlichen Orten schon allgemein nicht anwendbar. Darüber hinaus sind nach dem § 6 Abs 5 Z 1 leg. cit. die Bestimmungen der Absätze 1 bis 4 ua. auf das Mitführen von Jagdhunden im Einsatz und bei Übungen, sofern durch die Einhaltung der Anordnungen gemäß Abs 1 bis 4 die Verwirklichung des Einsatz- oder Übungszweckes ausgeschlossen oder wesentlich erschwert würde, nicht anzuwenden.

 

Auch wenn man allgemein mit Hauskatzen in der Umgebung einer Ortschaft rechnen muss, bedeutet dies noch nicht, dass man seinen Hund vorbeugend immer anleinen müsste. Denn außerhalb des Ortsgebiets besteht eben keine generelle Leinenpflicht nach § 6 Oö. Hundehaltegesetz 2002. Auf eine solche Leinenpflicht und damit auf ein Unterlassen des Abrichtetrainings zur Gebrauchshundeprüfung schlechthin läuft aber im Ergebnis die Ansicht der belangten Behörde hinaus, wenn sie pauschal „entsprechende“ Vorkehrungen vom Berufungswerber verlangt, ohne diese freilich konkret zu benennen. Die belangte Behörde legt dabei einen überhöhten Sorgfaltsmaßstab an, der auf eine allgemeine vorbeugende Leinenpflicht abstellt und nicht mehr sachgerecht erscheint. Es kommt nämlich nicht auf bloße Sorgfaltsmöglichkeiten, sondern nur auf Sorgfaltspflichten an, die von der Maßfigur des einsichtigen und besonnenen Menschen (hier: Jäger und Hundehalter) in einer bestimmten Situation vernünftiger Weise erwartet werden können (vgl dazu mwN Kienapfel/Höpfel, Strafrecht AT 12. Auflage [2007] Z 25 RN 15).

 

Wenn ein Jagdhund im Zuge eines Abrichtetrainings auf einem Weg zwar in der Nähe einer Ortschaft aber außerhalb des Ortsgebietes überraschender Weise eine im Gebüsch versteckte Katze entdeckt und sofort mit einem Biss tötet, weil er sie mit einem Hasen verwechselt, den zu stellen und zu töten er trainiert ist, so kann dem Jäger und Hundehalter, der nicht mehr regulierend eingreifen konnte, daraus kein Verhaltensvorwurf gemacht werden. Die Ansicht, der Berufunsgwerber hätte seine Hunde vorbeugend anleinen müssen, um einen solchen Vorfall zu vermeiden, bedeutet in der gegebenen Situation eine unzulässige Überspannung von Sorgfaltspflichten.