Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-360355/2/AL/HK VwSen-360356/2/AL/HK

Linz, 12.12.2013

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Astrid Lukas über die Berufungen 1.) der x und 2.) der x, beide vertreten durch die xk Rechtsanwälte GmbH, xstraße x, x, gegen die Entscheidung des Bezirkshauptmannes des Bezirks Vöcklabruck, GZ.: Pol96-47-2013, vom 9. August 2013, wegen der Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz zu Recht erkannt:

Den Berufungen wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Entscheidung des Bezirkshauptmannes des Bezirks Vöcklabruck, GZ.: Pol96-47-2013 vom 9. August 2013, der sowohl der Erstberufungswerberin (im Folgenden: ErstBw) als auch der Zweitberufungswerberin (im Folgenden: ZweitBW) sowie dem Finanzamt zugestellt wurde, wurde wie folgt abgesprochen:

 

"Spruch:

Die Beschlagnahme der folgenden Geräte wird angeordnet:

FA-Nr. 1: Touch Videomat, Seriennummer: 01907/12203

 

Rechtsgrundlage:

§ 53 Abs. 1 Z. 1 lit. a Glücksspielgesetz - GSpG, BGBl. I. Nr. 73/2010

 

Begründung:

Durch die Organe der Abgabenbehörde als Organ der öffentlichen Aufsicht iSd. § 50 Abs 2 GSpG wurde anlässlich einer Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz am 08.05.2013 im Lokal "x" in x, xstraße x, mittels Testspielen am Eingriffsgegenstand dienstlich wahrgenommen festgestellt, dass Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen durchgeführt wurden.

Unter Berücksichtigung der festgestellten Betriebsdauer wurde in der Folge durch die Organe der öffentlichen Aufsicht die vorläufige Beschlagnahme des Eingriffsgegenstandes ausgesprochen. Aufgrund der der Beschlagnahmebescheinigung in Form eines Aktenvermerks beigeschlossenen ausführlichen Begründung der verfügten vorläufigen Beschlagnahme, der Versiegelung des Eingriffsgegenstandes und des ausgesprochenen Verfügungsverbotes besteht nach wie vor gerechtfertigt der Verdacht, dass mit dem Eingriffsgegenstand, mit dem in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wurde, zum Zeitpunkt der vorläufigen Beschlagnahme fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG verstoßen wurde.

 

Weiters wurde die Auskunftsperson x im Lokal anlässlich der Befragung am 08.05.2013 niederschriftlich darauf hingewiesen, dass sich der/die Eigentümer, der/die Veranstalter und der/die Inhaber des Gerätes binnen vier Wochen bei der zuständigen Behörde (Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck) zu melden hat/haben, ansonsten die Beschlagnahme der Geräte selbstständig durchgeführt werde.

Die Auskunftsperson gab an, dass seine Gattin (x) Veranstalterin (Betreiberin) und Inhaberin des gegenständlichen Gerätes sei. Der Beschlagnahmebescheid richtet sich daher an x als Veranstalterin (Betreiberin) und somit auch als Inhaberin des Gerätes.

 

Von Rechtsanwalt Dr. x wurde die Firma x, x, x, als Eigentümerin des angeführten Gerätes namhaft gemacht, es wurden aber keine tauglichen Eigentumsnachweise vorgelegt. Als Veranstalterin der Ausspielungen wurde die x mit Sitz in x, x, genannt.

 

Anlässlich der Kontrolle am 08.05.2013 wurde also festgestellt, dass mit dem Gerät mit der FA-Nr. 1 seit Ende März 2013 bis 08.05.2013 (Tag der vorläufigen Beschlagnahme), Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen durchgeführt wurde, weshalb zur Verhinderung der weiteren Begehung bzw. Fortsetzung einer Verwaltungsübertretung die Beschlagnahme auszusprechen war.

 

Während der ausführlich dokumentierten Kontrolle im angeführten Lokal wurde der Eingriffsgegenstand mit der im Spruch angeführten Bezeichnung betriebsbereit vorgefunden und von den Kontrollorganen mit FA-Kennnummern versehen.

 

Aus der Art der Durchführung der Spielveranstaltung mittels diesem Glücksspielgerät in Gewinnerzielungsabsicht ergibt sich, dass selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausgeübt wurde, die Ausspielung daher durch einen Unternehmer gem. § 2 Abs. 2 GSpG erfolgte. Die gegenständlichen Glücksspiele wurden somit in Form einer Ausspielung im Sinne des § 2 Abs 1 GSpG durchgeführt.

 

Schließlich wurde festgestellt, dass die für die Veranstaltung von derartigen Glücksspielen erforderliche Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG nicht vorlag, und dass diese Glücksspiele auch nicht nach § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen waren.

Die gegenständlichen Glücksspiele wurden somit seit der Inbetriebnahme des Eingriffsgegenstandes im angegebenen Lokal in Form von verbotenen Ausspielungen durchgeführt, weshalb von den Kontrollorganen die vorläufige Beschlagnahme nach § 53 Abs 2 GSpG verfügt wurde.

Der gegenständliche, vorläufig beschlagnahmte Eingriffsgegenstand stellt einen Eingriff in das Glücksspielmonopol des Bundes im Sinne des § 53 Abs 1 GSpG dar, für die die Einziehung nach § 54 Abs 1 GSpG zwingend vorgesehen ist, und bei denen aufgrund der festgestellten Betriebsdauer der hinreichend begründete Verdacht gerechtfertigt vorliegt, dass damit fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG verstoßen wird.

Die im § 53 Abs 1 Z 1 lit. a bestimmten Voraussetzungen für die Anordnung der Beschlagnahme durch die Behörde waren aufgrund der Versiegelung des Eingriffsgegenstandes durch die Kontrollorgane und wegen des ausgesprochenen Verfügungsverbotes nach wie vor gegeben. Die Beschlagnahme war somit aufgrund der Bestimmungen des § 53 Abs 3 GSpG durch die Behörde anzuordnen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 20.12.1999, ZI. 97/17/0233, 94/17/0309, festgestellt, dass die Beschlagnahmemaßnahme die weitere Begehung des Verstoßes gegen einen oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG zu unterbinden bezweckt und zulässig ist, wenn mit dem betreffenden Gegenstand in der Vergangenheit fortgesetzt gegen das Glücksspielgesetz verstoßen wurde, bzw., wenn ein entsprechender Verdacht vorliegt. Da diese Voraussetzungen des Verdachtes einer Übertretung des § 52 Abs 1 GSpG unverändert vorliegen, war die Beschlagnahme auch deshalb anzuordnen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."

 

1.2. Gegen diesen Bescheid richten sich die vorliegenden, rechtzeitigen Berufungen vom 20.8.2013.

 

Begründend führen die Berufungswerberinnen (im Folgenden: Bw) unter Bezugnahme auf ein vorgelegtes Sachverständigengutachten aus, dass – entsprechend den höchstgerichtlichen Entscheidungen von Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshof – bei Vorliegen der bloßen Möglichkeit von Spieleinsätzen über 10 Euro die ausschließliche Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte gegeben sei.

Mit dem in Rede stehenden Gerät sei lediglich ein Testspiel mit Einsätzen unter 10 Euro durchgeführt worden; die Erstbehörde hätte keine Feststellungen zu den höchstmöglichen Spieleinsätzen getroffen.

 

An dem in Rede stehenden Gerät seien Spiele mit Einsätzen über 10 Euro möglich. So sei etwa beim Spiel „Party-Time“ ein Einsatz von bis zu 12 Euro möglich. Auch Serienspiele seien möglich und verfüge das Gerät über eine sog. Gamble-Taste.

 

Zum Beweis werde ein Gutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen Ing. X vorgelegt. Die in diesem Gutachten beschriebene Funktionsweise entspräche der Funktionsweise des in Rede stehenden Gerätes.

 

Da damit zumindest die Möglichkeit von Einsätzen über 10 Euro belegt sei, liege eine ausschließliche Gerichtszuständigkeit vor.

 

Mit diesem Schriftsatz stellen die Bw sinngemäß den Antrag, den angefochtenen Bescheid nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung aufzuheben.

 

 

2.1. Mit Schreiben vom 22.8.2013 übermittelte die belangte Behörde unter gleichzeitiger Vorlage der Berufungen die bezughabenden Verwaltungsakten.

 

Da die beiden Bw ihre Berufungen gegen denselben Beschlagnahmebescheid richten, waren die vorliegenden Berufungen daher zur gemeinsamen Entscheidung durch den Oö. Verwaltungssenat zu verbinden.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt sowie die Dokumentation (Bescheinigung, Niederschrift, GSp26-Formular, Aktenvermerk) der einschreitenden Organe des Finanzamtes sowie das von den Bw vorgelegte Sachverständigengutachten.

 

Da die Entscheidung über eine Beschlagnahme einen verfahrensrechtlichen Bescheid darstellt, konnte der unabhängige Verwaltungssenat unter Zugrundelegung der höchstgerichtlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 14.12.2011, 2011/17/0171; ebenso jüngst VwGH 27.4.2012, 2011/17/0313 sowie 27.4.2012, 2011/17/0315) gemäß § 51e Abs. 4 VStG von einer Verhandlung absehen, zumal eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung auch nicht erwarten ließ und dem auch nicht Art. 6 EMRK entgegensteht. Mit anderen Worten: Es waren ausschließlich Rechtsfragen zu beurteilen; der dafür entscheidungswesentliche Sachverhalt war aufgrund der Aktenlage eindeutig geklärt.

 

Aus dem von den Bw vorgelegten Sachverständigengutachten, das auch den gegenständlich in Rede stehenden Gerätetyp „Videoautomat“ zum Gegenstand hat, ergibt sich klar und schlüssig ein höchstmöglicher Spieleinsatz je Einzelspiel von 12 Euro (siehe S. 9 und 13 des Gutachtens). Im Übrigen fand die vorläufige Beschlagnahme des Gerätes noch vor der richtungsweisenden Leitentscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 13.6.2013, B 422/2013 statt und bezogen sich die damals erhobenen – im GSp26-Formular dokumentierten – Ermittlungsschritte ausschließlich auf die von der Finanzpolizei tatsächlich geleisteten Höchsteinsätze. Für den Oö. Verwaltungssenat steht daher die Möglichkeit von Spieleinsätzen an dem in Rede stehenden Gerät von über 10 Euro fest.

 

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht sohin von dem unter Pkt. 1.1. und 1.2. dargestellten und in den entscheidungswesentlichen Passagen unbestrittenen Sachverhalt aus. Zusammengefasst ist festzuhalten:

 

Wie sich aus dem Schreiben der rechtsfreundlichen Vertretung der Bw vom 27.5.2013 ergibt, ist die x als ErstBw Eigentümerin des in Rede stehenden Gerätes. Die ZweitBw ist, wie sich aus der finanzpolizeilichen Niederschrift ihres Ehemannes ergibt, Lokalbetreiberin des Kebabstandes und damit Inhaberin des Gerätes.

 

Aufgrund einer von Organen der Abgabenbehörde am 8.5.2013 durchgeführten Kontrolle im Lokal "x" in x, xstraße x, wurde das oa. Gerät aufgestellt und voll funktionsfähig vorgefunden, was durch Testspiele durch die Organe der Abgabenbehörde bestätigt wurde. In der Folge wurde das Gerät von den Organen der Finanzpolizei vorläufig beschlagnahmt.

 

Der konkrete Spielablauf stellt sich für das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates unter Bezugnahme auf den finanzpolizeilichen Aktenvermerk vom 8.5.2013, dessen Glaubwürdigkeit nicht zu beanstanden ist, wie folgt dar:

Beim in Rede stehenden Gerät sind für einen bestimmten Einsatzbetrag in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen Gewinne in Aussicht gestellt worden. Die virtuellen Walzenspiele konnten durch Betätigung mechanischer Tasten oder virtueller Bildschirmtasten zur Durchführung aufgerufen werden. Nach Eingabe von Geld, Auswahl eines Einsatzbetrages mit der „Setzen"-Taste und Auslösung des Spieles durch die Start-Taste oder die Auto(matic)-Start-Taste wurden die am Bildschirm dargestellten Symbole auf den virtuellen Walzen ausgetauscht oder in ihrer Lage verändert, sodass der optische Eindruck von rotierenden, senkrecht ablaufenden Walzen entstand.

Nach etwa einer Sekunde kam der "Walzenlauf" zum Stillstand. Ein Vergleich der nun neu zusammengesetzten Symbole mit den im Gewinnplan angeführten gewinnbringenden Symbolkombinationen ergab nun einen Gewinn oder den Verlust des Einsatzes.

Bei den Walzenspielen hatte man keinerlei Möglichkeit, gezielt Einfluss auf das Zustandekommen gewinnbringender Symbolkombinationen zu nehmen.

Es war nur möglich, nach Eingabe eines Geldbetrages als Spielguthaben, ein Spiel auszuwählen und zur Durchführung aufzurufen, den Einsatz zu wählen, die Start-Taste so lange zu betätigen, bis das aufgerufene Walzenspiel ausgelöst wurde und nach etwa einer Sekunde den Verlust des Einsatzes oder einen Gewinn festzustellen.

 

Der Ausgang dieser Spiele konnte nicht beeinflusst werden. Die Entscheidung über das Spielergebnis hing somit jedenfalls vorwiegend vom Zufall ab.

 

 

2.4. Nach § 51c VStG hat der Oö. Verwaltungssenat in den gegenständlichen Fällen – weil eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 Glücksspielgesetz – GSpG, BGBl. 620/1989, zuletzt geändert durch BGBl. I 112/2012, begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe zu bestrafen, "wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs 2 daran beteiligt".

Nach § 168 Abs 1 StGB ist derjenige mit einer Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder mit einer Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, der "ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, [...] es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird".

Werden in Zusammenhang mit der Teilnahme an Ausspielungen vermögenswerte Leistungen für ein Spiel von über 10 Euro von Spielern oder anderen geleistet, so handelt es sich gem § 52 Abs 2 GSpG nicht mehr um geringe Beträge und tritt insoweit eine allfällige Strafbarkeit nach dem GSpG hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück.

 

 

3.1. Zur Zulässigkeit der – rechtzeitig erhobenen – Berufungen:

 

Der bekämpfte Bescheid wurde der Erst-Bw gegenüber – als Eigentümerin des in Rede stehenden Gerätes – und der Zweit-Bw – als Inhaberin des Gerätes – durch Zustellung am jeweils 13.8.2013 (siehe die aktenkundigen Postrückscheine) erlassen. Der ErstBw kommt daher als Sacheigentümerin gem. § 53 Abs. 3 GSpG Parteistellung im Beschlagnahmeverfahren zu (vgl. VwGH 14.12.2011, 2011/17/0084 mwN; Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, 1502, Anm. 3a. zu § 39 VStG). Der ZweitBw kommt schon alleine als Inhaberin des Gerätes iSd § 53 Abs 3 GSpG iVm § 309 ABGB Parteistellung im Beschlagnahmeverfahren zu, weil sich dieses in ihrer Macht bzw. Gewahrsame befunden hatte (vgl etwa VwGH 26.1.2004, Zl. 2003/17/0268 zur vergleichbaren alten Rechtslage).

 

Die Berufungen der Bw sind daher zulässig.

 

 

3.2. In der Sache:

 

Vorweg ist festzuhalten, dass sich nach der stRsp des Verwaltungsgerichtshofs (jüngst VwGH 27.4.2012, 2011/17/0046 uHa VwGH 20.7.2011, 2011/17/0097; ebenso nunmehr auch VfGH 14.06.2012, G 4/12-10 ua) im Beschlagnahmeverfahren grundsätzlich nicht die Frage stellt, "welcher Grad der Wahrscheinlichkeit der Erfüllung eines gerichtlichen Straftatbestandes vorliegen muss, um die Beschlagnahme unzulässig zu machen".

 

Wenn auch die jüngste Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs (VfGH 13.06.2013, B 422/2013-9) und des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH 23.07.2013, 2012/17/0249) zur gebotenen verfassungskonformen Interpretation des § 52 Abs 2 GspG im Rahmen des Verwaltungsstrafverfahrens hinsichtlich der Abgrenzung der Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden von jener der Strafgerichte insofern Klarheit im Verwaltungsstrafverfahren schafft, als bei der bloßen Möglichkeit von Spielen mit Einsätzen über 10 Euro (bzw. von der Durchführung von Serienspielen) eine ausschließliche Gerichtszuständigkeit nach § 168 StGB besteht, so ist damit freilich im Beschlagnahmeverfahren keineswegs die Verpflichtung zu einem diesbezüglich umfassenden Ermittlungsverfahren abzuleiten:

Denn anders als in einem allfälligen Strafverfahren, bei dem naturgemäß ein umfassendes, verdichtetes Ermittlungsverfahren zu einem abschließenden und unzweifelhaften Ermittlungsergebnis führen muss, erschöpft sich die Ermittlungspflicht im Rahmen eines Beschlagnahmeverfahrens nach § 53 Abs 1 GSpG im Nachweis eines Verdachts eines GSpG-Verstoßes. Im Verfahren wegen einer Beschlagnahme – die im Übrigen auch als bloß vorübergehende (Sicherungs-)Maßnahme dient – ist naturgemäß eben noch kein, das abschließende Ermittlungsverfahren eines allfälligen Strafverfahrens vorwegnehmendes, antizipiertes Ermittlungsverfahren durchzuführen. § 53 Abs 1 GSpG setzt allein das Vorliegen eines begründeten Verdachts eines GSpG-Verstoßes voraus. Ein für eine Beschlagnahme der höchstgerichtlichen Rechtsprechung entsprechender, ausreichend substantiierter Verdacht reichte aber freilich grundsätzlich nicht hin, schon in diesem frühen Verfahrenszeitpunkt ohne jeden Zweifel das Vorliegen einer ausschließlichen Gerichtszuständigkeit feststellen zu können und ist diese Feststellung für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Beschlagnahme auch von Gesetzes wegen gerade nicht als notwendig vorausgesetzt. Die umfassende und endgültige Sachverhaltsermittlung ist ebenso wie die abschließende rechtliche Beurteilung des konkreten Sachverhalts vielmehr grundsätzlich einem allfällig folgenden Strafverfahren vorbehalten.

 

So konstatiert auch der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 7.10.2013, 2012/17/0507:

"Eine Beschlagnahme nach § 53 Abs. 1 GSpG setzt an sich lediglich den Verdacht des Verstoßes mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen … gegen Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG voraus …. Eine abschließende, einer juristischen 'Feinprüfung' standhaltende Qualifikation eines Spieles als Glücks- oder Geschicklichkeitsspiel ist im Beschlagnahmebescheid hingegen noch nicht erforderlich …."

 

Wenn allerdings eine ausschließliche Gerichtszuständigkeit in einem Beschlagnahmeverfahren – etwa aufgrund eines entsprechend nachvollziehbaren und schlüssigen Sachverständigengutachten – unzweifelhaft feststehen sollte, ist die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden zur Beschlagnahme aber freilich nicht (mehr) gegeben. So konstatierte auch der Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 14.6.2012, G4/12, "dass die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden nach § 53 GSpG solange gegeben ist, als nicht die ausschließliche Gerichtszuständigkeit feststeht" (Hervorhebungen nicht im Original).

 

Eben dies ist aber bezüglich des beschlagnahmten Gegenstandes zu bejahen. Das vorgelegte, schlüssige Sachverständigengutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen Ing. x bezieht sich auf den in Rede stehenden Gerätetyp „Videomat“ und belegt eindeutig Spieleinsatzmöglichkeiten von 12 Euro. Im Übrigen haben die Kontrollorgane der Finanzpolizei im Zuge der Durchführung von Testspielen - wie es nach der zum damaligen Kontrollzeitpunkt noch bestehenden und erst später überholten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entsprechend hinreichte – ausschließlich die von ihnen tatsächlich „gespielten Höchsteinsätze“ an lediglich einem der am Gerät verfügbaren Spiele im GSp26-Formular dokumentiert. Da im Rahmen der finanzpolizeilichen Erhebungen somit keinerlei Ausführungen in Bezug auf die bei sämtlichen am Gerät verfügbaren Spiele möglichen Einsatzhöhen getroffen wurden und das vorliegende Sachverständigengutachten eindeutige und nachvollziehbare Ergebnisse darlegt, steht für den Oö. Verwaltungssenat unzweifelhaft fest, dass hinsichtlich des in Rede stehenden Gerätes aufgrund des erwiesenen Sachverhaltes Spieleinsätze von über 10 Euro möglich waren.

 

In konsequenter Anwendung der Judikaturlinie des Verfassungsgerichtshofes sowie unter Berücksichtigung der aktuellen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 7.10.2013, 2012/17/0507) ist daher davon auszugehen, dass auf der Basis dieses Ermittlungsergebnisses die ausschließliche Gerichtszuständigkeit bezüglich des in Rede stehenden Gerätes feststeht. Dies bedeutet schließlich auch, dass – selbst bei Vorliegen aller weiteren gesetzlichen Tatbestandselemente – die Befugnis der Verwaltungsstrafbehörde zur Beschlagnahme des konkreten Eingriffsgegenstandes nicht (mehr) besteht und diese damit rechtswidrig ist.

 

4. Mangels Zuständigkeit der belangten Behörde war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G

 

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

 

H I N W E I S

 

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

D r.  L u k a s

 

 

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